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- Meister der Doppelmoral
Die Bundesregierung erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland wegen der Aussetzung des Getreidedeals mit der Ukraine. Dass Moskau sich seit Wochenbeginn nicht mehr an das Abkommen halte, das ukrainische Getreideexporte über das Schwarze Meer ermöglicht hat, zeige, dass Präsident Wladimir Putin „erneut Hunger als Waffe gegen die ganze Welt“ einsetze, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock am Montag. Zwar gefährden ausbleibende Getreidelieferungen aus der Ukraine – wie schon die kriegsbedingten Einbrüche bei der ukrainischen Ernte – die ohnehin prekäre Versorgung insbesondere ärmerer Länder mit Nahrungsmitteln zusätzlich. Das gilt allerdings auch für die Sanktionen des Westens, die Getreide- und Düngemittelexporte aus Russland behindern – zu Lasten des Globalen Südens. Die EU ist zwar ohne weiteres fähig, russische Ausfuhren zu ermöglichen, die sie selbst benötigt – etwa Kernbrennstoffe und Nickel –, unterlässt dies aber bei denjenigen russischen Exporten, die ärmere Staaten dringend brauchen. Im vergangenen Jahr kauften die EU-Staaten, im Sanktionsrausch auf russisches Pipelinegas verzichtend, Ländern wie Pakistan Flüssiggas weg und trieben sie damit in bittere Krisen.
Quelle: German Foreign Policy
dazu: »Hunger als Waffe«
Die grüne deutsche Außenministerin hat den russischen Präsidenten am Montag vor laufenden Kameras aufgefordert: »Unterlassen Sie es, Hunger als Waffe einzusetzen!«
Frau Baerbock bezog sich damit auf das am Montag ausgelaufene Schwarzmeer-Abkommen vom 22. Juli 2022, das die ungehinderte, jedoch kontrollierte Passage von Schiffen mit ukrainischen und russischen Handelsgütern durch das Schwarze Meer regelte. Ziel der Vereinbarung war in erster Linie die Ausfuhr von Agrar-Produkten.
Nach der üblichen Lesart in den weitgehend gleichgeschalteten Medien des »Werte-Westens« wird die Vereinbarung, die unter Vermittlung der UNO und der Türkei durch Vertreter Rußlands und der Ukraine unterzeichnet worden war, allerdings lediglich »Getreideabkommen« genannt, eine »für die weltweite Nahrungsmittelversorgung bedeutende Vereinbarung« (ARD-Tagesschau vom 17.7.23, 20 Uhr). Das Narrativ lautet, es gehe um die Ausfuhr ukrainischen Getreides, mit dem die Hungerkrise in den ärmeren Ländern bekämpft werden soll.
Tatsächlich regelt das Abkommen die Passage ukrainischer und russischer Exporte, die für die Nahrungsmittelversorgung und die Landwirtschaft von Bedeutung sind. Darin eingeschlossen waren auch Transporte russischer Düngemittel – Rußland ist weltweit der größte Produzent – über das Schwarze Meer. Laut der Vereinbarung sollten diese Exporte »durch die Aufhebung von Sanktionen erleichtert werden« (Tagesschau vom 22.7.2022). Das ist jedoch nicht geschehen. Russische Exporte werden weiterhin durch Sanktionen behindert, wodurch Zahlungsverkehr, Versicherungen und Logistik weitgehend unmöglich gemacht werden. Fehlende Düngemittel sind eine der Ursachen für die wachsende Hungerkrise in der Welt. Frau Baerbock sollte sich also fragen lassen, WER hier den Hunger als Waffe einsetzt.
Quelle: Uli Brockmeyer in Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
dazu auch: Ukraine-Krieg überschattet Lateinamerika-Gipfel
Der Lateinamerika-Gipfel in Brüssel wird vom Ukraine-Krieg überschattet. Brasilien, Nicaragua und Kuba widersetzen sich den EU-Wünschen nach einer Verurteilung Russlands.
Schon im Vorfeld des zweitägigen Treffens hatten die Gäste aus Lateinamerika und der Karibik sich geweigert, eine von der EU vorbereitete Erklärung zum Ukraine-Krieg abzusegnen.
Zu Beginn des Gipfels erklärte dann Brasilien, dass der Krieg zwar ein wichtiges Thema sei, man sich aber auf die bilateralen Beziehungen konzentrieren wolle – etwa das Mercosur-Freihandelsabkommen.
