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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 19. September 2008 um 8:59 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Banker in der Politik – die große Goldman-Familie
Goldman Sachs ist nicht nur die erfolgreichste Investmentbank der Welt. Sie ist in den USA auch eine Kaderschmiede der Politik. Das trifft sich gerade gut – ob Zufall oder nicht.
Gegen Ende von Paulsons Amtszeit hat Goldman Sachs drei Konkurrenten weniger. Paulson sagte, als Konsequenz der Krise müsse die Regulierung der Finanzmärkte grundlegend geändert werden. Vielleicht ein Job für den nächsten “Goldman”? Die Kontinuität spräche nicht dagegen. Schon Bill Clinton hatte mit Robert Rubin einen Goldman-Banker als Finanzminister.
Quelle: Financial Times Deutschland
CSU gerät wegen Landesbank erneut in Bedrängnis
Katastrophale Auswirkungen der Lehman-Pleite für die BayernLB: Die halbstaatliche Landesbank soll viel Geld in Geschäfte mit dem US-Institut investiert haben – nun drohen Ausfälle in dreistelliger Millionenhöhe.
Quelle: sz
Wall-Street-Krise belastet ganze US-Wirtschaft
Nach einem Verlust von 153 000 Stellen landesweit im Jahr 2007 hat die US-Finanzwirtschaft seit Anfang 2008 etwa 110 000 Arbeitsplätze verloren, 25 000 davon in New York. Die auf den Finanzsektor spezialisierte Personalvermittlungsfirma Lucas Group erwartet bis Ende 2008 den Abbau von mindestens 60 000 weiteren Stellen landesweit, bis zu ein Viertel davon in Manhattan. Stadt und Gliedstaat New York müssen ihre Budgets neu erstellen, da sie mit grossen Steuerausfällen rechnen müssen.
Quelle: NZZ
Anhaltende Rezession im US-Wohnungsbau
Die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben fast vergessen lassen, dass negative Nachrichten auch aus der übrigen Wirtschaft kommen können. Das traf am Montag für einen Rückgang der Industrieproduktion um 1,1% zu und ebenso auf die sehr schwachen Verkaufszahlen in der zweiten Septemberwoche, die vom International Council of Shopping Centers gemeldet wurden. Am Mittwoch war wieder einmal die Reihe am Wohnbausektor. Gemäss den Angaben des Handelsministeriums sind die Bauaufnahmen im August gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 6,2% gefallen und lagen damit auf dem tiefsten Stand seit 1982, wenn man einen monatlichen Ausreisser nach unten im Januar 1991 ausnimmt. Vergleicht man die im August in Angriff genommenen Hausbauten mit dem Rekordwert vom Januar 2006, so ergibt sich ein Rückgang um 60%, bei den Einfamilienhäusern allein ein solcher um 65%.
Quelle: NZZ
Hoffentlich staatsversichert
Dass AIG vom Staat gerettet wurde, während Lehman Brothers pleiteging, scheint auf den ersten Blick willkürlich. Dahinter steckt aber eine klare Logik.
Quelle: FTD
Amerika ruft nach dem starken Staat
Die Finanzmarktkrise sorgt für ungewohnte Töne aus den USA: Im Musterland des Kapitalismus werden plötzlich Unternehmen verstaatlicht und Konjunkturpakete geschnürt, der Ruf nach Regulierung wird lauter. Wird der Stimmungswandel von Dauer sein?
Quelle: Spiegel
Anmerkung K.F.: Der Ruf nach dem Staat wird nur so lange ertönen, bis sämtliche Verluste aus der Krise sozialisiert sind.
Lehrstunde in Kapitalismus
Vertrauen kann der Markt nicht herstellen, konnte er noch nie. Das kann nur die Regierung durch Gesetze, Kontrolle und in letzter Instanz Eingriffe in den Markt. Hoffnungsfroh stimmt zurzeit nur, dass in ein paar Jahren, wenn die Krise ausgestanden ist, ein neues Denken vorherrschen wird. Regulierung wird wieder großgeschrieben werden. An die Effizienz freier Kapitalmärkte werden dann selbst Kleinkinder nicht mehr glauben.
Quelle: FR
Anmerkung Orlando Pascheit: Sicherlich ist Vertrauen ein viel zu wenig beachteter, aber unabdingbarer Faktor, der Aktivitäten am Markt erst ermöglicht. Aber Robert von Heusinger verwendet diesen Begriff zu neutral. Vertrauen ging verloren, weil irgendwie der Markt versagte. Das Gegengift ist zunächst die Intervention der Notenbanken und der Staaten. Um die Verluste des Gesamtsystems gering zu halten, wird viel billiges Geld zur Verfügung gestellt und, wenn dies nicht mehr hilft, das Teilsystem Finanzmarkt über Steuermittel saniert. Das wird sehr teuer, wie Heusinger anmerkt, aber die Gesamtwirtschaft ist gerettet. Damit diese Rettung auch nachhaltig ist, setzt Heusinger auf mehr Kontrolle, mehr Regulierung seitens des Staates.
