Heute u. a. zu folgenden Themen: Staatskassen, Zusatzvorsorge gegen Erwerbsminderungsrisiko, Hartz-IV-Urteil, BayernLB, Steuer-CD, Koalition auf Talfahrt, Schutzschirm für Ausbildung, “Unis sind keine Unternehmen”, Kundus und Oberst Klein, OECD-Studie, Volker Pispers: Westerwelle. (RS/AM/WL)
- Staatskassen: Griechenland
- Rische will Zusatzvorsorge gegen Erwerbsminderungsrisiko
- Hartz-IV-Urteil
- Neue Razzien erschüttern die BayernLB
- Diebe, Daten, Dubiositäten
- Koalition ist auf steiler Talfahrt
- Nida-Rümelin: “Unis sind keine Unternehmen”
- Gebete in der Bombennacht
- OECD-Studie: Reicher Papa, reicher Sohn
- Luftsicherheitsgesetz: Kampfjets für die Polizei
- Volker Pispers: Westerwelle
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Staatskassen: Griechenland
- Münchau – Der Krise dritter Teil
Inzwischen haben einige Staaten ähnliche Zahlungsprobleme wie die Banken. Das könnte einen Crash an den Bondmärkten auslösen.
Der Auslöser einer dritten großen Krisenwelle wäre diesmal nicht eine einfache Bankpleite wie die von Lehman Brothers, sondern ein Staatsbankrott. Griechenland ist ein offensichtliches und akutes Problem, aber nicht das einzige. Und wenn Griechenland ins Strudeln gerät, dann rechne ich fest damit, dass die eine oder andere europäische Bank ebenfalls mit in den Sog gerissen wird. Selbst ein kleiner Staatsbankrott wäre somit ein äußerst gefährliches Ereignis für das globale Finanzsystem.
Wenn wir das Problem nicht in den Griff bekommen, dann droht eine Finanzkrise, die nicht unbedingt größer sein wird als die letzte. Ihre Folgen sind aber möglicherweise schwerer zu kontrollieren.
Wenn Staaten pleitegehen und dabei große Banken ebenfalls mitreißen, dann gibt es niemanden mehr, der hier die Rolle der Versicherung der letzten Instanz einnehmen kann.
Es gibt leider immer noch eine ganze Reihe von Leuten, vor allem in den Regierungen, die immer noch nicht richtig verstehen, was sich derzeit abspielt. Hier geht es nicht um die Frage, ob wir Griechenland hängen lassen sollen oder nicht. Hier geht es auch nicht um Solidarität. Es geht darum, eine Finanzkrise zu verhindern.
Quelle: FTD
- Berlin will Griechenland retten
Spektakuläre Wende: Deutschland stellt den klammen Griechen Hilfen in Aussicht. Finanzminister Schäuble treibt einen Rettungsplan voran. Der Kapitalmarkt reagiert euphorisch: Der Euro klettert über 1,38 $, die Risikoaufschläge brechen ein. Über Details will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Spitze der Unionsfraktion am Mittwoch informieren. Wegen der Schuldenkrise Griechenlands befürchte man “eine größere Verwerfung als bei der Krise der Hypo Real Estate”, hieß es in Koalitionskreisen. Angestrebt sei eine europäische Lösung. Allerdings werde auch ein Alleingang Deutschlands nicht ausgeschlossen. Der Euro stieg sprunghaft an. Er kletterte über die Marke von 1,38 $.
Quelle: FTD
Anmerkung Orlando Pascheit: Dass nun Deutschland vorprescht, wird wohl auch etwas damit zu tun haben, dass deutsche Banken, allen voran die Deutsche Bank, Forderungen ca. 47 Milliarden US-Dollar gegenüber dem griechischen Staat und den dort ansässigen Banken halten. Aber auch andere europäische Banken dürften Forderungen halten. Es spricht viel dafür, dass die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem informellen Gipfeltreffen am Donnerstag die causa Griechenland regeln werden. Dennoch stehen noch einige Fragen im Raum. Wie ist die Spekulation an die Kette zu legen, wenn die Finanzmärkte einfach das Land wechseln und z.B. Portugal oder Spanien testen. Im Falle Spaniens stehen allein von deutschen Banken Forderungen von ca. 240 Milliarden US-Dollar im Raum. Übergangskredite oder Anleihegarantien helfen nicht nur den verschuldeten Ländern, sondern bilden sozusagen eine Art zweiten Bankenrettungsschirm für die hiesigen Geldinstitute.
