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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 14. September 2009 um 8:15 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  1. Rente muss sich wieder lohnen
  2. Hypo Real Estate: Bilanz des Schreckens
  3. Das Wochenende eines historischen Versagens
  4. Noch keine definitiven Lehren aus dem Lehman-Debakel
  5. Banken zeigen etwas Demut
  6. Wer erpresst Angela Merkel?
  7. Verfahren eingestellt: Schmiergeld an Ärzte bleibt straffrei
  8. Welche Konzerne den Parteien Geld zustecken
  9. Markt radikal – die FDP will noch mehr davon
  10. Oskar Lafontaine im Bundestag: Wir brauchen soziale Sicherheit
  11. Millionen-Betrug bei Kurzarbeitergeld befürchtet
  12. Eklat bei Buchmesse-Symposium
  13. Kotau vor dem Gast
  14. Noch Fragen?
  15. Die Armut in Amerika nahm 2008 zu
  16. Berlusconi im Schatten neuer Ermittlungen
  17. Chile: Der andere 11. September
  18. Schlechte Note für Währungsfonds
  19. Oskar Lafontaine: Krieg kein Mittel der Politik
  20. Fernsehtipp ARTE-Themenabend “Wo ist Links?”

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Rente muss sich wieder lohnen
    Die private Altersversorgung Riester-Rente, ein Produkt aus der Ära Schröder, galt seinerzeit als sichere Bank. Von wegen. Ein Lehrstück zum Thema Staat und Gemeinwohl.
    Erst zahlen die Steuerzahler Schuldzinsen für die Staatsanleihen, die dann als Guthabenzinsen wieder auf ihren Riester-Verträgen landen. Gewirtschaftet wird also von einer Tasche des Steuerzahlers in die andere – und die einzigen Profiteure sind die Versicherungskonzerne, die sich ihre überflüssige Dienstleistung mit teuren Provisionen vergüten lassen.
    Die Riester-Rente ist ein interessantes Lehrstück, wie mit geschickter Wortwahl Politik gemacht wird. Die “demografische Katastrophe” war die zentrale Metapher, mit der sich die Riester-Lobby durchgesetzt hat.
    Quelle: TAZ
  2. Hypo Real Estate: Bilanz des Schreckens
    Die mit Steuergeld vor der Insolvenz gerettete Großbank Hypo Real Estate benötigt voraussichtlich weit mehr zusätzliches Kapital aus der Staatskasse als bisher bekannt. Das ergibt sich aus Unterlagen der Bundesbank, die dem Tagesspiegel vorliegen
    Quelle: Tagesspiegel
  3. Das Wochenende eines historischen Versagens
    Vor einem Jahr hat ein Wochenende den Lauf der Wirtschaftsgeschichte geändert. Die Verhandlungen zur Rettung Lehman Brothers scheiterten. In der Folge lieh keine Bank einer anderen Geld aus, weil niemand wusste, welche Bank wie stark gegenüber Lehman exponiert war oder wie hoch der Anteil der faulen Kredite war oder welche Bank wohl als nächster Dominostein fallen wird. Eine verheerende Abwärtsspirale war in Gang gesetzt worden.
    Gleich im Anschluss an den Lehman-Konkurs wurde dieser noch von einem Teil der Stimmen als wirtschaftspolitisch positives Signal an die Bankenwelt gewertet. Es war ein starkes Signal dafür, dass die Banken nicht über eine implizite Staatsgarantie verfügen. Banken werden fallengelassen. Es kann jede Bank treffen. Doch genau dies löste eine ungeheure Angst aus. Das Vertrauen in das Bankensystem brach zusammen. Angesichts der verheerenden Folgen für die Weltwirtschaft pendelte die Meinung schon bald in die Richtung, dass der Konkurs von Lehman Brothers einer der grössten Fehlentscheide der Wirtschaftsgeschichte gewesen sei. Paradoxerweise hat der Lehman-Konkurs anstatt die implizite Staatsgarantie für grosse Banken aufzulösen, diese noch verstärkt. Es scheint heute unvorstellbar, dass eine Regierungen je wieder einen Bankenbankrott in dieser Grössenordnung in Kauf nehmen wird. Die verheerenden Folgen des Erdbebens stecken den Beteiligten zu tief in den Knochen.
