Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 9. September 2008 um 8:53 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Wäre die SPD kampfeslustig, sie würde diese Krise – und zwar ein Stück weit zu Recht! – die Hans-Werner-Sinn-BILD-Krise nennen, denn es waren ja jene, die uns die völlige Entfesselung des Finanzmarkts wieder und wieder als Segen für alle angedient haben. Stattdessen: Wegducken, Unterwerfungsgesten. Und das hat Gründe: Denn so sehr die Entfesselung des Finanzmarkts natürlich ein rechtes Projekt war…die Agenda-SPD war Sattelbursch. Rot-grün, wir wollen es nicht verschweigen, hat mitgemacht, hat sogar “nachgebessert”, z.B. im Steuerrecht. Als Bildungsbürger zitiere ich Goethe: Denn alle Schuld rächt sich auf Erden… Das eben ist der Fluch der bösen Tat. Hat die SPD wirklich geglaubt, sie könne Erwerbslose, Geringverdiener (“Leichtlohngruppen”), Gehandicapte, ältere, ständig von irgendwelchen “Übernahmen” bedrohte Arbeiter…kurz: Ihr Klientel wieder und wieder folgenlos vor den Kopf stoßen? Waren und sind die sog. think-tanks innerhalb der SPD wirklich so dumm? Wussten sie nicht, dass man sich mit solch einer Haltung, wie man so sagt, in Schuld verstrickt? Die SPD ist seit 10 Jahren Regierungspartei. Völlig zu Recht bekommt sie die derzeitige Entwicklung eingeschenkt.
Quelle: Hartmut Finkeldeys Blog
Kommentar AM: Gut gesehen, nur bei Müntefering liegt meiner Meinung nach eine Fehleinschätzung vor.
The CEOs claimed to pay themselves for “innovation.” In today’s Orwellian vocabulary financial “innovation” means the creation of special rent-extracting privilege. … The government’s auditors are now finding out that their other innovation was to cook the accounting books, Enron-style. As mortgage arrears and defaults mounted up, Fannie and Freddie did not mark down their mortgage holdings to realistic prices. They said they would do this in a year or so – by 2009, after the Bush Administration’s deregulators have left office. The idea was to blame it all on Obama when they finally failed.
Quelle: Counterpunch vom 8.9.2008
Bei aller Fassungslosigkeit: So funktioniert der Kapitalismus. Klar hätte Amerika seine beiden Immobilienbanken, die gut 5,5 Billionen – oder um es anschaulicher zu machen 5500 Milliarden – Dollar an Hypotheken refinanzieren, pleitegehen lassen können. Doch dann hätten die Banken heute rund um den Globus geschlossen, kämen die Menschen nicht mehr an ihr Geld, die Firmen nicht mehr an ihre Kredite ran und die Finanzminister weltweit hockten in Krisensitzungen. Die Rettung entspricht dem Lehrbuchbeispiel des “too big, to fail”, zu groß, um pleitegehen zu dürfen.
Der Kapitalismus ist ein System, das auf Schulden, auf Kredit fußt. Damit es funktioniert, braucht es Vertrauen. Vertrauen in das Regelwerk, vor allem aber in die Banken, dass sie jederzeit ihren Verpflichtungen nachkommen können. Das konnten Fannie und Freddie nicht mehr. Deshalb musste der Staat ran. Deshalb sind Banken auch keine normalen Unternehmen, unterliegen einer strengeren Überwachung. Sie sind alle quasi-öffentliche Institute, weil in letzter Instanz immer der Steuerzahler haftet. Das müssen allmählich auch die Liberalen einsehen, die dem Markt stets mehr vertrauen als dem Staat. Bei Banken greift das übliche Prinzip, dass der, der versagt, aus dem Markt ausscheidet, nicht. Von Robert von Heusinger.
Quelle: FR
Anmerkung KR: Die Hungerdiät für den Binnenmarkt setzt sich fort. Kerninflation plus Produktivitätssteigerung ist die Zielmarke, um die Spirale nach unten zu durchbrechen, und davon war Deutschland auch im Miniaufschwung weit entfernt gewesen. Die Folgen sehen Sie hier:
Siehe dazu:
Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe im Juli 2008: Real – 0,8% zum Vorjahr
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe nach vorläufigen Angaben arbeitstäglich bereinigt im Juli 2008 einen realen Umsatzrückgang von 0,8% gegenüber dem Juli 2007 (nach revidiert + 1,4% im Juni 2008). Der Inlandsumsatz fiel im Vergleichszeitraum um 0,7%, die Erlöse im Geschäft mit ausländischen Abnehmern nahmen um 1,0% ab. Dabei lag der Umsatz mit den Ländern der Eurozone um 1,9% unter dem Vorjahresniveau, während beim Absatz in das übrige Ausland ein Minus von 0,3% zu verzeichnen war. Inerhalb der umsatzmäßig wichtigsten Wirtschaftszweige schnitt im Juli 2008 die Rundfunk- und Nachrichtentechnik mit einer Zuwachsrate von 4,9% am besten ab (Inland: + 0,4%, Ausland: + 8,0%), gefolgt vom Maschinenbau mit einem Plus von 3,7% (Inland: + 6,8%, Ausland: + 1,3%). Deutlich schlechter fiel das Ergebnis bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen aus, wo ein Rückgang um 6,8% (Inland: – 2,9%, Ausland: – 8,9%) hingenommen werden musste.
