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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 13. März 2009 um 9:25 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/AM)
Heute zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Besonders stark trat die exportorientierte Industrie auf die Bremse. Sie fuhr ihre Leistung um 8,4 Prozent zurück, nachdem die Neuaufträge in 13 der vergangenen 14 Monate gesunken waren. Viele Unternehmen hatten deshalb verlängerte Werksferien und Kurzarbeit angeordnet.
Quelle: Handelsblatt
Doch damit nicht genug: Seit dem Jahr 2006 landeten fast 30 Mio. Euro in den Taschen sogenannter Unternehmensberater. Diesen „Beratern“ gelang es aber nicht einmal, eine funktionierende Kostenrechnung zu erstellen. Laut Insolvenzverwalter wäre Märklin ohne die horrenden Beratungskosten nicht pleite. Skandalös hierbei ist insbesondere, dass viele Honorare an Berater gezahlt wurden, die im Aufsichtsrat des Unternehmens oder bei Kingsbridge beschäftigt waren. Sie sahen in Märklin offenbar einen Selbstbedienungsladen.
Quelle: DGB-„klartext“ Nr. 10/2009 vom 12. März 2009 [PDF – 44 KB]
Anmerkung KR: Wir erinnern in diesem Zusammenhang an einen Beitrag in den NachDenkSeiten vom 2. Mai 2005: „Regierung Schröder hat die “Heuschrecken” eingeladen und steuerfrei gestellt“
München/Hamburg – Der Tiefpunkt ist noch lange nicht erreicht: Der deutschen Wirtschaft steht nach Einschätzung von ifo-Präsident Hans-Werner Sinn erst im kommenden Jahr das Schlimmste bevor. Deutschland folge der US-Konjunktur mit einer Verzögerung von etwa eineinhalb Jahren, sagte Sinn der “Financial Times Deutschland”. “Wir werden frühestens im Winter 2010 da sein, wo die USA im letzten Herbst waren – die Arbeitslosigkeit wird dramatisch steigen.”
Quelle: SPIEGEL-online
Kommentar AM: Darauf weisen wir nur hin, um Ihnen einen weiteren Beweis dafür zu liefern, wie nun nach und nach die Wendehälse auf Deck erscheinen. Das sind jene Leute, die von Konjunkturprogrammen nichts wissen wollten, die wie im Falle des Prof. Sinn maßgeblichen Anteil am Lohndumping haben. Die große Mehrheit der deutschen Professoren der Ökonomie sah das Hauptproblem in der angeblichen Notwendigkeit von Strukturreformen. Konjunkturpolitik gab es für sie fast schon nicht mehr.
Sie fühlen sich bewusst falsch informiert: Die Tochtergesellschaft FSK der BHF-Bank sowie die österreichische Fondsgesellschaft 3Banken Generali Investment wollen den Münchner Hypothekenfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) verklagen. Die Finanzinstitute begründen ihren Schadensersatzanspruch damit, dass die ehemalige HRE-Führung im vergangenen Jahr die schlechte Geschäftslage wiederholt verschleiert habe. Das berichtet die “Süddeutsche Zeitung”.
Quelle: SPIEGEL-online
Anmerkung KR: Wenn schon die Mehrheit der Parlamentarier ihre Aufklärungspflicht vernachlässigt, so kommt vielleicht doch noch auf diese Weise Licht ins Dunkel.
Ergänzung AM: Es kann aber auch noch viel Schlimmes auf uns zukommen, wenn es beim Rettungsschirm in seiner bisherigen Form bleibt: Dann dürfen wir als Steuerzahler auch noch die Schadensersatzansprüche einschließlich Klagekosten bezahlen, die Sal. Oppenheim über die Tochter BHF und die Enkelin FSK bei der HRE herausholt.
Anmerkung Orlando Pascheit: Es geht doch. Man sollte aber betonen, dass dieser Schwenk nicht freiwillig kommt. Nicolas Sarkozy – er ist zusammen mit dem Bischof von Urgell in Spanien Staatschef von Andorra – hatte angedroht, er wolle die Beziehungen seines Landes zu Andorra und zum Fürstentum Monaco “überdenken”. Vor allem Deutschland und Frankreich wollen beim Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) Anfang April in London über eine erweiterte schwarze Liste von Steuerparadiesen beraten. Es bleibt abzuwarten, ob die USA und Großbritannien mitmachen. Von Gordon Brown ist hinsichtlich britischer Steuerschlupflöcher bzw. Kronkolonien, wie den Cayman Islands, nichts zu hören. Die USA werden auf dem Gipfel vor allem über einen “globalen Stimulus” (Larry Summers) reden wollen, für sie ist Verhinderung einer weiteren Krise durch stärkere Regulierung nachrangig.
