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Titel: Keine Werbung für den Supermarkt: Die einen nennen es Mogelpackung, die anderen Betrug
Datum: 24. Januar 2024 um 10:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Verbraucherschutz
Verantwortlich: Redaktion
Der Begriff „Mogelpackung“ sollte Jahr für Jahr Unwort des Jahres sein, so lange, bis diejenigen, die hinter der Mogelei bei den Verpackungen, konkret in den Supermärkten, landauf landab stecken, zur Rechenschaft gezogen werden. Tatsächlich toben sich die großen Player, Hersteller, Großhändler und Einzelhandelsketten ungeniert und ungestraft am Kunden aus, indem sie mit versteckten Veränderungen an Verpackung und Inhaltsmengen noch mehr Kasse machen. Einen schwachen Hoffnungsschimmer gibt es: Die Verbraucherzentrale Hamburg stemmt sich gegen den Betrug, kürt erneut die „Mogelpackung des Jahres“ und kritisiert die Politik. Den „mogelnden“ Unternehmen könnte anders begegnet werden. Allein, man handelt nicht. Ein Kommentar von Frank Blenz.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Alles wird teurer, nicht einer Krise wegen, sondern …
Alles wird teurer oder ist es schon, diese bittere Erkenntnis empört Menschen, die auf ihre Rechnungen schauen – daheim oder zum Beispiel an der Kasse im Supermarkt. Preisvergleich hin oder her, außer den Gürtel enger zu schnallen bleibt dann kaum etwas als Möglichkeit, beim Einkauf etwas zu sparen. Dass die unverschämten wie versteckten Preissteigerungen aber nicht einer Krise zugrunde liegen, sondern der perfiden Ausrufung einer solchen, verrät die Geschäftsleitung im Supermarkt (und die Konzernleitung gleich gar) nicht. Die „Krise“ dient als Vorwand, mit miesen Tricksereien versus die verehrte, betrogene Kundschaft zu profitieren. Der folgend beschriebene Beschiss hat nur ein Ziel: Gewinnmaximierung, und die bei schön vor sich hin dudelnder Hintergrundmusik und umschmeichelnden Werbeslogans im Markt, lieblich tönend, wie gut, günstig und auf Dauer doch im Supermarkt eingekauft werden könne.
Liste der Mogelpackungen im Rekordjahr
Es tut sich indes wenigstens etwas, die aufmerksamen Verbraucherschützer der Verbraucherzentrale Hamburg bleiben für uns, die Kunden, am Ball. Sie wollen in diesem Monat die Mogelpackung des Jahres 2023 küren und haben fünf Kandidaten für diese Wahl im Auge. Dabei handelt es sich um Produkte, die mit reduzierten Füllmengen auffallen, und das bei gleichem Preis und/oder zum Teil durch zusätzliche Preiserhöhungen. Die von der Verbraucherzentrale Hamburg erstellte Nominierten-Liste kam durch zahlreiche Hinweise und Beschwerden an die Zentrale zustande. Die Hamburger bemerkten dazu kritisch:
Rekordjahr an versteckten Preiserhöhungen
Neben den herkömmlichen Preisanstiegen reduzieren Hersteller oft einfach den Inhalt ihrer Produkte, und der Preis im Handel bleibt gleich oder steigt zusätzlich etwas. Immer wieder sind diese gut getarnten Füllmengenänderungen (Shrinkflation) das Mittel der Wahl, um teils drastische Preiserhöhungen durchzusetzen.
Im Artikel kam ebenfalls zur Sprache, was Alltag im Handel in Sachen Preisgestaltung und Unternehmens-„Kultur“ ist:
Der Handel brummt, trotz allem, freuen sich die Arbeitgeber. Die Gewinne sprudeln, das Handelsblatt jubelt angesichts exklusiver Analysen, die zum Schluss kommen, dass die Konzerne ihre Profite selbst in all den gemachten Krisen bis heute gesteigert haben.
Das gelang auch deshalb (das schreibt das Handelsblatt nicht), weil sie eine Monopolstellung innehaben und diese in der Manier von Herrschenden, von Marktführern ausnutzen. Sie tun es mit einer Unternehmens-„Kultur“, in der sie die Preise diktieren, mit scheinbar günstigen Angeboten locken, die Kunden mit Mogelpackungen betrügen.
(Quelle: NachDenkSeiten)
In diesem Artikel wurde ähnlich wie von der Verbraucherzentrale beschrieben, dass weniger Ware für das gleiche Geld oder gar mehr Geld zu berappen ist – versteckt, versteht sich, in Packungen, die so aussehen wie früher und doch anders befüllt sind:
Die Taktik der Mogelpackung ärgert die Einkaufenden nicht minder. Waren früher 200 Gramm Käse in einer gewohnten Packung, sind es neuerdings schon mal 150, bei der Wurst werden aus 100 auch mal 80 Gramm. Die Absicht dahinter ist durchschaubar: Weniger Ware für das gleiche Geld. Das sind lediglich zwei Beispiele. Es bleibt ja auch nicht bei den gleichen Preisen. Die ziehen weiter an, spürbar und dreist. Einfache Nudeln, Soßen – sie kosten jetzt teils das Doppelte. In des Kunden Geldbörse verdoppelt sich der Bestand nicht.
