Heute unter anderem zu folgenden Themen: US-Schuldenstreit; US-Ökonomie; Eurokrise; EU bekämpft chinesische Billigprodukte mit horrenden Zöllen; IAB-Chef Möller: Seit 20 Jahren Reallohnverluste bei den Geringqualifizierten; Arbeitsmarkt; Was Wirtschaftsminister Rösler von den USA lernen kann; Inflation frißt Lohnplus; Ehrenamt; Stuttgart21; Fukushima: Rekord-Strahlenwerte; Arcandor-Insolvenzverwalter – Middelhoff soll 234 Millionen Euro Schaden angerichtet haben; Petra Haering-Kuan/Dr. Yu Chien Kuan: Pulverfass China; Rassismus in Rumänien – Die Roma sollen eingemauert werden; Nachtrag zu Hinweis #16 in den Hinweisen II vom 29. Juli; Gottes Werk und Teufels Beitrag: Abrechnung mit Angela Merkel; Endgültige Kapitalisierung; Herren im Haus (WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- US-Schuldenstreit
- US-Ökonomie
- Eurokrise
- EU bekämpft chinesische Billigprodukte mit horrenden Zöllen
- IAB-Chef Möller: Seit 20 Jahren Reallohnverluste bei den Geringqualifizierten
- Arbeitsmarkt
- Was Wirtschaftsminister Rösler von den USA lernen kann
- Inflation frißt Lohnplus
- Ehrenamt
- Stuttgart21
- Fukushima: Rekord-Strahlenwerte
- Arcandor-Insolvenzverwalter – Middelhoff soll 234 Millionen Euro Schaden angerichtet haben
- Petra Haering-Kuan/Dr. Yu Chien Kuan: Pulverfass China
- Rassismus in Rumänien – Die Roma sollen eingemauert werden
- Nachtrag zu Hinweis #16 in den Hinweisen II vom 29. Juli
- Gottes Werk und Teufels Beitrag: Abrechnung mit Angela Merkel
- Endgültige Kapitalisierung
- Herren im Haus
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- US-Schuldenstreit
- Die Reichen kommen davon
Der gefundene Kompromiss ist eine herbe Niederlage für Barack Obama und schadet der amerikanischen Wirtschaft. Denn der US-Präsident hat so gut wie alle Forderungen der Republikaner übernommen: Trotz Rekorddefizit wird es keine Steuererhöhungen geben, zur Konsolidierung des Haushalts werden nur Ausgaben gekürzt. […]
Steuererhöhungen für die Gutverdienenden und Reichen würden die Wirtschaft nicht so stark treffen, da sie große Teile ihres Einkommens sowieso nicht verkonsumieren, sondern sparen. Die Wohlhabenden werden jedoch vollkommen aus der Verantwortung für die nach der Finanzkrise stark angestiegene US-Schuld genommen. Stattdessen sind deutliche Einschnitte bei den staatlichen Sozialleistungen geplant. Die Einkommensschere wird sich in den USA so weiter öffnen. […]
Den Republikanern – unter ihnen vor allem der mächtigen Tea-Party-Bewegung – ist jedes Mittel recht, die Präsidentschaft des angeblichen Sozialisten Obama so schnell wie möglich zu beenden. Mit ihnen sind keine vernünftigen Kompromisse möglich. Sie wollen in Wahrheit nicht die Schulden reduzieren, sondern den amerikanischen Wohlfahrtsstaat abschaffen, wie ihn Roosevelt in den 30er Jahren mit dem New Deal und Präsident Johnson mit der Great Society in den 60er Jahren aufgebaut haben.
Quelle: ZEIT Herdentrieb
- Debt deal: anger and deceit has led the US into a billionaires’ coup
The debt deal will hurt the poorest Americans, convinced by Fox and the Tea Party to act against their own welfare […]
As the Nobel laureate Joseph Stiglitz points out, in the past 10 years the income of the top 1% has risen by 18%, while that of blue-collar male workers has fallen by 12%.
The deal being thrashed out in Congress as this article goes to press seeks only to cut state spending. As the former Republican senator Alan Simpson says: “The little guy is going to be cremated.” That means more economic decline, which means a bigger deficit. It’s insane. But how did it happen?
