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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 19. Dezember 2008 um 9:18 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(MB/WL)
Heute unter anderem zu folgenden Themen
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Das IMK empfiehlt folgende wirtschaftspolitische Maßnahmen:
Quelle: IMK Report Nr. 35 [PDF – 652 KB]
Anmerkung WL: Wir haben zwar dieser Tage davor gewarnt, Wirtschaftsprognosen all zu ernst zu nehmen. Aber immerhin hat das IMK die wirtschaftliche Entwicklung am treffsichersten vorhergesagt.
Dazu auch:
IWH: Deutsche Wirtschaftsleistung sinkt 2009 um 1,9 Prozent
Die deutsche Wirtschaft wird im kommenden Jahr nach Einschätzung des IWH von der weltweiten Rezession nach unten gezogen.
Das Bruttoinlandsprodukt werde vermutlich um 1,9 Prozent schrumpfen, teilte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am Donnerstag mit. Das wäre das stärkste Minus in der Geschichte der Bundesrepublik. “Die Konjunktur- und Finanzkrise trifft Deutschland besonders hart, weil weltweit der Investitionsaufschwung gestoppt und die deutsche Wirtschaft damit trotz hoher Wettbewerbsfähigkeit an ihrer exponiertesten Stelle getroffen wird”, schrieben die Experten. Für die ostdeutsche Wirtschaft sagt das Institut ein Minus von 1,5 Prozent voraus.
Die Exporte dürften im kommenden Jahr um 2,9 Prozent zurückgehen, die Investitionen um 4,5 Prozent. Der Konsum werde sich dagegen stabilisieren.
Quelle: Reuters
Es wäre besser, wenn mehr Manager, Politiker und Ökonomen zugeben würden, dass sie Fehler gemacht haben, Entwicklungen falsch eingeschätzt haben, zu sehr auf ein instabiles und nicht nachhaltiges System vertraut haben. Auf dem Höhepunkt der Bankenkrise im Oktober hieß es noch, es gehe vor allem um Vertrauen. Die Finanzinstitute vertrauten sich untereinander nicht, weil ein Blick in die eigenen Giftschränke vermuten ließ, was die Nachbarbank so alles an toxischen Assets – um mit Ackermann zu sprechen – im Keller hat. Die Gemeinschaft musste das ausbügeln. Allein für die Operation “Vertrauen”, den Rettungsschirm für die Banken, bürgt der deutsche Steuerzahler mit 500 Mrd. Euro. Für diesen Preis könnten die Bürger wesentlich mehr Offenheit und Transparenz erwarten. Aber wo sind die Bankmanager, die sich ernsthaft selbstkritisch zum System äußern? Warum berufen sich die Politiker immer noch auf “die Finanzkrise” als alleinige Ursache der Wirtschaftskrise, obwohl der Abschwung der Weltwirtschaft schon vor einem Jahr begonnen hat? Warum gibt die Kanzlerin nicht zu, dass sie sich nicht sicher ist, welche Maßnahmen zur Wiederbelebung der Konjunktur die richtigen sind?
Quelle: Financial Times Deutschland
Anmerkung AM: 60 Milliarden für den Banken-Rettungsschirm. Das Geld wird offenbar eingesammelt, und es soll in „Maßnahmen“ fließen, also den Banken zufließen. Erinnern Sie sich, wie sich Steinbrück noch vor wenigen Tagen als Sparkommissar aufspielte, als 20 oder 30 Milliarden zu Gunsten der Beschäftigung von Menschen gefordert wurden? Und viele Menschen finden diesen Interessenvertreter der Finanzindustrie auch noch gut.
Bei einer Betrachtung im Zeitverlauf fällt auf, dass ein immer größerer Teil der Beschäftigten Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit macht. Bei den 1960 Geborenen ist der Anteil der Beschäftigten, die zwischen dem 25. und dem 43. Lebensjahr mindestens einmal arbeitslos geworden sind, mit rund 50 Prozent erheblich höher als bei den 1950 Geborenen (28 Prozent).
Quelle: IAB [PDF – 720 KB]
Anmerkung WL: Warum die Autoren der Studie meinen, dass ihre Beobachtungen die These des Soziologen Ulrich Beck zur „Risikogesellschaft“ stützen bleibt mir unerfindlich:
Ulrich Beck sprach in seinem 1986 erschienenen Buch “Risikogesellschaft” von einem sozialen “Fahrstuhl-Effekt”, der alle Klassen und Schichten gemeinsam nach oben befördert habe. Betrachtet man die jüngste Gesellschaftsentwicklung, kann jedoch eher von einem Paternoster-Effekt die Rede sein: In demselben Maße, wie die einen nach oben gelangen, geht es für die anderen nach unten. Mehr denn je gibt es ein soziales Auf und Ab, das Unsicherheit und Existenzangst für eine wachsende Zahl von Menschen mit sich bringt.