Dazu die Rolle der deutschen Wirtschaftspolitik:
- „Unkooperative Wirtschaftspolitik“: EU-Ratspräsident van Rompuy attackiert Bundesregierung
Der neue EU-Ratspräsident Van Rompuy will gegen „makroökonomische Ungleichgewichte“ in der Eurozone vorgehen und rügt Deutschlands „unkooperative Wirtschaftspolitik“ – ein Frontalangriff auf den deutschen Exportüberschuss. Der Streit beim EU-Gipfel ist damit programmiert.
Quelle: Handelsblatt
- Rische will Zusatzvorsorge gegen Erwerbsminderungsrisiko
Die Deutsche Rentenversicherung verstärkt ihren Einsatz für einen besseren Schutz von Erwerbsgeminderten. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift “RVaktuell” fordert der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Herbert Rische (Foto), für alle gesetzlich Rentenversicherten eine betriebliche und private Zusatzvorsorge-Möglichkeit “zu vertretbaren Konditionen”. Da das schrittweise sinkende Rentenniveau auch Erwerbsgeminderte treffe, müsse das Drei-Säulen-Modell für die Alterssicherung (gesetzliche, betriebliche und private Vorsorge) künftig auch für den Schutz gegen Erwerbsminderung gelten, schreibt Rische. Anderenfalls drohe vielen Beschäftigten und Selbstständigen künftig nicht erst im Alter, sondern auch schon bei eintretender Erwerbsminderung Armut. Bisher haben vor allem Arbeitnehmer in körperlich stark belastenden Berufen kaum eine Möglichkeit, sich zu bezahlbaren Preisen privat gegen das Erwerbsminderungsrisiko abzusichern. Um die bisher bei vielen Beschäftigten fehlende Zusatzvorsorge gegen Erwerbsminderung anzukurbeln, regt Rische eine “ergänzende staatliche Förderung ähnlich der Riester-Förderung” an. Alternativ kann sich der Chef des größten deutschen Rentenversicherers vorstellen, die staatliche Förderung künftig an die Bedingung zu knüpfen, dass in Riester-Verträgen Alter und Erwerbsminderungsrisiko gleichermaßen abgesichert werden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Erwerbsminderung in allen drei Säulen gleich definiert werde, so Rische. Derzeit gelten für die Zahlung einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente und einer privaten Berufsunfähigkeitsrente in der Regel unterschiedliche Voraussetzungen.
Quelle 1: Ihre Vorsorge
Anmerkung Martin Betzwieser: Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung betätigt sich als Umsatzförderer der Versicherungsbranche, nachdem die Erwerbsunfähigkeitsrente aus dem Leistungspektrum der Deutschen Rentenversicherung mehr oder weniger herausgekürzt wurde. Vielen Dank.
Quelle 2: Deutsche Rentenversicherung
- Hartz-IV-Urteil:
- Arbeitsministerin von der Leyen betont nach Hartz-IV-Urteil das Recht auf Bildung
„Vieles ist hastig, schlampig, im Detail nicht sehr fair gemacht worden“
Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz-IV mit Blick auf schulpflichtige Kinder als wegweisend gelobt.
Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Text)
Quelle 2: Deutschlandradio Kultur (Audio-Podcast)
Anmerkung Martin Betzwieser: Nach einem brillianten Moment der Klarheit disqualifiziert sich die Moderatorin als Journalistin. „Es geht ja jetzt vor allem um die Berechnungsgrundlage des Regelsatzes und um die prozentualen Abschläge in der Statistik, in die ja sogar die durchschnittlichen Ausgaben für Pelze und Segelflugzeuge einfließen. Wie könnte denn eine neue Berechnung aussehen? Muss man dabei beispielsweise die Ausgaben für Flachbildfernseher stärker berücksichtigen?“
- Heribert Prantl: Karlsruhe, de Maizière und eine Unverschämtheit
Gegen die Kritik von Innenminister de Maizière am Hartz-IV-Urteil ist an sich nichts einzuwenden. Wenn aber CDU-Politiker jetzt die Herabsetzung der Regelsätze fordern, ist das eine Missachtung des höchsten Gerichts. …
Quelle: SZ
Anmerkung AM: Statt eines Kommentars siehe dazu Heribert Prantl über die CDU im Oktober 2009:
07.10.2009 10:31 Uhr
SPD-Krise
Die letzte Glut
Das Feuer in der Partei ist erloschen: Die Sozialdemokratie braucht eine geordnete Insolvenz – und den Vorsitzenden als Insolvenzverwalter. Denn die SPD ist geworden, was die CDU einmal war: Ein lascher, diskussionsfauler Verein.
Ein Kommentar von Heribert Prantl
Die CDU hat seit 2005 ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik erfolgreich sozialdemokratisiert; das hat ihr eher gutgetan.
Quelle: SZ
Anmerkung AM: Ja, der heute beklagte Umgang von “CDU-Politikern“ mit den HartzIV-Empfängern ist Teil der „erfolgreichen“ Sozialdemokratisierung der CDU. Beliebige Journaille!
- FDP-Lindner diffamiert erneut Hartz-IV Betroffene
Im Zusammenhang mit dem gefällten Urteil zu den Hartz IV-Regelsätzen warnte der FDP-Generalsekretär Martin Lindner davor, “Barzuwendungen” den betroffenen Erwerbslosen-Familien zu kommen zu lassen. So sagte der FDP Spitzenpolitiker gegenüber dem Nachrichtensender “N-TV”: “Es ist völlig richtig, dass der Staat bei den Kindern ansetzt, aber bitte nicht in Form von Barzuwendungen für die Eltern”, allerdings: “Ich möchte nicht, dass wir über ein neues System Anreize schaffen, dass man übers Kinderkriegen Geld verdienen kann. Sonst gehen wir als Gesellschaft vor die Hunde.”, so Lindner gegenüber dem Nachrichtensender. Schon im Sommer letzten Jahres machte Lindner mit unsäglichen Äußerungen auf sich aufmerksam. Damals hatte der FDP Politiker gefordert, den ALG-II-Regelsatz auf 250 Euro absenken zu lassen. “Der Regelsatz soll um bis zu 30 Prozent gekürzt werden, wenn gleichzeitig den Menschen eine Möglichkeit geboten wird, im kommunalen Bereich was zu tun”. Dazu Sebastian Bertram von der gegen-hartz.de Redaktion: “Ein weiteres Mal offenbart der FDP-Generalsekretär Martin Lindner seine menschenverachtenden und weltfremden Positionen. Erwerbslose hätten nach Ansicht des FDP Politikers anscheinend nichts anderes im Sinn, als sich “zu vermehren” um Gelder vom Staat “abzugreifen”. Die wirkliche Situation in den Familien ist ein harter Kampf ums nackte Überleben. Das kann sich ein wohl-situierter und indirekt vom Steuerzahler finanzierter Politiker wie Lindner nicht vorstellen. Die Äußerungen von Lindner grenzen an der Volksverhetzung.”, so Bertram von der Redaktion “gegen-hartz.de”. Eine sofortige Rücknahme seiner diffamierenden Äußerungen wäre das Mindeste, was der Politiker nun tun kann. “Andernfalls werden wir juristische Schritte prüfen”, fügte Bertram hinzu.
Quelle: Gegen Hartz
- Andreas Pinkwart: „Eilige Reparaturarbeiten helfen nicht weiter“
Die Abschaffung von Hartz IV und stattdessen die Einführung eines Bürgergelds fordert Andreas Pinkwart, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP.
