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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 5. August 2011 um 15:31 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Stuttgart 21; Vom Lob des Verzichts; Lasst die Reichen ruhig mehr zahlen; Börsenpanik vernichtet 2,5 Billionen Dollar; Die ehrlichen Rechten; Joseph E. Stiglitz: Vom Übergreifen schlechter Ideen; Die Gründe für die italienische Krankheit; Jobwunder Deutschland: Gleiche Arbeit – halber Lohn; Betrugsvorwurf – Verbraucherschützer zeigen Ergo an; Millionen für die Rüstungsindustrie – Bezahlt vom Steuerzahler; Industrielobby verwässert Kartellrechtsnovelle; Muslim-Feinde in Deutschland – Volksverhetzer im bürgerlichen Gewand; Linksfraktion empört über DHS-Datenanalyse in Europa; Recht und Gesetz für Gäfgen; Aufräumen für den Papst; Abkommen statt Abschießen; Lerngruppen für Superreiche; Die Linkspartei: Ideologie oder Politik (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Stuttgart 21
  2. Lucas Zeise – Vom Lob des Verzichts
  3. Lasst die Reichen ruhig mehr zahlen
  4. Börsenpanik vernichtet 2,5 Billionen Dollar
  5. Die ehrlichen Rechten
  6. Joseph E. Stiglitz: Vom Übergreifen schlechter Ideen
  7. Die Gründe für die italienische Krankheit
  8. Jobwunder Deutschland: Gleiche Arbeit – halber Lohn
  9. Betrugsvorwurf – Verbraucherschützer zeigen Ergo an
  10. Millionen für die Rüstungsindustrie – Bezahlt vom Steuerzahler
  11. Industrielobby verwässert Kartellrechtsnovelle
  12. Muslim-Feinde in Deutschland – Volksverhetzer im bürgerlichen Gewand
  13. Linksfraktion empört über DHS-Datenanalyse in Europa
  14. Recht und Gesetz für Gäfgen
  15. Aufräumen für den Papst
  16. Abkommen statt Abschießen
  17. Lerngruppen für Superreiche
  18. Die Linkspartei: Ideologie oder Politik

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Stuttgart 21
    1. Wie Geißler die Bahn zum Schauspielern brachte
      “Ich bin völlig verblüfft”, sagte Bahn-Vorstand Volker Kefer, als Heiner Geißler den Kompromissvorschlag zu Stuttgart 21 präsentiert hatte. Tatsächlich war der Bahn die Idee des Schlichters schon länger bekannt. Verkehrsminister Ramsauer versuchte gar, sie Geißler auszureden. Auch der geistige Vater des Kombibahnhofs ist von dem Konzept nicht überzeugt.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    2. Hannes Rockenbauch im Gespräch – “Geißler hat sich unfair verhalten”
      Er ging Heiner Geißler gehörig auf die Nerven: Hannes Rockenbauch, Galionsfigur der S21- Gegner, fühlte sich bei der Stresstest-Präsentation vom Schlichter unfair behandelt. Was der Stuttgarter Stadtrat von Geißlers Idee eines Kombi-Bahnhofs hält, warum K21 für ihn das Maß der Dinge bleibt – und weshalb der Konflikt erneut eskalieren könnte.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  2. Lucas Zeise – Vom Lob des Verzichts
    Seit geraumer Zeit reist ein gewisser Niko Paech durchs Land, erzählt in Veranstaltungen, daß die Ressourcen begrenzt und das Wachstum endlich seien und daß deshalb die Abkehr vom Wachstum, vom Wachstumsdenken und vom Wachstumshandeln unmittelbar geboten sei. Paech ist Professor am Institut für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Oldenburg. Er weiß sein Publikum zu fesseln. Gern vergleicht er die heutige Art zu wirtschaften mit dem Bau eines Autos ohne Bremsen. […]
    Niko Paech ist kein Linker. Er ist allerdings bei ATTAC aktiv. Und er kommt bei Linken gut an. Er wurde hier ziemlich willkürlich als Beispiel herausgegriffen, weil er die wichtigsten Argumente der Wachstumskritiker rational, effektiv und ohne idealistische Schnörkel vorträgt. […]
    Auf der ideologischen Schiene kann es da für die kapitalistische Seite nichts Besseres geben, als wenn der Ruf »Verzichtet auf Wachstum und zu viele materielle Güter!« unter den Lohnabhängigen selber erschallt. Wer öffentlich verkündet, der Lebensstandard in unseren menschenfreundlichen kapitalistischen Gesellschaften sei generell zu hoch und nicht auf Dauer zu halten, mag mit dieser Durchschnittsbetrachtung sogar recht haben, er lenkt aber vom eigentlichen Skandal ab, daß die Verteilung der materiellen Güter systematisch höchst ungleich ist, von einem Lebensstandard als Durchschnitt zu sprechen, zumindest irreführend ist. Wer meint, aus ökologischer Sicht lebten »wir« schon jetzt über unsere Verhältnisse, pflichtet schon Kanzlerin und Kapital bei, die genau diese Weisheit immer wieder verkünden, um niedrige Löhne, Renten und Sozialleistungen zu rechtfertigen. Wer unter den jetzigen Verhältnissen für niedrigeres Wachstum plädiert, tritt ein für hohe Erwerbslosigkeit, soziales Elend und eine Schwächung gewerkschaftlicher Gegenmacht.
