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- Einig gegen Asylrecht
- Mit ihrem Kriegskurs zerschlägt die Regierung die soziale Infrastruktur und zeigt auf Flüchtlinge: Alles geht kaputt
- Wunschdenken statt Realpolitik
- Wahlen in der Slowakei: Viel Kritik, aber auch ein paar positive Kommentare, z.B. aus Tschechien
- Bergkarabach ist erobert, aber der Krieg geht weiter
- Ukraine-Krieg: Ist die Verweigerung von Waffenlieferungen rechts?
- Alte Verbündete
- Wie ein früherer oberster Soldat der USA in Europa die Katze aus dem Sack ließ: der Kalte Krieg ging nie zu Ende und was das alles mit der deutschen Einigung zu tun hat
- Kanzler schwimmt nach Anfrage zu Cum-Ex: “Kanzler Scholz lügt und erfindet Kalendereintrag”
- Bundesregierung treibt Wettbewerb und das Ausbluten des Gesundheitssystems voran: Lauterbach auf Linie
- Deutscher Ethikrat – Alena Buyx und der Balken im Auge
- Von wegen ein Volk: Die skandalöse Enteignung des Ostens ist weiter tabu
- Prozess in München: Andrea Tandler bricht in Maskenaffäre ihr Schweigen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Einig gegen Asylrecht
EU-Rat verständigt sich auf Kompromiss zu »Krisenverordnung«. Berlin brüstet sich mit »Humanität«, faktisch erhalten Geflüchtete keinen Schutz mehr.
Die politische und mediale Hetze der vergangenen Wochen hat den Weg bereitet für den am Mittwoch beschlossenen »Kompromiss« zur sogenannten Krisenverordnung – letzter Baustein der »Reform« des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), wie es hieß. Konkret beinhaltet die Verordnung verschärfte Maßnahmen, wenn eine »Überlastung« der Asylsysteme drohe. Schutzsuchende könnten etwa bei ansteigenden Zahlen länger in Asylhaft gehalten werden, zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, die unter den repressiven und asylrechtswidrigen Grenzverfahren zu leiden hätten. Und Berlin ist stolz: Der Kompromiss berücksichtige »unsere Vorschläge zu Humanität und Ordnung. Dafür haben Nancy Faeser und ich in Brüssel bis zur letzten Minute hart und erfolgreich gerungen«, schrieb Außenministerin Annalena Baerbock von Bündnis 90/Die Grünen auf X. Was für die EU-Technokraten und ihre Pendants in den Mitgliedstaaten jedoch mehr zählt, wird an der Aussage des amtierenden Außenministers von Spanien, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat, deutlich: »Mit der heutigen Einigung sind wir nun in einer besseren Position, um bis zum Ende dieses Semesters eine Einigung über den gesamten Asyl- und Migrationspakt mit dem Europäischen Parlament zu erzielen«, so Fernando Grande-Marlaska in der Pressemitteilung des EU-Rats. Denn nach der EU-Wahl im kommenden Juni könnten alle Bestrebungen der vergangenen Jahre, nicht erwünschte Einwanderung zu verhindern, dahin sein. Für das GEAS sind dahingehend zahlreiche Verschärfungen vorgesehen. Betont wurde von Grande-Marlaska, dass »diese außergewöhnlichen Maßnahmen« der Genehmigung des Rats bedürften und »im Einklang mit den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit und unter voller Wahrung der Grundrechte von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen« greifen müssten.
Quelle: junge Welt
dazu: Migrationspolitik: Grünen-Basis rebelliert gegen Parteiführung
Nach dem Ja der Ampel zur EU-Asylreform brodelt es in der Partei. Vergeblich versuchen Außenministerin Baerbock und Fraktionschefin Haßelmann, die Brüsseler Einigung als Erfolg zu verkaufen.
Offenbar ahnte man bei den Grünen schon, was sich da zusammenbraut. Die EU-Staaten hatten sich am Mittwochmittag erst Minuten zuvor auf einen Krisenmechanismus zur Eindämmung illegaler Migration nach Europa verständigt, da ließ Außenministerin Annalena Baerbock auch schon ihre Deutung des Beschlusses verschicken: “Wir haben in Brüssel bis zur letzten Minute hart und erfolgreich darum gerungen, dass es nicht zu einer Aufweichung von humanitären Mindeststandards kommt”, erklärte Baerbock. Man begrüße die erreichten Verbesserungen, sagte wenig später auch Fraktionschefin Britta Haßelmann. Die Botschaft aus der Grünen-Führung: Man habe ja getan, was machbar gewesen sei. Das Ergebnis könne sich nun sehen lassen.
