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Titel: „Rente sich wer kann!“ Mit solchen Parolen wurde für die private Rente getrommelt. Die Gesamtverszinsung für private Lebensversicherungen sinkt nun zum elften Mal in Folge. Jetzt werden Krokodilstränen geweint.

Datum: 9. Januar 2006 um 17:25 Uhr
Rubrik: Finanzen und Währung, Medienkritik, Rente, Riester-Rürup-Täuschung, Privatrente
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Im Gegensatz zu den großspurigen Versprechen der Versicherungswirtschaft, wonach nur noch die private (Zusatz-)Rente eine sichere und angemessene Altersversorgung garantiere, berichteten FAZ und BILD, dass die Gesamtverzinsung der deutschen Lebensversicherer von 7,28 im Jahre 1998 auf 4,30 % in diesem Jahr zurückgehen wird. Das lag im Wesentlichen an den hohen Verlusten auf den Aktienmärkten bis 2004. „Mancher Sparer musste zusehen, wie die für den Beginn des Ruhestands erwartete Überweisung Schritt für Schritt um viele tausend Euro verringert wurde“, schreibt die FAZ am 4.1.06.
Das belegt einmal mehr: Die kapitalgedeckte Lebensversicherung ist genauso von der ökonomischen Entwicklung abhängig, wie die umlagefinanzierte Rente und unterliegt darüber hinaus dem Risiko von Fehlspekulationen der Versicherer.

Obwohl sich der Wert der Kapitalanlagen der Versicherer durch die Kursgewinne von mehr als 25% bei den deutschen Aktien im letzten Jahr deutlich erhöht hat, wird die durchschnittliche Gesamtverzinsung der deutschen Lebensversicherer im Jahre 2006 zum elften Mal in Folge erneut auf etwa 4,30% sinken. Für 90 Millionen Lebensversicherungen mit einem Vermögenswert von 600 Milliarden Euro verringern sich damit die Auszahlungssummen weiter.
Als Grund dafür wird angeführt, dass der Großteil des Vermögens der Lebensversicherer auf den Anleihemärkten angelegt sei. Dort sind die Renditen bei der Neuanlage im vergangenen Jahr auf ein Rekordtief gefallen.

Die Gesamtverzinsung einer Lebensversicherung ergibt sich aus der sog. garantierten Verzinsung (gegenwärtig zwischen 2,75 % und 4%) addiert um die Überschussbeteiligung. Diese Überschussbeteiligung ist in den letzten Jahren um insgesamt rd. 3% gesunken. Das lag an der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung und entsprechender Verluste auf dem Aktienmarkt vor allem von 2001 bis 2004.
Das hat die Lebensversicherer veranlasst das von ihnen verwaltete Vermögen der Versicherten stärker auf den Anleihemärkten anzulegen. Die Renditen etwa bei den 10-jährigen Bundesanleihen sackten aber von über 10% in den 80er Jahren auf geschätzte 2,25 % in 2006/07 ab.

Man mag nun kritisieren, dass die Lebensversicherer die Zeichen der Zeit nicht rasch und clever genug vorausgeahnt haben und den Aktienanteil bei ihren Anlagestrategien nicht rechtzeitig mit dem Börsenboom im Jahre 2005 erhöht haben. Das gehört jedoch zum ganz normalen Risiko von Geldanlagespekulationen. Faktum ist und bleibt, dass die Alterversorgung über Lebensversicherungen eben vom Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung, d.h. entweder von der Zinsentwicklung bei Anleihen oder von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, die sich auf Dauer (mit Spekulationsausschlägen) auch in den Aktiengewinnen widerspiegelt, abhängig ist. Je prosperierender die wirtschaftliche Entwicklung, desto höher ist die Auszahlung bei der Lebensversicherung und das gilt eben auch umgekehrt, wenn die Wirtschaft stagniert.

Die kapitalgedeckte Rente ist somit in gleicher Weise von einer prosperierenden Wirtschaft abhängig wie die umlagefinanzierte. (Vgl. auch NachDenkSeiten vom 29.12.2005)

In ihrer Ausgabe vom 6.1.2005 hat nun die BILD-Zeitung aus dem FAZ-Bericht unter der Überschrift „Lebensversicherung 2006 weniger Zinsen!“ auf ihrer Seite eins zitiert.
Manche werden sich noch erinnern, dass es gerade dieses Boulevard-Blatt war, das zusammen mit der Allianz und der Dresdener Bank unter der Balkenüberschrift „Rente sich wer kann!“ mit ganzseitigen Anzeigen für die private Altersvorsorge trommelte und die gesetzliche Rentenversicherung als Auslaufmodell darstellte. „Wer nur mit der gesetzlichen Rente rechnen kann, sieht später alt aus“, wurden Ängste geschürt.

In einem BILD-Kommentar derselben Ausgabe darf nun ein Kommentator namens Willi Schmitt unter der Überschrift „Geschäftemacherei auf unsere Kosten“ in der üblichen populistischen Art auf die Versicherungskonzerne einprügeln: „Nun werden Millionen Deutsche bei ihrer Lebensversicherung für blöd verkauft…Börse brummt, Zins leicht nach oben, da müsste doch wieder mehr raus springen …Ätsch, bätsch , hören wir…:Auch in diesem Jahr 2006 wird die Rendite schrumpfen. Das ist Geschäftemacherei, auf unsere Kosten. Der Götze Gewinn, um jeden Preis. Auch um den Preis des Anstands.“ Anständig wäre es gewesen, wenn BILD zugegeben hätte, dass diese Zeitung selbst die Menschen hinters Licht führt, wenn sie die gesetzliche Rente niedermacht und den Leuten die private Altersvorsorge als Lösung aller Probleme anpreist. Jetzt aber die Chefs der Versichercherungskonzerne anzuprangern, heißt Mitgefühl für die vorher in die Irre geführten Leser vorzutäuschen, denen man vorher eine private Lebensversicherung aufgeschwatzt hatte.
Die BILD-Zeitung weint mal wieder „Krokodilstränen“ und eine alte Legende besagt, dass Krokodile weinen, um ihre Opfer anzulocken um sie dann zu verschlingen. Denn morgen lesen wir sicher schon wieder, dass alles Heil von der privaten Rentenversicherung kommt.

Hinweis: Der Bericht der FAZ „Überschussbeteiligungen sinken weiter“ ist nur gegen eine Gebühr herunter zu laden.


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