Der Mercosur-Deal wird aber erst für das Jahresende erwartet. Und so rückte dann doch wieder der Krieg in den Fokus – mit dem Angriff der Ukraine auf die Krim-Brücke und dem russischen Stopp des Getreidedeals.
Die EUropäer wollen die jüngste Eskalation nutzen, um ihren Gästen doch noch eine Verurteilung Russlands abzuringen. Dem widersetzen sich jedoch vor allem Nicaragua und Kuba.
Ergebnis: Am Montag gab es keine Einigung auf eine gemeinsame Erklärung, dafür aber viel böses Blut. Einige Diplomaten beschuldigten Nicaragua und Kuba, von Moskau „ferngesteuert“ zu sein.
Umgekehrt heißt es bei den Gästen, die EUropäer wollten der ganzen Welt ihre Sicht auf die Ukraine und Russland aufdrängen – und ihre eigene koloniale Vergangenheit vergessen machen.
Quelle: Lost in Europe
- Völkerrechtsbruch ist Völkerrechtsbruch
Der Kommentar des Bundeskanzlers kam so lapidar daher, dass er leicht überhört werden konnte. Nach der Ankündigung der USA, der Ukraine Streumunition zur Verfügung zu stellen, ließ Bundeskanzler Olaf Scholz verlauten, er wolle dies nicht bewerten, es handle sich um eine souveräne Entscheidung der USA.
Mit diesem einen Satz stellt der Bundeskanzler einen zentralen Punkt der internationalen Streubomben-Konvention in Frage, die 2010 in Kraft trat. Raushalten ist nämlich nicht vorgesehen in diesem für Deutschland als Unterzeichnerstaat verbindlichen Abkommen.
In dem völkerrechtlichen Vertrag heißt es, einsehbar auf der Website des Auswärtiges Amts: „Jeder Vertragsstaat notifiziert den Regierungen aller Staaten, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, seine Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen, fördert die Normen, die darin niedergelegt sind, und bemüht sich nach besten Kräften, Staaten, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, vom Einsatz von Streumunition abzubringen.“
Quelle: medico
- Deutsche China-Strategie: Zwischen Größenwahn und kolonialem Phantomschmerz
Das heutige China ist nicht mehr das Land von 1905, aus dem man sich mit deutschen Kanonenbooten ein Stück herausreißen konnte. Mehr als hundert Jahre müssten eigentlich reichen, um den Unterschied zu erkennen. Aber alte Vorurteile sitzen oft tief. (…)
Mit einem realistischen Blick hat es das Papier nicht so, das zeigt sich auch bei der Darstellung vermeintlicher eigener Stärken:
“Ein gestärkter und krisenfester Binnenmarkt, ein exzellentes Bildungs- und Wissenschaftssystem, ein funktionierendes System der Fachkräftesicherung, ein innovationsfreundliches Umfeld mit Investitionen in Forschung und Entwicklung, eine leistungsfähige Infrastruktur und effiziente Verwaltung werden uns auf die Zukunft vorbereiten – nicht nur im wirtschaftlichen Wettbewerb mit China.”
Die meisten Deutschen würden auf diese Beschreibung mit der sofortigen Bitte um Zusendung der Adresse reagieren. “Ein exzellentes Bildungs- und Wissenschaftssystem”. “Leistungsfähige Infrastruktur”. Man soll nicht sagen, die Autoren im Auswärtigen Amt besäßen keinen Humor. Auf jeden Fall haben sie die Deutsche Bahn in den letzten zwanzig Jahren nicht benutzt.
Diese Wahrnehmung ist natürlich in Bezug auf China genauso verzerrt. Denn das ist keine Selbstbeschreibung:
“Unerwünschte Meinungen werden zensiert, Kritikerinnen und Kritiker werden verfolgt, der Zugang zum freien Internet und vielen internationalen Medien ist gesperrt, eine freie Berichterstattung findet nicht statt.”
Manchmal wird es wirklich heiter:
“Wir streben an, den Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Frauen als Querschnittsthema in unseren Beziehungen zu China zu verankern.”
Schon 2018 wurde gemeldet, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen in China bei 38 Prozent liegt ‒ Deutschland schafft gerade mal 29,2 Prozent. Wer sollte also wem gegenüber die “Beteiligung von Frauen” fördern?