Doch genau daran gibt es innerhalb der Partei inzwischen erhebliche Zweifel.
Quelle: Süddeutsche
- Mit ihrem Kriegskurs zerschlägt die Regierung die soziale Infrastruktur und zeigt auf Flüchtlinge: Alles geht kaputt
Sanft war die Rüge des Kanzlers gegenüber seinem derzeitigen Herausforderer: „Was Herr Merz vorgetragen hat, entspricht nicht der rechtlichen Lage in Deutschland. Ich finde, dass man besser auf seine Worte aufpassen sollte.“ Das war eine deutliche Absetzbewegung gegenüber seinem eigenen Gesundheitsminister, der am selben Tag in der „Bild“-Zeitung verlauten ließ, die Äußerung sei „infam“. Merz tue so „als würden die Menschen eine Flucht vortäuschen, um sich in Deutschland die teure Zahnbehandlung zu erschleichen“. Im gleichen Atemzug zündelte er munter mit, es gäbe in Deutschland „keine Terminnot bei Dentisten“. Wenn dem so ist, liegt das am ehesten daran, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung eine Zahnbehandlung nicht mehr leisten kann. Bei anderen Fachärzten ist die Terminnot groß. Lange Wartezeiten oder Praxen, die keine Patienten mehr aufnehmen – das sind die Erfahrungen von Millionen Menschen im Lande – und damit entlarven sich der Sinn des CDU-Manövers und der recht sanften Reaktion des deutschen Regierungschefs. Ganz offensichtlich zerfallen gegenwärtig die Infrastruktur und die soziale Versorgung in diesem Lande: Züge fahren verspätet oder gar nicht mehr, Schulen rotten vor sich hin, der Gesundheitsminister appelliert an Eltern, doch bitte keine Kindermedizin zu horten, weil sonst Engpässe bei Antibiotika oder Fiebersäften entstehen könnten – für all das werden Schuldige gesucht und sind nun mit den 300.000 Ausreisepflichtigen gefunden, auf die der Volkszorn gelenkt werden soll.
Quelle: Manfred Sohn in unsere zeit
- Wunschdenken statt Realpolitik
Deutsche Ökonomen prophezeien für 2023 »Konjunkturabschwung«. Aber danach soll es aufwärts gehen. Ganz bestimmt. […]
Die bislang viert- bzw. fünftgrößte Volkswirtschaft der Erde (je nach Berechnungsweise) schrumpft. In diesem Jahr laut Gutachten »nur« um 0,6 Prozent. Das hat auch damit zu tun, daß ein solcher Brocken mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund vier Billionen Euro im Vorjahr nicht so schnell ins Rutschen kommt. Aber wehe, wenn er Fahrt aufnimmt. Deutschland sei wieder der »kranke Mann Europas«, schrieb der »Economist« im August. (…)
Obwohl sich die Wirtschaft auf der Insel selbst nicht besser präsentiert, war das eine Art Startschuß für moderate Kritik auch in den deutschen »Leitmedien« am BRD-Regierungskurs. Im Frühjahr 2023 war das noch anders. Da wurde zwar die seit 2022 grassierende Inflation beklagt. Dennoch gefielen sich Politiker und Ökonomen in Wunschdenken. So vermuteten die genannten Institute damals für das Gesamtjahr ein leichtes BIP-Wachstum von 0,3 Prozent. Die »Ampelregierung« gab sich sogar noch optimistischer. Die neue Prognose bedeutet kein Umdenken der Auguren. Sie räumen einen Abschwung ein, behaupten aber, daß der 2024 vorbei sein werde. Dann soll die Wirtschaft wieder wachsen. (…)
Ursachenforschung bleibt indes weitgehend aus. Bei den Instituten aus Berlin, Kiel, Essen, Halle und München setzt man lieber auf optimistische Ausblicke und umgedeutete Zusammenhänge. Und wer etwa die »Tagesschau« konsumiert, kann alles in Kurzform bekommen. Dort ist aus der Nachricht längst ein Mantra geworden: Die Energieknappheit habe sich durch den »russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine« zu einem Problem entwickelt – nicht etwa wegen der Sanktionen des Westens. Kausalitäten oder politisch unerwünschte Implikationen des globalen Verwertungsprozesses sind kaum gefragt. Ohnehin verstärkt sich der Eindruck, daß die Regierenden keine Ahnung vom Kapitalismus haben.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
- Wahlen in der Slowakei: Viel Kritik, aber auch ein paar positive Kommentare, z.B. aus Tschechien
Am letzten Wochenende wurde in der Slowakei gewählt. Gewinner der Wahlen war Robert Fico mit seiner Partei «SMER – die Sozialdemokraten», mit 23 Prozent der Stimmen. Da Fico im Wahlkampf angekündigt hatte, im Falle eines Sieges und seiner Rückkehr ins Amt des Ministerpräsidenten werde die Slowakei keine Waffen mehr an die Ukraine liefern, hagelte es in fast allen großen westeuropäischen Medien harte Kritik. Aus dem Nachbarland Tschechien aber zum Beispiel gab es auch prominente positive Stimmen. Drei Auszüge aus solchen Kommentaren – und eine bemerkenswerte Antwort Ficos auf eine Drohung aus Brüssel.