Quelle: Guardian
Anmerkung Jens Berger: Sehr lesenswert!
- Paul Krugman – The President Surrenders
A deal to raise the federal debt ceiling is in the works. If it goes through, many commentators will declare that disaster was avoided. But they will be wrong.For the deal itself, given the available information, is a disaster, and not just for President Obama and his party. It will damage an already depressed economy; it will probably make America’s long-run deficit problem worse, not better; and most important, by demonstrating that raw extortion works and carries no political cost, it will take America a long way down the road to banana-republic status.
Quelle: New York Times
- US-Ökonomie
- Ökonom Dullien über die US-Ökonomie – “Ich sehe keine Rezession”
Die Aussichten für die US-Wirtschaft sind nicht so schlecht, glaubt der Ökonom Sebastian Dullien. Denn die Exporte laufen gut und die Beschäftigung im privaten Bereich nimmt zu.
Quelle: taz
- „Corporate America glänzt, die Verbraucher leiden“
Korrespondent Markus Koch über die Umverteilung von Verbrauchern zu Unternehmen und die Entwicklung von Löhnen und Unternehmensgewinnen.
Quelle: n-tv via YouTube
- Eurokrise
- Italien: Die Zeitbombe tickt
Genau eine Woche, nachdem der Brüssler EU-Krisengipfel abermals eine Stabilisierung der Euro-Zone mittels milliardenschwerer Kreditpakete anstrebte, sind die ersten Vorboten eines erneuten Krisenschubs absehbar, der sich in deutlich steigenden Zinsen für die EU-Schwergewichte Spanien und Italien ankündigte. So mußte Rom bei der Ausgabe von Staatsanleihen im Wert von 7,96 Milliarden Euro deutlich höhere Zinsen hinnehmen als im Juni. Staatspapiere mit einer Laufzeit von drei Jahren wurden bei einem Zinssatz von 4,8 Prozent im Wert von 3,5 Milliarden Euro gezeichnet. Die Zinslast stieg somit für Italien binnen eines Monats um 1,1 Prozent. Die Zinsaufschläge gegenüber dem Juni betrugen bei den zehnjährigen Staatsanleihen 0,8 Prozent, die am vergangenen Donnerstag bei 5,77 Prozent notierten. Ab einem langfristigen Zinsniveau von rund sieben Prozent ist eine Haushaltskonsolidierung aufgrund der ausartenden Zinskosten kaum realisierbar.
Quelle: Junge Welt
- Griechenland: Schlechte Zeiten für gute Geschäfte
Sommerschlussverkauf in Athen, alles muss raus: Bis Ende September will der griechische Finanzminister 1,5 Milliarden Euro mit dem Verkauf von Staatsbetrieben einnehmen. In den restlichen drei Monaten des Jahres sollen weitere 3,5 Milliarden Privatisierungserlöse in die Kasse fließen. Und im kommenden Jahr soll es richtig losgehen: Von 2012 bis 2015 erwartet die Regierung, mit dem Verkauf staatlicher Unternehmen und der Nutzung öffentlicher Liegenschaften weitere 45 Milliarden Euro einnehmen zu können. Mit dem Geld will Griechenland eigene Staatsanleihen zurückkaufen und so die Schuldenlast verringern. Aber sind die ehrgeizigen Pläne umsetzbar? Viele Fachleute zweifeln daran: Der Zeitplan sei zu knapp bemessen, außerdem unterschätze die Regierung die administrativen Hürden und die politischen Widerstände. Der Athener Aktienindex ist auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren. Entsprechend niedrig sind bereits teilprivatisierte und börsennotierte Staatsfirmen wie Hafengesellschaften, Wasserwerke und Stromversorger bewertet. Ausgerechnet in dieser Baisse muss der Staat unter dem Druck von EU und Internationalem Währungsfonds verkaufen.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Nur zur Erinnerung, bereits im September werden EU, IWF und Europäische Zentralbank überprüfen, ob das griechische Privatisierungsprogramm auf dem Weg ist, die geforderten 50 Milliarden Euro einzubringen. Das ist ein Diktat der Troika und nicht allein ein Beschluss der griechischen Regierung.
