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Titel: Strack-Zimmermann bei Luftwaffenbesuch: „Und wenn‘s dann noch Spaß macht…“
Datum: 8. September 2023 um 10:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Lobbyismus und politische Korruption
Verantwortlich: Redaktion
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist dieser Tage einer Einladung des Inspekteurs der Bundeswehr-Luftwaffe nachgekommen. Bekanntermaßen tat sie das gern, gilt sie doch als ausgesprochen innige Lobbyistin des Militärischen in unserem Land. Sie veröffentlichte ihren Besuch bei der fliegenden Truppe folgerichtig mit einem cool meinenden Beitrag in sozialen Medien, formulierte überaus salopp, gesponsert als Werbeanzeige, finanziert von der Bundestagsfraktion der FDP. Strack-Zimmermann hob geradezu ab, als wäre sie Darstellerin eines US-Action-Films. Und ja, sie sah richtig chic aus in Pilotenmontur und durfte sogar mitfliegen. Da fragt man sich: Was sind das nur für Zeiten? Ein Zwischenruf von Frank Blenz.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Beim Anblick der Fotos der kleinen Dame mit weißem Kurzhaarschnitt beim Luftwaffengeschwader 31 Boelcke bei Köln bleibt mir die Spucke weg. Ihren Kommentar kann ich nicht teilen, ich empfinde keinerlei Verständnis oder etwa joviale Sympathie, weil es ja eigentlich lediglich ein Besuch einer Politikerin bei unseren Verteidigern ist. Doch gerade brennt in Europa die Luft, und jede Geste der Abrüstung wäre eine richtige. Wäre sie zu Hause geblieben, rufe ich dazwischen. Sie, die Lobbyistin des Militärs, indes schwärmt und meint, einen der aufregendsten Tage ihres Lebens gehabt zu haben. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann schreibt (26. August via Facebook):
Gestern erlebte ich einen der aufregendsten Tage meines Lebens. Dank einer besonderen Einladung des Inspekteurs Luftwaffe hatte ich die Gelegenheit, in einem Eurofighter mitzufliegen. Der Flug fand beim Taktischen Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ in Nörvenich bei Köln statt, und ich kann nur sagen: Top Gun-Feeling pur!
Bevor ich in den Jet steigen konnte, wurden natürlich alle nötigen medizinischen Checks durchgeführt – die ich glücklicherweise bestanden habe.
Manche fragen sich: Warum setze ich mich in Panzer und Kampfjets der Bundeswehr? Die Antwort ist einfach. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich nur so authentisch und glaubhaft für die Interessen der Soldatinnen und Soldaten eintreten kann. Und ja, ein kleines bisschen Spaß hat es natürlich auch gemacht.
Ein großes Dankeschön geht an alle, die diesen unvergesslichen Flug möglich gemacht haben. Allen Soldatinnen und Soldaten, die tagtäglich Ihren Dienst für uns verrichten, zolle ich Respekt. Es war mir eine Ehre und ein Privileg, diese Erfahrung zu machen. (MASZ)
In Kurzform lesen sich Strack-Zimmermanns Einlassungen so:
TOP GUN FEELING bei @strackzimmermann – das hat sie jedenfalls selbst über ihren Besuch bei der Bundeswehr gesagt. Da ist sie nach Einladung des Inspekteurs der Luftwaffe in einen Eurofighter gestiegen und konnte mitfliegen.
Bei all dem Spaß: Man kann sich nur glaubhaft für die Interessen der Soldatinnen und Soldaten der #Bundeswehr einsetzen, wenn man vor Ort ist und die Praxis miterlebt. Und wenns dann auch noch Spaß macht…
Wir danken allen, die bei der Bundeswehr für die Interessen unseres Landes eintreten – egal ob auf dem Übungsplatz, im Ausland oder in der Verwaltung
Reaktionen im Netz blieben nicht aus, hier einige Wortmeldungen unter Strack-Zimmermanns Beitrag:
Perfekt! Ab an die Ostfront in der Ukraine mit der Dame! Ist dann doch mal ein Vorbild!!!
Endlich mal den Worten auch Taten folgen lassen!!! Super, besser morgen als übermorgen!!! Und alle, die für weitere Waffenlieferungen sind, bitte unbedingt mitnehmen!!! Hurra!!!
