Heute zu folgenden Themen: Steuereinnahmen senken sich selbst; hart bleiben bei der Finanzregulierung; „Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz“; Debatte um Griechenlandhilfe; lächerlicher Beitrag der Banken; Kreditlüge; Schnitt bei Immobilienfonds; immer mehr Berufstätige brauchen Hartz IV; Automarkt bricht ein; Leiharbeits-Initiative; Thierse blockiert; Ex-BayernLB-Vorstand belastet; FH Frankfurt schert aus dem Hochschulpakt aus; Teach First. (KR/WL)
- IMK-Steuerschätzung 2010-2014. Kein Spielraum für Steuersenkungen
Die Bundesregierung hatte lange Zeit die Entscheidung über die im Koalitionsvertrag vorgesehenen weiteren Steuersenkungen vom Ergebnis der anstehenden Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzungen abhängig gemacht. Dabei wurde eigentlich schon seit längerem vermutet, dass sich kaum finanzpolitische Spielräume eröffnen würden. Zu genau diesem Ergebnis kommt auch die hier vorgelegte Steuerschätzung des IMK für die Jahre 2010 bis 2014. Die Steuereinnahmen werden in den nächsten Jahren sogar zwischen gut 6 und knapp 10 Mrd. Euro geringer ausfallen als noch in der letztjährigen Schätzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen erwartet. Damit erweist sich auch der abgespeckte Vorschlag der FDP für einen 5-Stufen-Tarif bei der Einkommensteuer als finanzpolitisch nicht zu verantworten. Im Gegenteil: Wenn die gestalterische Handlungsfähigkeit des Staates auf den traditionellen Handlungsfeldern gesichert und gleichzeitig zentrale Zukunftsinvestitionen getätigt werden sollen, dann führt an Steuererhöhungen mittelfristig kein Weg vorbei. Von Achim Truger und Dieter Teichmann.
Quelle: IMK [PDF – 328 KB]
- Kommentar zur Finanzregulierung: Hart bleiben – von Robert von Heusinger
Reguliert lieber zu viel als zu wenig. Reguliert ruhig auf nationaler Ebene, wenn auf internationaler die Lobbys zu stark sind. Jede Regulierung hilft, denn an die Segnungen effizienter Märkte glaubt heute kein Mensch mehr.
Quelle: FR
- Entwurf eines Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG)
Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 233 KB]
Anmerkung WL: Wir halten es für richtig, den Griechen bei dieser Verschuldenskrise zu helfen, aber wohlgemerkt nicht um die Kreditgeber zu retten, sondern die griechische Volkswirtschaft. Dazu sind aber die „Konditionalitäten“ für die Kreditgarantien gänzlich ungeeignet – sie stürzen Griechenland in eine tiefe Rezession und führen eher zu einer Inanspruchnahme der Garantien.
Bei der Bankenrettung war das „systemische Risiko“ der Blankettbegriff, mit dem die Staatshilfen begründet wurden. Bei Griechenland hat man nun die Formel „Wahrung der Finanzstabilität in der Währungsunion“ vorgeschoben. Letztlich spekulieren doch nur wieder einmal einige Finanzmarktakteure gegen Griechenland und damit gegen den Euro. Vor ein paar Monaten lagen die Renditen für Kredite noch im Normalbereich von 4 oder 5%, durch die Spekulationen sind sie inzwischen zweistellig – an der realen Situation hat sich nichts geändert. Sie hat sich über Jahre so entwickelt. Das aktuelle Problem ist wieder einmal die Spekulation der „Masters of the Universe“.
Wie man bei der Bankenkrise die Verluste sozialisiert hat, so sollen nun auch bei der Griechenland-Krise vor allem die kleinen Leute in Griechenland und die Steuerzahler in Europa die Bankenkredite und auch noch die Zockergewinne absichern. Und wie bei der Bankenkrise gibt es keine Anstrengungen, die eigentlichen Ursachen der Krise zu bekämpfen. Diese Untätigkeit bzw. Unfähigkeit wird mit der Formel „Wahrung der Finanzstabilität“ verdeckt. Dahinter verbirgt sich nur: Wir wollen die Kreditwirtschaft in Europa retten, aber nicht die Krise selbst bekämpfen.
