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Titel: Rede des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann vom 23. Januar 1958

Datum: 16. Dezember 2023 um 10:00 Uhr
Rubrik: Aufrüstung, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, SPD
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Gustav Heinemann kann man ohne zu übertreiben eine Ausnahmeerscheinung der deutschen Geschichte nennen. Er hat nach dem Zweiten Weltkrieg an der Gründung der CDU mitgewirkt und war Bundesinnenminister im ersten Kabinett Adenauers ab 1949. Er trat aus Protest gegen die ohne Absprache von Adenauer gegebene Zusage an die West-Alliierten zur militärischen Aufrüstung der Bundesrepublik Deutschland zurück. Aus der Sicht Heinemanns zementierte die Wiederbewaffnung die Teilung unseres Landes in zwei Teile. Die hier im Protokoll des Deutschen Bundestags wiedergegebene Rede ist gerade auch für Leserinnen und Leser aus der ehemaligen DDR interessant. Es ging dabei auch um ihr Schicksal. Albrecht Müller.

Wir werden übrigens am 23. Dezember 2023, also nächsten Samstag, ein weiteres Dokument zum Thema bringen.

Zum Hintergrund und zur Einordnung der Rede Gustav Heinemanns im Januar 1958 ergänze ich einiges aus eigenem Erleben:

Das Interesse für Politik und insbesondere für das friedliche Zusammenleben der Menschen im Osten und Westen unseres Landes wurde bei mir schon in ziemlich jugendlichem Alter geweckt. Ich war zwölf, als Heinemann aus dem Kabinett Adenauer ausschied, und dann 15, als er 1953 mit seiner von ihm und Helene Wessel gegründeten Partei GVP (Gesamtdeutsche Volkspartei) bei der Bundestagswahl antrat und schrecklich schlecht abschnitt (was nicht an ihm und seiner Partei lag). Zusammen mit meinen älteren Brüdern hatte ich mich im Wahlkampf für die GVP engagiert. Wir hatten in unser Dorf Vertreter seiner Partei zu Versammlungen eingeladen und ansonsten eifrig Plakate geklebt.

Anlass für unser Engagement war die Missachtung Adenauers für die in Ostdeutschland lebenden Menschen, indem der damalige Bundeskanzler auf die Angebote der UdSSR, die es 1952 und darauffolgend wieder gab, nicht einging. Heinemann geht in der dokumentierten Rede von 1958 auch darauf ein.

Wir hatten damals enge Kontakte zu jungen Menschen in der DDR. Diese knüpften wir alle zusammen meist auf Kirchentagen, zentral dafür war der Evangelische Kirchentag im Hamburg im Jahre 1953. In der Familie von dort gewonnenen Freunden war ich dann 1956 zu einem Ferienaufenthalt in Brandenburg und später dann in Dresden. Vermutlich gehörte ich damit in meiner Generation im Westen zu einer „radikalen“ Minderheit. In der fraglichen Zeit von 1950 bis 1957 waren die verpassten Chancen des friedlichen Zusammenlebens zwischen West und Ost für mich ein Dauerthema. Das galt vermutlich nicht für die Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland West.

Übrigens hatten die Feiern der deutschen Vereinigung des Jahres 1990 für mich wegen der Kenntnis der verpassten Chancen Anfang der Fünfzigerjahre einen fahlen Beigeschmack.

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