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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages II
Datum: 5. Januar 2024 um 16:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Redaktion
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dazu auch: Sanktionen “mit Augenmaß”. Das befürwortet eine Mehrheit in der Bevölkerung, so eine Studie
»Sanktionen in der Grundsicherung, also die vorübergehende Absenkung der finanziellen Leistungen für Grundsicherungsbeziehende, sind ein kontrovers diskutiertes Instrument. Die Befunde einer IAB-Befragung zeigen, dass auf der einen Seite Sanktionen eine relativ breite gesellschaftliche Akzeptanz genießen. Auf der anderen Seite sollte das Existenzminimum nach fast einhelliger Auffassung der Befragten unangetastet bleiben«, so Matthias Collischon et al. in ihrem Beitrag “Eine Mehrheit in der Bevölkerung befürwortet Sanktionen mit Augenmaß”. […]
Die Autoren weisen darauf hin, dass Sanktionen aufgrund von Pflichtverletzungen für viele Leistungsberechtigte in der Vergangenheit kaum eine Rolle gespielt haben. Sie zitieren aus einer Studie von Knize (2022), nach der die Wahrscheinlichkeit für 18- bis 54-jährige Leistungsberechtigte, innerhalb eines Quartals mindestens eine Sanktion wegen Pflichtverletzungen erhalten zu haben, zwischen 2013 und 2016 für Frauen unter 0,7 Prozent, für Männer bei weniger als 2 Prozent gelegen hat.
»Aus Sicht der meisten Befragten sind Sanktionen weiterhin ein notwendiges Instrument. Sie dürfen aber nach fast einhelliger Überzeugung aller Befragten nicht das Existenzminimum gefährden. Die moderateren Leistungsminderungen von 10 bis zu 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs und die tendenziell kürzere Dauer der Leistungsminderungen, wie sie durch die Bürgergeldreform eingeführt wurden, sind damit sicher eher vereinbar als die weit höheren Leistungsminderungen (insbesondere die Sanktionen bei wiederholten Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres) mit einer Regeldauer von drei Monaten, wie sie vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2019 in Kraft waren. Dieses Ergebnis deckt sich tendenziell mit den Befunden mehrerer sogenannter Vignettenstudien. Demnach werden „moderate“ Sanktionen (nicht mehr als 30 Prozent des Regelsatzes) mehrheitlich als ein prinzipiell gerechtes Instrument angesehen.«
Quelle: Aktuell Sozialpolitik
und: Zahlen bitte! Sanktionen im Hartz IV- bzw. im Bürgergeld-System. Und potemkinsche Einsparungen mit den geplanten Verschärfungen der Sanktionen im SGB II
Deutschland, am Jahresende 2023: Im Dezember 2023 lebten in 2.897.000 Bedarfsgemeinschaften 5.473.000 Personen, die einen Anspruch auf Regelleistungen nach dem SGB II hatten. Hinter dieser einen großen Zahl von fast 5,5 Millionen Menschen, die auf Leistungen aus dem Grundsicherungssystem (SGB II) angewiesen sind, verbergen sich nicht nur 5,5 Millionen Einzelschicksale, sondern auch extrem unterschiedliche Fallkonstellationen, die zu einer Hilfebedürftigkeit geführt haben. In der öffentlichen und diese formatierenden medialen Diskussion muss man als unbedarfter Beobachter aber den Eindruck bekommen, als sind alle Hartz IV- bzw. neudeutsch „Bürgergeld“-Empfänger Arbeitslose, genauer: Erwerbsarbeitslose und das Hauptproblem des „neuen“ Bürgergeldes besteht darin, dass es keine „Anreize“ geben würde, irgendeine Erwerbsarbeit aufzunehmen oder dass sogar Jobs hingeschmissen werden, weil man mit dem Bürgergeld angeblich besser, vor allem angenehmer leben könne. In diesem höchst selektiven Kontext, der viele Millionen Hilfebedürftige und deren Lebenslagen komplett ignoriert, passt dann die Forderung nach einer (Wieder-)Verschärfung der Sanktionen, also der Leistungsminderungen in der Grundsicherung. Besonders populär, weil auf den ersten Blick für viele nachvollziehbar ist die Forderung, dass die Ablehnung einer angebotenen Erwerbsarbeit und die damit einhergehende Verlängerung des steuerfinanzierten Leistungsbezugs zu einer „knallharten“ Sanktionierung führen müsse, damit man sich nicht von Faulenzern und den Sozialstaat missbrauchenden Menschen an der Nase durch den Ring ziehen lassen muss und damit die Solidargemeinschaft geschützt wird vor einer Über-Inanspruchnahme aus „niederen“ Beweggründen. […]
Offensichtlich geht es hier um einen der Klimmzüge, mit denen die amtierende Bundesregierung versucht, im Nachgang zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zur Verfassungswidrigkeit des Nachtragshaushalts 2021 und der dort genutzten Umgehung der Schuldenbremse fehlendes Geld für den Bundeshaushalt 2024 zusammenzukratzen.