Quelle: Globalbridge
- Bergkarabach ist erobert, aber der Krieg geht weiter
Aserbaidschan hat mit seiner jüngsten Militäroffensive in Bergkarabach Hunderte von Menschen getötet und unzählige Armenierinnen und Armenier vertrieben. Doch seine Expansionspläne sind damit nicht am Ende.
Am 19. September startete die aserbaidschanische Armee eine groß angelegte Invasion in der überwiegend von Armenierinnen und Armeniern bewohnten Region Bergkarabach. Die Führung des abtrünnigen Gebiets (auf Armenisch auch Republik Karabach oder Republik Arzach genannt) kapitulierte innerhalb von 24 Stunden und willigte ein, ihr Territorium an Aserbaidschan zu übergeben sowie sich Ende dieses Jahres selbst aufzulösen. Der Sturz von Arzach kostete hunderte Menschenleben und führte zur massenhaften Vertreibung und Flucht der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach.
Dass die Republik Arzach nun ihrem baldigen Ende entgegengeht, ist drastisch veränderten Hegemonie- und Machtverhältnissen in der Region geschuldet. Die Lage hat sich seit dem sogenannten 44-Tage-Krieg im Herbst 2020 deutlich zu Aserbaidschans Gunsten verschoben. Vor allem konnte sich Aserbaidschan Vorteile erschließen, indem es inmitten größerer geopolitischer Turbulenzen Partnerschaften mit den lokal dominierenden Mächten, von der Türkei über Russland bis hin zu westlichen Ländern, aufgebaut hat.
Quelle: Jacobin
- Ukraine-Krieg: Ist die Verweigerung von Waffenlieferungen rechts?
n Deutschland sind einst friedensbewegte Kreise entsetzt: In den USA und der Slowakei sollen Militärhilfen beendet werden. Was wäre eine wirklich internationalistische Position?
Zwei außenpolitische Ereignisse der letzten Tage haben einen Großteil der deutschen Medien in Aufregung versetzt. In der Slowakei ist die Partei des sozialdemokratischen Politikers Robert Fico gestärkt worden. Die Präsidentin hat ihn nun mit der Regierungsbildung beauftragt. Innenpolitisch verspricht Fico einen etwas sozialeren Kapitalismus, außenpolitisch will er die Waffenlieferungen an die Ukraine kappen.
Während noch lange nicht klar ist, ob das Wahlversprechen Bestand haben wird, wenn Fico eine Koalitionsregierung bilden kann, wird ihm jetzt schon vorgeworfen, ein Putin-Freund zu sein und die Ukraine im Stich lassen zu wollen. Das wird auch den Republikanern in den USA vorgeworfen, die dafür verantwortlich sind, dass zur Abwehr eines finanziellen Shutdowns ein Nothaushalt beschlossen worden ist, in der keine Militärhilfen für die Ukraine enthalten sind.
Für den außenpolitischen Redakteur der taz, Dominic Johnson, handelt es sich dabei um einen “Dammbruch der Rechten”. Ein Absatz in Johnsons Artikel trägt die Überschrift “Rechtsextreme Rhetorik wird salonfähig”.
Hier wird suggeriert, dass nur Rechte und gar Rechtsextreme ein Interesse daran haben, dass einmal die Militärhilfe für die Ukraine stockt. Dabei wird unterschlagen, dass neben Antimilitaristen und Pazifisten auch anfängliche Befürworter der Waffenhilfe aus dem bürgerlich-demokratischen Spektrum das Geschehen inzwischen als blutigen Abnutzungskrieg bewerten, der durch Verhandlungen beendet werden muss.
