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Titel: Zeit für die Ausweisung des israelischen Botschafters
Datum: 31. Juli 2023 um 10:30 Uhr
Rubrik: Antisemitismus, Außen- und Sicherheitspolitik, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte
Verantwortlich: Redaktion
Ron Prosor ist Israels aktueller Botschaft in Deutschland und seine bisherige Amtszeit ist von Ungeheuerlichkeiten und Skandalen gekennzeichnet. Seine Linie ist es, jede Kritik an der Politik des Staates Israels mit dem Vorwurf des Antisemitismus abzublocken. In der israelischen Community sorgt dies für scharfe Kritik, so dass es unlängst zu einem Eklat kam – Prosor wurde aus einem Café, das in Berlin von einem jüdischen Israeli betrieben wird, ausgewiesen. Unser Autor Shir Hever findet, dass die Bundesrepublik dem Beispiel des Cafébetreiber folgen sollte.
Am Sonntagnachmittag, den 23. Juli, betrat der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, das Café Dodo in Berlin. Vielleicht hatte der Botschafter dieses Café ausgewählt, weil es eine Fünf-Sterne-Bewertung auf Trip Advisor hat, oder vielleicht hat er gehört, dass es einem jüdischen Israeli, Avi Berg, gehört. „Vielleicht hoffte er, Hebräisch mit dem Besitzer sprechen zu können?“
Avi Berg verwies den Botschafter und seine Leibwächter sofort des Lokals. Berg erklärte, dass der Botschafter, der alle Kritiker der israelischen Politik, zu denen auch Berg selbst gehört, als „Antisemiten“ bezeichnet hat, nicht nur eine Privatperson ist, die ihre Meinung äußert und auf einen Kaffee und ein Eis kommt. Er repräsentiert den Staat Israel und muss die Verantwortung für den Staat und für seine eigenen Äußerungen tragen.
Ron Prosor ist ein professioneller israelischer Diplomat, der offiziell keiner politischen Partei angehört, die das rechtsextreme politische Klima in Israel widerspiegelt.
Ron Prosor war zwischen 2007 und 2011 Israels Botschafter im Vereinigten Königreich, wo seine Mission ein kläglicher Misserfolg war. Als er die britischen Jüdinnen und Juden aufforderte, den Zionismus und den Staat Israel zu unterstützen, reagierten sie, indem sie in großer Zahl die Boykott-, Divestment- und Sanctions-Bewegung gegen Israel (BDS) unterstützten. Prosor wurde dann zum Botschafter Israels bei der UNO ernannt, wo er ebenfalls keine Unterstützung für die israelische Apartheidpolitik gewinnen konnte, und hatte einen Fototermin mit Marine Le Pen. Das Bild sorgte in Israel für Verlegenheit, weil es Israels Bündnis mit rechtsextremen Regierungen und politischen Parteien, wie Viktor Orban und Donald Trump, offenlegte, selbst wenn diese Parteien antisemitisch sind. Prosor versuchte, sich von Marine Le Pen zu distanzieren, und behauptete, das Treffen sei ein Fehler gewesen. Im Jahr 2015 wurde Prosor durch Dany Danon als israelischer Botschafter bei der UNO ersetzt.
Nachdem er es nicht geschafft hatte, Chef der Jewish Agency zu werden, wurde Prosor 2021 zum Botschafter in Deutschland ernannt. Diese Ernennung ist eine klare Aussage des israelischen Außenministeriums, dass die deutsche fanatische Unterstützung für Israel so selbstverständlich und verlässlich ist, dass selbst der ungeschickteste Diplomat als Botschafter ausreicht. Und in der Tat hat sich Prosor auch als israelischer Botschafter in Deutschland lächerlich gemacht.
