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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 16. Januar 2009 um 8:13 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/AM)

Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Thomas Fricke – Jetzt nochmal, Frau Merkel
  • verdi kommentiert das Konjunkturpaket II
  • Programm für wahrhaft Bedürftige
  • Konjunkturpaket und Bankenhilfen: Obama kämpft um seinen Billionen-Plan
  • Grabmal für die unbekannte Fehlprognose
  • Ostblockstaaten: Massenprivatisierung verursachte Sterbewelle
  • Fröhliche Steuersünder
  • Immer mehr Firmen sponsern Schulen
  • Transrapid – Neue Millionen für das Milliardengrab

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Thomas Fricke – Jetzt nochmal, Frau Merkel
    Selbst im zweiten Anlauf kriegt die Regierung kein Paket hin, das den gefährlichen Konjunkturabsturz rechtzeitig bremst. Grund genug, einer drohenden Geldverschwendung schnell und radikal zu begegnen. Deutschland hat ein Konjunkturpaket, sogar ein relativ großes. Wer hätte das vor Kurzem gedacht? Der Haken ist nur, dass das Paket mit hoher Wahrscheinlichkeit relativ wenig an jenem dramatischen konjunkturellen Absturz ändert, den die Deutschen in diesen Tagen und Wochen erleben – und den es eigentlich bremsen oder stoppen soll. Das ist kein Schönheitsfehler, sondern droht eher zum Desaster zu werden. Denn dafür, dass dieses Paket die akuten Absturzgefahren kaum verringert, ist es ziemlich teuer. Die Regierung sollte daraus rasch Konsequenzen ziehen. Gerade weil das Paket danebenzuzielen droht, ist das aktuelle Desaster noch lange nicht vorbei.
    Quelle: FTD
  2. verdi kommentiert das Konjunkturpaket II
    Das Konjunkturpaket II zeigt, dass die Bundesregierung die zugespitzte Lage und die offensichtliche Notwendigkeit staatlicher Nachfrageförderung grundsätzlich erkannt hat. Insofern hat der Druck der Öffentlichkeit und der Gewerkschaften, aber auch der aus anderen Ländern, Wirkung gezeigt. Doch auch das zweite Konjunkturpaket ist unzureichend, verteilungspolitisch problematisch und verweigert den notwendigen Richtungswechsel. Stattdessen setzt es weiterhin auf angebotsorientierte Konzepte, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit für neue Exportoffensiven zu stärken.
    Quelle: verdi [PDF – 164 KB]
  3. Programm für wahrhaft Bedürftige
    Das Konjunkturprogramm der Regierung ist ein Polster für die Privilegierten. Die Sozialwissenschaftler Peter Grottian (FU Berlin), Wolf-Dieter Narr (FU Berlin), Christoph Butterwegge (Universität Köln), Roland Roth (FH Magdeburg) und Mohssen Massarrat (Universität Osnabrück) entwerfen in einem Gastbeitrag für die FR ein soziales Programm für die tatsächlich Bedürftigen.
    Quelle: FR
  4. Konjunkturpaket und Bankenhilfen: Obama kämpft um seinen Billionen-Plan
    Barack Obama bekommt Ärger mit dem Kongress: Seine Hilfspläne für die Wirtschaft stoßen auf Widerstand, Abgeordnete kritisieren Aufsicht und Verteilung. Experten halten das Paket für zu klein – und noch dazu gibt es schlechte Nachrichten von den angeschlagenen US-Banken. Von Marc Pitzke.
    Quelle: SPIEGEL

    Kommentar AM: Weitere bedenkliche Entwicklungen in den USA. Berichte von Marc Pitzke sind, anders als bei Spiegel online inzwischen leider üblich geworden, kein Kampagnenjournalismus.

  5. Konjunkturspritze wird verbuddelt
    Die Krise macht es möglich: Der Bundesbauminister hat aus den beiden Konjunkturpaketen vier Milliarden Euro bekommen. Doch viele Projekte, die nun gebaut werden, machen verkehrspolitisch wenig Sinn. Wie bereits im Dezember werden die Länder nun erneut ihre Vertreter nach Berlin schicken, um Geld für ihre Lieblingsprojekte locker zu machen. “Statt sich auf sinnvolle Maßnahmen zu konzentrieren und zum Beispiel die Schienen im Seehafen-Hinterland auszubauen, kommt vermutlich erneut das Prinzip Gießkanne zum Einsatz”, vermutet Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Schon beim ersten Konjunkturpaket lag der Schwerpunkt auf dem Bau neuer Straßen. 700 Millionen wurden für 44 Projekte eingeplant, hinzu kamen 220 Millionen für Reparaturen und 30 Millionen für neue Lkw-Parkplätze an Autobahnen. Summa summarum waren das 950 Millionen Euro mehr für Asphaltpisten, während der Schienenverkehr ein Drittel weniger bekommt. Kritiker erwarten, dass viel Staatsgeld allein dafür draufgehen wird, dass Baufirmen flugs die Preise erhöhen.
    Quelle: TAZ