Quelle: Passauer Neue Presse
- BILD.de-Leser empört über Hartz-IV-Urteil
Ganz Deutschland diskutiert über mögliche Folgen des Richterspruchs: Mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger? Wer soll das bezahlen? Tausende BILD.de-Leser meldeten sich zu Wort, sind empört!
Quelle: Bild
Anmerkung RS: Von BILD kann man nichts anderes erwarten.
- Der Sozialstaat pumpt Geld und vermehrt die Armut
Von Gunnar Heinsohn
Ex-US-Präsident Bill Clinton hat es geschafft, das Wachstum einer Unterschicht zu begrenzen, die sich nur durch Sozialhilfe finanziert. Deutschland aber gelingt es bis heute nicht, dieses Problem zu meistern. Mehr noch, unsere Zuwanderer sind meistens diejenigen, die es zu Hause auch nicht geschafft haben.
Obwohl Amerika seine Ausgaben gegen Armut herunterfährt, nimmt die Zahl der Armen nicht etwa zu, sondern ab. Erhalten am Vorabend des Gesetzes im Jahre 1996 noch 12,2 Millionen Bürger Sozialhilfe, so sind es 2005 nur noch 4,5 Millionen.
Im einst besonders hart betroffenen Kalifornien liegen afroamerikanische Frauen heute bei nur noch 1,7 Kindern. Sie erreichen nicht einmal mehr die Nettoreproduktion. 1965 ist Deutschland pro Kopf noch relativ arm. Die Geburtenkontrolle wird erschwert, die Abtreibung bestraft. Dennoch bleiben Sozialhilfekinder mit 0,6 Prozent aller Kinder die rare Ausnahme.
Quelle: Welt
Anmerkung Margarethe Gorges: Diese seitenlangen Ergüsse eines Herrn Heinsohn, gespickt mit Unwahrheiten und den üblichen Henkel-Sarrazin-Parolen, zu lesen ist unerträglich!
Ergänzende Anmerkung RS: Es ist natürlich logisch, wenn man nur maximal fünf Jahre im Leben Sozialhilfe beziehen kann, dass die Zahl der Sozialhilfeempfänger nach unten geht. Sie sind aber nicht deshalb nicht mehr arm, weil sie keine Sozialhilfe mehr beziehen können. Das aber nur nebenbei. Heinsohn findet es offenbar besonders toll, dass schwarze Frauen in Kalifornien nun nicht mehr genügend Kinder gebären, um die „Nettoreproduktion“ zu erreichen. Als besonders vorbildlich für ihn ist, wie – ohne Geburtenkontrolle oder gar Abtreibung – die Zahl der Sozialhilfekinder niedrig gehalten wurde. Nicht auszudenken, wo seine Gedanken hinführen…
- Neue Razzien erschüttern die BayernLB
Das Milliardendebakel der BayernLB bei der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) zieht weitere Razzien nach sich. Die Staatsanwaltschaft München hat Büros des Bayerischen Städtetags und des Sparkassenverbands durchsucht. Betroffen gewesen sei auch das Büro des Städtetagchefs und Regensburger Oberbürgermeisters Hans Schaidinger (CSU), sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München.
Bei den betroffenen Institutionen handele es sich nicht um Beschuldigte, sondern um “Dritte”, betonte die Sprecherin.
Einem Bericht der “Süddeutschen Zeitung” zufolge sollen sich Ermittler vor allem dafür interessiert haben, was die ehemaligen Minister dieser Ressorts, Kurt Faltlhauser (Finanzen), Erwin Huber (Wirtschaft) und Günther Beckstein (Inneres) im Jahr 2007 über den Kauf der HGAA wussten. Die Staatsanwaltschaft kommentierte dies nicht.
Quelle: Spiegel Online
- Diebe, Daten, Dubiositäten
Deutschland will gestohlene Daten kaufen, um in der Schweiz verstecktes Geld einzutreiben. Darf ein Staat solche Mittel anwenden? Oder soll er gar?
