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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 30. Mai 2008 um 8:51 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Für einen Betrieb wie diese Badelandschaft sind Menschen wie Anke Pissier (Zeitarbeiterin) deutlich günstiger als die Festangestellten. Weil bislang keine Zuschläge für Spät- oder Wochenendschichten bezahlt wurden, werden sie bevorzugt zu unbeliebten Zeiten eingesetzt. “Dem Chef ist es natürlich lieber, wenn die Zeitarbeiter arbeiten”, sagt eine, die nach dem öffentlichen Tarif bezahlt wird. “Die Schichten werden so eingeteilt, dass es für den Betrieb am günstigsten ist.”
Quelle: stern
Anmerkung: Da hat mal wieder ein Ökonometriker sein Grenzprodukt-Modell eingesetzt, ein Denkmodell mit dem man angeblich ausrechnen kann, wie viel mehr ein „Leistungsträger“ gegenüber einem niedrig Qualifizierten bei seiner letzten im Produktionsprozess eingesetzter Arbeitseinheit erwirtschaftet. Nun hat zwar bisher keiner der neoklassisch inspirierten Ökonomen auch nur näherungsweise ausrechnen können, was jeder einzelne im jeweiligen Produktionsprozess erwirtschaftet, aber dass ein Mindestlohn von 7,50 Euro 1,2 Millionen Arbeitsplätze vernichten könnte, meint man sie mit diesem Denkmodell errechnen zu können.
Abgesehen, dass dieses Gleichgewichtsmodell auf ziemlich schlichten theoretischen Annahmen basiert, es ist auch noch ökonomisch falsch: In der Wirklichkeit einer Marktwirtschaft bestimmt die Knappheit der Produktionsfaktoren auf den einzelwirtschaftlichen Märkten den Preis. Wenn aber die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmerseite auf dem Arbeitsmarkt so geschwächt ist, dass die Arbeitgeberseite ein Lohndumping durchsetzen können, dann bedarf es eines Mindestlohns als Rahmenbedingung.
Das Schlimme ist, dass solche neoklassischen Modelle immun gegen die Empirie sind. Wenn das Modell die Wirklichkeit träfe, müsste in den 18 von 25 Staaten der EU, die einen Mindestlohn haben, eine weitaus höhere Arbeitslosigkeit herrschen als bei uns.
Siehe dazu:
Mindestlöhne stabilisieren Einkommen – kein Hinweis auf Jobverluste
Vgl. dazu auch Mindestlohn in Deutschland notwendig – Kein Gegensatz zwischen sozialer Gerechtigkeit und Beschäftigung
Anmerkung WL: Das Thema „Schuldenbremse“ sollte man nicht unterschätzen, schließlich ist die nationale Fiskalpolitik derzeit das einzige Instrument, um national unterschiedliche Wirkungen von Konjunkturschocks zu kompensieren. In der gegenwärtigen Diskussion um Schuldenbremsen bleiben zum einen die Gründe für den Anstieg der Staatsschulden in der Vergangenheit – deutsche Einheit, umfangreiche Steuersenkungen, konjunkturbedingte Steuerausfälle – völlig ausgeblendet, zum anderen wird der stabilisierungspolitischen Aufgabe der Finanzpolitik ein viel zu geringes Gewicht beigemessen. Wie immer eine Schuldenbremse konstruiert sein mag, bezieht sie ihre Problematik daraus, dass sie einer prozyklischen Finanzpolitik Vorschub leisten wird. Man kann den Autoren nur Recht geben: Voraussetzung für eine Konsolidierung ist nicht eine Schuldenbremse sondern ein Konjunkturaufschwung. Schon darüber lässt sich jedoch trefflich streiten. So sieht die Bundesregierung trotz eines deutlichen Wachstumsrückgangs und trotz wachstumsgefährdenden Indikatoren immer noch einen „robusten Aufschwung“ und lehnt konjunkturstimulierende Maßnahmen strikt ab.
Für richtig halte ich auch, dass die üblichen Begründungsmuster für Schuldenbremsen wie z.B.
das der Generationengerechtigkeit falsch sind. Zwar werden die finanziellen Lasten aus der Verschuldung tatsächlich auf die nächste Generation vererbt, wenn nicht konsolidiert wird. Dies kann aber gut begründet sein. Denn es gilt, dass zukunftsorientierte Staatsausgaben in späteren Perioden auch Nutzen bzw. Einkommen stiften. In der Gegenwart erspart die Kreditfinanzierung ein höheres Steueropfer und ermöglicht einen höheren Konsum. Dies heißt nicht, dass die Gegenwart auf Kosten der Zukunft lebt, denn von der Investition heute profitieren vor allem zukünftige Generationen. Deshalb haben sie sich auch an der Finanzierung in Form von Zins- und Tilgungszahlungen zu beteiligen. Ferner werden nicht nur Zins- und Tilgungslasten vererbt, sondern auch die zugehörigen Forderungen. Deshalb kann auch nicht die Rede sein von einem Verteilungskonflikt zwischen den Generationen, sondern allenfalls von einem Konflikt zwischen (künftigen) Steuerzahlern und den (künftigen) Gläubigern der Staatsschulden.