    Anmerkung KR: Gut, bis auf dieses hier: „Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wird sich wohl ebenfalls über einen weiteren warmen Geldregen freuen dürfen. Bereits im Dezember wurden ihr 430 Millionen Euro zusätzlich versprochen, die sie in diesem und im kommenden Jahr auf den Kopf hauen kann. Eine stolze Summe angesichts der Tatsache, dass es in ganz Deutschland gerade noch 3.800 Binnenschiffe gibt, die 80 Prozent ihrer Transporte auf dem Rhein abwickeln. Doch die mit 13.500 Beschäftigten völlig überdimensionierte Wasser- und Schifffahrtsbehörde baut fleißig weiter Wasserstraßen aus, auf denen fast nie ein Kahn fährt.“

    Das könnte man doch ändern – mit einem politischen Projekt, mehr Güterverkehr nicht nur auf die Schiene, sondern auch auf die Wasserwege zu verlagern.

  6. In Deutschland zählen fünf Prozent der Vollzeit-Erwerbstätigen zu den „Working Poor“
    In den Jahren 1999 bis 2005 verdoppelte sich der Anteil der Armutsgefährdeten unter den Vollzeit-Erwerbstätigen von drei auf sechs Prozent. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Im Jahr 2006 sank die Quote zwar wieder um einen Prozentpunkt auf fünf Prozent. Durch die Folgen der Finanzkrise sei dieser Rückgang aber wieder gefährdet, befürchten die Nürnberger Arbeitsmarktforscher. Während 1994 erst 16 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttoeinkommens verdienten, ist der Anteil bis 2004 auf 22 Prozent gestiegen und damit nur noch drei Prozentpunkte niedriger als in den USA.
    Quelle 1: IAB
    Quelle 2: IAB [PDF – 1 MB]

    Anmerkung Orlando Pascheit: Zunächst sollte man einfach zur Kenntnis nehmen, dass die Daten, die das IAQ im August veröffentlichte, sozusagen offiziell bestätigt wurden. Fakten, die, wenn sie z.B. Oskar Lafontaine in einer Sendung wie “hart aber fair” vorstellt, reflexartig geleugnet werden. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

    Eine zweite, nicht minder wichtige Frage betrifft die Begründung. Das IAB sieht die Ursachen dieser Entwicklung in sinkender Tarifbindung, Globalisierung und dem Strukturwandel. Also der Friseur in Berlin konkurriert mit dem Friseur in Peking. Es ist schon spät und ich bin zu müde, um mich mit diesem Mantra auseinander zu setzen. Nur soviel, die Wirtschaftspolitik hat seit Rot-Grün bis heute ihre Stabilisierungs- und Umverteilungsfunktion immer weniger wahrgenommen. Im Gegenteil; mit Verabschiedung der Hartz-Gesetze, der Liberalisierung der Leiharbeit und den Minijobs wurden die Einkommensdiskrepanzen zugunsten der oberen Einkommensschichten laufend verstärkt. Ein weiteres Feld war eine das Kapital und die Besserverdienenden begünstigende Steuerpolitik. Auch die jüngsten Steuersenkungsvorschläge insbesondere der CSU gehen in diese Richtung. Auch die von der Politik zu verantwortende anhaltende Privatisierung von öffentlichen Aufgaben und Tätigkeiten wär zu nennen, die zu nie dagewesenen Gewinnexplosionen der Kapitalseite geführt haben, aber Arbeitnehmer und Bürger im Regen stehen ließ. Usw..

  7. Grabmal für die unbekannte Fehlprognose
    Wahlprognosen haben hierzulande keinen schlechten Ruf. Abgesehen von gelegentlichen Pannen gelten sie als ziemlich treffsicher. Demnach sollten Fehlprognosen selten vorkommen. Die Realität sieht anders aus. Seit dem Superwahljahr 2004/5 jagt eine spektakuläre Fehlprognose die nächste.
    Quelle: wahlprognosen-info.de

    Anmerkung KR: Der Text müsste dringend korrekturgelesen werden, doch die Zahlen sind interessant und aussagekräftig.

  8. Ostblockstaaten: Massenprivatisierung verursachte Sterbewelle
    Der Kommunismus verschwand, Betriebe wurden privatisiert – und die Männer starben schneller. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie über die Ostblockstaaten während der neunziger Jahre. Die Gründe für die stark erhöhte Sterberate waren vermutlich Arbeitslosigkeit und Alkohol.
    Quelle: SpiegelOnline

    Kommentar AM: Über diese Begleiterscheinungen der „Freiheit“ redet Guido Westerwelle nicht. Gibt es übrigens in Deutschland empirische Studien über ähnliche Folgen von Hartz IV, Niedriglöhnen, Leiharbeit und Arbeitslosigkeit? Auch über die Entwicklung der Suizidrate? Dann könnte die Redaktion von Anne Will bei nächster Gelegenheit dazu eine Sendung machen und z.B. betroffene Familienangehörige einladen.