- Debatte um Griechenlandhilfe
- Griechenlandhilfe: Geschenk an die Milliardäre?
Nicht dem Land, sondern den Banken, die zum Teil Milliardärsfamilien gehören, werde mit dem Hilfspaket für Griechenland geholfen, sagt Bert Flossbach. Der Vermögensverwalter war in Griechenland und hat dort mit Firmenvertretern gesprochen.
Quelle: Deutschlandfunk
- Harald Schumann: Euro-Krise – Notbremse für Spekulanten
Die von skrupellosen Finanzmanagern herbeigeführte private Überschuldung vornehmlich in den USA wurde fast vollständig auf die Staatshaushalte übertragen. Die Gläubiger, jene, die das Geld für die Fehlspekulationen bereitgestellt haben sowie die Organisatoren der Kreditblase bei den Investmentbanken, mussten dagegen keinen Cent übernehmen.
In der Folge haben nun die Krisenstaaten selbst so hohe Schulden angehäuft, dass diese ihrerseits zum Krisenherd werden. Griechenland ist nur der Anfang. Gemessen an ihren Defiziten stehen selbst die USA kaum besser da. Aber noch immer verweigern die Regierenden die Einsicht, dass bei jeder Überschuldung beide Seiten verantwortlich sind: Schuldner und Kreditgeber. Anstatt rechtzeitig mit Banken und Versicherungen, die in Athen gute „Risikoprämien“ kassieren, über die Stundung und Senkung der Schuldenlast zu verhandeln, schoben Merkel und ihre EU-Kollegen darum das Problem so lange auf, bis nun nichts anderes übrig bleibt, als erneut dreistellige Milliardenrisiken auf die Steuerzahler zu übertragen, um ein mögliches Chaos in der Euro-Zone abzuwehren. So werden Spekulanten eingeladen, auf die nächsten Freikaufprogramme zu setzen. Das kann nicht gut gehen.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung WL: Was Harald Schumann unter einem „Verfahren für eine geordnete Staatsinsolvenz“ versteht, bleibt im Dunklen. Was würde das für die Griechen bedeuten? Welcher volkswirtschaftliche Gewinn wäre daraus zu ziehen? So richtig es ist, dass auch die Kreditgeber am Risiko beteiligt werden sollten, so sehr stellt sich die Frage, was mit den Kreditnehmern geschieht. Es geht schließlich nicht um eine Firma und um ein paar Beschäftigte, die bei einer Pleite ihren Arbeitsplatz verlieren.
- Griechenland: Kein Volk von Frührentnern und Faulenzern
Tatsächlich liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit mit 41,6 Stunden deutlich über dem EU-Durchschnitt (37,4 Stunden). Die Griechen gehen auch nicht früher in Pension: Das mittlere Renteneintrittsalter liegt mit 61,4 Jahren genau im EU-Durchschnitt. In Deutschland sind es 61,7 Jahre. Die Griechen verdienen auch weniger als der durchschnittliche EU-Bürger: Das Lohnniveau liegt bei 73 Prozent, die Renten sogar nur bei 55 Prozent des EU-Durchschnitts. Jeder vierte Grieche verdient weniger als 750 Euro im Monat, jeder fünfte Haushalt lebt unterhalb der Armutsschwelle. Andererseits genossen die rund 800000 Staatsbediensteten bisher viele Privilegien – einschließlich der Möglichkeit, mit Mitte 50 in den Ruhestand zu gehen.
