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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 25. August 2008 um 9:13 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Kai Ruhsert
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung K.F.: Es geschehen noch Zeichen und Wunder bei der ZEIT.
Anmerkung KR: Ein Blick in die aktualisierten Sicherheitskriterien des Bundesumweltministeriums [PDF – 240 KB] bestätigt, dass die Kriterien wie von Jungle World beschrieben nachträglich angepasst wurden, um Gorleben zum Endlager erklären zu können.
Trotz der Ereignisse in Asse sind auch keinerlei Hemmungen erkennbar, Sicherheitsnachweise über einen Zeitraum von einer Million Jahre herbeizuphantasieren. Zitat: „Für die wahrscheinlichen Entwicklungen ist für den einschlusswirksamen Gebirgsbereich auf der Grundlage einer geowissenschaftlichen Langzeitprognose nachzuweisen, dass die Integrität dieses Gebirgsbereichs über einen Zeitraum von 1 Million Jahre sichergestellt ist. Hierfür ist vom Antragsteller der einschlusswirksame Gebirgsbereich räumlich und zeitlich eindeutig zu definieren und zu zeigen, dass auch unter Berücksichtigung der eingelagerten Abfälle und geotechnischen Barrieren langfristig ggf. im einschlusswirksamen Gebirgsbereich vorhandenes Porenwasser nicht am hydrogeologischen Kreislauf teilnimmt (kein Grundwasseraustausch zu oberflächennahen Grundwasservorkommen innerhalb des Nachweiszeitraums von 1 Million Jahre, wobei dieser Nachweis in der Regel über eine Alters- oder Herkunftsbestimmung des Porenwassers erfolgt).“
Das Ziel, ein Endlager, ist politisch gewollt und soll wider alle Fakten durchgesetzt werden.
Anmerkung Orlando Pascheit: In dem Artikel ist die Rede von Untersuchungen. Man sollte die Dinge beim Namen nennen: Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo ermittelt wegen Betruges. Vorgeworfen wird den Banken, dass sie die Käufer über die Risiken der Papiere im Unklaren gelassen und sie auch dann noch verkauft hätten, als sie selbst von deren Zweifelhaftigkeit überzeugt gewesen seien. Kurz vor dem Zusammenbruch des 330 Milliarden Dollar schwere Marktes der Auction-Rate-Securities (ARS) sei den Anlegern fälschlich versprochen worden, die speziellen Anleihen seien stets verkäuflich.
Die Ermittlungen konnten bisher dadurch eingestellt werden, dass die Banken die betroffenen Verbindlichkeiten zum Nennwert zurückkauften und eine Busse zahlten. Die Schweizer Grossbank UBS willigte in den Rückkauf illiquider ARS für 19,4 Mrd. Dollar ein und zahlt 150 Mio. Dollar Busse. Die Citigroup kauft Anleihen im Volumen von mehr als 7 Mrd. Dollar zurück und zahlt 100 Mio. Dollar Strafe.
Anmerkung Orlando Pascheit: Die Versicherung der Telekom, dass kein Mitarbeiter im Zuge des Umbaus seinen Arbeitsplatz verlieren würde, ist nur formal richtig. Auch wenn regelmäßige Fahrt- oder einmalige Umzugskosten übernommen werden, ist z.B. das Angebot einer Stelle für die Berliner am Standort Frankfurt/Oder für viele Arbeitnehmer nicht realisierbar. An einem Erfolg von Ver.di mag man auch nicht so recht glauben. Als im vergangenen Jahr die Telekom ca. 50 000 Mitarbeiter in drei Servicegesellschaften ausgelagerte, hat Ver.di trotz Protesten an der Basis den Arbeitskampf abgebrochen und sich auf die deutlich schlechteren Bedingungen einlassen müssen: Mehr Arbeit und weniger Geld.- Jenseits der aktuellen Auseinandersetzung ist es kaum zu fassen, dass die Telekom nach 13 Jahren nichts mehr anderes übrig bleibt, als auf der Personalkostenschiene der Konkurrenz Paroli zu bieten.