- EU bekämpft chinesische Billigprodukte mit horrenden Zöllen
Die EU hat nun beschlossen, Fliesen und Fahrräder aus China mit hohen Zöllen zu belegen. Die Mitgliedstaaten hätten beschlossen, auf die Importe von Wand- oder Bodenfliesen aus der Volksrepublik ab Mitte September einen Zoll von 69,7 Prozent zu erheben, erklärten EU-Diplomaten am Montag in Brüssel.
Die Abgaben auf Fahrräder und Fahrradteile in Höhe von 48,5 Prozent werden für weitere fünf Jahre bis 2016 verlängert. Über Dumpingpreise für chinesische Fahrräder und unfairen Wettbewerb hatten sich Firmen aus den beiden größten EU-Herstellerländern Deutschland und Italien beschwert.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Man stelle sich die Reaktion der EU vor, wenn afrikanische Staaten ähnlich hohe Zölle auf (von der EU subventionierte) Lebensmittelimporte aus Europa festlegen würden, die dort katastrophale Auswirkungen für die lokale Landwirtschaft haben. Merke: Protektionismus betreiben immer nur die Anderen.
- IAB-Chef Möller: Seit 20 Jahren Reallohnverluste bei den Geringqualifizierten
Das Lohnniveau der Geringqualifizierten befindet sich derzeit wieder auf dem bereits Mitte der 80er erreichten Niveau. Bis etwa zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung stiegen die Reallöhne auch für die Geringqualifizierten noch deutlich an. Seitdem sinken sie. An der Zunahme des gesellschaftlichen Wohlstands in den vergangenen 25 Jahren nahmen die Geringqualifizierten daher nicht teil. Die Reallöhne der Universitätsabsolventen stiegen dagegen seit Mitte der 80er Jahre um 22 Prozent, die der Fachhochschulabsolventen oder der Meister immerhin um 17 bzw. 18 Prozent. Personen mit einer abgeschlossenen Lehre müssen seit 2003 wie die Ungelernten Rückgänge hinnehmen, haben aber noch sieben Prozent mehr als Mitte der 80er Jahre. „Deutschland gilt heute als eines der OECD-Länder mit dem höchsten Anstieg der Lohnungleichheit“, stellt IAB-Direktor Möller fest. Ein 40-jähriger Akademiker verdiene mittlerweile im Durchschnitt das 2,6-Fache eines Geringqualifizierten gleichen Alters. Im Jahr 1984 war es erst das 2,1-Fache.
Quelle: IAB
Anmerkung WL: Zu den Einkommensbeziehern der Universitätsabsolventen gehören natürlich auch diejenigen die Spitzengehälter beziehen und dass die exorbitant gestiegen sind, kann man jeden Tag lesen.
- Arbeitsmarkt
Trotz hoher Nachfrage – Viele Fachkräfte sind arbeitslos
Da können die Unternehmen so so sehr über den Fachkräftemangel klagen – auch höherqualifizierte Arbeitskräfte sind vom Jobverlust bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls der Deutsche Gewerkschaftsbund ( DGB) in einer Untersuchung des Arbeitsmarktes im ersten Halbjahr 2011. Demnach verloren in dieser Zeit rund 908.000 betrieblich Ausgebildete und rund 110.000 Akademiker ihre Arbeit.
Quelle: SPIEGEL Online
- Nach der Ausbildung noch zu oft arbeitslos
Die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren in Südthüringen ist im Juli um mehr als 31 Prozent gegenüber dem Vormonat auf 1404 gestiegen. Die Unternehmen in der Region seien offensichtlich nicht motiviert, jungen Menschen ein Angebot zur direkten Übernahme nach der Ausbildung zu machen, sagte Wolfgang Gold, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Suhl, gestern bei der Präsentation der aktuellen regionalen Arbeitsmarktzahlen.
Quelle: Die Agentur für Arbeit Suhl kritisiert den deutlichen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit im Juli. Wenn junge Menschen nach der Ausbildung nicht übernommen würden, bestehe die Gefahr der Abwanderung, warnt Agenturchef Gold.