Quelle: destatis
“Sollte man den gesetzlichen Kündigungsschutz weiter ausbauen, unverändert beibehalten, eher einschränken oder ganz abschaffen?” Das fragten die Meinungsforscher von polis + sinus im April und Mai dieses Jahres mehr als 2.000 repräsentativ ausgewählte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Untersuchung im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zeigt: Die meisten Beschäftigten sind dagegen, die geltenden Schutzbestimmungen im Arbeitsrecht einzuschränken. Über alle Berufsgruppen hinweg sind die Befürworter des Kündigungsschutzes in der Mehrheit.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
Das Verfahren habe grundsätzliche Bedeutung für die gesamte Branche, denn ähnliche Klauseln fänden sich in fast allen Rürup-Verträgen. Das Risiko, mit einem Rürup-Vertrag Geld zu verlieren, sei enorm hoch, warnten die Verbraucherschützer. Fazit der Verbraucherschützer: Angesichts der Tatsache, dass gut drei Viertel aller Verträge mit einer Laufzeit von 30 Jahren storniert würden, sollten Verbraucher die Finger von Rürup-Verträgen lassen. “Auch eventuelle Steuervorteile wiegen das hohe Risiko des Totalverlustes
nicht auf”, erklärte die Verbraucherzentrale.
Quelle 1:N-TV
Quelle 2:Umweltjournal
Quelle 3:T-Online
Kommentar AM: Der hier wiedergegebene Eindruck widerspricht implizit den eher optimistischen Einschätzungen von Egon Bahr, Fritz Pleitgen und anderen bei Anne Will vor 10 Tagen. Aber diese kritische Einschätzung muss nicht falsch sein.
Krieg ist Ansichtssache
Der Tod zehn französischer Soldaten in Afghanistan hat eine Debatte über den französischen Einsatz und die westliche Kriegsführung ausgelöst.
Quelle: Jungle World
Siehe dazu:
Deutsche Afghanistanbilanz: „Unbefriedigend“
Schlechte Noten erteilen die Autoren eines vom Auswärtigen Amt sowie vom Innen-, Verteidigungs- und Entwicklungsministerium erstellten Konzepts auch der Regierungspraxis in dem Kriegsland. So seien afghanische Regierungsstellen oft unfähig, den Wiederaufbauprozess „eigenständig auszugestalten“. Durchsetzungswilligen Gouverneuren in den Provinzen fehlten finanzielle Ressourcen und Fachberatung. Die Gesetzgebung im Parlament sei „oft langwierig und zäh“, Korruption verbreitet. Die Defizite seien „eine wichtige Ursache für ein sinkendes Vertrauen“ der Afghanen in die Regierung sowie in den guten Willen der internationalen Gemeinschaft. Die Entwicklung der Drogenwirtschaft wird als „unverändert problematisch“ beschrieben.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Bleibt nur die Frage, was die Beseitigung dieser Mängel mit einer Aufstockung der Soldaten von 1000 auf 4500 zu tun hat. Die Studie scheint, wie auch der Tagesspiegel schreibt, nur einem einzigen Zweck zu dienen: Entscheidungen der Koalition festzuschreiben, “die sich schon vor Wochen abgezeichnet hatten.”
Siehe auch:
Bundeswehr in Afghanistan: Wer wirft als Erster die Flinte weg?
Auch wenn der Verteidigungsminister und viele Fachpolitiker immer wieder die Erfolge des Bundeswehrengagements preisen, wissen sie, welche Botschaft zu Hause ankommt: Fast dreißig deutsche Soldaten sind bisher ums Leben gekommen. Und die Gefahr, dass deutsche Soldaten afghanische Zivilisten töten, wächst.
Als jetzt beides zusammenkam, erst ein Patrouillenführer der Bundeswehr durch einen Anschlag starb und anschließend ein deutscher Soldat an einer Straßensperre durch ein Missverständnis eine Frau und zwei Kinder erschoss, versuchte Verteidigungsminister Franz Josef Jung sofort, eine Debatte über einen deutschen Abzug zu unterdrücken. Wer das tue, gefährde die Sicherheit der Soldaten im Einsatz, sagt er. Dahinter steht die Vermutung, dass die Attentäter mit ihren Anschlägen genau diese Debatte beflügeln wollen
Doch die Diskussion über den Sinn des Einsatzes am Hindukusch läuft in Deutschland längst nicht mehr nur in der Opposition, sondern ebenso in der Koalition, vor allem in der SPD-Fraktion. Von den Unions-Abgeordneten stemmen sich nur wenige gegen den Einsatz. Doch die Nervosität steigt auch hier. Sowohl CDU- als auch SPD-Parlamentarier bestätigen, dass die Abstimmung im Bundestag über eine Verlängerung und Erweiterung des Isaf-Mandats und den Einsatz von Awacs-Flugzeugen nur deswegen in den Oktober geschoben worden sei, weil das unangenehme Thema von der bayerischen Landtagswahl Ende September ferngehalten werden solle.
Quelle: FAZ
Die Ärzte zum Todkranken: „Wir haben hier eine völlig neue Medizin – die wird dich wieder munter machen!!“
Quelle: Klaus Stuttmann
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3447