Anfangs hörte sich die Idee des 1-Euro-“Jobs“ (1EJ) ja noch entfernt vernünftig an. Zusätzliche, gemeinnützige und öffentliche Arbeiten sollten von ALGII-Empfängern erledigt werden, wenn diverse Anforderungen erfüllt wären. Insbesondere sollten keine regulären Arbeitsplätze verdrängt und eine wöchentliche Höchststundenzahl nicht überschritten werden. Zudem sollte die Annahme dieser „Jobs“ freiwillig sein.
Die Bezeichnung „Job“ allein ist schon irreführend, denn der in einem solchen „Job“ arbeitende ALGII-Empfänger darf zwar oftmals die reguläre Arbeit eines zuvor entlassenen Menschen verrichten, dafür fehlt es ihm aber an dessen Arbeitnehmerrechten. Kündigungsschutz, Mitbestimmung und auch arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen sind Dinge, von denen ALGII-Empfänger in den „Jobs“ des 3. Arbeitsmarktes oft nur träumen können.
Quelle: Telepolis
Anmerkung MB: Es gehören vier Jahre nach Einführung der neuen Sozialgesetzgebung schon eine Menge Wohlwollen und auch etwas Naivität dazu, um der Idee der 1-Euro-Jobs etwas entfernt Vernünftiges abgewinnen zu können. Die Entrechtung und Enteignung der Langzeitarbeitslosen und die daraus resultierende Verunsicherung der noch arbeitenden Bevölkerung waren doch genau so politisch gewollt wie die Abwärtsspirale bei der Einkommensentwicklung und den Arbeitsbedingungen sowie die Erosion der gesetzlichen Sozialversicherung.
Siehe dazu auch:
Ein-Euro-Jobs in der Kritik – Die einstige Wunderwaffe der Hartzreformen ist entzaubert
Ein-Euro-Jobs verdrängen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, sagt der Bundesrechnungshof. Immer mehr Menschen mit Ein-Euro-Jobs bleiben sogar länger arbeitslos als ohne. Trotzdem steigt die Anzahl dieser Jobs in NRW unverändert an.
Quelle: wdr Westpol
Anmerkung WL: Ein weiterer Beleg dafür, dass nur der gesetzliche Mindestlohn ein sicherer Weg ist.
Sie sind in einer Großen Koalition, doch bei Praktikantenrechten sprechen sie zwei Sprachen: SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz und CDU-Bildungsministerin Annette Schavan. Im Petitionsausschuss des Bundestags kamen ihre Parteien nicht weiter und verwiesen den Gesetzesvorschlag des Arbeitsministeriums in die Fachausschüsse – und vielleicht aufs endgültige Abstellgleis.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung MB: Bundesarbeitsminister Olaf Scholz kann ja zunächst mit gutem Beispiel vorangehen und dafür sorgen, dass die Praktikantinnen und Praktikanten im eigenen Ministerium anständig vergütet werden.
„Wir können noch mal die Lohnzusatzkosten deutlich runterfahren. Die Bundesagentur könnte bei Abschaffung des Eingliederungsbeitrages den Beitrag noch mal um 0,6 Prozentpunkte senken. In der Rentenversicherung leisten wir uns im Moment den Luxus, durch den Beitrag von 19,9 Prozent noch Rücklagen aufzubauen, was natürlich in einer Krisensituation verrückt ist, noch zu sparen und fürs Sparen den Menschen Geld aus der Tasche zu ziehen. Hier sind Handlungsfelder, die die Arbeitgeber klar markiert haben, und hier kann die Politik handeln. Und das dritte sind Investitionen. Darüber soll ja gesprochen werden. Die Kanzlerin hat das entschieden und ich rate sehr dazu, dass Kommunen und Länder insbesondere jetzt die Zeit um den Jahreswechsel nutzen, vor Ort zu sehen, welche Investitionen in Schulen, Kindergärten, in Universitäten, auch im Straßenbau können vorgezogen werden, und die Ausschreibungen, die dazu erforderlich sind, schon vorzubereiten, damit wenn die Bundesregierung dann ihre Beschlüsse fasst auch sofort gehandelt werden kann. … Bei der Senkung der Lohnzusatzkosten handelt es sich um ein Volumen von zusätzlich gut sieben Milliarden Euro, das aktiviert werden kann und auch aktiviert werden muss. Wenn wir die kalte Progression angreifen, die ja den Arbeitnehmern insbesondere im unteren Bereich von Lohnerhöhungen überproportional viel wegnimmt, dann reden wir sicherlich auch über einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag. Und im Bereich der Investitionen, glaube ich, müssen Länder und Bund jetzt ganz schnell rechnen und schauen, was sie vorziehen können an Investitionen. Hier möchte ich gar keine Zahl nennen.“
Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
Quelle 2: Deutschlandradio (Audio-Podcast)
Anmerkung MB: Der Moderator macht sich überflüssig. Die Aussagen des Arbeitgebervertreters sind ihm keine Nachfrage wert. Senkung der Lohnnebenkosten – wieviel für wen? (…) es handelt sich um ein Volumen von sieben Milliarden – innerhalb welcher Zeit? Bei welchen Leistungen soll gespart werden? Wer soll die Differenz zahlen? Die originellste Frage ist da so etwas wie „Aber 50 Milliarden wären schon nicht schlecht?“ Wenn ich es nicht besser wüsste, hielte ich das für eine Satiresendung.