Hier wird eine wahrhaft potemkinsche Zahlenhuberei vorgelegt, was schon mehr ist als Dreistigkeit oder der Versuch einer Umsetzung der bekannten Strategie: Frechheit siegt.
Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
Anmerkung Lutz Hausstein: Drei eminent wichtige Beiträge aus dem aktuellen Fundus von Prof. Stefan Sell, die gewohnt tief in die fachliche Materie eindringen, auf Stolperfallen aufmerksam machen und eine große Anzahl von Zahlen, Statistiken und Grafiken bieten. Es ist gar nicht möglich, all das in aller Kürze zu kommentieren. Hingewiesen sei daher nur auf das Hintertürchen, dass das BVerfG in seinem 2019er Urteil dem Gesetzgeber (ganz bewusst?) gelassen hat, um von der Begrenzung der Sanktionen auf maximal 30 Prozent abzuweichen, das Prof. Sell im ersten Beitrag beschreibt. Und dann auf die absurden geplanten Einsparungen durch Sanktionen, gewürzt mit einer Vielzahl von Statistiken und Grafiken, deren Realitätsgerechtigkeit er im dritten Beitrag auf den Grund geht.
Die Plattform, geschaffen von einem anderen Großen seines Fachs, Robert Parry, war ein guter Ort für einen letzten Paukenschlag. In der Zusammenfassung zum Artikel steht: „Es kann keine Demokratie und (gleichzeitig) Kolonialkrieg geben; die eine strebt nach Anstand, der andere nach Faschismus. Mittlerweile sind einst willkommene Außenseiter Ketzer im Untergrund des Journalismus inmitten einer Landschaft verlogener Konformität.“
Pilger begann diesen Artikel mit einer Erinnerung an einen der „Hollywood 10“, James Dalton Trumbo, der zu den geächteten US-Amerikanern gehörte, denen Ende der 40er Jahre „unamerikanische Umtriebe“ vorgeworfen wurden – aufgrund ihrer politischen Haltung. Sie waren „rote Socken“, Kommunisten, und standen im Verdacht, die „Fünfte Kolonne“ Moskaus zu sein. Sie wurden ins Gefängnis gesteckt, trotz des Grundrechts auf Meinungsfreiheit, oder konnten nur heimlich arbeiten. Trumbo schuf unter anderem das Drehbuch zum Film „Spartakus“. Später hat Hollywood in einigen Filmen jenen politisch Verfolgten ein Denkmal gesetzt, wie zum Beispiel in „Jene Jahre in Hollywood“. Zwei aus verschiedenen Welten stammende Liebende treffen ihre politische Wahl. Die Sympathie der Filmschöpfer ist eindeutig verteilt: Es ist das gerade Rückgrat, die Wahl der Streisand, und nicht das jämmerliche Abducken, das Redford repräsentierte. Und doch erzählte der Film auch von einer großen Tragödie: Wie Menschen gebrochen werden können, und dass auch Liebe nicht alles vermag.
Quelle: Petra Erler
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Unter einem merkwürdigen Titel, aber unter Anerkennung der gegenwärtigen Realitäten (immer höhere Verluste an Menschenleben, weitere Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur, schwindende Unterstützung durch den Westen…) plädiert hier ein taz-Autor, leicht verklausuliert, tatsächlich für einen “Plan B”, nämlich Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, und untermauert die Aufforderung mit dem Hinweis, dass “Verhandlungen [manchmal] funktionieren”. In den kriegsbesoffenen Leserkommentaren werden ihm und der taz (natürlich) Naivität, Putin-Freundlichkeit und Defätismus unterstellt, ähnlich wie vor ein paar Tagen beim Artikel von Hajo Funke und Michael von der Schulenburg.
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