Quelle: Dagmar Henn in RT DE
Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Deutschland gibt sich erstmals eine umfassende China-Strategie mit einer Anmerkung.
dazu: Sack Kartoffeln
Was China angeht, genügt eine Zahl: 2022 setzte die Bundesrepublik 1,564 Billionen Euro im Außenhandel um, fast 300 Milliarden Euro davon entfielen auf die Volksrepublik, das war eine Steigerung von 21 Prozent im Vergleich zu 2021. Mit den USA wurden 2022 mehr als 250 Milliarden umgesetzt. Industrieverbände, Autokonzerne oder BASF waren also froh, als am Donnerstag das ursprünglich für Februar angekündigte Dokument veröffentlicht wurde. Die Moralfraktion der deutschen Außenpolitik war proportional dazu unzufrieden. Eine Tibetinitiative, die für die Wiederrichtung der Sklavenhalterei des Dalai Lamas eintritt, klagte, Olaf Scholz habe »die China-Strategie weichgespült«. (…)
Das deutsche Papier enthält sich scharfer Töne. Man spricht sanft, der dicke Knüppel, der bei eingefleischten Herrenvölkern stets dabei ist, taucht nur als Schatten auf. Der Tenor lautet: Wir mögen euch nicht, können euch aber vorläufig nicht so überfallen, wie wir es gewohnt sind. Zur Rechtfertigung fürs Windelweiche werden die globalen Probleme herangezogen, bei deren Lösung die Volksrepublik mithelfen soll. Im Politbürokratensprech: Statt »Entkopplung«, die ohnehin nicht stattfindet – siehe Außenhandelsstatistik –, sollen die Risiken im Handel mit der ökonomischen Weltmacht vermindert werden. Ist nicht ganz einfach, wenn mehr als 90 Prozent der seltenen Metalle und zwei Drittel aller Mobiltelefone in der Bundesrepublik von dort bezogen werden. Wer keinen Klartext sprechen mag, der eiert. Also mäandert das Papier zwischen »illegalem Wildtierhandel« und Quantencomputing, bei dem die hiesigen Strategen doch zu gern im Fernen Osten etwas abgucken möchten.
Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
dazu auch: Chinesischer Aussenminister drängt Deutschland zur Formulierung einer rationalen, pragmatischen China-Politik
(Eigene Übersetzung)
Das chinesische Außenministerium kritisierte am Freitag die deutsche “China-Strategie” und erklärte, es sei kontraproduktiv und riskant, “De-Risking” und “Verringerung der Abhängigkeit” als Vorwand für Wettbewerb, Protektionismus und die Politisierung der normalen Zusammenarbeit mit einem überdehnten nationalen Sicherheitskonzept zu nutzen.
Analysten und Branchenkenner wiesen auch darauf hin, dass “De-Risking” der bilateralen Zusammenarbeit sicher nicht förderlich ist. Die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland ist eine Win-Win-Situation und sollte nicht behindert werden.
Deutschland hat am Donnerstag seine erste umfassende “China-Strategie” verabschiedet, in der China gleichzeitig als Partner, Konkurrent und Systemrivale gesehen wird. […]
Das chinesische Außenministerium erklärte daraufhin am Freitag, dass das Ziehen von Grenzen auf der Grundlage von Werten und Ideologien und das Eintreten für den Wettbewerb zwischen Systemen, Interessen und Werten dem aktuellen globalen Trend zuwiderlaufe und die Spaltung der Welt nur verschärfen werde. […]
Viele der Herausforderungen und Probleme, mit denen Deutschland heute konfrontiert ist, sind nicht von China verursacht worden, erklärte die chinesische Botschaft in Deutschland in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung.
Quelle: Global Times
- Die USA sind nicht mehr in der Lage, eine mafiöse, auf Regeln basierende Ordnung” aufrechtzuerhalten
(Eigene Übersetzung)
Was genau ist die regelbasierte Ordnung, der am häufigsten verwendete Begriff in der US-Diplomatie? Er wurde nie genau definiert, bis ein kürzlich aufgetauchter Tweet sein wahres mafiöses Wesen enthüllte.
Nury Vittachi, ein in Sri Lanka geborener und in Hongkong lebender, erfahrener Journalist, hat am Montag 10 Definitionen der regelbasierten Ordnung niedergeschrieben, darunter: Die USA regieren die Welt; die USA machen alle Regeln; niemand kann wissen, was die Regeln sind, sondern nur, dass es sie gibt; die USA sind für die Flexibilität zuständig, die durch die Nichtexistenz der Regeln entsteht; alternative Regeln des Regierens, die erfolgreich funktionieren (vgl. China, Singapur), müssen immer als “Autoritarismus” verspottet werden; die unfaire globale Dominanz der 13-prozentigen westlichen Minderheit (vgl. Totalitarismus) muss immer als “Demokratie” bezeichnet werden.