Anmerkung Orlando Pascheit: Nur zur Erinnerung. Mittlerweile überträgt “arvato government services” die “Erfahrungen aus vielen privatwirtschaftlichen Outsourcing- und Transformationsprojekten auf die öffentliche Verwaltung” (Website arvato services). Wie das geht, kann man nicht nur im fernen England (East Riding), sondern nun auch Würzburg bewundern. Im Pilotprojekt ” Würzburg integriert” sollen alle Abläufe in der Würzburger Kommunalverwaltung über eine zentrale Internetplattform laufen. Durch die Schaffung dieser einen Anlaufstelle sollen Personal und etwa 27 Mio. Euro während der Laufzeit von zunächst zehn Jahren eingespart werden, davon gehen 10 Mio. an die Stadt, 10 Mio. betragen die Projektkosten und Arvato bleiben 7 Mio. Euro Gewinn.
Im Outsourcing von kommunalen Dienstleistungen sieht Arvato-Chef Rolf Buch den Markt der Zukunft. Bei 1,5 Millionen Menschen in der kommunalen Verwaltung und Lohnkosten von etwa 70000 Euro pro Jahr und Arbeitnehmer kommt Buch auf einen Markt von 105 Milliarden Euro. Zwar könnten nicht alle Dienstleistungen ausgelagert werden, aber ca. 20 Prozent. Das wäre ein Markt von mehr als 20 Milliarden Euro, also so viel wie der derzeitige Umsatz von Bertelsmann.
Dagegen geht es in Potsdam aus Sicht des Konzerns um vergleichsweise wenig, aber das Vorgehen zeigt beispielhaft, was nicht nur auf einige ehemalige Callcenter der Telekom zukommt, sondern auf eine Bertelsmann-Republik Deutschland. Unbeeindruckt von einer eigenen Umfrage, in der 84 Prozent der Befragten einen einheitlichen Mindestlohn forderten, setzt Bertelsmann auf Lohndrückerei und Nötigung. – Wenn man die obengenannten Lohnkosten von Beschäftigten in der kommunalen Verwaltung (70.000 Euro) und den geplanten Bruttojahresverdienst der Beschäftigten im Callcenter (15.000 Euro) vergleicht, bekommt der für Bertelsmann lockende Profit Konturen.
Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist vielleicht auf einer elementarpsychologischen Ebene verständlich, dass die Berufspolitiker der Schrödermannschaft und ihr Gefolge ihre Jahre an der Macht nicht grundsätzlich in Frage stellen können, indem sie die Politik Agenda 2010 und ihre vielfältigen Auswirkungen hinterfragen, aber dass ein Doktor der Philosophie mit einer so schwachen, geradezu erbärmlichen Argumentation daherkommt, lässt erahnen, wie schwer sich unsere Eliten von einem einmal eingeschlagenen Kurs lösen können – bis in den Untergang.
Schwach und nun wirklich nicht mehr neu ist die Vorstellung, dass der gewaltige Aderlass und das Aufkommen der Linkspartei ein Kommunikationsproblem gewesen sei. Immerhin räumt Nida- Rümelin ein, dass die Agenda der Partei geschadet habe, aber: “Man muss ja unterscheiden zwischen dem, was einer Partei nützt, und dem, was politisch wohl begründet ist.” Man kann auch sagen, der dumme Pöbel hat nichts begriffen, dafür war und ist man im Besitz der alleinseligmachenden Wahrheit.
Erbärmlich ist die nähere Begründung der Agendapolitik. Da wird einfach das Schlagwort von der “Erosion der Finanzierungsgrundlage der sozialen Sicherungssysteme” in Deutschland in die Runde geworfen. Wann hat man diesen Zusammenhang einmal erläutert bekommen? Erschütternd ist, dass Nida -Rümelin tief in das menschenverachtende Repertoire der Clementschen Argumentationskiste greift: Die Grundlinie der Agenda-Politik, der aktivierender Sozialstaat sei richtig gewesen, “auch um sich gegen einen Trend zu stellen, … der für viele Regionen Deutschlands, nicht nur im Osten, zunehmend charakteristisch ist, dass sich nämlich ein Teil der Bevölkerung einrichtet in dieser Lage. Das heißt: ein hohes Maß an Transferleistung in der Bevölkerung prozentual. Berlin ist sogar als Stadt ein Beispiel dafür, wie Kinder schon in diesem Bewusstsein aufwachsen, das ist die normale Lebensform. Das aufzubrechen, war absolut richtig.” – Muss man das kommentieren?
