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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 25. Mai 2009 um 8:47 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(WL/AM)
Heute unter anderem zu folgenden Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung WL: Es ist schon erstaunlich, wie der wendehälsige Professor, für den noch vor kurzem den Staat nicht weit genug aus der Wirtschaft herausgedrängt werden konnte, nunmehr plötzlich direkte Kapitalbeteiligungen des Staates fordert. Auf die Idee, dass der Staat die alten Banken ruhig Konkurs gehen lassen und ihnen anstatt der schlechten die guten Papiere abkaufen und mit diesen Papieren – und dem Filialnetz – “Good Banks” aufbaut, die wieder als normal Bank solide arbeiten könnten, kommt er natürlich nicht. Siehe dazu: “Banken in Insolvenz gehen lassen und das Management austauschen.”
Siehe dazu auch:
Die Rückkehr des Backenbarts
Hans-Werner Sinn war aus der Mode gekommen. Dann kam die Krise – und er mit ihr zurück in die Talkshows.
Quelle: taz
Anmerkung WL: „Die Geschichte ist zu Ende, Kapitalismus und Freiheit gehen Hand in Hand“, das schrieb Fukuyama noch in seinem Hauptwerk „Das Ende der Geschichte“ in dem er den „Endsieg“ des Kapitalismus feierte. Selbstredend gibt es für ihn nach wie vor kein „Versagen des Kapitalismus“. Die Generation der Babyboomer habe zu viel ausgegeben und zu wenig gespart. Die künftigen Generationen müssten also nur bescheidener werden, dann kann sich der Kapitalismus wieder erholen, scheint wohl die Botschaft der Konservativen zu sein.
Dazu:
Dieter Wellershoff: Meine Verfassung
Doch mit ihm (dem Grundgesetz) war etwas Neues entstanden, das für mich und gewiss auch für viele andere langfristig zu einem tragenden Wert wurde: das Grundgesetz, vor allem sein erster Teil, ein Katalog bürgerlicher Freiheitsrechte. Gleich mit den beiden ersten Sätzen des I. Artikels stimmt es seinen Grundtenor an: “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” Das ist der direkte Widerspruch zu Sätzen wie “Du bist nichts, dein Volk ist alles” oder “Die Partei, die Partei hat immer recht”, welche staatliche und kollektive Institutionen und Interessen über das Individuum stellen.
Das Grundgesetz kehrt dieses Verhältnis um. Der Staat ist für die Menschen da, und seine Macht wird legitimiert durch die Zustimmung der Bürger, deren Grundrechte er schützt – die Rechte auf freie Selbstentfaltung und körperliche Unversehrtheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Freiheit der Meinungsäußerung, das Brief- und Postgeheimnis, Versammlungsfreiheit, Reisefreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung und viele mehr. Jedes Recht ist einzeln vorm Verfassungsgericht einklagbar und zeigt seine Evidenz, sobald man es sich wegzudenken versucht.
Der Text, der von den Westalliierten genehmigt werden musste, ist eine erstaunliche schöpferische Leistung. Vor dem Hintergrund der Nazidiktatur und als Bollwerk gegen das stalinistische Imperium wurde am grünen Tisch aus liberalen Traditionen und aktuellen Erfahrungen ein realitätsfähiges Gesellschaftsbild von großer integrativer Kraft entworfen, das der Politik einen Maßstab setzte und bei vielen Menschen eingerastete Verweigerungshaltungen auflöste.
Quelle: FAZ
Anmerkung WL: In Frage stellen möchte ich allerdings Wellershoffs These, dass so wie der Einigungsprozess tatsächlich von statten ging, man wirklich davon sprechen kann, dass sich die in der Präambel des Grundgesetzes formulierte Aufforderung an das gesamte deutsche Volk, “in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden”erfüllte.
Dazu auch noch:
Ein greises Nervenbündel
Pünktlich zum Geburtstag dieses Landes, nun da die Republik einen Stock benötigt, um die Tonnenlast eines langen Lebens noch abstützen zu können, waschen die überschwänglichen Gratulanten den Lebensinhalt des Jubilars rein.
Das Leben hat ihm schwer zugesetzt, seine Nerven angegriffen, so sehr, dass eine Art geistige Verwirrtheit herauskam. Man muß nur ins Land hineinschauen, Selektionsdebatten von Ärzten in einer demokratischen Republik, Sterilisationsvorschläge innerhalb eines Sozial- und Rechtsstaates, ein bestätigter Sparkassendirektor als Bundespräsident und soziales Gewissen des Landes, obwohl der mitverantwortlich für den Sozialabbau war, Rentenkassen ausbluten ließ! Wer könnte da noch leugnen, dass die BRD schwer krank ist, ein Nervenbündel mit schizophrenen Anwandlungen?
Quelle: ad sinistram
Anmerkung AM: Franziska Augstein macht mit Recht und verdienstvoller Weise auf das 10-jährige und traurige Jubiläum des Kosovo-Krieges aufmerksam.
Ihren Text muss ich um zwei Gedanken ergänzen:
Ein Wirtschaftsfachmann im Präsidialamt. Toll. In den letzten zwanzig Jahren waren Ökonomen die einzig unverbeulten Ideologen
.. heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN
Der Deutsche mag ein wenig risikofreudiger geworden sein in den vergangenen 60 Jahren, aber im Prinzip bleibt er dann doch ganz gerne bei Persil: Da weiß man, was man hat. In diesem Fall einen Bundespräsidenten, für den man sich zunächst mal von Herzen freuen kann …
(Berliner Morgenpost)
Es ist nichts falsch an ihm, er hat nichts falsch gemacht
… stellt der ebenfalls in Berlin erscheinende TAGESSPIEGEL ähnlich nüchtern fest.
Gestern wurde er nicht als Wegbereiter einer Koalitionsoption gewählt, sondern als über die Parteigrenzen hinweg respektiertes und in der Bevölkerung überaus beliebtes Staatsoberhaupt.
(Lübecker Nachrichten)
Es war von der SPD und Frau Schwan nicht klug, gegen Horst Köhler anzutreten, der eine ordentliche erste Amtszeit absolviert hat und im Volk beliebt ist.
(Welt am Sonntag)
Über diese Lobhudeleien könnte man hinwegsehen, wenn dahinter nicht ein Motiv stünde. Dieses Motiv kann ich nur darin sehen, dass der Meinungsmainstream Köhler lobt, weil er in ihm einen Repräsentanten und Garanten des „Weiter-so“ sieht. Oder wie unsere Unterstützerin Margareth Gorges schreibt: „Somit ist auch das letzte neutrale Amt in diesem Staate an die Lobby verloren gegangen.“
Heribert Prantl schreibt:
Dieser neue alte Präsident wird ein anderer Präsident sein müssen. Die Wahl von 2009 ist nicht einfach eine Wiederwahl Köhlers, sie ist nicht einfach eine Wiederholung seiner Wahl von 2004. Sie kann es nicht sein, sie darf es nicht sein.
Zwischen seiner letzten Wahl 2004 und der Wiederwahl liegen nicht einfach nur fünf Jahre; dazwischen liegt eine ganze politische Epoche, eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zeitenwende. Das Land ist ein anderes geworden, die Krise wird es weiter verändern. Also wird sich auch der Präsident dieses Landes noch viel mehr ändern müssen, als er dies schon getan hat.
Quelle: SZ
Anmerkung WL: Nach allem was Köhler bisher gesagt und wofür er eingetreten ist, dürfte die Hoffnung Prantls vergeblich sein.
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