Zumindest zwei Punkte lassen sich aus den Definitionen herauslesen. Erstens weiß außer den USA niemand, was die regelbasierte Ordnung ist und wie sie formuliert wird. Washington hat es bewusst vermieden, eine detaillierte Erklärung abzugeben, da vage Regeln den USA mehr Spielraum bieten, sie nach eigenem Gutdünken auszulegen. Zweitens haben die übermäßig egozentrischen hegemonialen Praktiken der USA seit langem Unzufriedenheit unter vielen Ländern und Einzelpersonen weltweit hervorgerufen. Diese weit verbreitete Unzufriedenheit hat sich an diesem Tweet entzündet, der viel Zuspruch und unterstützende Kommentare erhielt. […]
Die regelbasierte Ordnung unterdrückt alles, was die Hegemonie der USA in Frage stellt, wie etwa den Aufstieg Chinas. Folglich glauben die USA, dass es “gerecht” ist, einseitige Sanktionen oder Exportkontrollen gegen China zu verhängen. Als China jedoch eigene Ausfuhrkontrollvorschriften für Gallium und Germanium einführte, warf Karin Jean-Pierre, eine Sprecherin des Weißen Hauses, China vor, über die Wirtschaft Druck auszuüben, und unterstellte ihm, dies sei kein faires Spiel.
Quelle: Global Times
dazu auch: Lawrow: USA versuchen, nukleare Strukturen in Asien zu schaffen
(Eigene Übersetzung)
Australien, Neuseeland, Japan und Südkorea sind Länder, in denen Washington und die NATO Atomwaffen stationieren wollen, so der russische Diplomat. […]
Während des Treffens zwischen Russland und den Ländern des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN), das in der indonesischen Hauptstadt Jakarta stattfindet, stellte Lawrow fest, dass Washington und die Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO) beabsichtigen, nukleare Infrastrukturen in verbündeten Ländern zu errichten, die keine Atomwaffen besitzen. […]
Lawrow erwähnte auch, dass Japan und Südkorea Washington entgegengekommen seien, indem sie den US-Militärstützpunkten auf ihrem Territorium erlaubt hätten, Atomwaffen zu beherbergen.
“Jetzt versucht die NATO, ihre militärische Infrastruktur in diese Region zu verlegen, einschließlich der Länder, die zur Teilnahme an den Gipfeltreffen in Madrid und Vilnius eingeladen waren, nämlich Australien, Neuseeland, Japan und Südkorea. Die beiden letztgenannten Länder haben signalisiert, dass sie nichts dagegen hätten, US-Atomwaffen zu stationieren oder ihre eigenen zu besitzen”, sagte Lawrow.
Quelle: Telesur
- Teurer Lebensabend
Kosten für Unterbringung in Pflegeeinrichtungen steigen weiter. Dividenden von Aktionären privater Seniorenheime kein Thema.
Die Zuzahlungen für die Unterbringung in Pflegeheimen steigen rasant: Nach einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) lagen sie am 1. Juli im Bundesdurchschnitt bei 2.548 Euro monatlich – wohlgemerkt nicht die Gesamtkosten, sondern der Anteil, den die im Heim untergebrachten Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen aufbringen müssen. Der Anstieg zum Vorjahresmonat betrug 348 Euro. Der Teil für Unterkunft und Verpflegung lag im Schnitt bei 888 Euro, nach 814 Euro vor einem Jahr. Je nach Bundesland sind die Unterschiede erheblich. So kostet die Pflege in Baden-Württemberg im ersten Jahr eines Heimaufenthaltes durchschnittlich 2.913 Euro monatlich, in Sachsen-Anhalt 1.994 Euro. Obwohl die Bundesregierung zwischenzeitlich »Entlastungszuschläge« einführte, konnte der Preisanstieg nicht gebremst werden. Der VDEK nennt als Hauptursachen für die erhöhte Belastung steigende Löhne der Pflegekräfte sowie höhere Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Unerwähnt bleibt, dass Pflegeheime seit vielen Jahren zum großen Teil in privater Hand sind und satte Gewinne abwerfen. Dass die Betreiber, oft »Seniorenresidenzen« oder »Seniorenstifte«, in Zeiten der Inflation ihre Profiterwartung einschränken würden, kann