Ich stimme auch folgender Aussage zu:
Die Argumentation, dass aus Gründen der Demographie, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder eine Ausdehnung der Staatstätigkeit erfordere, der Staat kurzfristig enthaltsam sein muss, um Spielraum nach oben zu haben, überzeugt nicht. Diese Vorstellung geht von der falschen Annahme aus, man könne heute vorab gesamtwirtschaftlich Geld sparen, um es morgen in sogar höheren Beträgen ausgeben zu können. Es führt aber kein Weg daran vorbei, dass die Versorgung der Rentner immer aus der Rendite der jeweiligen Periode geleistet werden muss, sei es im Umlageverfahren durch Abgaben auf das Lohneinkommen der Beschäftigten, sei es im Kapitaldeckungsverfahren durch entsprechenden Verbrauch von Gewinn- und Vermögenseinkommen der Rentner.
Anmerkung: So werden durch Stilllegungen Gewinne erwirtschaftet, die vom Steuerzahler finanziert werden. Wie gesagt: Die Bahnprivatisierung versteht man nur, wenn man fragt wer daran verdient.
Siehe auch:
„Ein Tribunal gegen Gysi“
Quelle: FR
Quelle: attac
Anmerkung: Die SPD will also wieder in die Mitte rücken, so oder so ähnlich lauten heute sämtliche Überschriften. Diese Schlagzeilen sind ausnahmsweise nicht eine Erfindung des Meinungsmainstreams, sie wurde den Berichterstattern von Hubertus Heil, als er den 11-seitigen Text unter dem Titel „Aufstieg und Gerechtigkeit“ veröffentlichte, mit Sicherheit so in die Feder diktiert. Dieses „Positionspapier“, das gemeinsam von Parteichef Kurt Beck, seinen drei Stellvertretern Steinmeier, Peer Steinbrück und Andrea Nahles sowie von Generalsekretär Hubertus Heil und Schatzmeisterin Barbara Hendricks vertreten wird, soll auf dem für das Wochenende in Nürnberg geplanten sog. „Zukunftskonvent“ beraten werden und in das sozialdemokratische Regierungsprogramm 2009 eingehen.
Interessant ist, dass dieses Papier offenbar an die Presse gegangen ist, aber auf der Website der SPD nicht zu finden ist. (Ich kann mich also nur auf die Berichterstattung darüber stützen.) Dass die Beratungsunterlage für den SPD-Zukunftskonvent zuerst an die Presse geht, bevor es die SPD-Mitglieder zur Kenntnis bekommen, ist kennzeichnend dafür, dass es – wie bei der SPD-Rechten üblich – einmal mehr darum geht, einen Richtungsschwenk von oben herbeizuführen. Das auf dem Hamburger Parteitag verabschiedete Grundsatzprogramm, das den SPD-Reformern ohnehin nie schmeckte, kann man also getrost im Papierkorb entsorgen. Übereinstimmend wird berichtet, dass dieses Positionspapier spürbar die Handschrift der sog. „SPD-Modernisierer“ wie Steinmeier oder Steinbrück trägt, sie wollen also ihre Niederlage auf dem Parteitag nachträglich in einen Sieg verwandeln.
Besonders absurd ist, dass die SPD-Spitze sich damit für eine mögliche Zusammenarbeit mit der FDP öffnen will, einer Partei also die wirtschafts- und sozialpolitisch noch rechts von der Union steht.
Was der Presse inhaltlich über den Text zu entnehmen ist, so handelt es sich dabei um das typische Wortgeklingele der „Modernisierer“. Da ist die Rede von „Aufstiegskultur“, von der „solidarischen Mehrheit“, vom „sozialen Aufstieg für alle“, von „Leistungsgerechtigkeit“, man müsse „gleiche Chancen schaffen…damit Leistung sich für alle lohnt“ (Leistung muss sich lohnen, das kennt man doch von woher), einmal mehr wird eine „Bildungsoffensive“ versprochen usw. usf. Es ist wohl die übliche sprachliche Schönfärberei mit der man hofft, von der tatsächlich verfolgten Agenda-Politik ablenken zu können.
Die SPD-Rechte ist von der fixen Idee besessen, dass die Sozialdemokraten mit Parolen, mit denen sie vor allem die (zerbröckelnde) Mittelschicht zu erreichen meint, wieder aus ihrem miserablen Ansehen bei den Wählerinnen und Wählern herauskommt. Sie schreibt also bewusst mindestens ein Viertel der Wählerinnen und Wähler ab. Die Linke wird sich freuen. Und vor der Hoffnung auf eine Koalition mit der FDP steht Schwarz-Grün oder Jamaika, denn CDU, FDP oder die Grünen haben die Wählerklientel schon längst für sich geholt, die die SPD mit diesem Papier ansprechen will.
Dazu passt:
Umfrage: Links-Bündnis knapp vorn
Eine Regierung aus SPD, Grünen und Linken im Bund hätte laut einer neuen Umfrage in der Bevölkerung derzeit eine knappe Mehrheit. Ein solches Links-Bündnis käme auf 48 Prozent, während Union und FDP zusammen 47 Prozent erhielten. Dies ergab die am Mittwoch veröffentlichte Forsa-Umfrage für das Magazin «Stern» und den Fernsehsender RTL. Danach fiel die Union im Vergleich zur Vorwoche um einen Punkt auf 35 Prozent zurück. Damit liegen CDU/CSU unter ihrem Ergebnis bei der letzten Bundestagswahl 2005, wo beide Parteien zusammen auf 35,2 Prozent kamen. Die SPD verharrte mit 23 Prozent der Erhebung zufolge weiter in ihrem Tief. Die Linke stieg auf 14 Prozent (plus 1), die Freien Demokraten kamen erneut auf 12 Prozent und die Grünen wieder auf 11 Prozent.
Quelle: lycos
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