Aber Heusinger bleibt, zumindest in diesem Artikel, bei der Beschreibung des Vertrauensverlustes zu sehr im Symptomatischen verhaftet, wenn er z.B. schreibt, dass niemand einer Bank auch nur einen Cent verleiht, „wenn nicht klar ist, ob er das Geld je wiedersieht, weil auch diese Bank insolvent werden könnte.“ Sicherlich gilt das für die heutige, vor allem US-amerikanische, Situation, aber wie kam es dazu? Nun gibt es zu dieser Frage inzwischen sehr viele und sicherlich ein ganze Reihe kluger Antworten, zu denen Heusinger in seinen Artikeln nicht wenig beigetragen hat, aber ein Aspekt, der Missbrauch des Vertrauens, bleibt doch extrem unterbelichtet.
Sicherlich entsteht Marktversagen auch deshalb, weil Menschen, Institutionen versagen –Inkompetenz, Habgier, Herdenverhalten usw. mögen da eine Rolle spielen -, aber die Citigroup, UBS, Merrill Lynch, die Deutsche Bank, Goldman Sachs usw. haben laut Staatsanwaltschaft New York Anleger bezüglich der Risiken bestimmter Papiere bewusst getäuscht. Das ist Betrug, und dürfen wir wirklich glauben, dies wären Einzelfälle? Oder was ist von einer Bank wie der UBS, dem weltgrößten Vermögensverwalter, zu halten, die US-Bürger (nur die?) systematisch zur Steuerhinterziehung eingeladen hat? Und wie war das, als die Deutsche Bank der IKB von Wertverfall bedrohte US-Hypothekendarlehen verkauft hat? Und ist es nicht so, dass wir im Kleinen bei Banken und Versicherungen oft den Eindruck gewinnen konnten, dass Risiken und Nachteile verschwiegen oder heruntergespielt werden?
Wenn jetzt die Hoffnung auf den Staat gesetzt wird, so müssen wir uns doch klar machen, dass dieser die Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte voran getrieben hat. Und kann man dann nicht mit Recht interessengeleitete Entscheidungen vermuten, wenn die Herren Entscheidungsträger später auf gut bezahlten Posten der Finanzinstitute sitzen? Es geht leider nicht nur um das Vertrauen in die Markakteure, sondern leider auch um den Vertrauensmissbrauch von Politikern, die wie Marktakteure dem kurzfristigen Eigeninteresse frönen. Mögen diese in ihrer reinen Form auch nicht in der Mehrzahl sein, eine Mehrheit hängt auf jeden Fall der vulgärökonomischen, neoklassischen Vorstellung an, dass die Konkurrenz der Nutzenmaximierer ein Gleichgewicht erzeugt, das dem Gemeinwohl dienlich sei und daher, wo es geht, auf das freie Spiel der Marktkräfte setzen. Nur so ist z.B. zu verstehen, dass Bill Clinton die nach 1929 vollzogene Trennung der Investmentbanken von Kundenbanken 1999 aufhob, und so eigentlich den Konkurrenzkampf um immer profitablere, riskantere Geschäfte entscheidend verschärfte. Vor diesem Hintergrund von Dummheit, ideologischer Verbohrtheit und bewusstem Vertrauensmissbrauch erscheint das Vertrauen Heusingers allzu optimistisch: „Hoffnungsfroh stimmt zurzeit nur, dass in ein paar Jahren, wenn die Krise ausgestanden ist, ein neues Denken vorherrschen wird. Regulierung wird wieder großgeschrieben werden.“
Thomas Fricke: Zurück zum Koffer
Wenn an den Märkten nur noch über 40-jährige Ex-Crashopfer unter Eid, psychologischer Betreuung und Bargeldeinsatz handeln würden, hätten Blasen keine Chance mehr. Sagen wir: sehr wahrscheinlich.
Quelle: FTD
Anmerkung KR: Heusinger blendet die Schuld der Entscheider aus, Fricke reduziert die Ursachen der Krise ganz auf persönliches Fehlverhalten.
London: Die Herrscher des Universums sind abgestürzt
Die Finanzkrise hat London erreicht, Massenentlassungen drohen und unter den Bankern macht sich Panik breit
Quelle: FR
Als ihr der angebliche designierte Parteichef einen lukrativen Job auf der Führungsebene der Partei anbot (Generalsekretärin der Bundes-SPD) und vorschlug, dafür Hessen dem Roland Koch zu überlassen, hat sie keine Sekunde gezögert und abgelehnt. “Franz, das geht nicht”, erwidert die linke Andrea dem falschen Münte.
Was hätte SPIEGEL-Redakteur Carsten Volkery erst geschrieben, wenn Ypsilanti dem Bestechungsversuch erlegen wäre? Die hessische Landeschefin der SPD muss verleumdet werden, egal was sie tut, das ist anscheinend beim Hamburger Wochenmagazin die Richtlinie. Seriöser Umgang – das war einmal. Fehlende Argumente werden durch Häme ersetzt. Freilich fällt der Kampagnenjournalismus negativ auf den Spiegel zurück, er sei die Bild-Zeitung der Intellektuellen, behaupten manche.
