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Titel: Leserbriefe zu „Luftschläge im Jemen – wo bleibt da eigentlich unsere neu entdeckte Liebe für das Völkerrecht?“

Datum: 20. Januar 2024 um 15:00 Uhr
Rubrik: Leserbriefe
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Jens Berger thematisiert in diesem Beitrag die Bombardierung von Zielen im Jemen durch die USA und Großbritannien. Sie würden sich auf das Recht zur Selbstverteidigung berufen, was „absurd“ sei. Keines der Schiffe, die in den letzten Wochen von den jemenitischen Huthi-Rebellen angegriffen wurden, sei unter britischer oder US-amerikanischer Flagge gefahren. Ein klares Mandat des UN-Sicherheitsrats gebe es nicht. Deutschland zeige einmal mehr, dass der Regierung das Völkerrecht herzlich egal sei, wenn es um Verstöße seitens der USA gehe. Dann jedoch „soll man aber bitte auch künftig schweigen, wenn es um Völkerrechtsverstöße anderer Staaten geht. Alles andere wäre heuchlerisch.“ Wir danken für die interessanten E-Mails. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe, zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Hallo Herr Berger! 

Sie haben so recht, aber unsere Presse interessiert das alles nicht. Die haben ja noch nicht mal gemeldet, daß die Angriffe, mögen sie auch nicht zulässig sein, ausschließlich Schiffen israelischer Besitzer galten oder solchen, die Waren nach Israel brachten. Stattdessen wird suggeriert, alle durchs Rote Meer fahrenden Schiffe wären gefährdet. 

Aber daß Sie das Wort “Sanktionen” in Spiel brachten, welche Jemen da unerlaubt exekutiere, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn da gab es doch schon andere Vorfälle, in denen die USA oder von ihnen beauftragte “Verbündete” iranische Tanker bzw. solche, die iranisches Öl geladen hatten, einfach gekapert haben, und deren Ladung gestohlen – wegen der US-Sanktionen gegen Iran, die genauso völkerrechtswidrig sind, wie die Angriffe aus dem Jemen auf Schiffe. 

nachdenkseiten.de/?p=102777

Hat da jemand aus der Bundesregierung protestiert? ;-)

Ne! Völkerrecht gilt immer nur, wenn man es gegen seine Gegner in Stellung bringen kann. Ob man Russland wegen des “Völkerrechtswidrigen Angriffskrieges” anklagt, oder umgekehrt den israelischen Besatzern Palästinas  ein “völkerrechtlich begründetes Recht auf Selbstverteidigung” gegen Gaza attestiert. 

Um Volker Pispers zu zitieren: “Kommen Sie mit Doppelmoral überhaupt noch aus?”

Gruß, Ole.


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

ich finde es begrüßenswert, wie Sie sozusagen verzweifelt nach einer möglichen Legitimation dafür suchen, dass “Big Brother” gerade wieder regelbasiert irgendwelche Bewohner eines fremden Landes bombardiert hat, die sich nicht wehren können: “Selbstverteidigung” könnte passen, aber nur, wenn man sich selbst verteidigt, was nicht der Fall ist usw…

Eigentlich ist derjenige, der mit so einer Aktion beginnt, erklärungspflichtig. Eigentlich hat sich Herr Hebestreit gerade mitschuldig gemacht. Und eigentlich könnten wir diesen Leuten fast dankbar sein, dass sie sich so ungeschickt selbst entblößen; wir müssten einfach nur eine Akte anlegen und all diese Dinge dort thematisch sammeln, ähnlich wie die Bücher “Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen” oder “Ich habe mitgemacht”.

Wobei es natürlich nichts bringt, wenn jemand nur die Ereignisse der einen Seite sammelt, weil er befangen ist. Bestes Beispiel – die Bombardierung seitens Russland ist schlimm, aber wer dafür die vorangegangene Bombardierung durch die Ukraine legitimiert, macht es nicht besser.

Mit freundlichen Grüßen
P.


3. Leserbrief

Hallo liebes NDS Team,

ich stimme diesem Artikel voll zu. Es ist sogar noch schlimmer wenn man bedenkt, dass nach Seerecht Teile der Meerenge zum Hoheitsgebiet des Jemen gehören. Somit ist das ein lupenreiner Angriffskrieg oder wie Frau Baerbock es redundant ausdrücken würde ein ” brutaler , völkerrechtswidriger Angriffskrieg”. Tut sie aber nicht!

Und genau hier liegt für mich als ehemaliger Deutscher im Ausland lebend der Umstand für Unverständnis und auch tiefer Enttäuschung den NDS gegenüber, denn ich vermisse zwei wesentliche Begriffe: §130 und §140 StGb.

Lieber Herr Berger, fehlt da am Ende nicht ein Stück Text? Z.B. der Art “…. Aufgrund der geradezu Spiegelung des Falles Ukraine/Russland, wobei der Begriff das Angriffskrieg in diesem Falle sogar noch klarer ist, haben wir über unsere Rechtsabteilung Strafanzeige nach §130 und §140 gestellt, genau wie dies auch Friedensaktivisten im umgekehrten Fall passierte. Die Anzeigen sind gegen alle gerichtet bzw. einzeln ausgestellt , die wir dbzgl. bei leugnenden und unterstützenden Aussagen identifizieren konnten. So z.B. Klaus Hebestreit, Annalena Baerbock, Olaf Scholz, Ursula vdL, Redakteure und Autoren der MSM und Fakten Checker , wie … Etc.”