    Quelle: NZZ
  4. Noch keine definitiven Lehren aus dem Lehman-Debakel
    Im März 2008 hatte in einer Wochenend-Aktion der Untergang der Investmentbank Bear Stearns dank deren Übernahme durch JP Morgan Chase abgewendet werden können. Voraussetzung für die Rettung war eine Übernahme von problematischen Aktiva im Umfang von rund 30 Mrd. $ durch die US-Notenbank gewesen. Dies erhärtete die langgehegte Vermutung, dass gewisse Banken und andere Grossunternehmen zu gross und zu wichtig seien, als dass sie der Staat in den Konkurs gleiten lassen würde. Auch als Lehman Brothers, die viertgrösste Investmentbank Amerikas, im Sommer 2008 in Bedrängnis geriet, versuchten Finanzministerium und Notenbank intensiv, einen Retter aus der Branche zu suchen oder aber ein Hilfspaket mit Beteiligung der Privatwirtschaft zu schnüren. Die Bank of America und Barclays interessierten sich für eine Übernahme, verlangten aber ähnliche staatliche Garantien wie bei Bear Stearns. Diesmal sagten Finanzminister Paulson und die Fed-Vertreter «Nein». Sie glaubten, dass die Folgen eines Konkurses von Lehman gut kontrolliert und eingedämmt werden könnten. Sie sollten sich irren. Obwohl die Regulatoren seit dem Fall Bear Stearns ein halbes Jahr Zeit gehabt hatten, sich einen besseren Überblick über den Zustand des Finanzsektors zu verschaffen, vermochten sie die Kettenreaktionen nicht korrekt vorauszusagen. Auch die bei den Krisengesprächen anwesenden Bankenvertreter erkannten die Auswirkungen eines Lehman-Konkurses nicht. Eine der fatalsten Folgen war, dass dieser Vorfall den Wert eines führenden Geldmarkt-Fonds unter 100% fallen liess, was umfangreiche Rückzüge von Geldern aus diesem und anderen Fonds auslöste. Da diese wiederum die wichtigsten Käufer von Commercial Papers waren, kam es auch auf diesem Teilmarkt praktisch zu einem Kollaps.
    Quelle: NZZ
  5. Banken zeigen etwas Demut
    Die Branche präsentiert in Plön einige Vorschläge zur Kontrolle von Banken und Finanzprodukten. Bankenvertreter berichteten von einer um sich greifenden Zurückhaltung. Traditionelle Finanzmodelle würden sie mehr und mehr mit Skepsis betrachten, neue Lösungen herbeisehnen. Wie demütig die Branche sich derzeit aber gibt, zeigt der fast revolutionär anmutende Vorschlag aus dem Kreise der Bankenvertreter: Kurzfristige Gewinne aus Bankgeschäften sollten höher besteuert werden als langfristige Erträge.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Bemerkenswert ist, dass sich der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), repräsentativ für das Symposium, dafür aussprach, Gütesiegel für Finanzprodukte in der EU einzuführen, wenn dies auf dem G-20-Gipfel nicht gelänge. Ein Gedanke, den man getrost auf andere Maßnahmen übertragen sollte. Wer erinnert sich nicht an die vielen Situationen, in denen Regulierungen und andere Maßnahmen mit dem Argument abgelehnt wurden, dass diese in Zeiten der Globalisierung weder nationalstaatlich noch in der EU zu verwirklichen seien.