Quelle: Telepolis
- Alte Verbündete
Die Bundeswehr bindet Teile der Streitkräfte Kroatiens in ihren im Aufbau begriffenen multinationalen Logistikverbund ein. Wie die Streitkräftebasis berichtet, nehmen kroatische Militärs bereits heute als Beobachter an deutsch-ungarischen Übungen teil, bei denen Truppen aus der Bundesrepublik und aus Ungarn gemeinsame logistische Operationen proben. Ab nächstem Jahr, so heißt es, sei eine aktive Integration kroatischer Einheiten in die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik (SpiL) möglich, die Berlin und Budapest etabliert haben. Wirtschaftlich und politisch ist Kroatien schon heute eng an Deutschland gebunden. Die Bundesrepublik ist sein bedeutendster Handelspartner und ein wichtiger Investor in dem südosteuropäischen Land; darüber hinaus bestehen enge politische Beziehungen, die sich auch auf Kroatiens Nachbarland Bosnien-Herzegowina auswirken. Sie gehen zurück auf die entscheidende Rolle, die die Bundesrepublik in den 1990er Jahren bei der Abspaltung Kroatiens von Jugoslawien spielte. Bonn setzte diese damals unter Inkaufnahme erheblicher Konflikte mit Frankreich sowie innerhalb der NATO durch, der Kroatien heute freilich längst angehört.
Quelle: German Foreign Policy
- Wie ein früherer oberster Soldat der USA in Europa die Katze aus dem Sack ließ: der Kalte Krieg ging nie zu Ende und was das alles mit der deutschen Einigung zu tun hat
„Russland war und ist seit Jahrzehnten eine existentielle Gefahr für Europa und die Vereinigten Staaten…… In diesem Krieg geht es um soviel mehr als nur um die Ukraine“
Ben Hodges, ehemaliger Oberkommandierender der NATO- Streitkräfte in Europa, 27. September 2023, bei 60 Minutes […]
Kurzum, während die allermeisten Ost-und Westdeutschen in den Tagen und Monaten der Jahre 1989 und 1990 vor allem damit beschäftigt waren, das Geschehene zu begreifen, einzuordnen und einen politischen Willen zu entwickeln (in Ostdeutschland führte das in der einzigen freiheitlichen Wahl zur Volkskammer im März zur Zustimmung zum Konzept eines Beitritts nach Art 23 GG), bestand die internationale Aufgabe darin eine neue „Ordnung“ in die entstandene „Unordnung“ zu bringen, ohne den Prozess der demokratischen Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa, einschließlich in der Sowjetunion, zu gefährden.
Offiziell wurde das damals zunächst mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag und mit der Zustimmung der damaligen Europäischen Gemeinschaften (Rat und Parlament) zur deutschen Einigung erreicht, aber auch im Rahmen der KSZE in Paris im November 1990 festgemacht.
Aus den Verabredungen jener Zeit resultiert der (russische) Vorwurf, dass damals die Sowjetunion mit dem falschen Versprechen betrogen wurde, dass die deutsche Einigung auf keinen Fall zu einer Osterweiterung der NATO führen würde. Das wurde später bestritten, bzw. so interpretiert, als hätte es sich allein darum gehandelt, dass sich die NATO-Truppenstationierung nicht auf Ostdeutschland ausdehnen sollte, so wie es auch im Zwei-Plus-Vier-Vertrag fixiert ist.
Ein Blick in die Archive legt die Versprechen offen, die Gorbatschow gegeben und dann gebrochen wurden.
Er zeigt auch, dass Gorbatschow und Bush in Malta im Dezember 1989 die Perspektive eines geeinten Deutschlands besprachen und Gorbatschow damals die Hoffnung damit verband, dass das zu einem gemeinsamen europäischen Haus führen würde.
Archivaufzeichnungen belegen ebenfalls, dass Gorbatschow nicht gegen einen Nato-Beitritt des geeinten Deutschlands war und ergo auch nicht gegen einen permanenten Fuß der USA in Europa, immer unter der Voraussetzung, dass die USA und die Sowjetunion das neu Entstehende gemeinsam gestalten würden. Gorbatschows Vorstellung war, beide Militärblöcke in eine europäische Sicherheitsarchitektur zu überführen. Die europäische Verankerung der Sowjetunion war für ihn auch eine Voraussetzung für das Gelingen der Perestroika.