    Quelle: Junge Welt
  3. Lasst die Reichen ruhig mehr zahlen
    Bisher hat die Steuerpolitik die Reichen besonders begünstigt. Sie jetzt stärker zu besteuern, würde den öffentlichen Kassen gut tun. […]
    Zwar zahlen die Deutschen heute insgesamt weniger Steuern als noch vor zehn Jahren. Doch Daten der OECD belegen, dass kinderlose Spitzenverdiener davon am meisten hatten. Das Einkommen der Reichen wächst seit den Neunziger Jahren schnell – ihr Anteil am Steueraufkommen in all den Jahren aber blieb konstant.Zugleich ist der Spitzensteuersatz im internationalen Vergleich relativ niedrig. Als der damalige Finanzminister Hans Eichel ihn von fast 54 Prozent auf das heutige Niveau senkte, glaubte er noch, damit Steuerflüchtlinge zurück nach Deutschland locken zu können. Die dadurch mutmaßlich steigenden Erträge sollten die Verluste durch den niedrigeren Satz kompensieren. Heute weiß man, dass solche Kalkulationen nicht aufgehen. Was also läge näher, als den Spitzensteuersatz für besonders gut Verdienende zu erhöhen?
    Quelle: ZEIT
  4. Börsenpanik vernichtet 2,5 Billionen Dollar
    An den weltweiten Aktienmärkten herrscht Panik: Die Börsenkurse brechen ein, Experten warnen vor einer neuen Rezession. Die Verluste für Anleger betragen mittlerweile bereits 2,5 Billionen Dollar.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Es scheint sich beim SPIEGEL noch nicht herumgesprochen zu haben, dass man an der Börse auch auf fallende Kurse wettet. Damit ist auch keinesfalls ausgemacht, dass die Anleger 2,5 Billionen „Verluste“ gemacht haben. Das Wort „Verlust“ ist in diesem Zusammenhang ohnehin falsch, da Verluste – ebenso wie Gewinne – erst dann entstehen, wenn sie realisiert werden. Die Schwankungen in der virtuellen Bewertung der Aktien sind somit auch keine Verluste und schon gar nicht wurde Geld „vernichtet“. Die 2,5 Billionen Dollar Verlust wären dann entstanden, wenn alle Anleger zu Beginn der Woche alle kursierenden Aktien gekauft und heute wieder verkauft hätten. Das ist natürlich nicht möglich. Aber selbst in diesem rein hypothetischen Beispiel wäre noch nicht einmal sicher, dass ein Verlust erzielt wurde. Wenn Diejenigen, die den „dieswöchigen Aktionären“, die Aktien am Beginn der Woche verkauft haben, ihnen die Aktien heute wieder abkaufen, würden sie die gleiche Menge an Aktien heute für exakt 2,5 Billionen Dollar weniger bekommen. Der Buchgewinn der Einen entspricht also dem Realverlust der Anderen – ein Nullsummenspiel. An der Börse werden zwar Existenzen vernichtet, aber keine Billionen.

  5. Die ehrlichen Rechten
    Der US-amerikanische Staatsbankrott ist abgewendet, und die Republikaner stehen als aggressive Spinner da, die nicht wissen, wie bürgerliche Demokratie geht. Wissen sie aber womöglich doch. […]
    In den USA lassen sich angesichts hoher Arbeitslosigkeit, eines gigantischen Schuldenbergs und der Tatsache, dass man langsam aber sicher von den Chinesen abgehängt wird, die Ängste der (weißen) Unter- und Mittelschichten in Ressentiments gegen die Schwachen ummünzen, die, hier fahren die Züge wieder parallel, das wahre, freie Amerika kaputtmachen, das Transferleistungen nicht kennt und in dem wer nicht arbeitet auch nicht zu essen braucht. Auf die Auftritte der Tea-Party-Aktivisten reagiert der europäische Beobachter deshalb so indigniert, weil Europäern die explizite Nichtbezugnahme auf den Staat so fremd ist; selbst wo FDP und CDU weniger Staat und mehr Markt fordern, ändert das nichts am Glauben an den hegelianischen Staat als höchste Verkörperung der sittlichen Idee. Amerikanische Rechte sind bloß konsequente Liberale, die sich das wünschen, was Ferdinand Lassalle den „Nachtwächterstaat“ genannt hat: einen Staat, der das Eigentum und die persönliche Freiheit schützt und sich aus allem Übrigen heraushält. Diese urliberale Haltung ist eine rechte, weil der Staat nicht als Promotor dessen, was Sozialdemokraten „sozialen Ausgleich“ nennen, gewünscht wird, sondern als sturer Bewahrer des Status quo.