Quelle: In Süd-Thüringen
- Was Wirtschaftsminister Rösler von den USA lernen kann
An den steuerpolitischen Vorstellungen des Wirtschaftsministers sind schon die USA gescheitert – und die rot-grüne Bundesregierung
Eine höhere Dosis Wirtschaftsliberalismus, als sie derzeit Philipp Rösler verkörpert, ist wohl kaum vorstellbar: Der Chef der FDP ist gleichzeitig Chef des Bundeswirtschaftsministeriums, das vielleicht nicht umsonst korrekt Bundesministerium für Wirtschaft heißt.
Und wenn derzeit ein Spitzenpolitiker seine Ämter ausfüllt, dann ist es Philipp Rösler. Eine perfektere Symbiose von Person, Partei, Ideologie und Ämtern ist kaum vorstellbar. Das sollten auch seine politischen Gegner anerkennen. Und sich an ihm ein Beispiel nehmen. Denn wäre beispielsweise die SPD ähnlich konsequent wie Rösler, nur eben sozialdemokratisch, hätte dieses Land wieder eine ernstzunehmende Opposition.
Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
- Inflation frißt Lohnplus
Trotz Aufschwungs und Tarifsteigerungen fallen für einen Großteil der Beschäftigten die Reallöhne. Experte warnt vor »europaweiter Lohnsenkungsspirale«
Quelle 1: junge Welt
Quelle 2: Böckler [PDF – 184 KB]
- Ehrenamt – Die Stützen der Gesellschaft
Auf ehrenamtliche Arbeit kann das Gemeinwesen nicht verzichten. Die freiwilligen Helfer sind die besten Vorbilder. […]
Trotz der offenkundigen gesellschaftlichen Vorteile solcher Initiativen ist bei genauerem Hinsehen nicht alles so klar, wie es scheint. […] Im Freiwilligensurvey 2009 berichteten zudem 13 Prozent der befragten Ehrenamtlichen, dass in ihrem Umfeld ehemals hauptamtliche Arbeit nun durch Freiwillige erledigt würde. Die empirischen Belege zeigen besorgniserregende Trends auf: Freiwillige Helfer stoßen zunehmend in Grenzbereiche vor, die eigentlich dem Staat vorbehalten waren – bei den Tafeln geht es schließlich um nichts weniger als Existenzsicherung. Müssen die Ehrenamtlichen dort anpacken, wo der Staat sich zurückzieht?
Quelle: ZEIT
- Stuttgart 21
- “Totaler Krieg” um Stuttgart21
Das Schlichtungsverfahren um Stuttgart 21 ist beendet. Ein Ergebnis gibt es allerdings nicht. Das letzte Zusammenkommen von Projektbefürwortern und S21-Gegnern geriet vielmehr zu einer Inszenierung, in der sich Schlichter Heiner Geißler mit einem unerwarteten Lösungsvorschlag in den Mittelpunkt stellte, den er innerhalb kürzester Zeit selbst wieder aufgab. Während dem verbissen geführten Schlagabtausch gelang es dem Moderator Geißler nicht, durchgehend neutral zu bleiben. Den Projektgegnern unterstellte er gar, den totalen Krieg zu wollen – dabei zeigten sich diese kompromissbereiter als die Vertreter von CDU und Bahn.
Quelle: Telepolis
- »Nadelöhr« Kopfbahnhof
Bei der Beurteilung von »Stuttgart 21« nur auf »Effizienz« zu achten, ist falsch – doch selbst hier haben die Kritiker des Mammutprojekts die besseren Argumente.
Heiner Geißlers Bemühen, am vergangenen Freitag beim Milliardenprojekt »Stuttgart 21« (»S21«) erneut zu schlichten, läuft auf eine grandiose Vereinfachung der Thematik hinaus. Es zählt nur Technik, Effizienz und damit die Behauptung, »›S21‹ kann 30 Prozent mehr«.
