Heute unter anderem zu folgenden Themen: Thomas Straubhaar – Der große Irrtum; Eurokrise als Comic; Klein-Woodstock im Finanzviertel; Verlogenes Veto aus London; Pflege absichern; Rentenpolitik: Experte fordert Umkehr; “Stille Revolutionen” im Sozialstaat?; Neue Ideen für S21 – Das Wunder von Stuttgart; Atomausstieg: Ein Geheimplan für die AKW-Betreiber; Deutsche Bahn: Der Winter kann kommen; Baden-Württemberg: Parlamentsrechte; Das Dilemma linker Politik; Sprungbrett und Partylöwe; Lob dem faulen Kompromiss; Weniger Demokratie wagen (II); Pleite-Griechen wollen 400 zusätzliche Panzer kaufen (KR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Thomas Straubhaar – Der große Irrtum
- Eurokrise als Comic
- Klein-Woodstock im Finanzviertel
- Verlogenes Veto aus London
- Pflege absichern
- Rentenpolitik: Experte fordert Umkehr
- “Stille Revolutionen” im Sozialstaat?
- Neue Ideen für S21 – Das Wunder von Stuttgart
- Atomausstieg: Ein Geheimplan für die AKW-Betreiber
- Deutsche Bahn: Der Winter kann kommen
- Baden-Württemberg: Parlamentsrechte
- Das Dilemma linker Politik
- Sprungbrett und Partylöwe
- Lob dem faulen Kompromiss
- Weniger Demokratie wagen (II)
- Pleite-Griechen wollen 400 zusätzliche Panzer kaufen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Thomas Straubhaar – Der große Irrtum
Wie konnte und kann es sein, dass sich die These effizienter Finanzmärkte so lange so prominent hat halten können, obschon all die Gründe ihres Versagens bestens untersucht sind, sie empirisch längst widerlegt war und sie nun durch die verschiedenen Krisen der letzten Dekade erst recht diskreditiert ist? Warum haben so wenige – auch ich nicht – kritisch hinterfragt, wer, erstens, ein ganz profanes persönliches Interesse am Effizienzmythos der Finanzmärkte hat und wer, zweitens, in welcher Form auch immer in der Praxis vom Glauben an die Effizienz von Finanzmärkten profitiert. Der Denkansatz der politischen Ökonomie bietet für mögliche Antworten die notwendigen analytischen Werkzeuge.
Quelle: FTD
Anmerkung des NDS-Lesers J.A.: Nicht zu fassen. Sehr erfreulich, dass Straubhaar seinen eigenen Unfug öffentlich bereut. Nicht so erfreulich, dass er für die Milliarden-Schäden, die auch durch seine Politikberatung entstanden sind, nicht haftbar gemacht werden kann.
- Eurokrise als Comic
Quelle: YouTube
Anmerkung JB: Endlich mal ein bunter YouTube-Comic, der voll und ganz zu empfehlen ist.
dazu: IMF Considers Plan to Purchase European Bonds
New initiatives emerged Wednesday as part of efforts to quell Europe’s twin sovereign-debt and banking crises. Germany pushed a proposal to encourage the euro-zone’s national authorities to announce backstops in case their banks hit difficulties, and a senior International Monetary Fund official said the IMF could step in to help shore up the bonds of troubled euro-zone governments. […]
The idea for the IMF to step into the bond markets—probably via a separate legal vehicle created especially for the purpose—would address the other leg of the crisis: the risk of more countries facing financing problems because of rising borrowing costs. It would complement a plan by euro-zone governments to allow the euro-zone’s bailout fund to buy government bonds.
Quelle: Wall Street Journal
Anmerkung JB: Dieser IWF-Vorstoß erscheint bei näherer Betrachtung sinnlos, dürfen doch die EZB und die nationalen Zentralbanken der Eurozone doch beretis auf dem Sekundärmarkt intervenieren.