Anmerkung AM: Wieder ein Beleg dafür, dass die neoliberale Ideologie auf alle wichtigen Jobs unqualifizierte Personen gespült hat. Stark ist ein besonderes Exemplar. Stabilität durch Deflation, das ist das Konzept. Und dass es nicht hilft, wenn der Euro weiter gegenüber dem US-Dollar aufgewertet würde, wird auch nicht gesehen.
Dazu:
Schlechtes Ergebnis: Geschäft beim Finanzdienstleister AWD eingebrochen
Die ersten drei Quartale sind für den Finanzdienstleister AWD in der Region Österreich & CEE nicht gut gelaufen.
Quelle: OE 24
Anmerkung AM: Zwei interessante Nachrichten zu Rürups neuem Arbeitgeber – aus Österreich.
Diese ehemaligen Parlamentarier verkaufen ihr Insiderwissen, ihre alten Verbindungen und ihren Zugang zu ihren früheren Mitarbeitern in der Ministerialbürokratie. Neben der personellen Verflechtung sind die subtilen Methoden der Lobbyisten kennzeichnend, analysiert die Bundesverfassungsrichterin Dr. Christine Hohmann-Dennhardt: Sich die Gunst von Politikern und Journalisten zu kaufen, gehört genauso dazu, wie Fachleute, Berater, Expertenrunden oder ganze Kommissionen – ganz im Sinne eines “schlanken Staates” – zu stellen, die den Abgeordneten bei der Bewertung der Themen helfen. “Dabei nimmt man stillschweigend in Kauf, dass der eingekaufte Sachverstand von Eigeninteressen geleitet ist, oder man setzt das staatliche Interesse mit den privaten Interessen, die hinter dem eingeholten externen Rat stehen, einfach gleich”, kritisiert die Bundesverfassungsrichterin. So werde immer undurchsichtiger, “wer eigentlich Urheber für welche Vorlagen oder Gesetzesentwürfe ist”.
Quelle: Netzwerk Recherche [PDF – 2,7 MB]
Anmerkung H.M.: Die Krake Bertelsmann hat mal wieder zugeschlagen. Oft sind es die kleinen, unspektakulären Meldungen, hinter denen sich eine große Brisanz verbirgt wie bei der geplanten Übernahme des renommierten Brockhaus- Verlages durch Arvato. Falls dieser Verkauf tatsächlich gelingen sollte, so konnte sich der Krake Bertelsmann einen großen Vorteil bei der Manipulation von Informationen verschaffen, denn im Gegensatz zu der in die Jahre gekommenen Brockhaus-Edition darf man wohl davon ausgehen, dass der Bertelsmann Medienkonzern sich nicht sonderlich um ausgewogene, möglichst vorurteilsfreie Informationen bemühen wird.
Konkrete Beispiele: Die EU betreibt ein Agrardumping und vernichtet damit den afrikanischen Nahrungsmittelanbau und damit ist es mehr und mehr so, dass Menschen fliehen müssen. Es werden insbesondere auch durch Fischfabrikschiffe aus der EU Fischgründe abgefischt – innerhalb der verschiedenen Meilenzonen afrikanischer Staaten und es gibt eine rapide Zerstörung traditioneller Fischereidörfer zum Beispiel in der Sahel-Zone, aber auch Mali und Guinea Bissau sind da Beispiele.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
Am Freitag wird der Bundestag darüber entscheiden, ob die Bundeswehr sich an der EU-Operation Atalanta beteiligen soll, mit der Piraten in Somalia militärisch bekämpft werden sollen. Als Kosten für eine einjährige Beteiligung werden 45 Millionen Euro genannt. Die Bundesregierung will an der Operation mit einer Fregatte und bis zu 1400 Soldaten teilnehmen. Neu ist nun allerdings, dass Piraten nicht nur auf der See, sondern nach einem US-Sicherheitsratsbeschluss auf Drängen der USA auch auf somalischen Territorium gejagt werden können.
Quelle: Telepolis
Quelle: Dauerfeuer Verarsche.de
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
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