“You will get the biggest no you ever got,” Senator Jim Bunning, Republican of Kentucky, warned Donald L. Kohn, vice chairman of the Fed board of governors, in a hearing on Thursday.
“I will hold up the bill.”…
Quelle: New York Times
Kommentar AM: Die Senatoren stellen die richtigen Fragen. „Wir müssen wissen, wer profitierte, und wir werden das herausfinden“, sagte Senator Shelby. Wo bleiben unsere Abgeordneten, die fragen, an wen die 112 Milliarden für die HRE, die 18,2 Milliarden für die Commerzbank, die fast 10 Milliarden für die Industriekreditbank und vermutlich eine Fülle anderer Milliarden an andere Institute gegangen sind? Wer sind die Gläubiger der quasi bankrotten Institute? Wer wird hier mit Steuergeld abgesichert? Wer hat profitiert? Die deutschen Abgeordneten müssten sich nur die Protokolle des amerikanischen Senats anschauen, wenn ihnen selbst die nötigen Fragen nicht einfallen. Man muss aber leider davon ausgehen, dass viele Mitglieder des Finanzausschusses sehr eng mit der Finanzwirtschaft verbunden sind, so wie das übrigens auch für den Verteidigungsausschuss zutrifft; dort sitzt die Lobby beziehungsweise die kommende Lobby der Rüstungswirtschaft. Das funktioniert nach dem berühmten Drehtüreffekt: Spätestens nach dem Ausscheiden wird man Berater der Rüstungswirtschaft.
Der Aktionsrat Bildung fordert daher, dass das pädagogische Personal in seiner Gender-Kompetenz obligatorisch geschult wird. Insbesondere das frühpädagogische Personal müsse besser entlohnt werden. Der Unterricht solle geschlechtsspezifische Interessen berücksichtigen und Stereotypenbildung entgegenwirken. Bei der Berufswahl sollten Eltern ihre Kinder entsprechend begleiten.
Randolf Rodenstock, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. und Initiator des Aktionsrats Bildung, betont: “Wir müssen die unausgewogene Bildungsbeteiligung zwischen Jungen und Mädchen auffangen. Es darf keine Bildungsverlierer geben. Denn uns läuft die Zeit davon. Langfristig steuern wir auf einen Arbeitskräftemangel zu, der durch die aktuelle wirtschaftliche Lage nur verzögert wird.”
Nur knapp 25 Prozent erlangten die Hochschulreife, davon 43 Prozent Jungen. Ein knappes Viertel der Jugendlichen und davon 62 Prozent Jungen könne aufgrund mangelnder Abschlüsse keine Ausbildung beginnen. “Wir können es uns nicht leisten, jährlich rund 44.000 junge Männer auf dem Bildungsweg zu verlieren”, so Rodenstock.
Quelle: Linkszeitung
Kommentar AM: Interessante Daten; Rodenstock und Lenzen traue ich allerdings nicht. Außerdem stört die instrumentelle Sicht von Kindern und Jugendlichen. Es ist wie bei den Renten: Kinder werden vor allem als potentielle Beitragszahler gesehen. Deshalb sollen mehr Kinder her.
Diese Hürden hält die Potsdamer Studierendenschaft für verfassungswidrig, und der Asta hat beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einen Normenkontrollantrag eingereicht. Das Gericht wird prüfen, ob die Zulassungsordnungen der Universität mit Artikel 12 des Grundgesetzes vereinbar sind, der den Studenten die freie Wahl von Ausbildung und Beruf garantiert.
Quelle: FAZ
NDS-Leserin K.W. schrieb uns dazu:
„Bis Anfang dieses Jahres erhielten kranke Hartz-IV-EmpfängerInnen einen Mehraufwand für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 25,56 €/ Monat. Es gab einen Katalog für ca. 16 Krankheiten, die nach ärztlicher Bescheinigung anerkannt wurden. Dieser Katalog ist nunmehr auf 9 Krankheiten heruntergestuft worden. Alle gestrichenen Erkrankungen bedürften – so die scheinbar wissenschaftliche Argumentation – nicht eines größeren Ernährungsaufwandes.