Quelle: Michael Schöfer
Die kleineren Oppositionsparteien vermuten, dass es auch nach der Vorlage eines Statusberichts zu Asse, dem Wechsel des Betreibers des Salzstocks und der Unterstellung des Endlagers unter die Atomaufsicht historische und aktuelle Ungereimtheiten gebe. Sie vermuten eine große Koalition der Vertuschungen und Nachlässigkeiten in Hannover und Berlin: Fehler seien Politikern der bürgerlichen Parteien zuzuschreiben, mindestens ebenso aber auch der SPD in Hannover und Berlin.
Quelle: FAZ
Aktuelle Auswertung des WSI
Reallöhne: Deutschland hat schwächste Entwicklung in der EU.
Die Reallöhne in Deutschland sind zwischen den Jahren 2000 und 2008 um 0,8 Prozent zurückgegangen. Dagegen stiegen die Löhne in allen anderen EU-Staaten seit der Jahrtausendwende auch preisbereinigt. In mehreren mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern legten die realen Bruttolöhne in diesem Zeitraum um mehr als 100 Prozent zu. Unter den Ländern der alten EU wiesen die Niederlande, Schweden, Finnland, Dänemark, Großbritannien, Irland und Griechenland mit Werten zwischen 12,4 und 39,6 Prozent die höchsten Reallohnsteigerungen auf. In Frankreich wuchsen die Bruttolöhne seit 2000 um 9,6 Prozent und in Österreich, dem Land mit der zweitniedrigsten Wachstumsrate, noch um 2,9 Prozent.
Quelle: Hans Böckler Stiftung
Immer auf die anderen
Europa streitet über Auswege aus der Krise. Deutschland gerät wegen seiner niedrigen Lohnkosten unter Druck.
Die deutschen Lohnstückkosten – also die durchschnittlichen Lohnkosten zur Herstellung eines Produkts – sind im Vergleich zum gesamten Euroraum seit 1999 um 14 Prozentpunkte gefallen. In Italien und Spanien stiegen sie dagegen um mehr als neun Prozentpunkte, in Frankreich um knapp drei Prozentpunkte. Vereinfacht ausgedrückt, hätten es sich deutsche Autobauer leisten können, die Preise ihrer Autos um 14 Prozent zu senken, während die italienische Konkurrenz die Verkaufspreise schon um neun Prozent anheben musste, um keine Verluste zu machen.
Vor der Einführung des Euro hätte Italien die Lira abwerten können – der günstigere Wechselkurs zur D-Mark hätte italienische Produkte billiger und damit konkurrenzfähiger gemacht. In der gemeinsamen Währungsunion geht das nicht mehr. Stattdessen setzte die deutsche Regierung 2005 sogar noch eins drauf: Die schwarz-rote Koalition erhöhte die Mehrwertsteuer und nutzte einen Teil der Mehreinnahmen, um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken – was die Lohnkosten noch einmal drückte.
Quelle: ZEIT
Hoch mit den Löhnen!
Der Staat sollte das Geld den Reichen nehmen und in die Zukunft investieren. Von Michael Schlecht, Chefvolkswirt von verdi.
Quelle: Tagesspiegel
Der »rot-rote« Senat und der nächste Tarifkonflikt ins Haus
Die Argumentation der Vivantes-Spitze gegen diese und andere Forderungen ist stets dieselbe: Die Kassen sind leer. Das wird von ver.di auch gar nicht bestritten. Die Ursache der Finanzmisere sei allerdings darin zu suchen, daß das Land Berlin seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Deckung der Instandhaltungs- und Investitionskosten nicht nachkomme. »Diese Ausgaben zu tragen ist Sache des Senats, nicht der Beschäftigten«, betonte Spies, die den aufgelaufenen Investitionsbedarf des Konzerns auf eine halbe Milliarde Euro schätzt. Rund 40 Millionen Euro haben die Beschäftigten durch ihren Verzicht laut Gernhardt in den vergangenen Jahren bereits aufgebracht. »Wir müssen jetzt den Druck verstärken, damit sich der Arbeitgeber endlich das notwendige Geld dort holt, wo es nach dem System der Krankenhausfinanzierung auch herkommen soll: vom Senat«, meinte der Betriebsrat. Die Tarifkommissionsmitglieder aus Neukölln wollen bei der heutigen Sitzung deshalb den Antrag stellen, die Urabstimmung für einen Streik einzuleiten. »Bei uns kriegen wir von den Stationen die Rückmeldung, daß die Kolleginnen und Kollegen bereit sind, sich mit einem Arbeitskampf zur Wehr zu setzen.«
Quelle: junge Welt
Anmerkung Martin Betzwieser: Hauptsache billig …
Achtung Zudeick – die wöchentliche Ration Satire
Das Erleiden einer Abwahl ist eine Heldentat – so wie bei Herrn Pflüger…
Quelle: Hessischer Rundfunk [Podcast – 2:30 min]
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