Archiv-Dokumente zeigen, dass sich Gorbatschow bei dem wichtigen Treffen mit Bush in Camp David Anordnungen widersetzte, die er von der Moskauer Führung mit auf den Weg bekommen hatte – die lehnte die deutsche Einigung unter den gegebenen Umständen ab.
Gorbatschow hatte Vertrauen in die Versprechen des Westens, hatte er doch selbst in Malta 1989 Bush versichert, dass er einer wäre, der sein Wort hält. Das sei Garant für Vertrauen. Er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Die Ablehnung einer Nato-Erweiterung und die Forderung nach einer gesamteuropäischen Sicherheitsstruktur erhielt auch Jelzin aufrecht. Er wurde ebenfalls betrogen.
Quelle: Petra Erler
- Kanzler schwimmt nach Anfrage zu Cum-Ex: “Kanzler Scholz lügt und erfindet Kalendereintrag”
Olaf Scholz verwickelt sich im Cum-Ex-Skandal immer mehr in Widersprüche. Selbst dem Kanzleramt fällt es zunehmend schwer, die Erinnerungslücken und verwirrenden Aussagen des Kanzlers stichhaltig zu erklären.
Der Kanzler ist clever, wenn es darum geht, mit Vorwürfen zum umstrittenen Treffen mit dem Warburg-Banker Christian Olearius umzugehen. Er gibt nur das zu, was öffentlich bekannt wird. Bis dahin bezieht er sich auf Erinnerungslücken und fehlende Terminkalendereinträge. Viele Kritiker sagen, er verhöhne damit das Parlament, das in Ausschusssitzungen und parlamentarischen Untersuchungsausschüssen Klarheit schaffen wollte: Hat der ehemalige Erste Bürgermeister Hamburgs und heutige Kanzler Einfluss auf ein Steuerverfahren in Hamburg genommen?
Jetzt hat sich der Kanzler aber offenbar in der eigenen Argumentation verheddert. Und auf Anfrage der Fraktion “Die Linke” im Bundestag, die t-online exklusiv vorliegt, reagiert die Bundesregierung schmallippig und verärgert. Hat der Kanzler einen Kalendereintrag zu einem Treffen mit Christian Olearius erfunden – und lügt er über seine Erinnerungslücken?
Quelle: t-online
dazu: Justiz schützt Scholz: Neue Enthüllungen in Cum-ex-Affäre.
Die Behauptung, vor dem Gesetz seien alle gleich, ist wohl einer der wichtigsten Propaganda-Slogans bürgerlich-kapitalistischer Justiz. Wie realitätsfern die Aussage ist, zeigt nun einmal mehr der Umgang mit den Verstrickungen von Bundeskanzler Olaf Scholz in die Cum-ex-Machenschaften der Hamburger Privatbank M. M. Warburg. Dass diese im dreistelligen Millionenbereich Steuergelder gestohlen hat, steht fest. Auch dass Scholz seinen Einfluss auf die Finanzverwaltung der Hansestadt geltend machte, um dem Geldhaus die Rückzahlung zu ersparen, ist offensichtlich. Und allmählich wird auch deutlich, warum er trotzdem nicht auf der Anklagebank sitzt. Nämlich aus »Rücksicht auf die Stellung« als Bundeskanzler, wie es in einem Vermerk der Staatsanwaltschaft Köln, über den der Stern am Dienstag berichtete, unmissverständlich heißt. Bei dem Dokument handelt es sich um die erforderliche schriftliche Begründung, warum die Ermittlungen gegen Scholz Ende letzten Jahres eingestellt worden waren. Wobei die damals leitende Staatsanwältin, Anne Brorhilker, eher eine Begründung liefert, warum das Verfahren aus ihrer Sicht hätte fortgeführt werden müssen. So geht es in dem Vermerk etwa um »Ungereimtheiten in den Aussagen von Olaf Scholz« und dessen »auffällig häufige Berufung auf Erinnerungslücken« sowie »die Behauptung, es habe trotz des gewichtigen und brisanten Steuerfalls der M. M. Warburg nahezu keine Kommunikation oder Akteneinträge gegeben.« Brorhilker wird in Justizkreisen sehr geschätzt, sie gilt als die erfolgreichste Cum-ex-Ermittlerin in Deutschland, ist seit zehn Jahren an dem Thema dran und hat auch dafür gesorgt, dass Warburg zumindest einen Teil der gestohlenen Gelder an den Fiskus zurückzahlen musste. Aber den Kanzler in Erklärungsnöte zu bringen, das ging offenbar zu weit. So landete die Cum-ex-Klage des Hamburger Staranwalts Gerhard Strate gegen Scholz zwar noch auf ihrem Tisch, aber der Generalstaatsanwalt setzte ihr eine so enge Frist, dass eine Prüfung der Beweise unmöglich war und das Verfahren eingestellt werden musste. Auch den zwischenzeitlich erhärteten Vorwurf, Scholz habe den Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft belogen, darf sie nicht mehr prüfen. Das machen jetzt ihre Kollegen vor Ort. Und für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass weitere Vorwürfe gegen den Kanzler auftauchen, wurde mit einer dauerhaften Entmachtung der aufsässigen Staatsanwältin gleich vorgesorgt. So ließ NRW-Justizminister Benjamin Limbach vergangene Woche die erst vor zwei Jahren eingerichtete Kölner Cum-ex-Abteilung aufspalten und plazierte einen engen Vertrauten an der Spitze. Der kennt sich mit Jugendstrafrecht aus, nicht mit Steuerdelikten – und darf dieses Kompetenzdefizit künftig in den Dienst der Stabilität des kapitalistischen Staates stellen. Brorhilker hingegen geht nun mit ihren Fähigkeiten wieder kleine Fische fangen.