Dies ist insofern nicht richtig, als solche Kranke häufig Käufe für Ergänzungs- und Ersatzlebensmittel tätigen müssen, die meist teurer sind. JedeR Hausfrau/ -mann, die z. B. ein allergisches oder hautkrankes Kind haben, weiß um diese meist nicht unerheblichen Zusatzkosten bei der Ernährung, aber nicht nur dort:
Warmwasserkosten wurden/ werden bis dato auch für diesen Personenkreis generell nicht übernommen, obwohl z. B. bei manchen dieser Krankheiten zur Behandlung bzw. Linderung des Krankheitsbildes und zur Prophylaxe der Warmwasserverbrauch steigt (z. B. durch häufiger notwendiges Baden). Hinzu kommt ggf. der immense Aufwand für wirksame und verträgliche Pflegemittel, von der Krankenkasse nicht übernommene Heilmittel, usw. (…)
Die Erstellung einer solchen Liste 1997 und ihre jetzige Zusammenstreichung sind einem sog. Gutachten des Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zu verdanken (dem u.a. die eine oder andere Hilfsorganisation angehört). Ferner ist besagter Verein sogar Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband. Ob es rechtlich zulässig ist, dass ein Verein die Bundesagentur für Arbeit bzw. die ARGEN handlungsanleitend berät bzw. die Agentur selbständig entscheiden darf, welche Krankheitsbilder einen Mehrbedarf bewirken?!
Mehr über diesen Verein z.B. Mitglieder des Vereins oder Gutachten des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. (Der Verfasser ist ein Jurist.)
Manchmal fragt man sich, ob da organisationsübergreifend nicht Hand in Hand gearbeitet bzw. einander zugearbeitet wird – von Organisationen, denen man/ frau das so gar nicht zugetraut hätte (nach dem Motto: Die Menschen noch ärmer (und ggf. kränker) machen, damit sie medienwirksam die Hilfe der einen oder anderen Hilfsorganisation noch mehr in Anspruch nehmen müssen (Stichwort: Tafeln! – oft in Trägerschaft der einen oder anderen Hilfs- bzw. Wohlfahrtsorganisation).
Zudem fällt in der öffentlichen Berichterstattung auf, dass Gutachten im Kontext von ALG in der Regel von, mit Verlaub, eher männlichen Personen erstellt werden, die
Da bereits seit langem Gutachten aus der “Schubladenperspektive” (themenisolierte Auftragsgutachten) erstellt werden, ohne Wechselwirkungen und den Gesamtzusammenhang, also ohne “Schrank und Wohnumgebung” zu berücksichtigen, lässt sich ahnen, wie künftige Gutachten ausfallen werden, wenn erst einmal die verschulten AbsolventInnen von Master-Studiengängen an der Reihe sind, Gutachten zu erstellen. Leider werden die meisten Medien, die ebenfalls häufig Ursache mit Wirkung verwechseln, in ihrem Herdendenken weiterhin ihr Übriges dazutun.“
Nur falls Sie es selbst noch nicht gelesen haben, ein Hinweis auf den Tagesschau-Chat mit Thüringens Innenminister Gasser, der beispielhaft zeigt, wie diese Autisten mit Symbolpolitik um sich werfen, nicht anerkannte “Wissenschaftler” als Argumentationsstütze heranziehen und treffende Kritik einiger Chatteilnehmer vollständig ignorieren.
“Herr B., wir sind die Looser!”
Ich darf anfügen: Sie zählten zu den besten, die wir an der Schule hatten…
Mit freundlichen Grüßen
P. B.
So sehr ich – selbst Jugendlicher – glaube, dass die gefährlichen Abstumpfungen durch ‘Killerspiele’ untersucht (nicht: ungeprüft behauptet) werden sollten und sicherlich auch z.T. bestätigt werden könnten, ebenso wie die Auswirkungen sonstiger Gewaltdarstellungen in den Medien, so sehr finde ich das Vorgehen im Fall von Winnenden perfide.
