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- Die »regelbasierte Weltordnung« ist eine Farce
- EU-Gipfel zum Krieg in Nahost: Die richtige Formel
- UN-Generalsekretär Antonio Guterres: Die Stimme der Vernunft
- Selbst die «RAND Corporation» erklärt Israels Strategie in Gaza für falsch und gescheitert
- Krieg beginnt in den Köpfen: Jonas Tögels „Kognitive Kriegsführung“
- Oktober 2023 – Nachrichten aus dem Krieg
- Australiens Premier setzt sich für Julian Assange ein
- Auf 60 Seiten zerlegen Habecks Spitzenbeamte seine Politik
- Klassenkompromiss mit Kampfansage
- Alexander King: Die Linke ist alleine nicht mehr in der Lage, das linke Wählerpotenzial abzudecken
- Gehaltsabzug für ein Steak? Arbeitsrechtler kritisiert VfL Osnabrück scharf
- Rund 400 Feuerwehrleute protestieren gegen späteren Ruhestand
- ARD Faktenfinder schludert bei Ausländer-Antisemitismus, korrigiert halbherzig und verzichtet auf Änderungshinweis
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Die »regelbasierte Weltordnung« ist eine Farce
Die meisten Staats- und Regierungschefs der EU haben ihre Zustimmung oder zumindest eine neutrale Haltung angesichts der »Kollektivbestrafung« der Bevölkerung im Gazastreifen bekundet. Dieses Desinteresse an der Verteidigung des Völkerrechts zeigt, dass es so etwas wie eine »auf Regeln basierende internationale Ordnung« nicht gibt.
Im Oktober 2012 gab das norwegische Nobel-Komitee bekannt, dass der Friedensnobelpreis in diesem Jahr an die Europäische Union gehen würde. Diese habe schließlich »seit über sechs Jahrzehnten zur Förderung von Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa beigetragen«. Ein Jahrzehnt später tobte auf dem europäischen Kontinent wieder ein Krieg: Russland hatte im Frühjahr 2022 begonnen, die Ukraine anzugreifen und Zivilisten zu bombardieren.
Als Reaktion auf die russische Aggression gegen die Ukraine und ihre Bürgerinnen und Bürger sprach die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Oktober 2022 von »Kriegsverbrechen« und erklärte mit Nachdruck: »Gezielte Angriffe auf zivile Infrastrukturen – mit der klaren Absicht, Männer, Frauen und Kinder von Wasser, Strom und Heizung im heranschreitenden Winter abzuschneiden – sind reine Terrorakte. Und wir müssen diese auch als solche benennen.«
Nochmals ein Jahr später brach Anfang Oktober 2023 ein weiterer militärischer Konflikt aus: Zahlreiche Hamas-Kämpfer sind gewaltsam aus dem Gazastreifen ausgerückt und haben mehr als 1.000 israelische Zivilistinnen und Zivilisten brutal ermordet oder als Geiseln genommen. Als Reaktion auf diese Anschläge der Hamas erklärte der israelische Energieminister, dass im Gazastreifen »kein elektrischer Schalter eingeschaltet, kein Wasserhydrant geöffnet und kein Treibstofftransporter einfahren wird«, bis die Entführten freigelassen würden. Der Rest der Regierung hat seitdem entsprechend gehandelt. Die »vollständige Belagerung« des Gazastreifens ist nicht weniger als eine »kollektive Bestrafung« der dort lebenden Menschen – und damit etwas, das die Vereinten Nationen als Kriegsverbrechen werten.
Dieses Mal gab es für von der Leyen allerdings keinen Anlass, es zu verurteilen, dass »Männer, Frauen und Kinder von Wasser, Strom und Heizung« abgeschnitten wurden.