  6. Wer erpresst Angela Merkel?
    Bundeskanzlerin Merkel sagte in einer Rede bei den Berliner Gesprächen der CDU zum Thema: “Nachhaltiges Wachstum – Wege aus der Wirtschaftskrise” vom 17.8.2009: “Ich sehe mit Sorge, dass, je stärker einige Akteure auf den internationalen Finanzmärkten werden, und je größer die Not einiger Staaten ist, weil sie in die Verschuldung gehen mussten um die Volkswirtschaften zu retten, eine alte Arroganz sich wieder Weg bahnt und sagt ‘Ihr seid doch von uns abhängig’. Und ich darf Ihnen für mich persönlich sagen, es ist mir ein festes Anliegen, … dass wir als Politik aus dem Erpressungspotential einzelner Akteure herauskommen”.
    Wer sind diese einzelnen Akteure? Die diplomatische Umschreibung des Tatbestands der Erpressung durch Verwendung des Begriff „Erpressungspotential“ ist der Kanzlerin – zum Glück für uns – missglückt, denn sie sagt ja, dass es ihr festes Anliegen sei, dass „wir als Politik“, (sie hätte auch „ich“ sagen können) aus der Erpressungssituation einzelner Akteure „herauskommen“. Sie gibt also zu, drinzustecken, das aber heißt: erpresst zu werden.
    Das aber wirft die Frage auf: Wozu wählen wir, wenn die Politik erpressbar ist und die umfangreichen Wahlprogramme der Parteien (das der CDU umfasst 92 Seiten) nichts als Papierverschwendung sind? Denn von Erpressung wird darin mit keinem Wort gesprochen. Hier aber möchte ich nachlesen können, worin diese Erpressung besteht und wer die Akteure sind? Auch wäre gut die Frage zu beantworten: Welche Teile des Parteiprogramms werden wahrscheinlich wegen Erpressung nicht verwirklicht werden können? Ich frage darüber hinaus: Was wird Wählerinnen und Wählern ungeachtet der Erpressung versprochen, obgleich die Partei, zumindest ihre Vorsitzende Angela Merkel, doch weiß, dass sie diese Versprechen nicht wird einlösen können? Was hat sie zu befürchten? Welche Machtmittel benutzen die Erpresser?
    Quelle: Business Crime Control e.V.
  7. Verfahren eingestellt: Schmiergeld an Ärzte bleibt straffrei
    Ungezählte wirkstoffgleiche Medikamente konkurrieren auf dem heiß umkämpften Markt miteinander. Der Hersteller Ratiopharm half nach, Ärzte zur Verschreibung seiner Produkte zu motivieren – und durfte das wohl auch: Über 200 Korruptionsermittlungsverfahren wurden jetzt eingestellt.
    Die Staatsanwaltschaften, die nun die Ermittlungsverfahren eingestellt haben, beziehen sich in ihrer Argumentation auf ein nichtöffentliches Gutachten von Alexander Badle, dem Leiter der Ermittlungsgruppe Betrug und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt. Er hat in einem mehr als 30-seitigen Gutachten dargelegt, weshalb die niedergelassenen Ärzte seiner Ansicht nach nicht bestraft werden können. Ein wichtiger Grund liegt darin, dass, im Unterschied zu Ärzten an öffentlichen Kliniken, der Korruptionsparagraf bei niedergelassenen Ärzte keine Anwendung findet. Die Konsequenz aus Badles Gutachten ist, dass Schecks von Pharmaunternehmen an niedergelassene Ärzte nicht strafbar sind.
    Quelle: Spiegel
  8. Welche Konzerne den Parteien Geld zustecken
    Vor der Bundestagswahl öffnen die deutschen Unternehmen und Lobbyisten nochmals großherzig ihre Kassen. Freuen durften sich zuletzt vor allem CSU und FDP – sie erhielten einen üppigen Scheck aus Bayern.
    Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie hat im Juli 750.000 Euro an CSU und FDP überwiesen. Das geht aus einer Mitteilung des Bundestagspräsidiums über Großspenden an Parteien hervor. An die CSU gingen 600.000, an die FDP 150.000 Euro. Die Zuwendung an die Christsozialen war bei weitem die größte in der Liste. Grüne und Linke kommen darin überhaupt nicht vor.
    Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist seit Jahren mit Abstand am spendabelsten, gefolgt von der Deutschen Bank und dem Autokonzern Daimler. Deutsche Parteien finanzieren sich hauptsächlich über Mitgliedsbeiträge, Spenden und staatliche Zuwendungen.
    Die FDP erhielt laut einem “Spiegel”-Bericht neben den 150.000 Euro vom bayerischen Metallindustrieverband in den vergangenen Monaten Großspenden von Banken und Finanzdienstleistern. Im Juni hätten die Liberalen 200.000 Euro von der Deutschen Bank , 150.000 von der Deutschen Vermögensberatung AG und 100.000 Euro von der Allfinanz Deutsche Vermögensberatung erhalten. Im April seien 250.000 Euro von der Düsseldorfer Finanzierungsgesellschaft Substantia an die FDP gegangen.
    Die CDU hat nach Angaben des Bundestages im Juli 106.000 Euro von der Hamburger Berenberg Bank und vom Verband der Chemischen Industrie 100.000 Euro eingestrichen. Die SPD erhielt im Juli nichts. Im Juni bedachte sie der Daimler -Konzern mit 150.000 Euro – die CDU erhielt ebenfalls 150.000 Euro vom Stuttgarter Autobauer.
    Die exotischste Großspende ist ein Zinsverzicht der niederländischen “Dr. Rath Education Services GmbH” von 103.135,41 Euro zugunsten der Partei AGFG, der Allianz für Gesundheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit. Sie kandidiert allerdings nicht zur Bundestagswahl. Prominentestes Mitglied ist der umstrittene Alternativheiler Matthias Rath.
    Quelle: FTD