als unrealistisch betrachtet werden. Die Pflegeversicherung trägt nur einen Teil der Kosten für Pflege und Betreuung. Komplett selbst zahlen die Bewohner der Einrichtungen die Aufwendungen für Unterbringung, Verpflegung und nötige Investitionen. Die aus Steuergeld aufgebrachten Entlastungszuschläge mindern die durchschnittlichen Gesamtzuzahlungen lediglich um 62 Euro. Allein für die Pflegekosten müssen Heimbewohner inzwischen selbst im Durchschnitt 1.245 Euro im Monat aufbringen. Kostenmindernd soll ein Zuschlag wirken, den die Pflegekasse seit 2022 zahlt und der mit jedem Jahr der Aufenthaltsdauer in der Einrichtung steigt. Im ersten Jahr der Unterbringung werden die Pflegekosten um fünf Prozent, im zweiten um 25, im dritten um 45, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent reduziert. Ab dem 1. Januar 2024 werden diese Werte nach dem Ende Mai verabschiedeten »Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz« (PUEG) auf 15 Prozent im ersten, 30 im zweiten, 50 im dritten und 75 Prozent ab dem vierten Jahr im Heim steigen. Da allerdings viele Pflegebedürftige erst hochbetagt in solche Einrichtungen umziehen, erreichen nicht viele mehrere Jahre im Heim.
Quelle: junge Welt
- Albanien will das deutsche Gesundheitswesen nicht mehr finanzieren
Deutschland ist das Traumziel vieler Ärzte vom Westbalkan. Albanien schiebt dem Exodus nun einen Riegel vor. Denn er gefährdet das eigene Gesundheitssystem. […]
Um die Abwanderung nach Deutschland zu stoppen, die zu gravierenden Engpässen in der angeschlagenen Gesundheitsversorgung des Landes führt, hat der albanische Ministerpräsident nun nachgelegt.
Seit voriger Woche berät das Parlament ein Gesetz, nach dem ausgebildete Ärzte ihr Diplom erst ausgehändigt bekommen, wenn sie 5 Jahre lang am heimischen Patienten gearbeitet haben. Das soll eine frühzeitige Abwanderung unterbinden. Das Gesetz soll am 20. Juli im Eilverfahren beschlossen werden, berichten lokale Medien. Dass Rama die Stimmen dafür bekommt, bezweifelt niemand.
Das albanische Volk zahle keine Steuern für die Ausbildung von Ärzten, die „am ersten Tag nach dem Examen abreisen“, begründete Rama die Änderung. Die Regel betrifft auch jene, die schon Medizin studieren.
Quelle: FAZ
- Klima, Krise, Krieg: Der Konsens bröckelt
In Brüssel beginnt langsam aber sicher die Sommerpause. Sie steht im Zeichen von Klima, Krise und Krieg. Die Bilanz der letzten Monate sieht nicht toll aus: Der Konsens bröckelt auf allen Ebenen.
Der EU-Gipfel konnte sich nicht auf eine Erklärung zur Migrationspolitik einigen. Die Flüchtlingskrise spitzt sich immer mehr zu.
Der Nato-Gipfel konnte sich nicht auf einen Fahrplan für den Ukraine-Beitritt einigen. Die EUropäer zogen nicht an einem Strang, der Krieg in Europa eskaliert immer weiter. Das Europaparlament konnte sich nicht auf eine Position zum Naturschutz einigen (es hat schließlich den Standpunkt des Rats übernommen und ihn noch mehr verwässert). Die EU-Finanzminister können sich nicht auf eine Reform des Stabilitätspakts einigen. Nun streiten sie auch über eine Aufstockung des Budgets – der EU geht das Geld aus.
Auch in den EU-Ländern bröckelt der Konsens. Nach Italien, Schweden, Finnland und Griechenland könnte bald auch noch Spanien von Rechten regiert werden. Das Ganze spielt sich vor dem Hintergrund von Rezession und Inflation ab. Viele EUropäer müssen ihr Geld zusammenhalten; sie können sich keinen Urlaub leisten. Doch davon redet man in Brüssel nicht so gern, schon gar nicht vor der Sommerpause. Hier wird sogar noch das endlose Gemetzel in der Ukraine als Erfolg verkauft.
Quelle: Lost in Europe
- Zwischen Party und Elend
Libanon: Vielerorts ist die Stimmung trotz mehrfacher Krisen gut. Gleichzeitig grassiert Armut, insbesondere Geflüchtete sind betroffen.