Quelle: Jacobin
dazu: Deutschland unter Scholz und Baerbock steht für Kriege im US-Interesse, aber nicht für Frieden
Schon in der Ukraine setzt die Bundesregierung auf Kriegsverlängerung durch Waffenlieferungen, im Krieg im Nahen Osten ist die von Baerbock vertretene Position der deutschen Regierung sogar noch blutrünstiger, denn sie tritt gegen jede Art von Waffenstillstand oder Feuerpause in Palästina ein. (…)
Die Reaktion Israels auf den Terrorangriff der Hamas verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht, weil Israel eine komplette Blockade des Gazastreifens verhängt hat, weshalb dort nun Lebensmittel und Wasser, aber auch lebenswichtige Medikamente knapp sind. Dass Israel auch die Stromversorgung im Gazastreifen unterbrochen hat, führt zu vermeidbaren Toten in den Krankenhäusern in Gaza, wo die Lage ohnehin schon dramatisch ist und wo wegen der israelischen Blockade sogar ohne Narkose operiert werden muss.
Hinzu kommt, dass Israels Reaktion auf den Angriff der Hamas völlig unverhältnismäßig ist, denn inzwischen haben die israelischen Bombardements in Gaza zu weit mehr getöteten Zivilisten geführt, als der Angriff der Hamas auf Israel. Laut UNICEF hat Israel inzwischen mindestens 2.300 Kinder getötet und mehr als 5.300 verletzt.
Hier wird die Doppelmoral der westlichen Medien und auch der deutschen Bundesregierung besonders deutlich, denn sie werfen Russland einen „brutalen Angriffskrieg“ in der Ukraine vor, machen Israel jedoch keinerlei Vorwürfe.
Quelle: Anti-Spiegel
- EU-Gipfel zum Krieg in Nahost: Die richtige Formel
Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU ringen bei ihrem Gipfeltreffen um ihre Position zum Krieg in Nahost. Doch das hat nur symbolische Bedeutung.
Ein dauerhafter Waffenstillstand, eine humanitäre Waffenpause – oder nur kurze Waffenpausen zum Atemholen? Über die richtige „Formel“ für den Krieg gegen den Hamas-Terror in Israel haben die 27 Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel heftig gerungen.
Dem vorausgegangen war ein zwei Wochen langer Dauerstreit. Selten hat die EU ihre Meinungsverschiedenheiten so offen ausgetragen, noch nie sind die Positionen so hart aufeinandergeprallt. Es geht um die Frage, ob die EU in der Nahostpolitik eine eigenständige und aktive Rolle einnimmt – und um ihre Glaubwürdigkeit weltweit.
Deutschland versuchte am Donnerstag nun, Israel im Krieg gegen die Hamas den Rücken freizuhalten und Forderungen nach einer längeren Waffenruhe abzuwehren.
Quelle: Eric Bonse in der taz
- UN-Generalsekretär Antonio Guterres: Die Stimme der Vernunft
Wie der neue Krieg die Welt noch gefährlicher macht: Israel, Palästine, der Nahe und Mittlere Osten und der falsche Glaube, militärisch alles lösen zu können
Vor wenigen Tagen fand auf Initiative Ägyptens ein Friedens-Gipfel statt. Israel war nicht eingeladen und wäre auch nicht gekommen, war zu lesen. Auf der Konferenz wurden viele Reden gehalten, aber sie endete ohne gemeinsame Erklärung. Das, was Ägypten vorgeschlagen hatte (ein Waffenstillstand), war nicht konsensfähig. Schließlich gab Ägypten nur eine Presseerklärung heraus.
fm.gov.om/egypt-issues-press-statement-on-cairo-peace-summit/
Ein ägyptischer Fernsehsender, der die gesamte Konferenz übertrug, entschied sich, den Bildschirm zu teilen. Auf einer Seite konnten Interessierte die Konferenz verfolgen, auf der anderen Seite gab es Echtzeit-Aufnahmen der Bombardierung des Gaza-Streifens. Das war in einem sehr kritischen Kommentar der Wochenzeitung The Arab Weekly zum Gipfel nachzulesen. Der Verfasser des langen Kommentars ist kein Irgendwer. Er heißt Haitham El-Zobaidi, der in London ansässige Vorsitzender und Chefredakteur der Al Arab Publishing Group. Er ist ebenfalls Chefredakteur der arabisch-englischen Nachrichtenseite „Middle East Online“.