Nun schrieb Geißler in seinem sogenannten Schlichterspruch vom 30. November 2010: »Ich hatte mir zunächst überlegt, eine Abwägung und Beurteilung zu allen wichtigen Streitpunkten vorzunehmen, also zur verkehrlichen Leistungsfähigkeit, zum Betriebskonzept, zu Ökologie, Städteplanung, Geologie und zur Finanzierung.«
Eine solche »Abwägung« nahm er aber nicht vor, denn ein solches Vorgehen »hätte mit Sicherheit jeden Zeitrahmen gesprengt«. Der Grund für diese Reduktion bei der Bewertung des größten europäischen Bahnhofsprojekts lag allerdings sicher nicht im knappen Zeitbudget. Eine breite Erörterung aller Themen hätte die Verkündung eines Schlichterspruchs vielleicht auf Anfang Januar 2011 hinausgezögert. Doch das war nicht gewollt. Geißler wollte vor der Landtagswahl befrieden und seinem CDU-Parteifreund Stefan Mappus helfen. Er wollte, wie er es im Schlichterspruch formulierte, »durch Versachlichung wieder (…) mehr Vertrauen für die Demokratie zurückgewinnen«.
Bereits damals war Geißler kein neutraler Schlichter, sondern schlicht Partei. So steht denn in seinem Schlichterspruch vom 30. November 2010 bereits der Satz: »Ich halte die Entscheidung, ›Stuttgart 21‹ fortzuführen, für richtig.« Als Geißler vor wenigen Tagen im Rahmen eines Vortrags in Tübingen äußerte, »S21« werde »in jedem Fall gebaut«, erklärten alle Gegnerinnen und Gegner des Mammutprojekts, das sei nun wirklich unpassend für einen Schlichter. Doch diese Parteinahme für die Betonmafia, für die Stadtzerstörer, ja sogar für eine teilweise Reinwaschung des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus war keineswegs neu.
Quelle: Junge Welt
- Fukushima: Rekord-Strahlenwert – Jede Sekunde eine Jahresdosis
Auf dem Gelände des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima ist nach Angaben des Betreibers die höchste radioaktive Strahlung seit der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vom 11. März gemessen worden. Mit mehr als zehn Sievert ist sie um ein Vielfaches höher als der bisherige Rekordwert. […]
Bei einer Strahlendosis von zehn Sievert (10.000 Millisievert) pro Stunde beträgt die Dosis pro Sekunde 2,78 Millisievert. In Deutschland ist der Grenzwert, dem die Bevölkerung zusätzllich zur natürlichen Grundstrahlung ausgesetzt sein darf, bei 1 Millisievert festgelegt – pro Jahr. Die Strahlungsdosis in Fukushima ist also bereits nach einer Sekunde fast drei Mal so hoch wie der hierzulande zulässige Jahreshöchstwert.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Arcandor-Insolvenzverwalter – Middelhoff soll 234 Millionen Euro Schaden angerichtet haben
Im Wirtschaftsprozess gegen den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff und weitere ehemalige Manager des Konzerns hat Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg eine neue Schadensberechnung vorgelegt.
Nach Informationen der WirtschaftsWoche beziffert ein Gutachter im Auftrag der Insolvenzverwaltung die durch verschiedene Immobiliendeals möglicherweise entstandenen Schäden nun auf insgesamt rund 234 Millionen Euro. Bislang hatte der Insolvenzverwalter lediglich einen Schaden von 175 Millionen Euro geltend gemacht, war vom Landgericht Essen im April aber aufgefordert worden, eine nachvollziehbarere Berechnung dafür vorzulegen. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagt ein Sprecher Görgs dazu. Ein Anwalt Middelhoffs spricht dagegen von einer „Milchmädchenrechnung“, es fehle weiterhin eine plausible Schadenserhebung.
Quelle: Wirtschaftswoche
- Petra Haering-Kuan/Dr. Yu Chien Kuan: Pulverfass China
Der Gigant auf dem Weg ins 21. Jahrhundert
China, ein Land so groß wie ein Kontinent, zeigt heute Widersprüche in jeder Hinsicht: Moderne Städte mit Reichen und Superreichen, aber auch arme Bauern und ausgebeutete Wanderarbeiter; modernste Technik, aber auch schlimme Umweltschäden; liberalisierte Märkte, aber politische Steuerung durch eine korrupte Partei. Was erklärt sich aus Chinas Geschichte, den Jahren der Fremdherrschaft, den widersprüchlichen Kampagnen Maos, der Öffnung unter Zou Enlai und Deng Xiaoping? Werden die sozialen Spannungen zum Bürgerkrieg führen? Kann die KP eine weitere Reform schaffen?