Vielleicht ist dann ja endlich bald Frieden dort!!!
Die sollte man sofort an die Front bringen, mal gucken, ob sie dann immer noch Spaß empfindet. Kriegstreiberin!
Eine furchtbare Frau.
Und auch solche Wortmeldungen sind zu lesen:
Endlich mal Politiker, die sich für die Truppe interessieren.
Sagenhaft, ich bin begeistert.
Mutig.
Einen NachDenkSeiten-Artikel habe ich zur gleichen Zeit auf dem Schirm, „Krieg ohne Krieger“. Ich lese und bin fassungslos:
Diese Soldaten kämpfen tagtäglich. (Genauer: Sie müssen das!) Das heißt: Sie greifen an und sie verteidigen. Sie sitzen in Panzern, Kampfhubschraubern und -flugzeugen und sie sind hinter der x-ten Verteidigungslinie in Schützengräben verschanzt. Sie bedienen Raketenwerfer, Langrohrkanonen, Mörser und Haubitzen, sie starten Drohnen und Marschflugkörper, sie schießen mit Panzerfäusten, Granaten, Raketen, Schmetterlingsminen, Streumunition und abgereichertem Uran. Sie beschießen militärische und sie beschießen zivile Ziele. Kurz: Sie zerstören, sie verletzen, sie töten. Und sie werden verletzt und getötet.
Die Zeilen sind nicht aus einem Roman von Erich Maria Remarque, sie beschreiben den derzeitigen, fortwährenden Kriegsalltag in der Ukraine. Von wegen Top-Gun-Feeling…
Die FDP-Bundestagsabgeordnete posiert für schöne Fotos und empfindet dagegen Top-Gun-Feeling. Ebenso kantige, treffende Fotos, Worte, Termine in Sachen Abrüstung, Diplomatie, Verhandlungen, Friedensforderungen – bei ihr völlige Fehlanzeige. Stattdessen bestätigt die Politikerin aus dem Rheinland mit ihrer Militär-Show, wofür sie steht, was sie umtreibt. Und sie ist enorm umtriebig – Hauptsache, es hat etwas mit Wehrhaftigkeit, mit Rüstungsindustrie, mit Feindbildern, mit Aggressivität zu tun. Strack-Zimmermann gehört erlesenen Kreisen an: dem Förderkreis Deutsches Heer, der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik, sie hält den Vorsitz des Verteidigungsausschusses inne. Wie bei ihren aktuellen Posts im Netz äußert sich die Freundin der Rüstungsindustrie schon mal lässig zum Thema Rüstung und Geldverdienen. In einem Interview für die Süddeutsche Zeitung formulierte Strack-Zimmermann, was es braucht, um als Bundeswehr eine Daseinsberechtigung zu besitzen:
„Was wir brauchen – das mag martialisch klingen – Sie brauchen, um aus Sicht der Bundeswehr zu agieren, ein Feindbild.“ Quelle: SZ
Der Feind? Bei Strack-Zimmermann heißt der Russland.
Gute Laune lebt die Politikerin gerade in vollen Zügen aus, was Wunder, die Ausgaben für Rüstung werden erhöht, die Ausgaben für Soziales gerade gekürzt und/oder eingedampft – wie bei den Finanzen für die Kindergrundsicherung. Statt zwölf gibt es dank der Knausrigkeit von Strack-Zimmermanns Parteikollegen und Finanzminister Christian Lindner für die Reform gerade mal 2,4 Milliarden ab 2025. Prioritäten haben die zwei Politiker eben andere.
Zurück zum Top-Gun-Feeling von Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Ein weiterer Leser fragt direkt mal nach:
Da Sie ja immer so begeistert von Waffenlieferungen sind, um den Krieg mehr und mehr zu pushen, wäre es doch gut, Sie fliegen in die Ukraine mit dem Jet und kämpfen selbst?? Wäre das keine Idee?
Was wohl die Politikerin dazu sagt? Mir fällt ein Spruch vom eingangs erwähnten, geschätzten Schriftsteller Remarque ein, der einst sinnierte: „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hinmüssen.“
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