Quelle: FR
Anmerkung WL: Von einer Wissenschaftlerin in Griechenland erreichte uns folgender Bericht:
“I would like to draw your attention to the fact that in exchange for providing support to Greece, Angela Merkel asked and obtained from Papandreou orders for two submarines and 40 Eurofighters constructed in Germany. The former cost 1 billion euros and the latter 4 billion euros. The analogous agreement of Papandreou with Sarkozy was to buy 6 frigates from France (6 billion euros) in exchange of France’s participation to the support mechanism. The total cost of receiving credits only from France and Germany is thus 11 billion euros in military equipment. We are campaigning against that in Greece and, generally, in favour of the reduction of military expenditure.
The public debate is very advanced in our country, and ordinary people have become “experts” in economics and political science. They are thirsty to learn and understand, and know what alternatives exist (if they are any). The main topic is the part of responsibility with our economic and political elites and the part of responsibility of Europe. The debate ranges from the political system, the production model, and the architecture of the EU. Intellectuals of the left are very involved in this debate and fortunately are numerous (in Greece and abroad). We are reading a lot, writing a lot, talking a lot, demonstrating a lot and sleeping very few hours. …
New austerity measures were announced yesterday, and this was a real shock for all of us. We anticipate a great recessionary impact of the measures (fiscal effort of 9 percentage points of GDP in 2010, and 8 percentage points of GDP in 2011-2013). But the real fear is that of a downward spiral of income and output, the collapse of the production system and employment and a “debt trap”. With the further cuts in wages and bonuses in the public sector, my annual earnings will be reduced by 18% in nominal terms and by 22% in real terms (VAT was increased by 4 percentage points and inflation is expected to rise by 4% in 2010).”
Bei den Größenordnungen der Rüstungsgeschäfte dürfte es wohl um amerikanische „Billionen“, also bei uns Milliarden handeln. Es wäre interessant, wenn unsere Abgeordneten oder unsere Journalisten-Kolleginnen/en in Berlin der Verknüpfung zwischen den Rüstungsaufträgen und den Kredithilfen einmal nachgingen.
- Nicht mal ein Feigenblatt
Der versprochene Beitrag der Banken zur Hilfe für Griechenland beleidigt den ökonomischen Sachverstand der Bürger. Wie wäre es zur Abwechslung mit Ehrlichkeit? Wen wollen Union und FDP mit der fortgesetzten Behauptung überzeugen, zur staatlichen Hilfe für Griechenland gebe es keine Alternative?
Quelle: FAZ
- Münchau – Auf dem Weg in die nächste Lüge
Der Mittelmeerstaat ist vorerst gerettet. Doch die europäische Politik verschweigt der Öffentlichkeit wichtige Details der Griechenland-Hilfe.
Es droht ein neuer Skandal um die Griechenland-Beihilfen, wieder einmal als Resultat der Doppelzüngigkeit der Regierungschefs. Den Märkten wird signalisiert, dass die vereinbarten Kredite den sogenannten Junior-Status haben. Das bedeutet, dass sie im Falle einer Staatspleite Griechenlands zweitrangig bedient werden. Zuerst werden die Besitzer griechischer Staatsanleihen ausbezahlt, und wenn dann noch was übrig bleiben sollte, bekommen die europäischen Regierungen ihr Geld wieder zurück.
Quelle: FTD
- Eine neue Balance aus Vertrauen und Kontrolle
Die Lügen sollen ein Ende haben: Das Statistikamt der EU will künftig Datenquellen prüfen können.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Die beabsichtigten neuen Befugnisse für eurostat mögen ganz sinnvoll sein, nur erweckt Eurostat-Generaldirektor Walter Radermacher den Eindruck, dass seiner Behörde lange vor der jetzigen Krise die kreative Buchhaltung der Euromitglieder nicht bekannt war – sowohl zum Beitritt in die Währungsunion als auch im Rahmen des Stabilitätspaktes.