    Quelle: The European
  6. Joseph E. Stiglitz: Vom Übergreifen schlechter Ideen
    Die Europäische Union hat sich endlich dazu bekannt, ihren in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Mitgliedern zu helfen. Zur selben Zeit, in der Europas Führungen versprachen, Hilfe sei auf dem Weg, versteiften sie sich darauf, dass die nicht in der Krise steckenden Länder ihre Ausgaben senken müssten. Die resultierenden Sparmaßnahmen werden Europas Wachstum – und damit das der am stärksten Not leidenden Volkswirtschaften – behindern: Schließlich würde Griechenland nichts mehr helfen als ein robustes Wachstum seiner Handelspartner. Zudem verringert niedriges Wachstum die Steuereinnahmen, was das lauthals verkündete Ziel der Haushaltskonsolidierung untergräbt. Der vehemente Widerstand der Europäischen Zentralbank gegenüber der Restrukturierung der Schulden gescheiterter oder insolventer Entitäten – die in allen kapitalistischen Volkswirtschaften unverzichtbar ist – ist ein Beleg für die anhaltende Fragilität des westlichen Bankensystems. Diese Episode sollte uns als Warnung dienen, dass Zentralbanken politische Institutionen mit einer politischen Agenda sind und dass unabhängige Zentralbanken dazu neigen, sich (zumindest „kognitiv“) von den Banken vereinnahmen zu lassen, die sie doch eigentlich kontrollieren sollten.
    Jenseits des Atlantiks sieht es kaum besser aus. Dort drohte die extreme Rechte, die US-Regierung handlungsunfähig zu machen, und bestätigte so, was die Spieltheorie nahe legt: Wenn jene, die sich in irrationaler Weise der Zerstörung verschrieben haben, wenn sie ihren Willen nicht durchsetzen können, rationalen Personen gegenübertreten, setzen sich Erstere durch. Infolgedessen hat sich Präsident Barack Obama einer unausgewogenen Strategie zum Schuldenabbau ohne Steuererhöhungen gefügt. Die Beendigung der Konjunkturmaßnahmen selbst ist kontraktiv. Und angesichts weiter fallender Häuserpreise, einem ins Stocken geratenem BIP-Wachstum und einer störrisch auf hohem Niveau verharrenden Arbeitslosigkeit (einer von sechs Amerikanern, der gern eine Vollzeitstelle hätte, kann keine bekommen) wären weitere Konjunkturmaßnahmen und keine Sparmaßnahmen erforderlich – auch, um den Haushalt auszugleichen. Der bedeutendste Treiber des Defizitwachstums sind niedrige Steuereinnahmen aufgrund einer schwachen Wirtschaftsentwicklung; das beste Mittel dagegen wäre, Arbeitsplätze zu schaffen. Der jüngste Schuldendeal war ein Schritt in die falsche Richtung.
    Die Sorge über eine finanzielle Ansteckung zwischen Europa und Amerika ist groß. Schließlich spielte Amerikas finanzielles Missmanagement eine wichtige Rolle dabei, die europäischen Probleme auszulösen, und finanzielle Turbulenzen in Europa wären für die USA nicht gut – insbesondere angesichts der Fragilität des US-Bankensystems und der anhaltenden Rolle, die es bei den intransparenten CDS spielt. Doch das wahre Problem rührt aus einer anderen Form der Ansteckung her: Schlechte Ideen greifen leicht auf andere Länder über, und die fehlgeleiteten wirtschaftlichen Vorstellungen auf beiden Seiten des Atlantiks verstärken einander gegenseitig.