(Quelle: NachDenkSeiten)
Nicht nur die Preise steigen, auch die Anzahl der Mogelpackungen
Die großen Player in dem Spiel der Mogelei, der Reduzierungen einerseits und der Erhöhungen andererseits kamen im Jahr 2023 richtig auf Touren, die Verbraucherzentrale beobachtete:
Im Jahr 2023 haben wir so viele Mogelpackungen wie nie zuvor veröffentlicht. Bis zum Ende des Jahres wurden 104 Produkte in unsere Mogelpackungsliste aufgenommen. 2022 waren es mit 76 deutlich weniger und 2021 sogar nur 47. Die Grafik veranschaulicht den rapiden Anstieg der Füllmengenreduzierungen in den letzten fünf Jahren.
Geschickt gehen die Anbieter vor, vor allem beliebte Warengruppen werden Teil des Versteckspiels:
Aufschlussreich ist auch die Analyse zu den Warengruppen. Mit Abstand am häufigsten von versteckten Preiserhöhungen betroffen waren 2023 Süßwaren (29). Es folgen Fertigprodukte (11), vegane und vegetarische Lebensmittel (10), die als solche vermarktet werden, sowie tierische Produkte wie Fleisch, Wurst und Fisch (10).
Die Hamburger VZ benannte konkrete Beispiele bei den Produkten:
Bei der Höhe der Preissteigerungen gab es 2023 eine neue Bestmarke. Bei den Tuc Bake Rolls von Mondelez stieg der Preis um unglaubliche 127 Prozent. Die Mandelcreme Belmandel von Zentis verteuerte sich um 76 Prozent. Für den Oryza Milchreis und das Oreo Stileis von Froneri haben wir eine versteckte Preiserhöhung von 63 Prozent dokumentiert. Die durchschnittliche Preiserhöhung über alle 104 veröffentlichten Mogelpackungen lag bei 24 Prozent.
Der Betrug ist offensichtlich, der Verbraucherschutz fehlt, die Politik handelt – nicht
Die Zahlen liegen auf dem Tisch, die Liste der Kandidaten für die Mogelpackung des Jahres zeigt offensichtlich, dass der Kunde systematisch und professionell beschissen wird. Was tut die Politik? Die Verbraucherschützer konstatieren:
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Obwohl das Problem schon lange bekannt ist, hat es in den letzten Jahren stets nur Lippenbekenntnisse und keine Verbesserungen gegeben.
Es ist schlimmer: Die Verbraucher werden von der Politik im Stich gelassen, allein die folgende Feststellung der VZ offenbart einen Skandal:
Rein rechtlich sind Mogelpackungen selten zu belangen. Die derzeitigen Gesetze geben Unternehmen viel Freiraum, um Verbraucherinnen und Verbraucher hinters Licht zu führen.
Aller Ehren wert ist, dass die Verbraucherschützer ihren Kunden, also uns, den Bürgern, ihren Einsatz versichern und ein wenig Mut machen, mit einer dann doch ernüchternden Einschränkung:
Bis sich das ändert, machen wir uns weiter für Sie und Ihre Rechte stark – wir decken Mogeleien auf, veröffentlichen diese und gehen – wenn möglich – rechtlich gegen die Tricksereien der Unternehmen vor. Doch die Verfahren sind oft langwierig und kostspielig … der Ausgang ungewiss.
Dass die Politik die Unternehmen geradezu schützt, indem sie offensichtliche Betrügereien nicht ahndet, sondern lediglich maue Willensbekundungen veröffentlicht, zeigt deren Engagement mit angezogener Handbremse, hier aus dem zuständigen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Das Ganze nennt sich „Eckpunktepapier“. In diesem steht, dass bei verringertem Inhalt auch die Verpackung eines Produkts schrumpfen soll.
Dem zuständigen Minister zur Lektüre sollte für derart lasches Agieren diese Forderung der VZ vorgelegt werden:
Uns geht das allerdings nicht weit genug. Wir möchten, dass Produkte mit wenig Inhalt nicht mehr im Regal stehen dürfen, sondern alle Verpackungen von den Herstellern grundsätzlich bis zum Rand befüllt werden müssen. Das wäre ein echter Paradigmenwechsel hin zu weniger Trickserei und mehr Nachhaltigkeit. Derzeit sind in der Regel bis zu 30 Prozent Luft in der Packung erlaubt, in manchen Fällen sogar mehr. Gleichzeitig sollten Verbraucherinnen und Verbraucher gut erkennen können, ob die Füllmenge eines Produkts reduziert wurde. Eine Kennzeichnung direkt auf der Verpackung wäre die verbraucherfreundlichste Lösung.
(Quelle: VZ Hamburg)
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