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Titel: Deutschland – Diener und Opfer der USA

Datum: 6. Dezember 2023 um 9:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Europapolitik, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
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Es wird immer deutlicher, dass Deutschland eines der größten Opfer der US-Politik ist, die ihre globale Hegemonie um jeden Preis aufrechterhalten will. Die derzeitige Machtelite in Berlin beteiligt sich wie ein Selbstmörder an der Schwächung des eigenen Landes und an der Zerstörung der deutschen Wirtschaft – ebenso, wie Ursula von der Leyen, die an der Spitze der Europäischen Union steht, zunehmend US-amerikanischen Interessen dient. Aber die durch die Medien umerzogene und handzahm gemachte deutsche Gesellschaft wacht allmählich auf und erkennt die wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Vasallenpolitik, die zunehmend zu einer existenziellen Frage werden. Von Gábor Stier, Übersetzung von Éva Péli.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Für Ungarn, das tausendfach mit der deutschen Wirtschaft verbunden ist, ist der Umgang der Berliner Regierung mit der sich verschärfenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise von großer Bedeutung. Diese Krise wurde vor allem durch die aggressive Politik der Vereinigten Staaten ausgelöst und zielt darauf ab, deren hegemoniale Rolle im verschärften Wettbewerb um die Umgestaltung der Weltordnung aufrechtzuerhalten. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges setzte Washington der in den letzten Jahren mancherorts wieder aufkeimenden europäischen Eigenständigkeit und dem Ungehorsam ein Ende und reihte den westlichen Block hinter sich auf. Die europäische Elite, die die vier Jahre der Präsidentschaft Donald Trumps mit dem In-sich-Kehren der USA und ihrer Hinwendung nach Asien als Tragödie erlebt hatte, war daran beteiligt und wurde durch den Wahlsieg Joseph Bidens und damit die Rückkehr der Schirmherrschaft Washingtons erleichtert.

Doch in der neuen Situation lässt sich das Weiße Haus teurer als zuvor für die Aufrechterhaltung eines Schutzschirms über Europa bezahlen. Es drängt Europa dazu, die Ukraine militärisch und finanziell zu unterstützen – eine wachsende finanzielle Belastung, welche die Wohlstandsära in Westeuropa endgültig beendet hat. Der Hauptgrund dafür ist, dass die EU blindlings eine Reihe von Sanktionen gegen Russland verhängt und dabei ihre eigenen Interessen ignoriert und sogar die Erwartungen der USA übertroffen hat. Damit ist eines der wichtigsten Standbeine der europäischen Wettbewerbsfähigkeit weggebrochen. Nach fast zwei Jahren ist die Europäische Union dabei, den Wirtschaftskrieg mit Russland zu verlieren. Das gilt vor allem für Deutschland, einst die „Lokomotive” der Europäischen Union, die sich immer mehr zum „kranken Mann” Europas entwickelt.

Deutschlands derzeitige Regierung scheint nicht zu sehen – oder will nicht sehen –, dass Washington das vor einem Jahrhundert gesetzte strategische Ziel erreicht hat. Paradoxerweise haben die USA mit deutscher Mitwirkung die beiden Pole des eurasischen geopolitischen Raums, Russland und die EU, für lange Zeit gegeneinander ausgespielt. Indem verhindert wird, dass europäische Technologie in den Osten und russische Energielieferungen nach Europa gelangen – oder nur zu einem enormen Aufpreis –, werden beide Seiten geschwächt. Eines der strategischen Ziele der USA ist durch den Krieg also bereits erfüllt, denn er hält Deutschland unten und verbrennt die Ressourcen Russlands.

Aber nicht nur die deutsche Regierung, die schwächste seit Langem, sondern auch die Führung der Europäischen Union ist ein Partner in diesem Bestreben. Wenn sich der gegenwärtige Trend nicht umkehrt, wird die EU nicht nur als geopolitischer Pol, sondern auch als Wirtschaftsmacht aufhören zu existieren. Danach sollten wir uns nicht wundern, wenn sie selbst unbedeutend wird. Sie würde zwar nicht aufhören zu existieren, aber sie würde zu einem belanglosen Organ reduziert werden. Und das kann weder im ungarischen noch im europäischen Interesse sein.

Von der Leyens größtes Vergehen

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, trägt eine große Verantwortung für diese Abwärtsspirale. Das größte Vergehen der deutschen Politikerin besteht nicht einmal darin, dass sie und ihr Ehemann, ein leitender Angestellter von Pfizer, während der Pandemie unter einer Decke steckten, indem sie die EU in ein globales Korruptionsnetz hineinzogen und den osteuropäischen Ländern einen „Impfstoff” aufzwangen, den zu diesem Zeitpunkt kein Mensch mehr brauchte. Damit hat sie diese Länder geschwächt, genauso wie sie sie geschwächt hat, indem sie den ukrainischen Getreideexport gegen den Willen der Mitteleuropäer durchgeboxt hat – die oft beschworene und geforderte Solidarität über Bord werfend –, was die Landwirtschaft der Region zerstört und das Leben der Bauern unmöglich macht.