    Quelle: Project Syndicate

    Anmerkung Orlando Pascheit: Zur Erinnerung: US-Banken spielen bei griechischen Staatsanleihen kaum eine Rolle, aber sehr wohl bei den von Stiglitz genannten CDS (Credit Default Swaps). Mit CDS sichern sich Banken gegen Spekulationsverluste ab. Die CDS herausgebende Bank ersetzt der Bank, die die CDS gekauft hat, den Schaden, den diese wegen des Ausfalls eines Schuldners erlitten hat. Hinter den von der BIZ aufgelisteten 34 Milliarden Dollar “anderen potentiellen Engagements” für amerikanische Banken in Griechenland dürften sich zum großen Teil die von Warren Buffet einst als “finanzielle Massenvernichtungswaffen” bezeichneten CDS verstecken.

  7. Die Gründe für die italienische Krankheit
    Seit mehr als einem Jahrzehnt hinkt das Land dem europäischen Wachstum hinterher. Die Regierung Berlusconi hat es bislang nicht geschafft, die Wirtschaft anzukurbeln.
    Quelle: FTD
  8. Jobwunder Deutschland: Gleiche Arbeit – halber Lohn
    Quelle: WDR Monitor
  9. Betrugsvorwurf – Verbraucherschützer zeigen Ergo an
    Ergo verspricht einen Neuanfang, doch die Vergangenheit lastet schwer auf dem Versicherer: Nun haben Verbraucherschützer Strafanzeige gegen das Unternehmen gestellt – wegen Betrugsverdacht bei Betriebsrenten. Vertreter sollen bewusst zu teure Policen verkauft haben.
    Quelle: SPIEGEL Online
  10. Millionen für die Rüstungsindustrie – Bezahlt vom Steuerzahler
    Quelle: WDR Monitor
  11. Industrielobby verwässert Kartellrechtsnovelle
    Das deutsche Kartellrecht soll bis zum Januar 2013 überarbeitet werden. Während der frühere Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) auf eine Befugnis zur Entflechtung von marktbeherrschenden Unternehmen drängte, schwächt sein Nachfolger Philipp Rösler (FDP) diese Forderung nun ab. Damit stimmt er die Industrielobby zufrieden.
    Bisher erlaubt es das Kartellrecht nicht, Großkonzerne, die eine Vormachtstellung auf dem Markt haben, zum Verkauf von Unternehmensanteilen zu zwingen, um so mehr Wettbewerb zu erzeugen. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag von 2009 wurde beschlossen, dies zu ändern. Als damaliger Bundeswirtschaftsminister schlug Brüderle schließlich Anfang 2010 vor, das Entflechtungsinstrument den Kartellbehörden als „ultima ratio“ an die Hand zu geben. Nach seinen Worten sollte die Entflechtungsbefugnis nur gestattet werden, wenn auf einem „Markt mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung Unternehmen marktbeherrschend sind und auf absehbare Zeit das Fortbestehen dieser Marktbeherrschung zu erwarten ist, obwohl Wettbewerb wirtschaftlich und technisch möglich ist.“
    Quelle: Lobbycontrol
  12. Muslim-Feinde in Deutschland – Volksverhetzer im bürgerlichen Gewand
    Quelle: WDR Monitor
  13. Linksfraktion empört über DHS-Datenanalyse in Europa
    Das US-amerikanische Department of Homeland Security (DHS) beschäftigt nach eigenen Angaben in Europa 394 Beamte und Angestellte in Flug- und Seehäfen, die Flugpassagiere und Frachtcontainer vorab kontrollieren. 75 dieser Spezialisten arbeiten in Deutschland. Dies hat die Bundestagsfraktion der Linken dazu bewogen, der Regierung eine Kleine Anfrage (PDF-Datei) zur Arbeit des DHS in Deutschland vorzulegen. Nun liegt die Vorabfassung der Antwort der Bundesregierung vor, über die sich die Linksfraktion empört.
    Quelle 1: Heise
    Quelle 2: Antwort der Bundesregierung [PDF – 74.2 KB]
  14. Recht und Gesetz für Gäfgen
    Eine Nachricht, die für menschliches Empfinden kaum zu ertragen ist. Kann so etwas zugleich eine gute Nachricht sein? Ja. Das Schmerzensgeld-Urteil über den Kindsmörder Magnus Gäfgen ist so ein Fall.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    dazu: Unpopulär, aber richtig
    Nein, populär ist dieses Urteil sicher nicht. “Jetzt bekommt Gäfgen, das Schwein, auch noch Schadenersatz”, so dürften sich viele empören. Da entführt und tötet einer ein Kind, um Lösegeld zu kassieren – und nachdem er scheitert, verklagt er eben den Staat, weil dieser sich auch nicht korrekt verhalten habe.
