Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 29. April 2008 um 9:49 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin
Anmerkung: Die einen leben eben auf dem Sonnendeck, die anderen schuften im Maschinenraum. Sozial ist was Arbeit schafft.
Die Sendung, auf die wir bereits vorher hingewiesen hatten, ist auch im Nachhinein als Podcast verfügbar.
Quelle: Deutschlandradio Kultur [Podcast, ca. 55 min, ca. 18 MB]
Anmerkung WL: Aber die private Vorsorge ist ja so sicher.
Siehe dazu auch:
Schlechtestes Quartal für Schweizer Pensionskassen
Die Schweizer Pensionskassen haben in den ersten drei Monaten im Durchschnitt eine Minusperformance von 5,59 Prozent erzielt. Gemäss einem Marktbeobachter hat das bis Ende März 6 bis 8 Prozent aller Pensionskassen in die Unterdeckung getrieben. Allerdings bestehe kein Grund zur Panik.
Quelle: NZZ
Kommentar Orlando Pascheit:Das Schweizer Rentensystem wird häufig als vorbildlich für Deutschland dargestellt. Es ruht auf drei Säulen: der staatlichen Rentenversicherung, den betrieblichen Pensionskassen und der privaten Vorsorge. Die ersten beiden, obligatorischen Säulen tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Die Beiträge der dritten Säule ist freiwillig und wird steuerlich gefördert, geht aber ganz zu Lasten der Arbeitnehmer.
Die erste Säule ist kann durchaus als beispielhaft bezeichnet werden, da jeder Bürger, Arbeiter und Angestellte, Beamte wie Selbständige knapp 10 Prozent des Einkommens einzahlen. Eine Höchstgrenze wie in Deutschland gibt es nicht, d.h. ein Manager mit einem Einkommen von 1 Mio.Franken zahlt 50.000 und der Arbeitgeber legt die gleiche Summe dazu. Allerdings dient die erste Säule nur der Grundsicherung. Die ausbezahlten Renten liegen zwischen 1.000 und 2.110 Franken. Den Lebensstandard sollen die beiden anderen Säulen sichern.
Die zweite Säule, das Vermögen der Pensionskassen wird am Kapitalmarkt angelegt. Und hier wird einmal mehr deutlich, dass die kapitalgedeckte Rente, trotz äußerst konservativer Anlagestrategien, eine höchst unsichere Angelegenheit ist. Allein im Gefolge des Börsencrashs 2000 sind 10 Prozent des Versichertenkapitals vernichtet worden. Die Reaktionen der verantwortlichen Politiker kommen einem bekannt vor: Senkung der Mindestrendite der Guthaben in den Pensionskassen von 3 auf 2 Prozent, Rentenanpassung nicht mehr jedes Jahr, sondern nur noch alle zwei Jahre und die übliche Forderung nach einer Erhöhung des Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre.
Die Verluste der Schweizer Pensionskassen wegen der vom US-Immobilienmarkt ausgelösten Kreditkrise werden zwar in obigem Artikel schön geredet, aber immerhin sind rund 6% des von Schweizer Pensionskassen verwalteten Vermögens allein im 1.Quartal dieses Jahres verloren gegangen, und die Krise ist noch nicht vorbei. Da darf man schon mal fragen, ob die nicht unbeträchtlichen Beiträge, die ein Arbeitnehmer in die Pensionskasse einzahlt, nicht im Umlagesystem der ersten Säule besser aufgehoben wären.
Anmerkung: „Das Elterngeld ist eine gute Sache. Unterm Strich profitieren alle davon“, schreibt die Welt. Dass arme Familien schlechter dastehen als früher bleibt unerwähnt. Einkommensschwache Familien profitieren nicht von den höheren Sätzen, die sich am Gehalt bemessen. Nur neun Prozent der Antragsteller bekommen ein monatliches Entgelt von über 1000 Euro.
Schlechter stellen sich vor allem alle Arbeitslosengeld II- (bzw. Sozialhilfe- und Grundsicherungs-) Bezieher/innen: Sie bekamen bisher über zwei Jahre hinweg 7.200 Euro und erhalten jetzt wahlweise über ein oder zwei Jahre hinweg nur noch 3.600 Euro.
Die destabilisierende Kraft der Spekulation reduziert man am besten mit etwas Sand. Sand ins Getriebe streuen, lautet die richtige Forderung. Die Kosten des Börsenhandels sind drastisch gesunken. Gleichzeitig sind die Handelsvolumina exorbitant gestiegen. Und die Blasen haben überhand genommen. Das hat nichts mit zu laxer Geldpolitik zu tun, wie Freunde freier Märkte gern behaupten. Die Kosten müssen wieder steigen. Das geht am einfachsten über eine Spekulationssteuer. Auch Zugangsbeschränkungen und gesetzliche Handelsbegrenzungen müssen ganz oben auf der Agenda stehen.
Quelle: FR
Anmerkung: Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Boom im Steuerfluchtland Irland (12,5 Prozent Steuern auf Unternehmensgewinne [PDF – 88 KB) künstlich ist und auf Kosten anderer EU-Mitgliedstaaten geht. Interessant ist, dass ein Wachstum von 2,4 Prozent in der FTD als „Absturz“ gilt, während bei uns eine Wachstumsprognose von weit unter zwei Prozent als „robuster Aufschwung“ bezeichnet wird. Die Iren legen deshalb ein Investitionsprogramm von 184 Milliarden Euro auf, bei uns hält man konjunkturelle Stützungsmaßnahmen für Teufelszeug.
Anmerkung: Eine gespaltene Gesellschaft grenzt sich mit Sicherheitszäunen ab.