Die Flugzeuge sind voll, das Tourismusministerium erwartet mehr als zwei Millionen Besucher in diesem Sommer im Libanon. Mehr kamen nur im Sommer 2018, als 2,8 Millionen gezählt wurden. Das war kurz vor der schweren Finanzkrise, die im Oktober 2018 Dreiviertel der Libanesen in Armut stürzte und um ihre Ersparnisse brachte. Die Weltbank spricht von der schwersten Finanzkrise eines Landes in mehr als 100 Jahren, doch irgendwie geht das Leben im Libanon weiter. Imad Salamey, Politikwissenschaftler an der Amerikanischen Universität in Beirut, vermutet gegenüber der Tageszeitung L’Orient-Le Jour, dass die Menschen nicht mit einem bewaffneten Konflikt mit Israel rechneten. Die von China vermittelte Versöhnung zwischen Iran und Saudi-Arabien verspreche mehr Stabilität in der Region. »Wir erleben eine Phase der Deeskalation«, so Salamey. Das beruhige die Libanesen im Ausland, die ihre Familien in der Heimat besuchen wollten. Viele sparen das ganze Jahr über, um den Sommer mit ihren Angehörigen im Libanon zu verbringen, das Tourismusministerium rechnet mit Einnahmen von mehr als zehn Milliarden US-Dollar durch die Besucher. Die Stimmung in Restaurants, Hotels und am Strand ist ausgelassen, die familiäre Wiedersehensfreude ist groß. Doch nicht alle haben das Glück, von wohlhabenden Angehörigen aus dem Ausland besucht zu werden. Viele wissen vor Geldnot oft nicht mehr weiter.
Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt
- Ab in die Wüste
Die EU belohnt die Deportation von Flüchtlingen durch tunesische Behörden in die Wüste und sagt Tunis Finanzhilfen im Wert von weit mehr als einer Milliarde Euro zu. Dies ist das Ergebnis eines Treffens von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie den Ministerpräsidentinnen Italiens, Giorgia Meloni, und der Niederlande, Mark Rutte, mit Tunesiens Präsident Kaïs Saïed am Sonntag in Tunis. Laut einer Übereinkunft, die beide Seiten unterzeichneten, stellt Brüssel Tunis unter anderem 105 Millionen Euro zur Flüchtlingsabwehr sowie Kredite von 900 Millionen Euro zur Verfügung, wenn Tunesien als Gegenleistung Flüchtlinge aus Europa fernhält. Während die EU und die tunesische Regierung in den vergangenen Wochen das Papier erarbeiteten, das Brüssel zufolge als Grundlage für eine „umfassende strategische Partnerschaft“ dienen soll, deportierten die tunesischen Behörden mehrere hundert Flüchtlinge in ein Wüstengebiet und setzten sie dort schutzlos aus. Die EU reagiert mit der Zusage der Finanzhilfen und macht sich damit, wie Amnesty International konstatiert, zur „Komplizin“ bei künftigen Verbrechen. Weitere Abkommen mit nordafrikanischen Staaten sollen folgen.
Quelle: German Foreign Policy
- Krankenschwestern in Texas und Kansas streiken für ihren ersten Vertrag
(Eigene Übersetzung)
Bei nassem Wetter in Wichita, Kansas, und sengender Hitze in Austin, Texas, traten am 27. Juni Hunderte von Krankenschwestern und -pflegern in einem eintägigen Streik für sichere Personalausstattung und Patientensicherheit in den Ausstand. Fast 2.000 Krankenschwestern, die von National Nurses United (NNU) vertreten werden, legten die Arbeit nieder.
Sie versuchen, das Unternehmen zu Verhandlungen zu bewegen, nachdem sie im letzten Jahr an den drei bestreikten Standorten Gewerkschaftswahlen gewonnen hatten: Die beiden Standorte von Ascension in Wichita und das große Ascension Seton Medical Center in Austin, wo 900 Krankenschwestern arbeiten… “Wir wissen, dass Ascension das Geld hat, um in die Krankenhäuser und die Patientenversorgung zu investieren, und sie entscheiden sich, das nicht zu tun”.
Ascension wird wie ein gewinnorientiertes Unternehmen geführt, obwohl es eigentlich gemeinnützig sein sollte”, sagte Marvin Ruckle, Krankenpfleger an Christi St. Joseph in Wichita, der seit 1989 für Ascension arbeitet.