Vielleicht dachte sie, so könne sie diese rebellische mitteleuropäische Region zähmen. Was sie mit dem Drängen der Ukraine und der Republik Moldau zum EU-Beitritt erreichen will, möchte ich mir gar nicht ausmalen. Ein übereilter Schritt würde die Existenz der Europäischen Union gefährden. Es diente auch nicht der Stärkung Europas, als sie sich neben Emmanuel Macron in Peking hereinschlich, um dort, statt die Beziehungen zwischen Europa und China zu verbessern, sie im Gegenteil zu verschlechtern. Die Beispiele ließen sich fortsetzen, aber auch ohne sie kann man verstehen, warum viele Menschen, sogar innerhalb der Europäischen Kommission selbst, denken, dass Ursula von der Leyen eine Dienerin US-amerikanischer Interessen ist.

Angesichts des Einflusses, den sie als Chefin der Kommission auf die Gegenwart und Zukunft der Europäischen Union hat, muss die Gefahr von von der Leyens Handeln ernst genommen werden. Die EU wäre gut bedient, wenn Ursula von der Leyen als Belohnung den Posten des NATO-Generalsekretärs bekäme, wo bekanntlich immer „Uncle Sam” das Sagen hat.

Deutschland vor dem Absturz

Aber kehren wir zu Deutschland zurück, dessen Schicksal auch die Zukunft der Europäischen Union grundlegend bestimmen wird. Wir können uns überhaupt nicht darüber freuen, dass die deutsche Regierung einen Fehler nach dem anderen macht, dass Olaf Scholz ein schwacher Kanzler ist, die Krawalle seines Koalitionspartners, der Grünen, nicht in den Griff bekommt und nur so vor sich hindümpelt, während die Wirtschaft hustet und an Wettbewerbsfähigkeit verliert. So ist es verständlich, dass er sich dem US-Diktat nicht widersetzen kann.

Deutschland steckt in Schwierigkeiten – in großen Schwierigkeiten. Das Migrantenproblem wird immer akuter, und die Regierung ist sich dessen bewusst, aber unfähig, etwas dagegen zu tun. Das Land steht auch unter dem Druck einer ausufernden Bürokratie und einer alternden Bevölkerung. Darüber hinaus befindet sich die Wirtschaft im Sturzflug. Dies sind Probleme, die systemische Reformen erfordern, aber davon bisher keine Spur. Laut der Vorhersage des Internationalen Währungsfonds (IWF) könnte Deutschland das einzige Land der G7 sein, dessen Wirtschaft in diesem Jahr nicht wachsen wird.

Die Wirtschaftstätigkeit befindet sich auf einem Dreijahrestief, und einige Unternehmen haben bereits ihren Standort in die USA verlagert. Vor allem die chemische Industrie leidet. Die teure Energie erstickt sie. Was das relativ billige russische Gas wirklich für die Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, zeigt sich jetzt.

Aber die USA haben die Bundesrepublik mit diesem Krieg von den russischen Energielieferungen abgeschnitten. Natürlich hat Washington auch nicht daran gedacht, dass dadurch China und Indien in Stellung gebracht würden – und um sicherzugehen, hat es sogar die Nord-Stream-Pipeline in die Luft gejagt. Jetzt schiebt es das auch noch den Ukrainern in die Schuhe – und die deutschen Politiker schweigen. Allein der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert die Wiederherstellung der gesprengten Nord Stream 2 und die Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken. Aber inmitten der grünen Revolution und des tief sitzenden Russlandfeindlichkeit ist dies undenkbar.

Diese Politik ist außerdem so heuchlerisch, dass sie in der Not die schädliche Gase spuckenden Kohlekraftwerke wieder hochfährt und die noch nicht sanktionierten russischen LNG auch weiterhin zukaufen lässt – und das in beachtlichen Mengen. Währenddessen kann die EU dazu genutzt werden, mit Verweis auf den „grünen Übergang” den Partnerländern für sie ungünstige Vorschriften und Parameter aufzuerlegen. Auf diese Weise verbessern sie bis zu einem gewissen Grad die regionale Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen. Deutschlands Politiker machen mit anderen europäischen Ländern dasselbe, was die US-Amerikaner mit ihnen machen.

Aber dieser Amoklauf kann nicht ewig weitergehen, auch nicht in einem Deutschland mit angekratzter Identität. Immer mehr Deutsche, die die Situation zunehmend als existenzielle Herausforderung begreifen, brechen aus ihren ideologischen Zwangsjacken aus. Ein offensichtliches Zeichen dafür ist die wachsende Unzufriedenheit und der deutliche Popularitätsanstieg der AfD, die bisher politisch unter Quarantäne stand.

Die oft geschmähte und geächtete rechtskonservative Partei ist jetzt gleich nach den Christdemokraten (CDU) die zweitstärkste Partei. Das bedeutet nicht, dass sie in die Regierung eintreten wird – die über ein Verbot nachdenkende Macht hat die Geheimdienste auf sie losgelassen –, aber ihre wachsende Popularität zeigt eine Veränderung der Stimmung in der Gesellschaft. Es wird immer häufiger von einem möglichen Bruch der Koalition gesprochen. Irgendjemand muss die politische Verantwortung für diesen Tiefflug tragen.

Der Artikel ist ursprünglich auf dem ungarischen Portal Moszkvater erschienen.

Titelbild: Shutterstock / Flags Stock


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