Ein schönes griechisches Beispiel, um den Schuldenstand zu schönen, welches 2001/2002 durch die Presse ging, war das Projekt Atlas, ein sinnfälliger Name. BNP Paribas, die Deutsche Bank (sic!) und zwei griechische Banken verbrieften Einnahmen, die der griechischen Regierung in der Zukunft aus dem EU-Strukturfonds zustehen würden. Das brachte dem griechischen Haushalt damals 2 Milliarden Euro. Der Witz ist doch der, dass alle Welt von solchen Tricks wußte, dass aber die verantwortlichen Politiker in der EU und in den Mitgliedssaaten aus solchen Praktiken keine Konsequenzen ziehen wollten, aber auch eurostat hätte angesichts dieser Erkenntnisse bestimmte Daten äußerst skeptisch gegenüberstehen müssen. Eine schöne Zusammenstellung zu solchen Tricksereien bietet dieser Zeitartikel aus dem Jahre 2002.
- Schäuble will radikalen Schnitt bei Immobilienfonds
Die offenen Immobilienfonds kommen nicht zur Ruhe. Erst hatten vor allem institutionelle Anleger viel Geld abgezogen. Nun plant Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine einschneidende Reform – er will sämtliche Bestände der Fonds um zehn Prozent abwerten. Das könnte der Todesstoß für viele Fonds sein.
Quelle: WELT
- Immer mehr Berufstätige brauchen Hartz IV
Wegen ihrer geringen Bezahlung sind einem Zeitungsbericht zufolge immer mehr Beschäftigte zusätzlich auf staatliche Hilfe angewiesen. 2009 erhielten im Jahresdurchschnitt mehr als 1,3 Millionen Bürger Arbeitslosengeld II (Hartz IV), obwohl sie ganz oder teilweise berufstätig waren. Das berichtet die “Süddeutsche Zeitung” unter Berufung auf Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA). Für den Staat werde diese Form der Lohnsubvention zunehmend teuer: Die BA beziffere die Ausgaben für die sogenannten Aufstocker mit 10,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.
Quelle: t-online
- Mindestlohn statt Minijobs
Die Politik muss endlich die Inflation an Minijobs begrenzen und einen Mindestlohn einführen. Den Schaden hat sonst langfristig sowohl der Steuerzahler als auch die Wirtschaft.
Quelle: FTD
Ergänzende Anmerkung Orlando Pascheit: Eine bemerkenswerte Erkenntnis für ein Wirtschaftsblatt, auch wenn (allerdings mehr pro forma) Minijobber erwähnt werden, denen die Kombination aus 400-Euro-Job und Sozialhilfe reicht, um über die Runden zu kommen. Auch kommt der Leitartikel nicht um die von Arbeitgebern favorisierte neoklassisch fundierte These herum, dass der durch Gewerkschaften geforderte Mindestlohn Jobs vernichte. Autoren des IAQ verweisen auf amerikanische Studien, auch bei höherem Mindestlohn, die diese These nicht stützen [PDF – 320 KB].
Aber lassen wir das, wichtig ist, dass die FTD als Antwort auf die Minijobinflation, man könnte hier den gesamten Niedriglohnsektor benennen, die Einführung eines Mindestlohns fordert – übrigens haben die Leser diesem Artikel die Höchstnote gegeben. Wie meinte noch Nobelpreisträger Robert M. Solow, die besondere deutsche Beschäftigungsform – die Minijobs – sei unzeitgemäß. Es sei fraglich, “ob diese Institution eine tragfähige Langzeit-Lösung in einer modernen Wirtschaft sein kann”. Für Beschäftigte, die über längere Zeit keinen Ausweg aus gering bezahlter Arbeit gefunden haben, bedeute Niedriglohnarbeit “Armut inmitten Wohlstands”.
- Deutschlands Automarkt bricht um 32 Prozent ein
Hiobsbotschaft für die Autoindustrie: Die deutschen Verbraucher haben sich auch im April mit dem Kauf eines Neuwagens zurückgehalten. Im vergangenen Monat sank die Zahl der Neuzulassungen im Jahresvergleich um 32 Prozent auf 259 500 Pkw, wie der Verband der Kraftfahrzeug-Importeure (VDIK) in Bad Homburg mitteilte. Vor Jahresfrist hatte die vom Staat gezahlte Abwrackprämie für alte Autos die Neuzulassungen in die Höhe getrieben. Nach vier Monaten im laufenden Jahr liegt der Absatz ein Viertel unter dem von der Abwrackprämie geprägten Vorjahreszeitraum.