- Klein-Woodstock im Finanzviertel
Die Revolutionäre haben sich im Zuccotti-Park eingerichtet, ähnlich wie man sich den Kairoer Tahrir-Platz vor ein paar Monaten vorstellt. „Besetzt die Wall Street“ lässt in New York Protestformen der 60er-Jahre aufleben. Nur die Ziele sind nicht so ganz klar.
Quelle: FR online
- Verlogenes Veto aus London
Nach zehn Jahren Gefeilsche empfiehlt die EU-Kommission eine Finanztransaktionssteuer. Englands Premier will jedoch lieber eine exzessive Deregulierung des Finanzsektors
Quelle: Der Freitag
- Pflege absichern
Eine private Pflegezusatzversicherung ergänzt den gesetzlichen Schutz. Ganz billig ist die Police nicht. Tipps für die Auswahl.
Die gesetzliche Pflegeversicherung alleine reicht oft nicht aus, um alle Kosten zu decken, wenn Menschen pflegebedürftig werden. Das liegt vor allem daran, dass es nur Pauschalzahlungen gibt, deren Höhe von der Pflegestufe abhängt – und nicht von den tatsächlichen Kosten. Private Vorsorge kann also sinnvoll sein, Oliver Mest, Chefredakteur von optimal-absichern.de.
Quelle: Ihre Vorsorge
Anmerkung MB: Der Betreiber und Chefredakteur eines Versicherungs- und Vorsorgeportals (in Zusammenarbeit mit dem Verlag für die deutsche Wirtschaft AG), von dem man behaupten KÖNNTE, er sei ein PR-Autor für kommerzielle Altersvorsorge, wird von einem Internetportal der gesetzlichen Rentenversicherer interviewt, welches im Verdacht steht, Rentenversicherungsbeiträge für deutliche Hinweise auf private Rentenversicherung zweckzuentfremden. Da scheinen sich zwei gesucht und gefunden zu haben.
- Rentenpolitik: Experte fordert Umkehr
Winfried Schmähl zeigt Alternative zum “Paradigmenwechsel” von 2001 auf.
Quelle: Ihre Vorsorge
- “Stille Revolutionen” im Sozialstaat?
Der Sozialstaat verändert sich rasant – und zwar nicht nur durch neue Gesetze und veränderte Transfersysteme (Hartz IV, Rente mit 67 etc.), sondern auch aus seinem Inneren heraus, ohne dass darum in der Öffentlichkeit viel Aufhebens gemacht wird. Institutionen und Organisationen alter Prägung verschwinden, und das, was nach ihnen kommt, birgt zahlreiche Ungewissheiten. Auf diesen Tatbestand haben Fachleute bei der Jahrestagung der Sektion Sozialpolitik der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am Institut für Sozialwesen der Universität Kassel hingewiesen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
- Neue Ideen für S21 – Das Wunder von Stuttgart
Mit einem Gegenentwurf zum umstrittenen Bahnhofsprojekt S21 tut sich eine Lösung auf, die dem Land Baden-Württemberg seinen Frieden bringen kann. Und Stuttgart einen leistungsfähigeren und günstigeren Bahnhof.
Nur ein Wunder kann S21 noch stoppen, hat der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich im stern gesagt. Diese Worte des Grünen waren eine Kapitulationsansage an seine politischen Freunde, die ihn gewählt haben und immer noch auf ihn hoffen: […] Aber vielleicht gab es ja am Mittwoch so etwas wie ein Wunder in Stuttgart: Angeregt durch das Unbehagen von Schlichter Heiner Geißler am geplanten Tiefbahnhof, hat sich das Münchner Verkehrsbüro Vieregg & Rößler die Situation in Stuttgart noch einmal genau angesehen, hat durchgespielt, ob es eine sinnvolle Alternative zur milliardenteuren Versenkung des alten Stuttgarter Hauptbahnhofs gibt.