    Anmerkung KR: Wir erinnern an „Was uns mit Schwarz-Gelb blüht“: „Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. meldet schon mal ihre Wünsche an.“

  9. Markt radikal – die FDP will noch mehr davon
    Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erläutert, welche Konsequenzen die Umsetzung des Wahlprogramms der FDP für Geringverdiener hätte. Zitat: „Mehr Netto vom Brutto, wenn Pendlerpauschale und steuerfreie Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge wegfallen?“
    Quelle: Verdi [PDF – 265 KB]
  10. Oskar Lafontaine im Bundestag: Wir brauchen soziale Sicherheit
    „Und dann ist ja das Tollste immer wieder, man kann es nicht oft genug sagen, wenn die CDU sich als Familienpartei darstellt. Das ist also wirklich absurd, was Sie hier für ein Theater veranstalten. Leute, die nicht wissen, ob sie in ein paar Wochen noch Geld auf dem Konto haben, also wegen befristeter Arbeitsverträge oder Leiharbeit oder was weiß ich alles, die können doch weder eine Ehe schließen geschweige denn Kinder in die Welt setzen. Sie wären doch völlig verantwortungslos, wenn sie das machen würden. Begreifen Sie doch endlich mal: Die Leute brauchen Sicherheit. Keine Mindestlöhne, befristete Arbeitsverträge, die Flexibilisierung der Arbeitswelt – Ihr Credo! – hat nichts anderes zur Folge gehabt als Zerstörung der Familie und der Gemeinschaften. Das ist die entscheidende, verheerende Wirkung dessen, was wir Neoliberalismus nennen.“
    Quelle: You Tube

    Anmerkung des NDS-Lesers F.W.: Er bringt m. E. in knapp sieben Minuten auf den Punkt, was eigentlich im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik zur Wahl steht.

    Anmerkung KR: Kein Wunder, dass die von ihm angesprochenen Koalitionäre Steinbrück und Kauder vor Beginn der Rede den Raum verließen.

  11. Millionen-Betrug bei Kurzarbeitergeld befürchtet
    Durch Missbrauch der staatlichen Förderung von Kurzarbeit könnte nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ein Millionen-Schaden entstanden sein. Nach Angaben eines Behördensprechers wird der Schaden auf ein bis zwei Millionen Euro geschätzt. Die Behörde geht bundesweit von mindestens 116 Fällen aus, in denen Firmen zu Unrecht Kurzarbeitergeld kassiert haben. Gemessen an der großen Zahl der Kurzarbeiter hält die Behörde den Anteil der Verstöße aber für gering. «In Relation gesetzt zu den zurzeit 36 000 Betrieben in Kurzarbeit in Deutschland machen die Verdachtsfälle lediglich 0,2 bis 0,3 Prozent aus. Damit handelt es sich um kein dramatisches Problem. Aber natürlich ist jeder Betrugsfall einer zu viel», sagte der Sprecher der Deutschen Presse- Agentur dpa.
    Vor allem um zwei Maschen soll es gehen: Entweder die Unternehmen melden Kurzarbeit an, lassen ihre Mitarbeiter dennoch voll arbeiten und bekommen so einen Teil der Personalkosten durch die Arbeitsagentur erstattet. Oder die Firmen streichen die Lohnzuschüsse für Beschäftigte ein, die krank oder im Urlaub sind. «Häufig sind auch die Arbeitszeitkonten der Kurzarbeiter manipuliert worden», sagte der BA-Sprecher in Nürnberg. Dies nachzuweisen, sei besonders schwierig.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung Martin Betzwieser: Dann wird die Arbeitsverwaltung diesen Verdachtsfällen hoffentlich mit der gleichen Akribie nachgehen wie in Fällen von Leistungsmissbrauch durch Erwerbslosen, bei denen es um Beträge von teilweise wenigen hundert Euro geht und bei denen wir in den Medien normalerweise nichts davon erfahren, dass die Verdachtsquote nur wenige Promille beträgt.