Erstens durch den Skandal mit Bashir Bashir, Amos Goldberg und Charlotte Wiedemann. Im November letzten Jahres rief Ron Prosor dazu auf, in Tel-Aviv eine Veranstaltung über Bücher abzusagen, die sich mit der Geschichte des Holocaust und der Nakba befassen. Für Prosor reicht es schon aus, wenn die Nakba, die palästinensische Katastrophe von 1948, die die ethnische Säuberung Palästinas von der Mehrheit der einheimischen palästinensischen Bevölkerung umfasste, neben einer Veranstaltung erwähnt wird, die den Holocaust, den Völkermord an europäischen Jüdinnen und Juden, diskutiert, um die Organisatoren der Veranstaltung des Antisemitismus zu beschuldigen. Die Veranstaltung wurde vom Goethe-Institut und die Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert, die dem israelischen Botschafter prompt gehorchten und die Veranstaltung absagten. Damit ist Ron Prosor der erste israelische Botschafter, der eine Veranstaltung zum Gedenken an den Holocaust abgesagt hat.
Zweitens gab es seine Verleumdungstirade gegen Dr. Muriel Asseburg, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Anfang Juli. Prosor stützte seine Verleumdungen auf das Interview, das Muriel Asseburg Jung & Naiv gegeben hatte und welches er entweder nicht gesehen oder nicht verstanden hatte. Seine Hetze führte zu einem Angriff auf Asseburg in Tel-Aviv durch ein Mitglied der rechtsextremen Im-Tirzu-Bewegung, das Prosor als Rechtfertigung für den Angriff auf sie zitierte. Selbst der deutsche Botschafter in Israel verurteilte die haltlosen Anschuldigungen.
Israel ist kein Freund von Deutschland. Die Beziehung ist einseitig und die israelische Regierung geht davon aus, dass sie die deutsche Politik manipulieren kann, indem sie jeden, der Deutschlands Komplizenschaft mit israelischen Verbrechen infrage stellt, als Antisemiten bezeichnet. Der Zentralrat der Juden in Deutschland trägt zu dieser einseitigen Beziehung bei, indem er zionistische, rechte Kräfte in Israel unterstützt. Wenn der Staat Israel Apartheidgesetze erlässt, wie z.B. das Gesetz, das es Gemeinden erlaubt, Nicht-Juden den Kauf oder die Anmietung eines Hauses in jüdischen Gebieten zu verbieten, wenn das israelische Militär ungestraft Journalisten tötet und die Gewalt gegen Palästinenser eskaliert, wäre es normal, dass das deutsche Außenministerium den israelischen Botschafter ausweist oder ihn zumindest zu einer Anhörung einlädt und Erklärungen für Israels Verbrechen und für das Verhalten des Botschafters selbst verlangt, der eine angesehene Wissenschaftlerin auf der Grundlage von Unwahrheiten verleumdet.
Stattdessen zeigt der symbolische Rauswurf aus dem Restaurant Café Dodo, dass die deutsche Regierung zwar weiterhin den Staat Israel trotz seiner Handlungen unterstützt, aber nicht die Wünsche der Jüdinnen und Juden in Deutschland vertritt. Über den Rauswurf von Prosor aus dem Restaurant Café Dodo berichteten die hebräischen israelischen Medien.
Avi Berg, Inhaber des Café Dodo, ist Mitglied der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost e.V. Er zog 2011 von Israel nach Berlin, nachdem er in Israel für verschiedene Menschenrechtsorganisationen gearbeitet und Jura studiert hatte. Berg sagte den NachDenkSeiten:
„In Deutschland fühle ich mich verpflichtet, die zionistische Propaganda und den manipulativen Druck zu bekämpfen, den Israel zusammen mit zionistischen jüdischen Organisationen in Deutschland ausübt, indem sie behaupten, jede Kritik an Israel sei antisemitisch. Der Bundestagsbeschluss gegen BDS [von 2019] und die darauffolgenden Ereignisse in Deutschland und speziell in Berlin zeigen eine gefährliche Verschlechterung, die jedem schadet, der kritisch gegenüber Israel ist. Die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit von Palästinensern und Antizionisten in Berlin ist auch eine Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit in Deutschland im Allgemeinen. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Das ist es, was mich dazu gebracht hat, gegen den Botschafter vorzugehen. Er ist keine Privatperson, seine Handlungen in diesem Bereich verursachen einen enormen Schaden.“
Titelbild: Ron Prosor via Twitter
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