banipal.co.uk/contributors/1198/haitham-el-zobaidi/
Laut eigener Erklärung hat Al Arab,, das seit Ende 70er Jahre in London herausgegeben wird, eine pan-arabische Zielrichtung, unterstützt die „Anliegen aller Araber“ und verfolgt die Strategie, frühzeitig und unabhängig Stellung zu beziehen.
thearabweekly.com/al-arab-newspaper-celebrates-10000th-issue
El-Zobaidi fand kaum gute Worte über die Konferenz. Er meinte, dass sich die ägyptischen Organisatoren völlig überhoben und den Blick für die Realität verloren hatten: Statt über Frieden zu reden, wäre ein Waffenstillstand das Maximale gewesen, was man in Kairo hätte erreichen können.
Am härtesten aber ging er mit den westlichen Teilnehmern von Kairo ins Gericht.
Quelle: Petra Erler
- Selbst die «RAND Corporation» erklärt Israels Strategie in Gaza für falsch und gescheitert
Die RAND Corporation, eine weltberühmte US-amerikanische Forschungs- und Beratungsfirma, rühmt sich, in gut 50 Ländern 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen, die insgesamt in über 75 Sprachen forschen und kommunizieren können und von denen über tausend, also mehr als die Hälfte, über ein Doktorat oder sogar mehrere Doktorate verfügen. RAND ist also nicht einfach einer von unzähligen so genannten Thinktanks. Und was zu beachten besonders wichtig ist: RANDs beste Kunden sind das US-State Department (also das US-Außenministerium) und das US-Militär: die US-Army, die US-Air Force und das US-Department of Homeland Security. Diese staatlichen Kunden zahlen mehr als die Hälfte aller RAND-Einnahmen. Jetzt hat RAND auf ihrer Website ein vernichtendes Urteil über die israelische Strategie veröffentlicht. (cm)
Die Redensart „Gras mähen“ („moving the grass“, Red.) war in den letzten anderthalb Jahrzehnten die Schlagzeile der israelischen Strategie in Gaza. Sie spielt sich auf folgende Weise ab: Die Palästinenser, frustriert über den Zustand der Enklave, wenden sich an die Hamas, um sich an Israel zu rächen. Israel verhängt Beschränkungen wie die Blockade des Gazastreifens und begründet dies mit Sicherheitsbedenken. Die Lebensbedingungen in Gaza verschlechtern sich weiter und die Unzufriedenheit wächst. Die Hamas, der Palästinensische Islamische Dschihad und andere Organisationen nutzen die Unzufriedenheit aus und greifen Israel an. Israel reagiert darauf, indem es „das Gras mäht“ und die Täter zusammen mit einer Reihe von Zivilisten tötet, was bestenfalls ein paar Jahre relativen Friedens bringt und langfristig die Radikalisierung weiter anheizt. Und so setzt sich der Kreislauf unendlich fort.
Das „Gras mähen“ verkörpert mehr als nur strategischen Fatalismus, es spiegelt auch ein großes Maß an Hybris wider.