    Anmerkung KR: Martin Betzwieser war, als er diese Anmerkung schrieb, offenbar zu Scherzen aufgelegt.

  12. Eklat bei Buchmesse-Symposium
    Bei einem chinesisch-deutschen Symposium im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse ist es am Samstag zu einem Eklat gekommen. Als die regierungskritische Journalistin Dai Qing und der in den USA lebende Lyriker Bei Ling vor Beginn der Veranstaltung ein Statement abgaben, verließen Teile der chinesischen Delegation den Saal, wie der Pressesprecher der Frankfurter Buchmesse der Nachrichtenagentur AFP sagte. Der ehemalige Botschafter Chinas in Deutschland, Mei Zhaorong, erklärt aufgebracht, er und die anderen Delegierten fühlten sich “ungerecht behandelt”. Sie seien anders als die beiden Dissidenten nicht begrüßt worden und seien “hier für eine Diskussion, nicht für Demokratie-Unterricht”. Die Deutschen predigten Demokratie, “diktieren aber die Bedingungen”, schimpft Mei.
    Dai und Bei waren zunächst von der Buchmesse, die das Symposium mitorganisiert, wieder ausgeladen worden, nachdem die zuständige chinesische Behörde für Presse-und Verlagswesen als Mitveranstalter mit einem Rückzug gedroht hatte. Gast der Buchmesse, die am 14. Oktober beginnt, ist in diesem Jahr China.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Dazu passt:

  13. Kotau vor dem Gast
    Der Kotau ist keine chinesische Erfindung. Aber unser Wort dafür haben wir aus China. Wir freuen uns, dass die Leitung der Buchmesse sich so behende den Landessitten anzupassen versteht. Das erleichtert die Kommunikation und hilft bei den Geschäften. Schade ist nur, wenn darüber die eigenen Bräuche vergessen werden. Zum Beispiel der, dass der Veranstalter einlädt und nicht die Eingeladenen festlegen, wer kommen darf und wer nicht. Dergleichen kommt bei uns vor, man denke nur an die Auseinandersetzungen um den Hessischen Kulturpreis. Aber es gibt eine Öffentlichkeit, die dergleichen Klüngeleien aufdeckt.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  14. Noch Fragen?
    Der Zwang zum Sparen auch in den sogenannten Leitmedien, die Aushöhlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Anbiederung an den vermeintlichen Publikumsgeschmack und die Überantwortung journalistischer Kernkompetenzen an die eigentlich zu Kontrollierenden beschleunigt diese Pervertierung des parlamentarisch-repräsentativen Systems zum medial-präsentativen System der Erregungsdemokratie.
    Und das Schlimme ist: Wir haben uns daran gewöhnt. Wir haben gar nicht gemerkt, dass die Politiker die Mikrofone längst selber in der Hand haben. Der Übergang hat sich schleichend vollzogen und ohne spektakuläre Brüche, sodass sich, außer einigen Politikwissenschaftlern und wenigen Journalisten, niemand mehr darüber aufregt. Es ist eben, wie es geworden ist.
    Quelle: SZ
  15. Die Armut in Amerika nahm 2008 zu
    Gemäss dem jährlichen Bericht des Census Bureau über die Einkommenssituation in den USA hat sich diese zwischen 2007 und 2008 deutlich verschlechtert. Das Median-Einkommen (50% verdienen mehr, 50% weniger) ist nach drei Jahren mit Zunahmen um 3,6% gefallen. Mit dem rückläufigen Einkommen sind auch wieder mehr Amerikaner unter die Armutsgrenze gesunken, welche für eine Einzelperson beispielsweise bei 10 991 $ pro Jahr und bei einer Familie mit zwei Kindern bei 22 025 $ liegt. Die Quote der Armen ist von 12,5% auf 13,2% gestiegen, ein seit 1997 nie mehr erreichter Wert. In absoluten Zahlen nahm die Zahl der als arm geltenden Personen um gut 2,5 Mio. auf knapp 40 Mio. Amerikaner zu. Auch hier gibt es grosse Unterschiede zwischen den ethnischen Gruppen. Schliesslich werden in diesem Bericht die Zahlen über die Krankenversicherung erfasst. Danach waren zum Zeitpunkt der Befragung (Frühling 2008) 46,3 Mio. Bewohner des Landes ohne eine Krankenversicherung.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Das war 2008. Man möchte eigentlich gar nicht wissen, wie es heute aussieht.