Quelle: junge Welt
- Bundesregierung treibt Wettbewerb und das Ausbluten des Gesundheitssystems voran: Lauterbach auf Linie
Die vom Bund ursprünglich gewünschte Einteilung der Krankenhäuser in verschiedene Versorgungslevel konnte Lauterbach gegen die Bundesländer nicht durchsetzen. Über ein sogenanntes Transparenzgesetz, mit dem er nicht durch den Bundesrat muss, wird er trotzdem eine Level-Einteilung durch die Hintertür vornehmen. Damit wird aus seiner Sicht Patientinnen ermöglicht, sich gute Krankenhäuser auszusuchen. Die Begründung, durch solche Rankings werde „die intrinsische Motivation“ der Beschäftigten in den Krankenhäusern gestärkt, ist noch unanständiger. Das Ziel wird sein, über diese Transparenzrankings den Druck auf Kliniken zu erhöhen – bis hin zu Schließungen. Auch wenn nun nicht mehr – wie zunächst vorgesehen – die Möglichkeit besteht, Druck auf schlecht gelistete Kliniken durch finanzielle Sanktionen auszuüben. Auch ohne Level-Einteilung führt die Reform dazu, dass unter der Überschrift „sektorübergreifende Versorger“ kleinere Krankenhäuser vor Ort umgewandelt werden in Mischungen aus Pflegeheimen und ambulanten Versorgungszentren, die keine Notfallversorgung mehr anbieten und vom Rettungsdienst nicht angefahren werden dürfen. Passend dazu wird die Tür geöffnet, in diesen Kleinstkrankenhäusern die vollständige Refinanzierung der Pflegepersonalkosten aufzugeben, so dass dort wieder der Wettbewerb über Personalabbau eröffnet wird. Ohnehin werden die Konzerne mit wachen Augen darauf achten, wie sich in diesem Segment – ähnlich wie mit Rehakliniken und Medizinischen Versorgungszentren – Gewinne erzielen lassen, gerade weil in diesen Häusern häufig keine gewerkschaftlichen Strukturen und Tarifverträge vorhanden sind. Bundesweit einheitlich wird die Einteilung der erbrachten Krankenhausleistungen in 65 Leistungsgruppen eingeführt. Krankenhäuser dürfen diese Leistungen dann nur noch erbringen, wenn sie auch die noch festzulegenden Qualitätskriterien erfüllen. (…)
Auch wird durch eine Hinterlegung der einzelnen DRGs zu diesen Leistungsgruppen das Fallpauschalensystem stabilisiert. Und da diese Kriterien noch nicht festgelegt sind, birgt dies zusätzliche Risiken, dass ungewollte Krankenhäuser geschlossen werden. Die Begründung wäre dann, dass sie ja – leider – die Qualität nicht liefern, die man erwarten darf. Es ist der Komplexität der Krankenhausfinanzierung geschuldet, dass sich eine Bundesregierung hinstellen kann, von „weniger Markt“ spricht und dabei in Wirklichkeit den Wettbewerb und das Ausbluten des Gesundheitssystems vorantreibt.