Quelle: Globalbridge
- Krieg beginnt in den Köpfen: Jonas Tögels „Kognitive Kriegsführung“
Jonas Tögel analysiert, mit welchen Techniken Menschen von der Notwendigkeit eines Krieges überzeugt werden
It’s the psychology, stupid!“ – dieser Schluss kann nach der Lektüre dieses Buches durchaus berechtigt gezogen werden. Denn in Kognitive Kriegsführung zeigt der promovierte Amerikanist und Propagandaforscher Jonas Tögel das mannigfaltige, nicht-physische Waffenarsenal von Staaten und Militärbündnissen auf. Der Begriff der kognitiven Kriegsführung (kognitiv: das Wahrnehmen, Denken, Erkennen betreffend) existiert erst seit wenigen Jahren und geht auf Forschende aus dem Umfeld des Militärbündnisses NATO zurück. In einem Dossier von Wissenschaftlern eines NATO-nahen Thinktanks wird sie definiert als eine Sammlung an Möglichkeiten zur „Manipulation der Kognitionsmechanismen eines Feindes oder seiner Bürger, mit dem Ziel, ihn zu schwächen, zu durchdringen, zu beeinflussen oder sogar zu unterwerfen und zu zerstören“. Ausgangspunkt der Analyse ist die Frage: „Warum ist es bis heute möglich, Kriege zu führen, obwohl sie unmoralisch, grausam und für die Mehrheit der Bevölkerung zum Nachteil sind und gegen das Völkerrecht verstoßen?“
Quelle: der Freitag
- Oktober 2023 – Nachrichten aus dem Krieg
Wenig erfährt man dieser Tage darüber, wie es den Palästinensern im Gazastreifen und in den besetzten palästinensischen Gebieten im Westjordanland ergeht. Die Nachrichten werden bestimmt von israelischen oder US-amerikanischen Quellen, Stimmen aus Gaza oder dem Westjordanland kommen kaum vor.
Als in den letzten Tagen im UN-Sicherheitsrat in New York über eine Resolution verhandelt wurde, die einen Waffenstillstand und humanitäre Hilfe für die gequälten Bewohner des Gazastreifens vorsah, legten die USA ihr Veto ein. Bei einer erneuten Sitzung des Gremiums am Dienstag (24.10.2023 NY Ortszeit) beschimpften der israelische UN-Botschafter und der israelische Außenminister UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Der hatte in seinem kurzen Eingangsstatement die Gewalt der Qassam-Brigaden verurteilt und anwesenden Angehörigen der in den Gazastreifen entführten israelischen und ausländischen Gefangenen seinen Respekt gezollt.
Guterres forderte Israel auf, das humanitäre internationale Recht einzuhalten. Es sei „wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht aus dem luftleeren Raum gekommen“ seien, sagte Guterres. „Das palästinensische Volk hat 56 Jahre lang unter einer erdrückenden Besatzung gelitten. Es hat mit ansehen müssen, wie sein Land immer mehr von Siedlungen verschlungen und von Gewalt heimgesucht wurde, wie seine Wirtschaft unterdrückt, seine Menschen vertrieben und seine Häuser zerstört wurden. Ihre Hoffnungen auf eine politische Lösung für ihre Notlage haben sich in Luft aufgelöst.“ Doch nichts von alledem könne „die schrecklichen Angriffe der Hamas rechtfertigen“, so Guterres weiter. Ebenso wenig könnten die „schrecklichen Angriffe die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes rechtfertigen.“
Quelle: Karin Leukefeld auf Globalbridge
- Australiens Premier setzt sich für Julian Assange ein
Weil er geheimes Material von Militäreinsätzen gestohlen und veröffentlicht haben soll, drohen Assange in den USA bis zu 175 Jahre Haft. Derzeit sitzt der Wikileaks-Gründer in einem britischen Gefängnis.
Der australische Premierminister Anthony Albanese hat sich bei seinem Staatsbesuch in den USA erneut für eine Freilassung des in Großbritannien inhaftierten Wikileaks-Gründers Julian Assange eingesetzt. Er habe US-Präsident Joe Biden bei informellen Gesprächen in dieser Woche direkt auf seine Besorgnis um den 52-jährigen Australier angesprochen, der seit viereinhalb Jahren in einem Londoner Gefängnis sitzt. Das bestätigte der Regierungschef der Zeitung Sydney Morning Herald.
Genug ist genug, das habe ich deutlich gemacht, und dass es an der Zeit ist, die Sache zu einem Abschluss zu bringen, zitierte das Blatt Albanese. Zum direkten Inhalt der Gespräche und der Reaktion Bidens wollte er sich nicht äußern.