Einen wichtigen Aspekt haben Sie in Ihren Hinweisen des Tages vom 12.03.2009 unter Punkt 18 bereits angesprochen. Viel seltsamer finde ich aber, wie hier mit Ursache und Motiv verfahren werden soll: Der Junge wird >>zudem als Waffennarr beschrieben<< (s.o.), der Vater war begeisterter Schütze und besaß 15 (!) Schusswaffen; mindestens eine davon sowie massenweise Munition war dem Jungen offenbar zugänglich. Man könnte also doch vermuten, dass der 'Waffennarr' schon in der früheren Kindheit geprägt von einem Schusswaffenfetischismus des Vaters, diese Begeisterung (dem Vater nacheifernd; vielleicht Anerkennung suchend?) in 'Killerspielen' auslebt. Denkt man dies weiter, so kann man kaum die 'Killerspiele' als 'Motiv' bezeichnen (an sich schon eine grausame Formulierung); ob durch sie eine Entfremdung stattgefunden hat, die dem Jungen den Zugang zur Wirklichkeit seiner Taten verwehrte, bleibt zu untersuchen; ich persönlich halte es jedoch für unwahrscheinlich, dass er keine der tatsächlichen Konsequenzen seines Tuns einschätzen konnte. Offensichtlich aber möchten die Medien keine ernsthafte Debatte führen. Die 'Killerspiele' als Schuldigen zu bezeichnen, bietet Ihnen selbst Absolution und erspart tiefergehende Fragen nach dem gesellschaftlichem Klima und dem Umgang mit 'Außenseitern'. Wenn sich das nicht ändert, sehe ich wenig Chancen, derartigen Tragödien in Zukunft vorzubeugen. Mit freundlichen Grüßen, F. E.
Wie sich diese Aussage doch bewahrheitet hat.
Mit freundlichen Grüßen
R. Ph.
Amokläufe mit Schusswaffen können nur eingeschränkt werden, wenn man Schusswaffen strikt verbietet. – Wenn daraufhin die Schützenvereine zicken, kann man vorschreiben, dass solche Waffen in Tresoren oder Stahlschränken bei “Nichtgebrauch” verschlossen werden müssen.
Leider kann ich Herrn A. R. dies erzählen. Jedes Lebewesen kommt “moralfrei” auf die Welt (die Evolutionstheorie will das so). Erst die Erziehung macht aus potenziellen Killermaschinen, deren Triebe nur zum Überlebenskampf (auch Morden, Totschlagen ohne ein “schlechtes Gewissen” zu haben) geeignet sind, zu sozial-verträglichen “Wesen”.
Allerdings klappt das nicht immer (siehe Tim K. in Winnenden, Georg W. B., Tony B. etc. – alles Amokläufer)
Mit freundlichen Grüßen
E. H.
Mit besorgten Grüßen
Reinhard Sieber
Anhang:
Erfurt ist erst der Anfang – zu verschiedenen Artikeln und Leserbriefen in der SZ vom 04. Mai 2002
Weshalb gibt sich alle Welt so verdächtig viel Mühe, Robert Steinhäuser zu diffamieren (kaltblütiger Killer, durchgeknallt etc.), anstatt erst einmal zu untersuchen, ob er nicht selbst ein Gewaltopfer gewesen ist? Musste man wirklich wegen Schuleschwänzens und Fälschens eines Attests die Lebensplanung eines jungen Menschen zerstören? Was bleibt einem von einer herz- und phantasielosen Administration vergewaltigten Menschen, wenn er mit seinem Bedürfnis nach Gerechtigkeit, nach einer fairen Chance und der Unversehrtheit seiner Würde an den entscheidenden Stellen auf Gleichgültigkeit, auf Korruption, auf Machtgier und auf Menschenverachtung stößt? Weshalb sind es hauptsächlich Schüler, die über den Gemütszustand des Täters nachdenken und darüber, wie er hinein geraten ist, und warum nehmen ausgerechnet ihre Gedanken so wenig Raum in den Medien ein?
Dass so viele junge Menschen das Bedürfnis haben, sich mit Hilfe gewalttätiger Videospiele abzureagieren, liegt an der Gewalt, die sie Tag für Tag erleben: Gnadenlose Konkurrenzkämpfe auf dem Rücken der Arbeitnehmer bei gleichzeitig maßlosen Einkommen deutscher Unternehmensvorstände, eine Justiz, deren Angehörige wegen Prozessbetrugs, Rechtsbeugung, Parteiverrats, Strafvereitelung und wissentlicher Strafverfolgung Unschuldiger ausnahmslos hinter Gitter gehören, bestechliche und vor Scheinheiligkeit triefende Politiker, ein Kanzler und eine Justizministerin, die sich gegenüber den von Richtern täglich begangenen Menschenrechtsverletzungen als Weltmeister im Wegschauen erweisen, Bankmanager und Immobilienvertriebe, die mit dem betrügerischen Verkauf überteuerter Objekte Tausende von Existenzen ruinieren, ohne Schadenersatz oder gar strafrechtliche Folgen befürchten zu müssen, ein Mafioso als italienisches Staatsoberhaupt, ein nicht demokratisch legitimierter US-Präsident, dessen Familie von Erdöl- und von Waffengeschäften lebt und der über afghanischen Kindern Streubomben abwerfen lässt, eine chinesische Regierung, die Hingerichtete schlachten lässt und mit ihren Organen Handel treibt, Lehrer, die ihre Schüler nicht zum Widerstand, sondern zum Kuschen erziehen, und jeden, der nicht funktionieren will, der Schule verweisen, und Psychologen, die mit ihren Kommentaren die Wirklichkeit verschleiern helfen.