Wieso gibt es diesen Text nicht? Wieso zögern Sie und andere Alternative da eigentlich noch? Das ist eine Steilvorlage, die Sie aufgrund der stetigen Entwicklung zum Faschismus in D. so bald nicht wieder bekommen werden. Wirklich, ich verstehe das nicht. Ich bin natürlich nicht naiv. Klar wird man damit keinen Erfolg haben, aber die Ablehnung wird eben auch ein weiterer Beweis dafür sein, dass D. kein Rechtsstaat ist bzw. ist es eine Chance diese Heuchler vorzuführen. Oder….ja oder es wird sogar vom Gericht richtig und unabhängig als Straftat bewertet. So oder so können Sie nur gewinnen.

Worauf warten Sie eigentlich noch?

Ganz ehrlich? Aufgrund der Einseitigkeit und Klarheit, stellt sich mir so ganz langsam die Frage, ob die sog. Alternativen wirklich so alternativ sind oder vielleicht doch unter einer “false flag” als Honigtopf fungieren. Ich hoffe inständig, dass ich mich irre.

LG
Sebastian S.


4. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

Sie beschreiben korrekt, wie die USA, UK und implizit Deutschland sich nicht an das Völkerrecht halten, was die „Präzisionsschläge“ auf Stellungen der Huthi-Rebellen in Jemen betrifft.

Meine konstruktive Kritik: zwar haben Sie recht, wenn das „Völkerrecht“ verlange, zuerst ein Mandat des UN-Sicherheitsrats zu erwirken. Jedoch ist mit Blick auf russisches und chinesisches Veto-Recht ein solches Mandat geopolitisch vollkommen unrealistisch – und hätten Sie dies nicht in Ihrer Analyse erwähnen können?

Ergäbe sich aus einer politisch realistischen Einschätzung des „Völkerrechts“ (kein UN-Mandat politisch möglich) dann nicht auch zwingend eine anschließende Folgerung:

Wenn nämlich

  • ein UN-Mandat mit Blick auf das Veto-Recht unrealistisch ist und
  • dem Aggressor, der explizit einen Staat auslöschen will und hierzu auch bereits kriegerische Maßnahmen über seine Proxys begonnen hat + dem seinerseits das Völkerrecht vollständig gleichgültig ist (Iran), weil er eben über zahlreiche Proxy-Terroristen-Organisationen seine Auslöschungs-Ziele gegenüber einem anderen Staat (Israel) verfolgt

ist dann nicht der Elefant im Raum der Nachdenkseiten so zu beschreiben:

Wie soll sich der Ziel-Staat der geplanten Auslöschung verhalten? Was ist Ihr Lösungsvorschlag? Das bleibt in Ihrem Artikel offen. 

Permanent beschrieben wird in den NDS lediglich die Unverhältnismäßigkeit der israelischen Angriffe auf Gaza und das Credo “Israel hat kein Recht auf Selbstverteidigung” .

Konkret, betreffend Israel versus Iran: würden Sie Israel dann Nichts-Tun empfehlen und dem Iran und seinen Proxys freie Hand lassen? Da Sie bzw. die NDS in allen Artikeln seit dem 7. Oktober dazu gar nichts sagen lassen, ist eine solche Frage gerechtfertigt. 

Ich hätte mir eine Auseinandersetzung mit dieser offensichtlichen Frage auch in Ihrem Beitrag gewünscht.

Dies ist eine völkerrechtliche Ebene, wenn Sie et al. nur auf das Völkerrecht abstellen wollen: darf der Angegriffene und mit Auslöschung bedrohte (hier: Israel) seinerseits das Völkerrecht missachten, um seiner geplanten Auslöschung zu begegnen? Dieser Diskurs fehlt nicht nur in Ihrem Artikel, sondern leider auch bei allen anderen Autoren, denen die Nachdenkseiten seit dem 7. Oktober Raum gewährt haben.

These: ist nicht das Völkerrecht, dem Sie einseitig Israel unterwerfen wollen, den Aggressor aber ausdrücklich nicht (!), leider in der Staatenpraxis beinahe schon irrelevant geworden, nicht nur durch die illegalen Hegemonial-Kriege der USA aus den letzten Jahrzehnten; sondern eben auch durch die völkerrechtswidrigen Aggressionen und Ziele des Iran mitsamt seinen Proxys Hamas, Hisbollah u.v.a.?

Als ansonsten seit Jahren begeisterter Leser der Nachdenkseiten kann ich hierzu leider keine wesentliche Erhellung in den Nachdenkseiten erkennen, und ich weiß, dass Herr Müller mir aus diesem Grunde nicht mehr wohlgesonnen ist. Das Thema als solches aber, wird in den NDS konsequent nicht diskutiert.

Zusammenfassend: wenn ein UN-Mandat unerreichbar ist, hat dann ein von Vernichtung bedrohter Staat kein Selbstverteidigungsrecht? Geben Sie hierzu vielleicht auch einmal Autoren Raum, die nicht Ihrer bzw. NDS-Auffassung sind, zu Diskurs-Zwecken?

Mit freundlichen Grüßen

Christopher Sprung


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