Quelle: unsere zeit
- Deutscher Ethikrat – Alena Buyx und der Balken im Auge
Alena Buyx, Vorsitzende des Ethikrates, bedauert, dass es „uns genommen wurde, die Jahre der Pandemie aufzuarbeiten“. Das ist reinste Heuchelei, die von eigenem Versagen und Fehleinschätzungen ablenken soll. Der Ethikrat zeigt damit erneut, wie überflüssig er ist. […]
„Uns ist es ja genommen worden“, so Frau Buyx zur besten Sendezeit, „nach dieser furchtbaren Zeit der Pandemie, gemeinsam aufzuarbeiten und zu heilen. Und das wäre so wichtig gewesen, gerade mit Blick auf die Jungen. Da gab es so eine unerwiderte Solidarität – so haben wir das genannt –, und ich würde mir wirklich wünschen, dass wir da stärker hingucken.“ […]
Von „unerwiderter Solidarität“ der Jungen spricht Buyx und meint damit wohl, dass in den Jahren 2020 und 2021 monatelang Kindergärten und Schulen geschlossen wurden, was Kinder und Jugendliche nicht nur daran hinderte zu lernen, sondern auch daran, ihre Freunde zu treffen, Sport zu treiben, sich zu bewegen und all das zu tun, was für ihre Entwicklung so wichtig ist. Das wäre an sich schon fragwürdig. Geradezu zynisch wird die Sache jedoch, wenn sie im weinerlichen Ton der Dankbarkeit daherkommt, verpackt in den Vorwurf der unerwiderten Solidarität seitens der Erwachsenen.
Denn nicht erwiderte Solidarität setzt Solidarität voraus. Und Solidarität erfolgt freiwillig. Doch die Kinder und Jugendlichen haben nicht aus freien Stücken solidarisch gehandelt, sie wurden gezwungen. Durch Beschlüsse von Ministerpräsidenten, durch Beschlüsse der Bundesregierung und nicht zuletzt mit Segen des Ethikrates, dem Frau Buyx vorsitzt. Mehr noch: Die Heranwachsenden wurden in eine Situation genötigt, die ihnen teilweise erheblich geschadet hat, ihre Freiheitsrechte massiv einschränkte und zudem epidemiologischer Nonsens war. Diese Zwangsmaßnahmen seitens der Regierung in einen Akt der Solidarität der Jugendlichen umzumünzen, ist schlicht unverschämt.
Noch dreister wird die Aussage von Buyx’, wenn man sie vor einen allgemeingesellschaftlichen Hintergrund hält. Denn wer genau hat denn die Regierung ethisch beraten? Wer genau hat während der Pandemie jede Grundrechtsverletzung, jede Beschränkung der Freiheit mitgetragen? Es war unter anderem: der deutsche Ethikrat. Und es war dessen Vorsitzende Alena Buyx, die es zur moralischen Pflicht erklärte, sich impfen zu lassen, und noch im November 2021 die Maßnahmen „schrittweise hocheskalieren“ wollte.
Quelle: Cicero
- Von wegen ein Volk: Die skandalöse Enteignung des Ostens ist weiter tabu
Daniela Dahn spricht von feindlicher Übernahme. “Verschwörung” heißt es von Kritikern. Über die unangenehme Wahrheit der deutschen Einheitsgeschichte.
Am Dienstag war es wieder so weit. Jeden 3. Oktober im Jahr wird an die deutsche Einheit, an die Wiedervereinigung der beiden Deutschlands 1990 erinnert. Es ist sicherlich ein positives Datum, neben den vielen unangenehmen und schrecklichen in der deutschen Geschichte.
Feiern ist also durchaus angebracht. Wenn da nicht die Tatsache wäre, dass vielen dabei nicht wirklich zum Feiern zumute ist. Diesmal war es der Aufstieg der rechtsextremen AfD im Osten, der den politischen Feiertagsreden seinen Tribut abknöpfte. Beim Festakt in der Hamburger Elbphilharmonie erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwas verschnörkelt: “Auch in herausfordernden Zeiten wie diesen geht es darum, Horizonte zu öffnen.”
Aber um Horizonte zu eröffnen, braucht es eine ehrliche Bestandsaufnahme. Ein Rückblick auf das, was geschehen ist und weiter wirkt.
Leider ist es aber so, dass viele, wenn nicht die meisten, die in Deutschland Einfluss und Meinungsmacht haben, davor die Augen verschließen und eine Historie konstruieren, die vom bundesrepublikanischen Westen und den Gewinnern der Einheit erzählt wird.
