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Titel: Boeckler-Stiftung: Frauen haben schlechte Chancen an der Uni
Datum: 2. Januar 2006 um 17:09 Uhr
Rubrik: Gleichstellung, Hochschulen und Wissenschaft
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Nach dem WSI-FrauenDatenReport2005 steigt die Zahl der Studentinnen seit den 70er Jahren stetig. Frauen stellen knapp die Hälfte der Erstsemester. Allerdings erreichen nur wenige Frauen eine Hochschullehrerkarriere, auf gerade mal 9,2 Prozent der C4-Lehrstühle sitzen Professorinnen.
Laut Böckler-Impuls 20/2005 haben die Frauen im ersten Semester fast gleichgezogen.
Gemessen an ihren guten Bildungserfolgen in der Schule bleibt der Anteil der Studienanfängerinnen indes leicht unterproportional: Auf 100 Studenten kommen in Deutschland 98 Studentinnen. Schaut man auf das europäische Ausland, vor allem auf die osteuropäischen EU-Neulinge, ist das sogar eine ziemlich geringe Quote. Bei den Erstsemestern kündigt sich bereits leise an, was sich im Laufe der Hochschullaufbahn verstärkt: Frauen starten mit guten oder sogar besseren Voraussetzungen als Männer. Mit zunehmender Höhe des akademischen Grades fällt ihr Anteil jedoch kontinuierlich ab, konstatiert der in Kürze erscheinende FrauenDatenReport 2005 des WSI. Hochschulkarrieren bleiben weitgehend den Männern vorbehalten.
Klassischer Anfang, typisches Ende
Ein Faktor dabei ist die Entscheidung für bestimmte Studienfächer und Abschlüsse: Die Fachbereiche Sprachen und Kulturwissenschaften sind mit 69 Prozent in Frauenhand. Zugleich wählen nur 13 Prozent aller Studentinnen Mathe und Naturwissenschaften, weniger als noch 1975. Weiterhin gering ist auch der Anteil der Frauen in den Ingenieurwissenschaften. In den Fächern Jura und Wirtschaftswissenschaften holen Frauen zwar auf, in der Medizin ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen.
Beim Studienabschluss liegen Frauen und Männer noch gleichauf, doch dann öffnet sich die Gender-Schere: Frauen entscheiden sich weit häufiger als Männer für die Lehramtsprüfung und verabschieden sich damit in der Regel von der Uni-Laufbahn.
Auf den langen Marsch zur Professorenkarriere begeben sich Akademikerinnen dagegen deutlich seltener: fast 40 Prozent der Promotionen und nur gut jede fünfte Habilitation wird von einer Frau erworben. Nicht einmal jede siebte Professur besetzt eine Frau. Bei den C4-Professuren sinkt ihr Anteil sogar unter zehn Prozent. Interessant: In südeuropäischen Ländern wie Spanien oder Portugal ist der Anteil deutlich höher. Allerdings genießt der Professorenberuf dort auch weniger Ansehen. Und er wird nicht so gut bezahlt.
Der drastische Frauen-Schwund am oberen Ende der Aufstiegsleiter hat ähnliche Ursachen wie in anderen Berufen – doch an Hochschulen sind manche Hürden besonders hoch:
Immerhin aber haben sich die Frauenanteile – offenbar auch wegen der Frauenförderung – bei den Habilitationen und bei den Professuren im vergangenen Jahrzehnt um fünf bis zehn Prozentpunkte erhöht. Verkürzte Karrierewege könnten weitere Chancen bieten: Die 2002 eingeführte Juniorprofessur soll dem wissenschaftlichen Nachwuchs früher als bisher den Weg zur Professur auf Lebenszeit ebnen. Ziel ist es auch, den Frauenanteil unter den Professuren zu steigern.
Funktioniert das? Da die Fallzahlen bei den Juniorprofessuren noch zu klein sind, ist es für ein klares Urteil noch zu früh. Positiv ist, dass bisher immerhin ein Drittel der Junior-Lehrstühle an Frauen ging. Allerdings bleibt dieser Anteil immer noch deutlich unter dem Frauenanteil bei den Promotionen.
Quelle 1: Böckler-Impuls 20/2005
Quelle 2: Grafik “Gleiche Chancen nur bis zum Studienabschluss”
Quelle 3: WSI-FrauenDatenReport2005
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
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