Aber auch im Vergleich mit dem April 2008 hinkt der Pkw-Markt in Deutschland noch hinterher: Die Zahl der neuzugelassenen Pkw habe im zurückliegenden Monat – bereinigt um die unterschiedliche Zahl der Verkaufstage – noch immer zehn Prozent unter dem Wert von April von vor zwei Jahren gelegen. Für das gesamte Jahr rechnet der Verband mit einem Absatzvolumen von rund 2,8 Mio. Autos, rund eine Million weniger als 2009.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung G.K.: Der Automobilabsatz auf dem deutschen Binnenmarkt entwickelt sich auch im Vergleich zum von der Abwrackprämie unbeeinflussten Jahr 2008 schwach. Auch im Automobilsektor soll es der Export wieder einmal richten.
Hierzu passend:
- Statistisches Bundesamt: “Einzelhandelsumsatz im März 2010 real um 2,7% gestiegen”
Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Umsatz im Einzelhandel in Deutschland im März 2010 nominal 3,9% und real 2,7% höher als im März 2009. Das ist der höchste Zuwachs seit September 2008 (nominal + 6,5% und real + 3,7% gegenüber September 2007). Der März 2010 hatte mit 27 Verkaufstagen allerdings auch einen Verkaufstag mehr als der März 2009. Im Vergleich zum Februar sank der Umsatz im März 2010 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten nominal um 1,8% und real um 2,4%.
Quelle: Statistisches Bundesamt
Anmerkung unseres Lesers G.K.: Der in der Überschrift der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes erweckte positive Gesamteindruck wird durch die Faktenlage zum Einzelhandelsumsatz nicht gerechtfertigt. Das Statistische Bundesamt weist in der Pressemitteilung darauf hin, dass der März-Umsatz im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat mit einem Verkaufstag mehr erzielt wurde. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Ostergeschäft des Einzelhandels im laufenden Jahr vorwiegend im Monat März getätigt wurde (Vorjahr: erst im Monat April), wodurch die prozentuale Veränderungsrate des März-Umsatzes im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat positiv überzeichnet ist. Der um Kalender- und Saisoneffekte bereinigte Rückgang des aktuellen März-Umsatzes im Vergleich zum Februar 2010 ist gravierend: real -2,4 Prozent.
- IG Metall-Initiative gegen Leiharbeit
Leiharbeit wird immer häufiger und massiver zu Lohndrückerei, zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und zur Verkleinerung von Stammbelegschaften missbraucht.
Aus dem erhofften Klebeeffekt der Leiharbeit in feste Beschäftigungsverhältnisse ist ein Schleudersitz in Unsicherheit und Arbeitslosigkeit geworden.
Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen sind heute Beschäftigte zweiter Klasse, denen gleicher Lohn und gleichwertige Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit verweigert werden.
Quelle: Initiative gleiche Arbeit – gleiches Geld
Anmerkung WL: Ob es allerdings zur Glaubwürdigkeit dieser Initiative beiträgt, dass ausgerechnet Walter Riester als Schirmherr hinzugezogen wurde, ist unwahrscheinlich. Walter Riester hatte als Arbeitsminister die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ eingesetzt, auf deren Grundlage dann nicht nur die Hartz-Gesetze durchgesetzt, sondern auch der Leiharbeit Tür und Tor geöffnet wurde; u.a. wurde auch das Prinzip der gleichen Bezahlung aufgegeben. Das Video-Statement von Riester ist auch dementsprechend wie Wackelpudding.
Interessant ist, dass die Ausführungen von Herbert Ehrenberg, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung a.D. (1976 – 1982), nicht als Video angeboten wurden. Im Radio habe ich gehört, wie massiv er Gerhard Schröder und Wolfgang Clement angegangen ist. Das scheint den Initiatoren wohl doch zu weit gegangen zu sein.