  9. Fröhliche Steuersünder
    Die deutschen Rechnungshöfe haben die EU-Staaten zum gemeinsamen Vorgehen gegen Steuersünder aufgerufen und die mangelnde Zusammenarbeit angeprangert. Durch Mehrwertsteuerbetrug und Karussellgeschäfte gingen den Staaten der Europäischen Union deutlich mehr als 100 Milliarden Euro verloren, erklären die Kontrolleure von Bund und Ländern in ihrem erstmals erstellten EU-Report.
    Quelle: FR
  10. Immer mehr Firmen sponsern Schulen
    Wer die Landeshauptstadt mit Strom versorgt, erfahren Grundschüler in gefälligen Arbeitsblättern der Stadtwerke München. BMW informiert in einer 55-seitigen Materialsammlung für die Sekundarstufe über Wasserstoff als Antriebsform der Zukunft. Die Deutsche Bahn positioniert sich in ihrer Klimaschutz-Lernmappe als ökologisch korrekter Verkehrsträger. Über den schonenden Umgang mit Ressourcen klärt auch Fast-Food-Riese McDonald’s auf – die Unterlagen werden dank großer Nachfrage gerade nachproduziert. Wollten sie, so könnten Bayerns Lehrer einen Gutteil ihres Unterrichts mit Lehrmaterialien von Unternehmen bestreiten. Oder sich selbst damit fortbilden: Allein Siemens verteilte in den vergangenen vier Jahren mehr als 60 000 digitale Mediensammlungen zu Themen wie Licht oder Wasser. Angesichts mäßiger Pisa-Ergebnisse und einem drohenden Fachkräftemangel ein zweifellos nützliches Unterfangen. Gegenüber klassischem Schulsponsoring in Form von Geld- oder Sachspenden haben die – wenigstens mit einem Logo versehenen – Lernmaterialien noch einen positiven Nebeneffekt: Firmen können sich darin bei Schülern als besonders innovativ, attraktiv oder verantwortungsvoll positionieren. Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnen-Verbands (BLLV), sieht darin kein Problem, sofern die Materialien einen pädagogisch-didaktischen Mehrwert aufweisen und “nicht vor Werbung triefen”. Im Gegenteil: Die von Firmen entwickelten Unterlagen seien meist praxisnäher als Schulbücher, die nur alle fünf bis zehn Jahre aktualisiert werden. “Die meisten Lehrer nehmen das Angebot deshalb gerne an.”

    Im Rahmen des Projekts “Gribs” werden derzeit an bayernweit 16 Grundschulen Lehrer für einen handlungsorientierten naturwissenschaftlichen Unterricht qualifiziert. Hauptsponsor des auf vier Jahre angelegten Modellversuchs ist E.on. Mit der stattlichen Fördersumme von jährlich 330 000 Euro beweist der Energiekonzern gesellschaftliche Verantwortung. Als Bildungspartner darf er sich an den Schulen nebenbei als Experte für Energieeffizienz positionieren: mittels gut gemachter Unterrichtsbroschüren, Vorträgen von Mitarbeitern und dem Besuch seines “Energie-Mobils” – einem Truck, in dem Schüler Energiespartipps und “sympathische Werbemittel” erhalten. Reklame auf dem Pausenhof? “Konkrete Produktwerbung findet nicht statt”, beruhigt Ministeriumssprecher Unger. Ulrich Müller von der Initiative LobbyControl hält es dennoch für “fragwürdig”, dass sich der wegen massiver Preissteigerungen in die Kritik geratene Konzern in Schulen als verbraucherfreundlich präsentieren darf.
    Quelle: Welt

  11. Transrapid – Neue Millionen für das Milliardengrab
    Der Traum vom Transrapid kostete den Steuerzahler bislang 1,4 Milliarden Euro – mehr als eine kurze Strecke in China ist jedoch nicht verwirklicht worden. Jetzt stellt das Konsortium von Krupp-Thyssen den weiteren Testbetrieb im Emsland ein. Obwohl die Teststrecke längst an private Investoren verkauft wurde, hat sich der Bund verpflichtet, weiterhin Millionenbeträge zu investieren: Mindestens 40 Millionen Euro Steuergelder sollen jetzt auch noch für den Abriss der Strecke gezahlt werden, die Industrie bleibt ungeschoren.
    Quelle: RBB-kontraste


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