Quelle: Popular Resistance
dazu auch: Medizinisches Personal in Südkorea bereitet sich auf landesweiten Streik vor
(Eigene Übersetzung)
Die koreanische Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheitswesen und in der medizinischen Versorgung bereitet sich auf einen landesweiten Streik ab dem 13. Juli vor, da die Regierung weiterhin Beschwerden über die Personalausstattung und die Bezahlung ignoriert.
Die Gewerkschaft rechnet damit, dass sich rund 45.000 Beschäftigte des Gesundheitswesens in 145 Betrieben an dem Streik beteiligen werden.
Die Korean Health and Medical Workers’ Union (KHMU) hat für Donnerstag, den 13. Juli, einen landesweiten Streik angekündigt, falls die Regierung nicht auf ihre Forderungen eingeht. […]
Die KHMU hat sieben Forderungen an die Regierung aufgestellt, die sie erfüllen muss. Die wichtigsten davon sind die Aufstockung des medizinischen und pflegerischen Personals und die Gewährleistung einer angemessenen Entschädigung für die Beschäftigten im Gesundheitswesen, die während der COVID-19-Pandemie ihr Leben riskiert haben. Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft die Festschreibung eines Verhältnisses von 1:5 zwischen Krankenschwestern und Patienten sowie einen konkreten Arbeitsplan für die Gesundheitseinrichtungen, die zuvor als COVID-19-Zentren genutzt wurden.
Sollte bis Donnerstag keine Einigung erzielt werden, werden die Beschäftigten des Gesundheitswesens zum ersten Mal seit 2004 streiken, als sie sich für eine 5-Tage-Woche einsetzten.
Quelle: Popular Resistance
- Sinkende Grundwasserspiegel: Trockenheit bedroht Wasser-Wärmepumpen
Die Wärmepumpe ist ein zentrales Element der Energiewende. Doch die zunehmende Trockenheit könnte einen besonderen Typ von Wärmepumpen unbrauchbar machen.
Heizungsinstallateur Michael Mönner aus München wollte seinen Firmensitz zum Musterbeispiel für Energieeffizienz machen. Vor 13 Jahren ließ er dort eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe installieren. Anders als Wärmepumpen, die mit Hilfe der Umgebungsluft heizen, nutzen diese Geräte Wärme aus dem Grundwasser; sie gelten als besonders effizient.
Möller bohrte damals rund 15 Meter tief. Doch im vergangenen Winter fiel die Pumpe plötzlich aus – und damit auch seine Heizung. Wo vorher Grundwasser war, sei “jetzt gar nichts mehr da”. Der Pegel sei um fast zwei Meter abgesunken.
Quelle: tagesschau
- Jan Marsalek meldet sich mit einer Botschaft beim Gericht
Nach dem Zusammenbruch von Wirecard gelang dem Ex-Vorstand Jan Marsalek eine spektakuläre Flucht. Seitdem wurde spekuliert, ob er überhaupt noch lebt. Jetzt hat er über seinen Anwalt eine Erklärung abgegeben. Darin äußert er sich zum Prozessverlauf – und belastet einen Ex-Kollegen.
Seit einigen Monaten bereits wird am Landgericht München I in Sachen Wirecard verhandelt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Vorstandschef Markus Braun sowie zwei weiteren Führungskräften unter anderem bandenmäßigen Betrug vor.
Eine Person aber fehlt: der mutmaßliche Haupttäter Jan Marsalek. Seit aufflog, dass Wirecards Treuhandkonten, auf denen zuletzt zwei Milliarden Euro gelegen haben sollten, gar nicht existierten und das Unternehmen daraufhin zusammenbrach, ist Marsalek auf der Flucht. Nun hat er sich über seinen Verteidiger schriftlich an das Landgericht München gewendet und zum Verfahrensverlauf Stellung genommen. […]
Nach Informationen der WirtschaftsWoche ist Marsalek in dem Schriftstück nicht konkret auf gegen ihn erhobene Vorwürfe eingegangen. Allerdings hat er sich wohl zum Drittpartnergeschäft des Unternehmens geäußert und soll zu verstehen gegeben haben, dass dieses – anders als von der Staatsanwaltschaft behauptet – sehr wohl existierte.
Quelle: WirtschaftsWoche
- Lobby attackiert Journalist
Augsburger Friedensfest: Veranstaltung zum Rechtsruck in Israel mit Vorwurf Antisemitismus gecancelt.
