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Titel: Paus wirbt für eine fragwürdige „Demokratieförderung“ – und Faeser für einen schwammigen „Gefährderbegriff“

Datum: 15. Februar 2024 um 12:30 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Bundesregierung, Erosion der Demokratie, Strategien der Meinungsmache
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Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) trommeln momentan für bedenkliche Gesetzespläne. Beide Vorhaben werden mit pompösen Phrasen zur „Verteidigung der Demokratie“ beworben – doch sie könnten auch eine gegenteilige Wirkung haben. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das geplante „Demokratiefördergesetz“ bleibt umstritten. Mit dem Gesetz soll laut Medien erstmals ein gesetzlicher Auftrag des Bundes festgelegt werden, „Demokratieprojekte“ auch langfristig zu fördern. Dies geschehe bisher zumeist auf einer freiwilligen Basis – ohne Sicherheit für die Betroffenen, ob die Förderung auch noch im folgenden Jahr existiert.

Der Disput um das Gesetz entzündet sich auch (und zu Recht) an der Frage, welche Inhalte und Projekte als „die Demokratie fördernd“ definiert und dann entsprechend unterstützt werden. Kritiker äußern unter anderem die Besorgnis, hier würde sich (zugespitzt) die Bundesregierung eine handzahme und abhängige „Zivilgesellschaft“ herbeifördern wollen, die dann wiederum vor allem gegen Kritiker der Bundesregierung Stellung bezieht.

Hier sollen keinesfalls pauschal die Gruppen diffamiert werden, die in den Genuss der „Demokratieförderung“ kommen sollen: Es sind sicher viele gute Initiativen und ehrlich engagierte Bürger dabei. Aber das Prinzip, dass die Regierung Gruppen fördert, die sich (zumindest vornehmlich und potenziell) gegen Regierungskritik wenden, finde ich ziemlich fragwürdig. Dass sich von der Regierung finanziell abhängige Gruppen dann auch noch als „unabhängige Zivilgesellschaft“ bezeichnen, ist mindestens irreführend.

Der Entwurf für das neue Gesetz war laut Medien schon im Dezember 2022 durch das Bundeskabinett verabschiedet worden. Die FDP-Fraktion hatte jedoch im vergangenen März vor der ersten Beratung im Bundestag Bedenken angemeldet und klarere Kriterien gefordert, welche Art von „Demokratie-Engagement“ gefördert werden solle. Die FDP wird in der Sache nun deutlicher: So hat laut Medien der FDP-Bundestagsabgeordnete Max Mordhorst dem geplanten Gesetz gerade eine klare Absage erteilt: „Das Demokratiefördergesetz wird in dieser Form nicht kommen“, sagte er dem Tagesspiegel.

„…unsere Demokratie zu verteidigen und zu schützen…“

Diesem Gegenwind treten dieser Tage wiederum die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und andere Politiker entgegen. So appellierte Paus laut Medien „an die Mehrheit im Bundestag und insbesondere an die FDP-Fraktion, den Weg frei zu machen und das Demokratiefördergesetz endlich zu verabschieden“. „Es ist der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft nicht mehr zu vermitteln, warum die Beratungen im Bundestag immer noch nicht abgeschlossen sind.“

Der Bezug zu den aktuellen Demos „gegen Rechts“ darf da nicht fehlen: Paus begründet die Notwendigkeit des Gesetzes laut „Spiegel“ auch mit Blick auf die derzeit zu erlebenden bundesweiten Proteste und Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Diese würden Hoffnung machen, aber nicht ausreichen. „Die Bürgerinnen und Bürger fordern ganz klar auch von der Politik und der Regierung, unsere Demokratie zu verteidigen und zu schützen.“ Die Familienministerin möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen: Sie regte nun an, einen Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus einzurichten, wie es ihn in der vergangenen Legislaturperiode gegeben habe.