Hören wir damit auf, uns etwas vorzumachen! Es ist völlig normal und dient der Selbsterhaltung, dass Opfer Wut und Hass empfinden, wenn sich alles redliche Bemühen als sinnlos erweist und der Rechtsweg in einer Sackgasse endet. Was gern als Amoklauf diffamiert wird, ist oft der letzte Versuch, die Selbstachtung und die mit einer Abrissbirne zertrümmerte Würde wiederherzustellen. Solche Menschen brauchen Gerechtigkeit und keine Therapie; krank sind die anderen. Ich fürchte, Erfurt ist erst der Anfang.
Weshalb trauern wir nur um die Toten von Erfurt oder die des 11. Septembers und nicht auch um die vielen Tausend Menschen, die Tag für Tag einen sinnlosen Tod sterben, weil die kranken Ratten, die in unserer globalisierten Wirtschaft die Fäden ziehen, den Hals nicht voll kriegen? Die Milliarden, die der US-Kongress dem Präsidenten nach dem 11. September zur Wahrung seiner Geschäftsinteressen im Mittleren Osten zur Verfügung gestellt hat, würden ausreichen, um die gesamte Erdbevölkerung mit sauberem Wasser zu versorgen. Wir alle hören täglich von Menschenrechtsverletzungen, von Kinderarbeit, von Folter, von Staatsterror und von Genoziden, und immer wieder das unsägliche Geschwafel eines Bundeskanzlers, der z. B. vor laufenden Kameras einen Putin umarmt und fordert, die Ermordung tschetschenischer Zivilisten müsse einer neuen Bewertung unterzogen werden. Müsste nicht jeder von uns so lange schreiend umher laufen und Widerstand leisten, bis die Menschenrechte auf der ganzen Erde verwirklicht sind? Und ist, wer zu all dem Unrecht schweigt, nicht ebenso schuldig wie die Täter?
Die Lehre aus Erfurt sollte lauten: Wir brauchen Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Solidarität statt verlogener Wahlversprechen und systemerhaltender Repressalien.
Statt dessen ziehen die Mächtigen und ihre Fingerpuppen, an deren seelenloser Gewalttätigkeit gemessen jeder Amokläufer ein Albert Schweitzer ist, die Lehre: Gib den Menschen, denen du täglich gnadenlos in die Eier trittst, auf keinen Fall eine Schusswaffe, sondern sorge für ihre lückenlose Überwachung durch Erfassung ihrer biometrischen Daten und durch flächendeckende Installation von Kameras, und umgib dich stets mit genug Body Guards. Erfurt ist überall.
Wer sich bei der nächsten Bundestagswahl erneut von den verantwortungslosen Lumpen ködern lässt, die – wie in Berlin besonders deutlich zu erkennen ist – die öffentlichen Kassen schamlos ausgeplündert und die Bundesrepublik zum Schlusslicht Europas heruntergewirtschaftet haben, die mit Hilfe einer planmäßig herbeigeführten Massenarbeitslosigkeit die Löhne hart arbeitender Menschen unter das leistungsgerechte Niveau drücken wollen und uns jetzt in den Krieg führen, indem sie einem Geisteskranken bedingungslose Solidarität zu schulden behaupten, kann sich ebenso gut die Kugel geben.
Wann wacht die Menschheit endlich auf? Ihre Feinde sind nicht Menschen anderer Religionen, Nationen, Kulturen oder Rassen, sondern national und global agierende Parasiten und die von ihnen gekauften Regierungen.
Reinhard Sieber
Anmerkung AM/KR: Bei allem Verständnis für die Wut der Ohnmächtigen: Ein Amokläufer braucht keine Therapie?! Wir glauben schon.
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