Aus Angst vor Auseinandersetzungen mit der eigenen Geschichte können bundesdeutsche Behörden und Kommunen nicht zwischen Antisemitismus und Kritik am israelischen Staat unterscheiden. Leichter ist es, präventiv mit der Antisemitismuskeule um sich zu schlagen und hart gegen vermeintlichen »importierten Antisemitismus« und »Antisemitismus von links« vorzugehen. Im Rahmen des Augsburger Friedensfestes war am 25. Juli ein Vortrag zum Thema »Rechtsruck in Israel: Gibt es noch Chancen für den Friedensprozess?« geplant. Halten sollte ihn junge Welt-Autor Jakob Reimann. Doch dazu wird es nicht kommen. Grund dafür ist eine Hetzkampagne gegen Reimann, die die Augsburger Friedensinitiative zum »Verschieben« des Vortrags bis spätestens zum 15. Oktober veranlasste. […]
Immer wieder komme es zu solchen Cancelling-Fällen für Meinungen, die von Menschenrechtsorganisationen genauso vertreten würden. »Die mediale Hysterie, die die Ankündigung meines Vortrags ausgelöst hat, zeigt einmal mehr die Unmöglichkeit auf, in diesem Land eine vernünftige Debatte zum Nahostkonflikt zu führen«, äußerte sich Reimann am Donnerstag im jW-Gespräch.
Quelle: junge Welt
- Letzte Generation mit Klima-Protesten im ganzen Land – wie “rechtsstaatlich” geht der Staat vor?
Seit geraumer Zeit wird die Klimabewegung „Letzte Generation“ für ihre Protestaktionen nicht nur medial als „terroristisch“ und „kriminell“ bezeichnet, sondern für ihren Aktivismus auch mit hohen Strafen belegt. Nun wurde in Berlin erstmals versucht, ein Mitglied der Organisation in einem Schnellverfahren abzuurteilen. Dies scheiterte noch an der mangelnden Beweislage. Was sich aber immer deutlicher abzeichnet, ist die öffentliche Untergrabung der hochgepriesenen „Rechtsstaatlichkeit“ durch politisch motivierte und politisch geführte Strafverfahren. […]
Dass die Strategie der letzten Generation kaum dafür geeignet ist, einen Zusammenschluss der Arbeiter:innen herbeizuführen, damit sie sich gemeinsam gegen das zerstörerische kapitalistische System richten, ist bereits bei Perspektive dargelegt worden.
Zugleich lässt sich daran, wie der bürgerliche Staat in Deutschland zunehmend auch mit harmlosen Klimaaktivist:innen umgeht, ansehnlich aufzeigen, wie realitätsfern der bürgerliche Mythos vom „Rechtsstaat“ tatsächlich ist.
Quelle: Perspektive
- Unter keinen Umständen werden wir arme Länder für Klimaschäden zu entschädigen
(Eigene Übersetzung)
John Kerry, der Klimabeauftragte von US-Präsident Joe Biden, machte bei einer Anhörung im Kongress deutlich, dass Washington nicht die Absicht hat, verarmte Länder für die Zerstörung zu entschädigen, die der durch fossile Brennstoffe verursachte Klimanotstand angerichtet hat, obwohl es eine überragende Rolle bei seiner Entstehung spielt und ihn weiter beschleunigt.
Während des COP27-Gipfels der Vereinten Nationen, der letztes Jahr in Ägypten stattfand, einigten sich die Delegierten auf die Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste”, über den die reichen Länder den armen Ländern finanzielle Mittel zur Verfügung stellen können, um zur Deckung der eskalierenden Kosten extremer Wetterkatastrophen beizutragen, die aufgrund der ungebremsten Verschmutzung durch Treibhausgase (THG) immer häufiger und intensiver werden. Obwohl die Entwicklungsländer und die niedrig gelegenen Länder am wenigsten für die Verursachung der Klimakrise verantwortlich sind, leiden sie unverhältnismäßig stark unter den tödlichen Folgen und bleiben am anfälligsten für zukünftige Auswirkungen.
Auf die Frage des Abgeordneten Brian Mast (R-Fla.), Vorsitzender des Unterausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses, ob die USA Gelder für förderungswürdige Länder bereitstellen würden, die von immer häufigeren und schwereren Dürren, Stürmen, Überschwemmungen und anderen durch den Klimawandel verursachten Katastrophen betroffen sind, wies Kerry diese Idee entschieden zurück.
“Nein, unter keinen Umständen”, sagte Kerry.
Quelle: Popular Resistance