Quelle: RTL
Anmerkung Moritz Müller: Gut, dass sich der australische Premierminister für Julian Assange einsetzt. Das haben eine ganze Reihe früherer Premiers versäumt. Ob Anthony Albanese mit Joe Biden wirklich Klartext geredet hat, und ihm irgendwelche Konsequenzen angedroht hat, für den Fall, dass Assange in den USA ein Prozess gemacht wird, bleibt unklar. Diese Agenturmeldung, die sich wortgleich in einem halben Dutzend Medien findet, ist in sich auch nicht ganz exakt. Selbst die US-Anklage wirft Assange nicht den Diebstahl der Dokumente vor. Er hat sie mittels Wikileaks und einer Reihe etablierter Partner, z.B. der SPIEGEL, The Guardian, El Pais veröffentlicht. Und zu schreiben in den Dokumenten ginge es um Militäreinsätze ist zwar wahr, verschweigt aber den Inhalt. Es geht in den Dokumenten um Mord und Totschlag, Folter, Entführung und Misshandlung von Zivilisten und gegnerischen Soldaten durch die USA und ihre Verbündeten. Wir als Bürger dieser Länder finanzieren mit unseren Steuergeldern diese Verbrechen. Wir haben ein Recht davon zu erfahren und die Einstellung dieser verbrecherischen Kriege zu fordern. Julian Assange muss sofort freigelassen werden.
- Auf 60 Seiten zerlegen Habecks Spitzenbeamte seine Politik
Die Spitzenbeamten des Wirtschaftsministers haben eine Industriestrategie vorgelegt, die in Wahrheit eine Schadensbilanz ist. Sie rechnen darin mit dem Regierungshandeln und auch Robert Habeck ab.
„Subversive Kunst ist ein Akt des Widerstands und ein Aufruf zur Veränderung“, sagt der Streetartkünstler Banksy. Als Ausdruck der eigenen Subversivität tritt er öffentlich nie in Erscheinung. Er wirkt, aber als Phänomen. Er lässt die Kunst für sich sprechen.
Die Spitzenbeamten des Wirtschaftsministers haben es Banksy nun gleich getan. Unter dem Tarnnamen Robert Habeck haben sie eine Industriestrategie vorgelegt, die in Wahrheit eine Schadensbilanz darstellt.
Kühl rechnen sie auf vielen der 60 Seiten dieses staatlichen Dokuments mit dem Regierungshandeln und auch dem grünen Minister ab. Ihre Subversivität besteht darin, dass sie den Minister auf kühle und faktische Art vors Rohr schieben. Wahrscheinlich hat er selbst gar nicht gemerkt, wie seine Politik hier zerlegt wird.
Quelle: Gabor Steingart auf Focus Online
- Klassenkompromiss mit Kampfansage
Sahra Wagenknechts neue Partei kommt. Mit Sozialismus hat sie eher nichts am Hut, das dürfte sie aber in unmittelbarer Zeit für das Establishment umso gefährlicher machen. […]
Das öffentliche Gesicht der Partei bleibt vorerst eine dünne Webseite ohne richtigen Namen, geschweige denn Kandidatinnen und Kandidaten oder einen Apparat. Doch angesichts der Tatsache, dass die Ampelkoalition in den Umfragen unter 40 Prozent liegt, die AfD ein Rekordhoch erreicht und die einzige linke Opposition im Parlament zwischen 4 und 5 Prozent dümpelt, könnte die Entstehung einer neuen, bundesweiten Partei die deutsche Parteienlandschaft durchaus ins Wanken bringen. Zu wessen Gunsten, wiederum, ist eine andere Frage. […]
Das Kurioseste an Wagenknechts neuem Projekt ist allerdings die Tatsache, dass es zumindest auf kurze Sicht eine glaubwürdigere Bedrohung für das politische Establishment darstellt als die Linkspartei, obwohl letztere Positionen vertritt, die deutlich links vom BSW liegen.