Quelle: Die Wochenzeitung
- Koalition ist auf steiler Talfahrt
Die Zustimmung der Bürger zur schwarz-gelben Koalition sinkt rapide. Im stern-RTL-Wahltrend kann das linke Lager den Vorsprung auf satte acht Prozentpunkte ausbauen. Das freut besonders die Grünen. Die Entscheidung, die Steuersünder-CD zu kaufen, hat Union und FDP in der Wählergunst einbrechen lassen.
Quelle: Stern
Anmerkung Martin Betzwieser: Warum soll ausgerechnet der CD-Ankauf für den Abwärtstrend verantwortlich sein? Was ist mit Gesundheitspolitik, Hotelsteuer und Klientelpolitik?
Ergänzende Anmerkung RS: Genau – ausgerechnet das linke Lager soll davon profitiert haben, dass die Koalition mit dem Kauf der CD gegen reiche SteuerbetPDF 23rüger vorgehen will!
- DGB: Wir brauchen einen Schutzschirm für Ausbildung
Die Krise hat den Ausbildungsmarkt längst erfasst: Im Ausbildungsjahr 2009 wurden im Vergleich zum Vorjahr rund 50.000 Ausbildungsverträge weniger abgeschlossen. Rund 83.000 Jugendliche gingen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz bisher leer aus – und das
trotz des demographischen Rückgangs der BewerberInnenzahlen. Knapp 73.456 dieser Jugendlichen wurden in „Warteschleifen“ wie Praktika oder berufsvorbereitenden Maßnahmen – geparkt. Kurzum: Das Ausbildungsjahr 2009 war ein schlechtes Jahr, von einer entspannten
Lage auf dem Ausbildungsmarkt kann nicht gesprochen werden.
Quelle: DGB [PDF – 23 KB]
- Nida-Rümelin: “Unis sind keine Unternehmen”
Die deutsche Universität befindet sich gegenwärtig in einer veritablen Krise. Wenn wir kein Desaster erleben wollen, müssen wir jetzt dringend einen Kurswechsel einleiten. Den bildungspolitischen Reformprozessen der letzten Jahre fehlt die kulturelle Leitidee.
Wir erleben derzeit eine Wissenschaftspolitik, die in weiten Teilen von Realitätsverweigerung gekennzeichnet ist. Hinter der trügerischen Strahlkraft der Exzellenzinitative verbirgt sich an den Hochschulen eine echte Bildungsmisere.
Die Humboldtschen Bildungsideale sind heute aktueller denn je, das hängt auch mit den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Aber sie müssen modernisiert werden für eine inklusive und humane Hochschulpolitik.
Die Universitäten müssen ihre Mitglieder wieder ernst nehmen.
Wir brauchen einen erneuten Paradigmenwechsel, weg von der Idee, dass Universitäten wie Konzerne zu führen sind, hin zu der Idee einer Verantwortung und Einbeziehung aller in die Meinungsfindung. Die Idee der europäischen Universität als Republik der Lehrenden und Studierenden, der forschenden und administrativen Mitarbeiter. Das ist übrigens auch effektiver.