Es ließe sich noch manches zu diesem Interview sagen, beispielsweise über den angeblichen Zusammenhang zwischen der Agenda 2010 und den 1,5 Mio. gewonnenen Arbeitsplätzen, aber der NDS-Leser kennt diese Diskussion zur Genüge. Man kann auch manch Lesens- und Bedenkenswertes in dem Interview lesen, Nida -Rümelin ist ein kluger Mann. In seinem Festhalten an der Agenda 2010 steht er nicht allein, seiner unwürdig ist die Begründung – für den Menschen und Philosophen unverzeihlich.
Siehe dazu auch:
Hartz IV wirkt: Das Wunder am deutschen Arbeitsmarkt
Einige Ökonomen sprechen schon vom Wunder am deutschen Arbeitsmarkt. Die wirtschaftliche Entwicklung schwächt sich ab, im zweiten Quartal ist die deutsche Wirtschaft sogar geschrumpft. Doch die Arbeitslosigkeit sinkt. Im Aufschwung der letzten zwei Jahren ging die Arbeitslosigkeit stärker zurück als jemals zuvor in der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Quelle: FAS
Anmerkung KR: Was diese Journaille wohl schreiben wird, wenn die Arbeitslosigkeit im Verlaufe des Abschwungs wieder steigt?
Auf den NachDenkSeiten haben wir solche Erfolgsmeldungen schon des öfteren kommentiert. Mehr Druck auf Millionen Arbeitslose ist angesichts der viel kleineren Zahl an Jobs auch rein ökonomisch betrachtet so sinnvoll wie der Glaube, beim Gesellschaftsspiel „Reise nach Jerusalem“ würde schließlich jeder einen Sitzplatz finden, wenn nur alle schneller um die Stühle rennen.
Dank des weltweiten Aufschwungs entstanden nahezu überall in Europa mehr Arbeitsplätze – unabhängig davon, welchen Ehrgeiz die lokalen Sozialdemokratien entwickelten, die Machtposition ihrer Stammwähler im Verteilungskampf um das Volkseinkommen zu schwächen.
Anmerkung: Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Diese Internetseite ist „eine Initiative der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See“, wird also offensichtlich mit Rentenversicherungsbeiträgen finanziert, heißt in der Überschrift „Ihr unabhängiger Altersvorsorge-Berater“ und dann machen sie Werbung für private Altersvorsorge – natürlich nicht für ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Anbieter. Stellen wir uns das mal analog bei einem „normalen“ marktwirtschaftlichen Unternehmen vor. „Unsere Produkte werden auch in Zukunft das Kernstück für Ihre Versorgung sein. Doch ohne zusätzliche Produkte der Konkurrenz wird sich die gewohnte und gewünschte Qualität künftig in aller Regel nicht halten lassen. Deshalb soll die zusätzliche Versorgung mit Produkten der Konkurrenz noch größere Verbreiterung finden. Wir organisieren für einen Teil unserer Umsätze, die wir von Ihnen für unsere Produkte erhalten, Kurse für Sie, bei denen Sie am besten lernen, wie Sie unsere Produkte mit Produkten anderer Anbieter ergänzen können“. Das ist doch ein Schildbürgerstreich. Bitte auch das Zahnfleischmodel unten rechts beachten – „Riestern rechnet sich“ mit Ausfüllhilfe etc.
Anmerkung Orlando Pascheit: Die Schweiz als “Ölland”, man lernt nie aus.
Anmerkung unseres Leser K.F.: 40 Millionen für das Geplapper von Waldi und Kerner. Zum Ausgleich konnten Zuschauer, die sich für den Olympia-Dop-Zirkus nicht interessieren, uralte Wiederholungen im jeweils anderen öffentlich-rechtlichen Programm ansehen. Danke ARD und ZDF.
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