Der Gesetzentwurf findet sich hier. Der Journalist Norbert Häring hat den Entwurf und die ihm innewohnenden Sprachverdrehungen treffend zusammengefasst:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die behördlich auszuwählenden (§7) Organisationen mit Steuergeld dabei unterstützt werden, so vage bis gar nicht definierte Untaten zu bekämpfen, wie ‚Hass und Hetze im Netz‘, ‚Desinformation’, ‚Verschwörungsideologien‘, ‚Wissenschaftsleugnung’ und Delegitimierung des Staates. Viele dieser Begriffe lassen sich mit Kritik an der Regierung oder Widerspruch gegen Regierungsnarrative übersetzen, was die zugrundeliegenden Aktivitäten zu Kernbestandteilen einer funktionierenden Demokratie macht. Trotzdem sei ihre Bekämpfung mit Staatsmitteln nötig, um ‚eine demokratisch verfasste, offene, pluralistische, freie und vielfältige Gesellschaft‘ zu bewahren.“

Wir müssen in die Umkleidekabinen, in die Stammtische, in die Dörfer…“

Das folgende Video mit Ausschnitten aus Beiträgen von Grünenchefin Ricarda Lang und Lisa Paus weckt weitere Zweifel an dem Gesetzesvorhaben. Lang fordert (sozusagen zur Erziehung der Bürger?): „Wir müssen in die Umkleidekabinen, in die Stammtische, in die Dörfer…“. Und Paus berichtet, wie die „unabhängige“ Demokratieförderung praktisch aussehen könnte: „…Das Geld fließt vor Ort in zivilgesellschaftliche Organisationen der Partnerschaft für Demokratie, zusammen mit politischen Parteien, Amtsträgern, Polizei…“

Faeser: „Bei Rechtsextremisten jeden Stein umdrehen“

Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) macht sich zurzeit für das sogenannte Demokratieförderungsgesetz stark, wie Medien berichten. Zusätzlich erregte sie Aufmerksamkeit mit einem weiteren Vorhaben bezüglich des „Kampfes gegen Rechtsextremismus“. Laut Medien ist Folgendes geplant:

Finanzströme blockieren, Auslandsreisen verhindern, Waffen einziehen, Veranstaltungen untersagen: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Rechtsextremisten von allen Seiten unter Druck setzen und ihre Netzwerke zerschlagen. Sie stellte dazu am Dienstag gemeinsam mit den Chefs des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, und des Bundeskriminalamts, Holger Münch, ein erweitertes Maßnahmenbündel vor. Ziel ist es demnach, ‚bei Rechtsextremisten jeden Stein umzudrehen‘. Ein Großteil der Vorhaben ist allerdings bereits bekannt und teils auch schon beschlossen.“

Wie so oft können Vorhaben, die bei ihrer Einführung mit „edlen“ Motiven verknüpft sind, potenziell auch für bedenkliche Tendenzen genutzt werden, wenn sie erst einmal beschlossen sind – und vor allem dann, wenn die Tatbestände nicht scharf genug definiert sind. Das ist bei Faesers Plänen der Fall, denn hier soll ein schwammig umrissenes „Gefährdungspotenzial“ die bisherigen Kriterien wie „volksverhetzende und gewaltorientierte Bestrebungen“ ergänzen, was den Raum für Willkür öffnen könnte:

Neu sind Pläne für erweiterte Befugnisse des Bundesverfassungsschutzes bei der Aufdeckung von Finanzquellen rechtsextremistischer Netzwerke. Durch eine Gesetzesänderung wäre künftig schon das Gefährdungspotenzial von Organisationen und Akteuren der sogenannten Neuen Rechten für ein Vorgehen bis zur Stilllegung von Konten ausreichend. Bisher sind Finanzermittlungen des Verfassungsschutzes auf volksverhetzende und gewaltorientierte Bestrebungen beschränkt.“

Titelbild: DesignRage / Shutterstock


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