Quelle: Stern
zum Thema: Gericht stoppt Grundwassermanagement
Die Bahn muss Arbeiten am Grundwassermanagement für Stuttgart 21 vorerst stoppen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden.
Quelle: Badische Zeitung
- Atomausstieg: Ein Geheimplan für die AKW-Betreiber
Ein streng vertrauliches Papier beschreibt ein Modell zur Finanzierung des Rückbaus deutscher Atomkraftwerke. Es sieht vor, das ein Teil der Kosten zunächst aus der Staatskasse überbrückt wird.
Quelle: Handelsblatt
- Deutsche Bahn: Der Winter kann kommen
Die Deutsche Bahn sieht sich für Herbstlaub, Schnee und Kälte gut gerüstet. Sollte der Fahrplan doch mal nicht zu halten sein, hat der Konzern mit einer Ausrede schon vorgesorgt.
Quelle: Wirtschaftswoche
Anmerkung MB: Volltreffer sind die beiden Leser/innen-Kommentare.
- Baden-Württemberg: Parlamentsrechte
Der Einstieg des Landes Baden-Württemberg beim Energiekonzern ENBW im Dezember 2010 war damals ein Paukenschlag. Jetzt hat der Staatsgerichtshof die alte Landesregierung gerüffelt. Ganz koscher wirkte das Geschäft von Anfang an nicht.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
- Das Dilemma linker Politik
Die neoliberale Einheitspolitik lässt Wahlen sinnlos erscheinen. Die europaweiten Protestbewegungen werden sich dennoch nicht von der repräsentativen Demokratie verabschieden können, schreibt der Philosoph und Soziologe Oliver Marchart. […] Die wirkliche Alternativlosigkeit liegt anderswo, nämlich im Fehlen einer politischen Alternative zu diesem Mantra und seinen Vorbetern von rechts wie von links. Genauer: einer Alternative innerhalb des Systems repräsentativer Demokratie. Dass diese Alternative nicht in Sicht ist, hat natürlich mit dem Verlust des Vertrauens nicht nur in die traditionelle Linke, sondern auch in das repräsentative System selbst zu tun. Wenn eine Regierung, um beim griechischen Fall zu bleiben, das exakte Gegenteil dessen umsetzt, wofür sie gewählt wurde, stellt sich die Frage nach dem Sinn von Wahlen überhaupt. Wo nicht mehr zwischen erkennbaren Alternativen, sondern nur noch die Alternativlosigkeit selbst gewählt werden kann, steht Demokratie als solche infrage.
Quelle: WOZ
- Sprungbrett und Partylöwe
Vermutlich aber geht es um Höheres. Wowereit wird in der SPD als Kanzlerkandidat gehandelt. Immerhin hat er drei Wahlen gewonnen, was weder Parteichef Gabriel noch Fraktionschef Steinmeier oder der ungeliebte Ex-Finanzminister Steinbrück auf die Waage bringen. Und die Probleme, die Kanzlerin Merkel mit der FDP hat, lassen nur schwer auf eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition schließen. Eine rot-schwarze Regierung unter Wowereit in Berlin wäre also eine starke Empfehlung. Dagegen allerdings spricht: Wieder einmal nehmen sich Politiker und Parteien wichtiger als das Land, für das sie Politik machen sollen.
Quelle: Ostthüringer Zeitung
- Lob dem faulen Kompromiss
Die parlamentarische Demokratie lebt von der Fähigkeit der Parteien sich zu einigen, ohne dem anderen seinen jeweiligen Willen aufzuzwingen. Rot-Grün in Berlin ist an diesem Prinzip gescheitert.