  16. Berlusconi im Schatten neuer Ermittlungen
    In Italien werden die Attentate der Mafia auf die Richter Falcone und Borsellino neu untersucht. Für Berlusconi handelt es sich um ein politisches Manöver der Richterschaft. Involviert in die Ermittlungen ist auch ein enger Vertrauter des Regierungschefs.
    Quelle: NZZ
  17. Chile: Der andere 11. September
    Ein Gesetzesvorhaben der chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet will das Kupfergesetz abschaffen. Dieses Gesetz wurde unter der Regierung des Generals Augusto Pinochet (1973-1990) erlassen und gewährt den Streitkräften10 Prozent der Einkünfte aus dem Export des Hauptreichtums des Landes, nämlich dem Kupfer. Dank oder wegen dieser von der Diktatur geerbten Maßnahme ist Chile nach Brasilien und Kolumbien das lateinamerikanische Land mit den höchsten Militärausgaben.
    Chiles Verteidigungshaushalt ist in den letzten Jahren ständig gewachsen und hat das Land im Zeitraum von 2003 -2007an zwölfter Stelle der globalen Waffenexporte platziert (4,9 Milliarden Dollar in 2007).
    Bei einer Wiedereingliederung der Militärausgaben in den Staatshaushalt könnte dieses Gesetzesvorhaben von Frau Bachelet, falls es verabschiedet wird, einen beträchtlichen Teil der Einkünfte des staatlichen Kupferkonsortiums (CODELCO)
    umleiten zugunsten unzureichender und dringend notwendiger sozialer Programme.
    Quelle: Le Monde diplomatique (in französischer Sprache)

    Anmerkung KR: Danke an den NDS-Leser an H.M. für die Übersetzung der Zusammenfassung.

  18. Schlechte Note für Währungsfonds
    Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat durch harte Auflagen die wirtschaftliche Situation Ungarns, Lettlands und der Ukraine unnötig verschlechtert. Laut einem am Freitag veröffentlichten Bericht des Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington schrieb der Währungsfonds bei seinem Eingreifen in Osteuropa eine prozyklische Politik vor.
    Quelle: FTD
  19. Oskar Lafontaine: Krieg kein Mittel der Politik
    Oskar Lafontaine antwortet auf die Regierungserklärung von Kanzlerin Merkel: Der Einsatz der Bundeswehr dient nicht der internationalen Sicherheit, nicht dem Frieden und ist nicht geeignet, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.
    Quelle: Youtube

    Anmerkung AM: Ein sehr sachlicher Beitrag. Weitergeben.

  20. Fernsehtipp ARTE-Themenabend “Wo ist Links?”
    am 15. September um 22. 30 mit einer Dokumentation von Dietrich Krauss: “Links um!”
    Es geht um die neuen Linksparteien in Deutschland und Frankreich. Hier die Ankündigung in der ARD Programmvorschau:
    Quelle: ARD
    Quelle: Arte – Frankreich


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