Quelle: SR2 Fragen an den Autor [Audio – mp3]
Anmerkung Jens Berger: Das Gespräch mit den beiden Sinologen Haering-Kuan und Kuan ist erfreulich unideologisch und nicht zuletzt deshalb auch sehr informativ. Für China-Interessierte und solche, die dies gerne werden wollen, ein absoluter Hör-Tipp.
- Rassismus in Rumänien – Die Roma sollen eingemauert werden
Der Bürgermeister der nordrumänischen Industriestadt Baia Mare Catalin Chereches hat beschlossen drei Wohnblocks, in denen Roma leben, mit einer 1,80 m hohen Mauer zu umgeben. Im Vorfeld soll es Beschwerden unmittelbarer Nachbarn gegeben haben, die sich durch den Unrat, das Kindergeschrei und die laute Musik der Bewohner der Blocks belästigt fühlten. Das Unterfangen wurde vom Stadtrat abgesegnet.
Der Bürgermeister erklärte unverfroren, der Beschluss sei im Einverständnis mit den Bewohnern der “dort lebenden Gemeinschaft” gefasst worden. Die als “Gemeinschaft” bezeichneten Bewohner sind ausschließlich Roma. Sie siedeln seit einiger Zeit in den drei heruntergekommenen Blocks. Die meisten von ihnen haben keinen Arbeitsplatz und sind auf Sozialleistungen angewiesen.
Quelle: taz
- Nachtrag zu Hinweis #16 in den Hinweisen II vom 29. Juli
Zum Artikel “Druck auf Drucker” in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Juli 2011 (Titel in der Online-Ausgabe: „Reih dich ein in die Arbeitgebereinheitsfront“) stellt Heinz Bierbaum folgendes fest:
Die in dem Artikel “Druck auf Drucker” in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Juli 2011 aufgestellte Behauptung: “Vizechef der Linken hilft Firma bei zweifelhaften Kündigungen” ist tendenziös und in der Sache nicht richtig. Tatsache ist, dass die INFO-Institut Beratungs GmbH vom Betriebsrat der Druckerei Prinovis in Nürnberg beauftragt worden ist, die wirtschaftliche Lage zu begutachten und dabei auch die geplanten Maßnahmen dahingehend zu beurteilen, ob sie wirtschaftlich tragfähig sind und eine Perspektive für dir nachhaltige Sicherung des Betriebs eröffnen. Wie üblich erfolgt diese Beratung auf einer professionellen Grundlage und in Absprache mit dem Auftraggeber Betriebsrat sowie der zuständigen Gewerkschaft, also mit ver.di. Die Beratung beschränkt sich auf die wirtschaftliche Seite. Die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen sind Gegenstand der Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung, Betriebsrat und ver.di., wobei der Betriebsrat anwaltliche Unterstützung hinzugezogen hat. Schon vor Wochen habe ich im Namen des INFO-Instituts erklärt, das das INFO.Institut auch nicht indirekt Maßnahmen unterstützen wird, die wie z.B. eine nicht korrekte Sozialauswahl sozialpolitisch nicht vertretbar sind, und dass wir in einem solchen Fall aus der Beratung sofort aussteigen. Dies wurde auch gegenüber ver.di erklärt. Die Aussage des ver.di-Sprechers Schmitz, dass sozialpolitische Überlegungen zugunsten eines fetten Auftrags zurückgestellt würden, entbehrt jeder Grundlage. Im Übrigen leite ich auch nicht im Hauptberuf das INFO-Institut, sondern bin Gesellschafter der Info-Instituts Beratungs GmbH.
Tatsache ist auch, dass es einen erheblichen Konflikt zwischen Betriebsrat und ver.di gibt – ebenso wie unter den ver.di-Mitgliedern bei Prinovis. Dies betrifft nicht zuletzt die Verhandlungsstrategie bei Prinovis. Die Kernfrage besteht darin, wie der Betrieb in Nürnberg und die damit verbundenen Arbeitsplätze nachhaltig gesichert werden können. Die Vertreter von ver.di wären gut beraten, sich um diese Kernfrage zu kümmern, anstatt Beratungsunternehmen wie das INFO-Institut der Komplizenschaft mit dem Management zu bezichtigen. Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück. Die Berater von INFO haben sich korrekt verhalten. Das INFO-Institut hat sozialpolitisch zweifelhafte Maßnahmen weder direkt noch indirekt unterstützt und wird dies auch nicht tun.