Wagenknecht ist ein gesellschaftliches Phänomen. Kaum eine Politikerin in Deutschland erregt so viel Aufsehen und sorgt für so stark geteilte Meinungen. Was sie schreibt, wird zum Bestseller, und ihre öffentlichen Veranstaltungen sind ausverkauft. Aufgrund ihres Status als politischer Joker und ihrer überragenden öffentlichen Persönlichkeit ist Wagenknecht in der Lage, mit den politischen Eliten zu deren eigenen Bedingungen zu konkurrieren, sei es als Gast in Talkshows oder als heterodoxe Ökonomin, die die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung kritisiert und herausfordert. Ihre anti-monopolistische Haltung und ihr Plädoyer für den Erhalt des deutschen Produktionsstandortes sind zwar alles andere als revolutionär, stellen aber eine echte Herausforderung für die Orthodoxie des Mainstreams dar und setzen die anderen Parteien von der Union bis hin zu den Grünen unter Druck.
Quelle: Jacobin
- Alexander King: Die Linke ist alleine nicht mehr in der Lage, das linke Wählerpotenzial abzudecken
Der Berliner Abgeordnete tritt aus der Linken aus, um Sahra Wagenknecht zu folgen. Im Interview erklärt er die Gründe, die ihn zu dieser Entscheidung geführt haben.
Alexander King, Sie haben heute Ihren Austritt aus der Partei die Linke erklärt, nach über 25 Jahren Mitgliedschaft. War dieser Schritt von langer Hand geplant, oder erfolgte dieser spontan, initiiert von dem Austritt der Bundestagsabgeordneten um Sahra Wagenknecht?
Weder noch. Er ist das Ergebnis eines Prozesses. Letztlich hat den Ausschlag gegeben, dass die Parteiführung der Linken keinerlei Nachdenken über die Ursachen für die schwachen Wahlergebnisse erkennen ließ und stattdessen die Schuld ausschließlich woanders suchte. Diese Unfähigkeit zur Selbstkritik ist gefährlich. Die politische Entwicklung in Deutschland steht nämlich Spitz auf Knopf.
Sahra Wagenknechts Überlegungen sind richtig, für Menschen, die von keiner Partei mehr angesprochen werden, aber für linke Politik zu gewinnen wären, ein notwendiges politisches Angebot zu schaffen.
Wird dieser Austritt begleitet, von einem Eintritt in das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)?
Ja, ich bin Mitglied im Verein Bündnis Sahra Wagenknecht.
Für politische Beobachter ist es sicherlich keine Überraschung, dass Sie dem Wagenknecht-Lager zuzurechnen sind. Sie sind einer der Organisatoren der Friedensdemonstration am Brandenburger Tor im Februar dieses Jahres, Frau Wagenknecht, wie auch Frau Mohamed Ali, haben Sie öfter öffentlich unterstützt, bei Ihren Büroeröffnungen und im Wahlkampf beispielsweise. Befürchten Sie aber nicht trotzdem, eine Aufspaltung des linken Wählerpotenzials?
Im Gegenteil. Die Linke ist alleine nicht mehr in der Lage, das linke Wählerpotenzial abzudecken. Die Landtagswahlen in Hessen haben das noch mal gezeigt. Insofern halte ich das BSW für eine notwendige Ergänzung, um wirklich wieder alle zu erreichen, die mit der herrschenden Politik unzufrieden sind und sich eine sozialere, wirtschaftlich und außenpolitisch vernünftigere Politik wünschen. Erste Umfragen zeigen ja, dass dem BSW das gelingen könnte.
Quelle: Berliner Zeitung
- Gehaltsabzug für ein Steak? Arbeitsrechtler kritisiert VfL Osnabrück scharf
Lohnabzug, wenn man mit dem Auto zur Arbeit kommt? Oder bei übermäßigem Fleischkonsum? Kaum vorstellbar. Doch beim VfL Osnabrück soll das Praxis sein, wie der Arbeitsrechtler Arnd Diringer in einer Kolumne für die „Welt“ ausführt.