Anmerkung: Die Freiheit der „unternehmerischen Hochschule”
Anmerkung T.H.: Die Kritik im Frontal-21-Beitrag ist weitgehend systemimmanent, d.h. man misst den Bachelor an seinen Zielen, anstatt die Ziele selbst einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Ich denke, gegen den Bologna-Prozeß ist folgendes ins Feld zu führen:
Anmerkung: Welchen Sinn hat es, sich um die demographische Entwciklung zu sorgen, zugleich aber so wenig dafür zu tun, dass die nachrückende Generation ihr Potential entfalten kann
10,5 Prozent der Ausfalltage von Arbeitnehmern gehen laut des BDP-Berichts auf psychische Probleme zurück. Im vergangen Jahr waren dies noch 6,6 Prozent. Die von der Weltgesundheitsorganisation gesteckten Ziele zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz erreicht Deutschland damit nicht. Ursachen liegen dem BDP-Bericht zufolge in Zeitdruck, Komplexität der Arbeit und Verantwortung der Beschäftigten, fehlenden Partizipationsmöglichkeiten, prekären Arbeitsverhältnissen wie Leiharbeit und Zeitarbeit, mangelnder Wertschätzung, defizitärem Führungsverhalten sowie einem Ungleichgewicht zwischen beruflicher Verausgabung und erhaltener Entlohnung.
Nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch die permanente Sorge um den Arbeitsplatz, so geht aus dem Bericht hervor, ist mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden. Arbeitsüberlastung, hoher Erfolgsdruck und Mangel an sozialer Anerkennung führen unter denen, die permanent um ihren Job fürchten, zu ausgeprägten sozialen Spannungen und chronischem Stress.
Kosteneinsparungen in Unternehmen und die daraus zum Teil erwachsende stärkere Arbeitsbelastung führen nicht nur zu einer höheren Zahl von Krankentagen aus psychischen Gründen, sondern verändern das Arbeitsklima: Intrigen und Mobbing nehmen zu. Auch die berufsbedingte Trennung von Partnern, die mit der gesellschaftlich geforderten Flexibilität von Arbeitnehmern häufig einhergeht, führt zu psychischen Belastungen, insbesondere bei Frauen, die mit Berufstätigkeit und Familienarbeit stärker gefordert bis überfordert sind.
Quelle: Personal-Magazin
Liebe Nachdenkseiten-Redaktion,
zunächst möchte ich mich für den exzellenten Service bedanken. Ich empfinde die Nachdenkseiten als unverzichtbaren Teil eines kritischen Medienkonsums. Ihren Hinweisen, Anmerkungen und eigenen Artikel kann ich in großen Teilen nur zustimmen.
Zu einer kürzlich gemachten Anmerkung, habe ich jedoch eine andere Meinung, und zwar zu der folgenden:
Wie steigende Steuern Ihre Lohnerhöhung auffressen
Mehr Gehalt – aber weniger Geld in der Tasche: Trotz kräftiger Lohnerhöhungen stehen viele Deutsche am Ende des Jahres finanziell schlechter da. Schuld ist der progressive Steuertarif. Der Staat knöpft seinen Bürgern damit 63 Milliarden Euro zusätzlich ab.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung WL: Der Spiegel einmal mehr auf dem Steuersenkungskurs der FDP.
Der üble Trick: man vermengt die Inflationsrate mit der Steuerprogression. Beide haben nun wirklich nichts miteinander zu tun.
Hierzu ist folgendes zu sagen:
1. Die Inflationsrate hat eindeutig etwas mit der Steuerprogression zu tun. Ihre Anmerkung ist insoweit schlicht falsch. Die progressive Besteuerung knüpft die prozentuale Steuerlast an bestimmte Einkommenshöhen. Da diese Einkommenshöhen nominal festgelegt sind, verändert sie ihre reale Höhe (also ihre Höhe in Gütern gemessen) mit der Inflation.
2. Dem Spiegel neoliberale Argumentationsmuster zu unterstellen, ist angesichts seiner Berichterstattung grundsätzlich nachvollziehbar. Im vorliegenden Fall geht die Kritik jedoch fehl. In dem Artikel wird das Problem der kalten Progression (also der zunehmend stärkeren Besteuerung auch niedrigerer Einkommen) zutreffend beschrieben, und es werden auch die richtigen Gegenmaßnahmen (nämlich die Erhöhung der Bemessungsgrenzen um die Inflationsrate) dargestellt. Daran gibt es m.E. nichts auszusetzen.
3. Unabhängig vom Spiegelartikel ist zu sagen, dass die kalte Progression den Grundfehler des deutschen Steuer- und Sozialversicherungssystems verstärkt, welches Gering- und vor allem Mittelverdienende vergleichsweise stark, Vielverdienende jedoch vergleichsweise gering belastet. In Deutschland trägt schon ein gut verdienender Kleinunternehmer oder Freiberufler dieselbe prozentuale Steuerlast wie ein Multimilliardär. Dies lässt sich mit der Steuerprogression zu früheren Zeiten nicht vergleichen, schon gar nicht mit einer Progression, wie sie in den USA nach dem ersten Weltkrieg oder nach dem New Deal herrschte. Das deutsche Steuersystem enthält kaum noch progressive Elemente. Der Bereich der Progression ist gering, ihre umverteilende Wirkung begrenzt. Ein Schritt in die entgegengesetzte (und m.E. richtige) Richtung wäre die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Beseitigung des völlig irrationalen sog. “Mittelstandsbauches” im Progressionsschema und die Erhöhung der Bemessungsgrenzen, so dass nur die wirklich gut Verdienenden auch eine wirklich hohe Belastung tragen.
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3191