Die Publizistin Daniela Dahn, einstiges Gründungsmitglied des Demokratischen Aufbruchs, hat den Mut und die intellektuelle Fähigkeit, eine andere Perspektive einzunehmen. Sie betrachtet viele damalige Forderungen weiter als unerfüllt. Ihre Abrechnung bringt Unangenehmes zutage.
Quelle: Telepolis
dazu: Der Westen erbt, der Osten geht leer aus: Die deutsche Teilung dauert an
Auch 34 Jahre nach dem Mauerfall steht die Grenze: Einkommensunterschiede werden kleiner, auch die Renten gleichen sich an. Beim Thema Erben aber klaffen alte und neue Bundesländer auseinander […]
Die Wiedervereinigung vollzog auch die Ablösung des Wirtschaftssystems der DDR durch die Soziale Marktwirtschaft. Das öffentliche Vermögen, rechtlich als Volkseigentum gefasst, sollte von einer Treuhandanstalt verwaltet und verteilt werden. Die Treuhand, so die Ursprungsidee, sollte den Menschen im Osten Anteile zu je einem Sechzehnmillionstel, also einen pro Bürger:in zukommen lassen. Das wäre eine gerechte Aufteilung dessen gewesen, was in über 40 Jahren von der gesamten ostdeutschen Gesellschaft erarbeitet worden war. Doch zu dieser Verteilung des Vermögens kam es nicht.
Stattdessen wurde die Treuhand zur Eigentümerin von 8.000 Kombinaten und Betrieben, die zügig reorganisiert und privatisiert werden sollten. Auch 50.000 Immobilien und mehr als 25.000 Kleinbetriebe zählten dazu. Allerdings blieben diese nicht etwa bei den Ostdeutschen: 85 Prozent des gesamten einstigen Volkseigentums gingen an Westdeutsche, zehn Prozent wurden von internationalen Investoren gekauft, und lediglich fünf Prozent blieben in ostdeutschem Besitz.
Die Bilanz war vernichtend. Was erschwerend hinzukam: War die Treuhand 1990 noch Arbeitgeberin von insgesamt vier Millionen Ostdeutschen, hatten drei Millionen davon bis 1994 ihren Job verloren. So gesehen waren die neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung dreifach gebeutelt: Die DDR insgesamt wurde zu einem einzigen Irrweg erklärt, Millionen Bürger:innen verloren ihren Arbeitsplatz, und das Kapital wurde nicht verteilt, sondern an die Meistbietenden verkauft – ein Wettbewerb, bei dem die Ostdeutschen nicht mithalten konnten.
Quelle: der Freitag
- Prozess in München: Andrea Tandler bricht in Maskenaffäre ihr Schweigen
“Es ging mir niemals darum, zu betrügen”, sagt die wegen Steuerhinterziehung angeklagte Unternehmerin zum Auftakt ihres Prozesses. In ihrer Aussage will sie auch ihr Bild in der Öffentlichkeit geraderücken. […]
Zu Beginn ihrer Äußerung ging die Angeklagte auf das Bild ein, das aus ihrer Sicht in der Öffentlichkeit von ihr gezeichnet werde: “Da sitzt sie, die Tochter eines CSU-Amigos.” Tandler betonte, dass sie weder Mitglied der CSU sei noch politisch aktiv. “Ich wurde in die Familie des ehemaligen CSU-Generalsekretärs hineingeboren”, sagte Tandler. “Aber dafür kann ich nichts.” Der Eindruck, dass da eine Politikertochter, die noch nie gearbeitet habe, den Staat in einer Krisensituation abzocke, sei falsch. Die 40-Jährige sei ihr Leben lang gewohnt gewesen, zu arbeiten – zum Beispiel als Bedienung auf dem Oktoberfest. Mit einer Werbeagentur habe sie sich nach dem Studium selbständig gemacht und sich dabei nie auf die Hilfe ihres Politikervaters gestützt. Ihr sei nicht klar gewesen, “dass der Name Tandler wertvoll sein könnte”, sagte sie in Bezug auf die Maskendeals.
Zweifel daran weckt eine Chatnachricht, die das Gericht am Mittwochnachmittag zeigte. In einer Nachricht an einen Geschäftspartner wies Tandler ausdrücklich auf den politischen Hintergrund ihres Vaters hin – und zog den Schluss, dadurch “glaubhaft” als Vermittlerin auftreten zu können.
Quelle: Süddeutsche