Und tatsächlich: Auf der Website des Fußball-Zweitligisten findet sich eine Seite mit der Überschrift „Gemeinwohlklausel: VfL-Mitarbeitende kompensieren berufliche CO2-Emissionen“. Darunter heißt es, dass sich alle Mitarbeiter – von Profimannschaft bis Geschäftsstelle – dazu verpflichten, ihre „individuellen CO2-Emissionen, die in beruflichem Kontext produziert werden“, zu kompensieren. (…)
Die Kompensation erfolge, „indem der entsprechende monetäre Wert direkt vom Gehalt des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin abgezogen wird“. Festgehalten sei diese Regelung, die laut Verein ein Anreiz zur Verhaltensänderung sein soll, in allen neuen oder überarbeiteten Arbeitsverträgen seit 2021.
Berechnet werde der ökologische Fußabdruck mithilfe eines externen Dienstleisters. Relevant sei dabei zum Beispiel die Länge des Arbeitsweges und wie dieser zurückgelegt wird – oder auch die Ernährung. (…)
Jura-Professor Diringer sieht hier rechtliche Probleme – gleichwohl er trotz Anfrage keine Einsicht in die Details der „Gemeinwohlklausel“ erhalten hat. „Klar ist jedenfalls, dass es einen Arbeitgeber grundsätzlich nichts angeht, was seine Mitarbeiter privat machen“, hält der Arbeitsrechtler in seiner Kolumne fest.
Ausnahmen gebe es demnach nur, wenn Verhaltensvorgaben einen konkreten Bezug zur geschuldeten Arbeitsleistung haben. Essgewohnheiten würden allerdings nicht dazu zählen – ebensowenig wie der Arbeitsweg.
Diringers Fazit über das Vorgehen des VfL: „Da staunt der Laie, und der Arbeitsrechtler wundert sich.“
Quelle: NOZ
Anmerkung Christian Reimann: Nicht lediglich arbeitsrechtliche Fragen stellen sich bei diesem Vorgehen, sondern auch die Frage nach der wissenschaftlichen Methode zur Ermittlung von “individuellen CO2-Emissionen”. Mal wieder scheinen Anspruch und Realität beim VfL Osnabrück sehr weit auseinander zu liegen – neu ist jedoch, dass es hierbei nicht um Fußball an sich geht. Übrigens: Seit Anfang 2022 ist auch Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) Mitglied des Aufsichtsrates der VfL Osnabrück GmbH & Co. KGaA. Sie scheint das zu billigen.
- Rund 400 Feuerwehrleute protestieren gegen späteren Ruhestand
Feuerwehrleute in NRW sind sauer. Bisher gehen sie schon mit 60 in den Ruhestand, doch die Landesregierung will das ändern. Am Donnerstag gab es eine Mahnwache in Düsseldorf. […]
Anders als die Landesregierung glauben die Gewerkschaften nicht, dass die Änderung dazu geeignet ist, Fachkräftemangel-Löcher zu stopfen. Insbesondere im Grenzbereich zu Niedersachsen und Rheinland-Pfalz befürchten sie sogar eher, dass Kräfte in die Nachbarländer abwandern. Dort bleibt die Altersgrenze von 60 Jahren nämlich bestehen.
Quelle: WDR
- ARD Faktenfinder schludert bei Ausländer-Antisemitismus, korrigiert halbherzig und verzichtet auf Änderungshinweis
Der berüchtigte ARD-Faktenerfinder Pascal Siggelkow hüpft unbeirrt und ungehindert von einem Fettnapf in den nächsten. In einem „Faktencheck“ zum Antisemitismus gibt er fragwürdige Erkenntnisse des Innenministeriums distanzlos als Tatsachen aus. Er korrigiert das, nachdem er verspätet erfahren hat, dass das Innenministerium die unseriöse Statistik überarbeiten will; aber nur halb und ohne auf die Änderung hinzuweisen.
Quelle: Norbert Häring