Nach dem dritten Scheitern von Rot-Grün in Berlin ist die Parteienlandschaft der Stadt in wirklich beklagenswerter Lage. Die CDU ist schwach, die SPD hinter Klaus Wowereit kaum erkennbar, die FDP nicht mehr existent. Die Grünen werden zerrieben in Schuldzuweisungen über das abermalige Scheitern von Rot-Grün, und sind der Chance beraubt, in Regierungsverantwortung zu wachsen. Die Linke kommt demoralisiert aus zehn Jahren Regierungspolitik, die ihr nichts gebracht hat, als die Entfremdung zu ihrer Basis. Wer jetzt noch fragt, warum Leute die Piraten wählen – das ist die Antwort.
Quelle: Frankfurter Rundschau
- Weniger Demokratie wagen (II)
Einflussreiche deutsche Medien treiben die Debatte über den Rückbau demokratischer Partizipation in der Bundesrepublik voran. “Weniger Demokratie wagen” sei “das Gebot der Stunde”, heißt es in einem aktuellen Beitrag in der Online-Ausgabe der Tageszeitung “Die Welt”. “Der Bürger” sei “nicht dazu da (…), seinen Repräsentanten politische Entscheidungen abzunehmen”. Der Beitrag knüpft explizit an eine Buchpublikation an, die unlängst unter dem Titel “Weniger Demokratie wagen” im Verlag einer der größten deutschen Tageszeitungen erschienen ist und weiterhin von öffentlich-rechlichen Rundfunksendern promotet wird. Gleichzeitig fassen Protagonisten ultrarechter Strömungen in gesellschaftlichen Bereichen Fuß, die ihnen bislang verschlossen waren. Letzte Woche wurde der Chefredakteur einer Zeitschrift im Amt bestätigt, die für die Studierenden der Münchner Bundeswehr-Universität produziert wird – den Führungsnachwuchs der deutschen Streitkräfte. Der Chefredakteur arbeitet auch für Zeitungen, die sich positiv auf eine antidemokratische Strömung der Weimarer Republik beziehen, die weithin als “geistige Wegbereiterin des Nationalsozialismus” gilt. Dozenten der Bundeswehr-Universität stützen den Chefredakteur; einer von ihnen schlug unter explizitem Bezug auf eine NS-Schrift aus dem Jahr 1939 die Stärkung eines “Großraums Europa” gegen die Vereinigten Staaten vor.
Quelle: German Foreign Policy
- Pleite-Griechen wollen 400 zusätzliche Panzer kaufen
Wie eine schwedische Zeitung meldet, beabsichtigt der bankrotte griechische Staat 400 M1 Abrams Panzer zu kaufen. Der slowakische Parlamentspräsident Richard Sulik fragt sich, warum man mit den Griechen solidarisch sein soll.
Quelle: International Business Times
Anmerkung JB: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die deutschen Massenmedien diese „schöne Geschichte“ aufgreifen, die sich ganz hervorragend zum Griechen-Bashing eignet. Gestern erschien sie bereits in vielen sehr aufgeregten Blogs und ist dabei ein schönes Beispiel, wie „stille Post“ in Zeiten des Internets funktioniert. Der „Kauf“ von 400 älteren M1A1-Panzern aus den USA ist eigentlich ein Geschenk. Griechenland muss lediglich für den Transport und die Instandhaltung aufkommen. Laut griechischen Medien betragen die Gesamtkosten für den Deal 8 Mio. US$ – ein Panzer ist somit ungefähr so teuer wie ein mittelmäßig ausgestatteter VW Golf, alle 400 Panzer zusammen preiswerter als ein einziger neuer Leopard 2 aus Deutschland.
Hinzu kommt, dass Griechenland in den nächsten sechs Jahren 1.200 alte Panzer (darunter 500 aus Deutschland stammende Leopard 1) verschrotten will. Die vermeintlich teure Aufrüstung der „Pleite-Griechen“ ist demnach vielmehr eine preiswerte Abrüstung. Natürlich muss an dieser Stelle jedoch auch die Frage gestellt werden, ob es für Griechenland nicht klüger wäre, den ruinösen Rüstungswettlauf der Türkei einzustellen und ganz auf die kostspieligen Panzertruppen zu verzichten.