Heinz Bierbaum
Anmerkung Jens Berger: Es erschließt sich nicht, warum die Süddeutsche Zeitung die Beratertätigkeit von Heinz Bierbaum mit einer impliziten Rechtfertigung der geplanten Kündigungen bei Privonis in Verbindung stellt. Der Umstand, dass das Info-Institut den Betriebsrat von Privonis Nürnberg berät, bedeutet nicht, dass Bierbaum in irgendeiner Art und Weise dafür verantwortlich zu machen ist, dass Privonis offensichtlich beabsichtigt, eine betriebliche Vereinbarung zu nutzen, um bei den Kündigungen die Sozialauswahl auszuhebeln.
- Gottes Werk und Teufels Beitrag: Abrechnung mit Angela Merkel
Die Auseinandersetzung mit amtierenden Vorsitzenden führt man in der CDU traditionell gerne über angriffslustige Artikel in der deutschen Presse. Zuletzt hatte Angela Merkel am 22. Dezember 1999 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit dem großen Vorsitzenden Helmut Kohl und der CDU-Spendenaffäre abgerechnet und sich damit selber in Position für den CDU-Vorsitz gebracht.
Gestern erschien ein Artikel von Erwin Teufel in der FAZ. In den über 3000 Wörtern des Beitrags taucht der Name der Kanzlerin nur ein einziges Mal auf. Und doch ist jedem klar, dass es Teufel um eine Abrechnung mit Angela Merkel geht, wenn er seine Gedanken über die CDU unter dem Titel „Ich schweige nicht länger“ veröffentlicht.
Statt auf offensive Kritik und eindeutig adressierte Vorwürfe zu setzen, schildert Teufel die Situation wie sie ist und wie sie sein sollte. Dabei kommt weder die Wirtschaftspolitik noch die Arbeitsmark-, Bildungs- und Erziehungspolitik gut weg. Vor allem vermisst der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg allerdings die christlichen Werte in der Partei und bezichtigt die Union, das „C“ nur noch dem Namen nach im Schilde zu führen.
Quelle: Jacob Jung
- Endgültige Kapitalisierung
Seit nun fast fünf Jahren hält ein anderer Wettkampf die deutschen Universitäten in Atem. Die politisch gewollte und durch finanzielle Anreize induzierte Konkurrenz um „Exzellenz“ und „Elite“ hat allerdings nur noch wenig mit argumentativen Auseinandersetzungen um innovative Thesen zu tun. Wie der namhafte Bamberger Soziologe Richard Münch in seiner jüngsten Publikation nachweist, zeigt dieser Wettbewerb etwas anderes: Er demonstriert die endgültige Kapitalisierung auch jener gesellschaftlichen Bereiche, die eigentlich dem Imperativ der zeit- und aufmerksamkeitsintensiven Wahrheitssuche folgen und nun aber nach dem Maßstab kurzfristiger Nutzenerwartung bewirtschaftet werden. Universitäten mutieren zu Unternehmen des akademischen Kapitalismus, wenn „Ranking“ und „Benchmarking“, „Monitoring“ und „Qualitätsmanagement“ zu politisch genutzten Steuerungsinstrumenten werden und letztlich ökonomisch über Wissenschaft entschieden wird.
Quelle: Der Freitag
- Herren im Haus
Mit Dumpingtarifen gibt es keinen Qualitätsjournalismus. Warum der Tarifkonflikt in der Medienbranche Grundfragen einer freiheitlichen Gesellschaft berührt.
Alle reden vom Stresstest. Gegner und Befürworter von Stuttgart 21 sowieso. Neuerdings auch die Bundesregierung und die von ihr eingesetzte Ethikkommission auf der Suche nach einem mehrheitsfähigen Konzept für den Atomausstieg. Nur die Journalisten und die sie beschäftigenden Verleger fehlen noch. Bisher jedenfalls gibt es keine Signale für ein Ende des seit Wochen geführten Stellungskriegs in den Verlagshäusern, der nicht nur die Medienbranche angeht.
Quelle: Kontext:Wochenzeitung