Leider ist auch nicht zu erkennen, was nun aus dieser Initiative folgen soll.
- Sitzblockade gegen Neonazis: Thierse weist Rücktrittsforderungen zurück
Während Thierse die Blockade gegen die Neonazi-Demo verteidigt: “Unser Protest war friedlich, fröhlich und gewaltfrei”, prüft die Staatsanwaltschaft den Verdacht auf eine Straftat – und Polizeigewerkschfter sind empört und fordern seinen Rücktritt : Er habe Nötigung begangen. Man könne nicht werktags mit Fahrer und Chauffeur auf Staatsmann machen und am Wochenende als Salon-Revoluzzer auf der Fahrbahn sitzen und die Polizeikräfte behindern.
Thierse meint dagegen : Der Protest habe sich nicht gegen die Polizei, sondern gegen die Nazis gerichtet. Die Beamten hätten eben ihre polizeiliche, die Demonstranten ihre staatsbürgerliche Pflicht getan.
Quelle: FR
Anmerkung Volker Bahl: Das dabei zutage tretende Staatsverständnis der Polizei ist nicht nur interessant, sondern wohl auch gemäß der “Nötigungs”-Rechtssprechung” nach Mutlangen u.a. längst der Vergangenheit angehörend und überholt. – Ein Dank jedenfalls an Thierse, dies doch wieder einmal deutlich gemacht zu haben, denn derart die Demonstrationsfreiheit von 6 000 “Gegen”-Demonstranten gegen dieses “Häuflein” von 700 Rechtsradikalen aushebeln zu wollen, ist schon bizarr.
Siehe dazu auch:
Kommentar: Vorbildliche Blockade
Wolfgang Thierse – ein “Salon-Revoluzzer”? Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, fordert den Rücktritt des Bundestagsvizepräsidenten, weil der sich einer Neonazi-Demonstration in den Weg gestellt hat. Das ist in der Sache so überzogen und im Ton einem verdienten Demokraten gegenüber derart daneben, dass man die Forderung zurückgeben darf: Wenn einer gehen muss, dann Wendt.
Quelle: FR
- Ex-BayernLB-Vorstand belastet: ”Eine ausgequetschte Zitrone”
Desaster mit Ankündigung: Der frühere Chef der BayernLB und seine Vorstandskollegen kauften die österreichische Hypo Alpe Adria – trotz eindringlicher Warnungen vor hohen Risiken.
Eine damals damit befasste Juristin der BayernLB sagte als Zeugin bei der Staatsanwaltschaft aus, es habe eigentlich kein richtiger Prüfungsprozess stattgefunden. Kaum habe die Prüfung begonnen, sei sie auch schon wieder vorbei gewesen.
Noch deutlicher äußerte sich ein Angestellter der BayernLB, der an den ersten Beurteilungen der HGAA im Jahr 2006 mitgewirkt hatte. Man hätte die Kärntner Bank nicht einmal geschenkt nehmen dürfen, sagte er als Zeuge aus. Er und seine Kollegen seien “fassungslos” gewesen.
Für den Kauf der Hypo Alpe Adria habe es keine wirtschaftlichen Motive gegeben, sagte der Angestellte. Bei den Ermittlungen hat sich inzwischen auch herausgestellt, dass der damalige Vorstand der Landesbank nach einem gescheiterten Kaufversuch bei einer anderen österreichischen Großbank (Bawag) unter großem Druck von Bayerns CSU-Regierung stand. Die Regierung drang auf eine Expansion der BayernLB.