    Doch das Urteil ist völlig korrekt. 3.000 Euro Entschädigung hat ihm jetzt das Landgericht Frankfurt zugesprochen – als Ausgleich dafür, dass ihm Frankfurts damaliger Vizepolizeichef Wolfgang Daschner bei der dramatischen Suche nach dem entführten Kind im Verhör Gewalt androhen ließ.
    Quelle: taz

  15. Aufräumen für den Papst
    In Madrid haben die spanischen Sicherheitskräfte am Donnerstag erneut das Zentrum der Hauptstadt abgeriegelt, um Kundgebungen der »Empörten« zu verhindern. Die Proteste richteten sich gegen das Vorgehen der Polizei, die am Dienstag ein Zeltlager an der Puerta del Sol und einen Informationsstand der Bewegung geräumt hatte. Dort sollen sich Medienberichten zufolge zuletzt noch etwa 20 Menschen aufgehalten haben, nachdem die Mehrheit der Besetzer Anfang Juni beschlossen hatte, ihr im Mai errichtetes Protestcamp aufzulösen. Statt dessen wurden die Aktionen der Bewegung in die Stadtviertel der spanischen Hauptstadt verlagert, wo die Aktivisten unter anderem durch die Verhinderung von Zwangsräumungen weiter von sich reden machten.
    Quelle: Junge Welt
  16. Abkommen statt Abschießen
    Deutschlands Zukunft wird um die halbe Welt verteidigt; die Bundeswehr agiert als Inkassotruppe der Wirtschaft. Das ist teuer und sinnlos. Ein Abkommen kann mehr erreichen als tausend Marinesoldaten.
    Quelle: The European
  17. Lerngruppen für Superreiche
    Wenn der selbsternannte Trendforscher Matthias Horx spricht, sieht man sich unwillkürlich nach der Kristallkugel im Raum um, so, sagen wir mal: opak klingen seine Weisheiten. Horx prophezeite in einer neuen “Studie” “Megatrends” in der Altersvorsorge. Wobei zum “long life management” die “corporate health” als neue “business chance” gehören, der Softindividualismus und “greenomics”. Horx ist Mitautor der Studie “Zukunftstrends in der Altersvorsorge” des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). Das DIA wird von der Deutschen Bank und anderen Investmentunternehmen gesponsert. Klar also, dass es bei den prognostizierten Trends nicht darum ging, wie die Versorgung der gesamten Bevölkerung im Alter aussehen kann. Vielmehr hatte Horx die gut Betuchten im Blick.
    Aufmerksam wird man allerdings, wenn Horx ein Piktogramm mit einer neuen “Agentur für Finanzdienstleistungen” an die Wand wirft, einer Agentur, die sich um Investments, Darlehen und Rechnungen kümmern soll und selbstverständlich gerne eine Weiterentwicklung von Serviceleistungen der Banken sein könnte. Das würde bedeuten, dass betuchte Anleger künftig noch mehr Geld für irgendwelche Services hinblättern sollen. Dabei haben sie sich gerade erst von den Finanzberatern der Banken emanzipiert, seitdem diese beim Kauf von Wertpapieren die Kosten genau aufschlüsseln müssen. Doch das Problem, unter den vielen tollen Produkten der Zukunft auszuwählen, dürften nur wenige haben. Eine frühere Erhebung des DIA ergab, dass vier von zehn Befragten keine private Altersvorsorge begonnen haben und dies auch nicht vorhaben. Schon heute liegt jeder achte Rentnerhaushalt unter der Armutsgrenze, teilte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in dieser Woche mit. Tendenz steigend.
    Quelle: taz
  18. Die Linkspartei: Ideologie oder Politik
    „Eine Partei zerfleischt sich“, hieß es am 1. Juli in den „heute“-Nachrichten des ZDF über die Linkspartei. Es ist erst gut zwei Monate her, dass die Parteiführung ihre heftigen Differenzen für beendet erklärt hatte und zu gemeinsamer politischer Sacharbeit zurückkehren wollte. Diesmal geht es angeblich oder tatsächlich um den Antisemitismus, von dem man meinen sollte, dass der Widerstand gegen ihn in der Linken klarer Konsens sei. Doch, wie die Medien genüsslich dokumentieren, haben die Auseinandersetzungen an weiterer und kaum noch zu überbietender politischer und persönlicher, sogar gerichtlicher, Schärfe gewonnen. Eine „Papier- und Mikrofonpause“, wie sie der Chefredakteur des „Neuen Deutschland“, Jürgen Reents, in einem Grundsatzartikel gefordert hat, würde über lang oder, nach aller Erfahrung, kurz, nur zu einem weiteren Ausbruch der Konflikte an anderer Stelle führen. Was ist los in der Partei Die Linke?
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik


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