Quelle: taz
Anmerkung WL: Siehe dazu Leitbild für eine demokratische und soziale Hochschule
- Gebete in der Bombennacht
Georg Klein war sichtlich bewegt, als er an diesem Mittwoch vor den Untersuchungsauschuss des Bundestags zu der Affäre trat. “Als Christ habe ich den Einsatz schweren Herzens, nach langer Prüfung und nach bestem Wissen und Gewissen befohlen – mit der festen Überzeugung, keine Zivilisten zu treffen”, sagte er den Abgeordneten. Er wirkte begierig, nach Monaten des Schweigens, nach endlosen Berichten über ihn nun endlich selber zu reden. Vehement verwahrte sich Klein gegen Vorwürfe, er habe die Gelegenheit der entführten Tanker genutzt, um gezielt Taliban zu eliminieren. “Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, ich hätte töten wollen”
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung OP: Man weiß nicht so recht, ob man mehr von der Berichterstattung über oder von den Aussagen von Oberst Klein selbst verwirrt wird. Wenn er nur einen Tanklastzug treffen wollte, fragt man sich, was er dann in der Kapelle zu beten hatte. Wollte er für die dabei unbeabsichtigt umgekommenen Taliban beten? Da hätten die Nato-Soldaten in Afghanistan viel zu beten. Und was das Töten von Taliban betrifft, kann man dem “Bericht der Untersuchung der gemeinsamen Untersuchungskommission über den Luftschlag in der Provinz Kundus vom 4. September 2009” der Nato entnehmen, dass Oberst Georg Klein nicht die Tanklastzüge als Bedrohung ansah und folglich zerstören wollte. Vielmehr stellt der Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal in dem Report klar, dass Klein die etwa 60 bis 80 Taliban-Kämpfer auf der Sandbank bekämpfen wollte, unter ihnen auch hochrangige Anführer. Vor dem Hintergrund eines Stern-Artikels, dass Oberst Klein bereits neun Tage vor der Bombennacht von Kundus einen Luftangriff auf Personen befohlen habe – obwohl ein amerikanischer Pilot vor zivilen Opfern gewarnt hatte, ist die seine Aussage, nicht töten zu wollen mehr als unglaubwürdig.
Die NDS hatten bereits darauf hingewiesen, dass die USA mit einer ‘hit list’ operiert, dass aber bei diesen Aktionen neben amerikanischen Spezialeinheiten das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr beteiligt sind ist neu und ungeheuerlich. Fällt diese „Erweiterung“ des Einsatzes jetzt auch unter Westerwelles “humanitäres Völkerrecht”. Krieg ist schmutzig, müssen wir aber jeden Schmutz mitmachen?
Mit Todeslisten gegen die Taliban
Die Nato setzt in Afghanistan Todeslisten ein, um die Führer der Taliban zu eliminieren. Nach stern-Recherchen ist die Bundeswehr daran beteiligt. Auch zum Kundus-Angriff gibt es neue Enthüllungen.
Quelle: Stern
- OECD-Studie: Reicher Papa, reicher Sohn
In allen 31 Ländern der OECD hängt das eigene Berufseinkommen auch vom familiären Hintergrund ab. War Papa Chef, zählt meist auch der Sohn zu den Spitzenverdienern. Doch es gibt Unterschiede. In Dänemark etwa sind die Aussichten deutlich größer als in den USA, vom Tellerwäscher zum Millionär aufzusteigen. Während in dem skandinavischen Land der ökonomische Vor- oder Nachteil des Vaters im Schnitt nur zu 15 Prozent an das Kind weitergegeben wird, sind es in den Staaten, Italien und Großbritannien fast 50 Prozent. Deutschland liegt mit 32 Prozent in der Mitte. Einen großen Einfluss übt der Studie zufolge das Schulsystem aus. Vor allem wenn es früh trenne, sei der Teufelskreis – einmal arm, immer arm – kaum zu durchbrechen. Werden die Kinder dagegen erst mit 16 Jahren statt mit zehn separiert, sinke der Einfluss der sozialen Herkunft auf die Erfolgsaussichten auf ein Drittel.
Quelle: FR
- Luftsicherheitsgesetz: Kampfjets für die Polizei
Bayern und Hessen wollen vor dem Bundesverfassungsgericht eine Grundgesetzänderung erzwingen, die den Einsatz der Bundeswehr im Innern ermöglicht
Quelle: FR
Anmerkung: Man sollte sich Klaren sein, dass es weniger um Militäreinsätze zur Luft geht, sondern letztlich um den Einsatz der Bundeswehr bei der Terroristenbekämpfung am Boden. Wer alles Terrorist sein kann, erfahren wir dann bei den sozialen Unruhen der Zukunft.
- Zu guter Letzt: Volker Pispers: Westerwelle
Quelle: WDR 2