Quelle: SZ
- Wählerinitiative für Rüttgers täuschte 2005 die Öffentlichkeit
Der Spiegel berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass die CDU der Frankfurter Agentur Equipe 40.000 Euro für die Organisation der Wählerinitiative zahlte. Außerdem belegt eine Mail des Frontmanns der Initiative, Tim Arnold, die enge Verbindung der Initiative zur CDU …
In einem Artikel vom 18. Mai 2005 versuchte die Neue Ruhr / Neue Rhein Zeitung (NRZ), vor der Landtagswahl die Hintergründe verschiedener Wählerinitiativen zu erhellen (auch von Initiativen pro SPD). Dabei gab der ehemalige Bertelsmann-Manager Tim Arnold eine Darstellung zu Protokoll, die nach heutigem Kenntnisstand nicht der Wahrheit entsprach. Er wies demnach jede Verbindung mit der CDU zurück und wird mit der Aussage zitiert: “Wir sind ‘ne völlig handgemachte Initiative”. Dass die Telefonnummer seiner Initiative zu einem „Organisationsbüro“ in Frankfurt führte, erklärte Arnold in dem Artikel wörtlich so: “Da sind Leute, die uns geholfen haben, das Logo zu entwerfen” (zitiert nach Dagobert Ernst: Gönner im Geheimen. In: NRZ vom 18.5.2005).
Dieses Abstreiten ist eine immer wiederkehrende Taktik in der PR- und Lobbywelt: durch eine vermeintliche Unabhängigkeit soll die Glaubwürdigkeit der Botschaften erhöht werden. Brisant wird das ganze dadurch, dass Jürgen Rüttgers 2006 Tim Arnold zum Leiter der NRW-Landesvertretung in Berlin machte. Dort vertritt er nun die Wählerinnen und Wähler, die er vor der Wahl 2005 hinters Licht geführt hat. Angesichts der neuen Erkenntnisse ist er in dieser Position eigentlich nicht mehr tragbar.
Tim Arnolds Weg dahin ist durchaus interessant: auf der Seite der damaligen “Wählerinitiative” fungierte er nur als „Student“. Das war zwar richtig, aber Arnold war kein gewöhnlicher Student. Er hatte zuvor mehrere Jahre in leitenden Positionen bei Bertelsmann und der einflussreichen wie umstrittenen Bertelsmann-Stiftung gearbeitet. Dann begann er 2004 nochmal ein Studium an der französischen Elite-Universität ENA in Straßburg. 2006 erhielt er dann den wichtigen Posten als Leiter der NRW-Landesvertretung in Berlin. Insofern hat sich für ihn das Engagement in der Wählerinitiative gelohnt, man könnte es auch als Eintrittsticket für seine Karriere in politischen Ämtern sehen.
Quelle: LobbyControl
- Streit um Finanzierung: Frankfurter FH unterschreibt Hochschulpakt nicht
Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann (CDU) hat davor gewarnt, die Unterschrift unter den umstrittenen Hochschulpakt zu verweigern. Die Frankfurter Fachhochschule unterschreibt dennoch nicht. Mit dem neuen Hochschulpakt werde die FH „plattgemacht“, heißt es.
Der Präsident der Fachhochschule (FH) Frankfurt will den hessischen Hochschulpakt für die Jahre 2011 bis 2015 nicht unterschreiben. Er folgt damit einer Forderung des Senats, wie eine FH-Sprecherin sagte.
FH-Präsident Detlev Buchholz schreibt in einem offenen Brief in einer Sonderausgabe der Campuszeitung: „Pro Studierendem werden in der Lehre 20 bis 35 Prozent weniger Mittel zur Verfügung stehen.“
Quelle: FAZ
- Teach First
Jens Wernicke hat sich auf den NachDenkSeiten schon sehr früh und mehrfach mit der Initiative „Teach First Deutschland“ auseinandergesetzt. In weiteren Beiträgen „Teach First: Die Privatisierung der Schule auf Staatskosten“ oder „Teach first – klingt gut, ist aber schlecht!“ oder „TFA service not necessarily a lifelong commitment“ haben wir dazu kritische Fragen gestellt. Auch die Hessische Lehrer Zeitung hatte einen Beitrag von Jens Wernicke veröffentlicht. Darauf antwortet der Teach First Fellow, David Löw Beer, in einem Brief. Diese Kritik erwidert nun Jens Wernicke. Der Autor freut sich über Anregungen und weitere Kritik.