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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 22. April 2008 um 9:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung AM: Das ist wieder ein Hammer. Mit öffentlichem Geld werden die Spekulationsgewinne beglichen. Und was heißt „vorübergehend“? Werden die schlechten Risiken dann wieder zurückgegeben?
Der Widerstand gegen die Privatisierungspläne wächst innerhalb und außerhalb der SPD. Mittlerweile haben die Landesverbände Berlin und Bayern den Vorschlag der “AG Bahnreform” verworfen. Auch aus vielen untergeordneten SPD-Gliederungen gibt es entsprechende Beschlüsse. Die Arbeitnehmer in der SPD haben am Wochenende während ihres Bundeskongresses in Kassel gar gefordert, “alle Pläne für einen Börsengang ohne reines Volksaktienmodell aufzugeben”. Das Bündnis “Bahn für Alle” wuchs um gleich zwei weitere Mitgliedsorganisationen und wird nun von 17 Organisationen getragen.
Quelle: Linkszeitung
Dazu:
SPD überstimmt sich selbst
Der taz liegt ein Papier vor, das zeigt, dass Transnet die 24,9-Prozent-Marge bereits aus einem Tarifvertragsentwurf entfernt hat. Laut Hubertus Heil ist der Tarifvertrag mit 24,9-Bindung ein “Ziel” – und Ziele muss man bei Tarifverhandlungen bekanntlich auch mal aufgeben. Die Hürde “Tarifvertrag” der SPD ist sehr niedrig, wenn man genauer hinschaut. Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger und sogar 56 Prozent der FDP-Wähler sind gegen eine Bahnprivatisierung. Die Reform der Bahn hätte 2009 ein äußerst effektives Wahlkampfthema für die SPD werden können – wenn sie sich nur an ihre eigenen Beschlüsse gehalten hätte.
Quelle: TAZ
Anmerkung G.K.: Mit dem durch den Beschluss der SPD-Gremien jetzt absehbaren Börsengang der Bahn AG ändert sich am Quasi-Monopol der Bahn im Schienenverkehr überhaupt nichts, die Bahn sieht sich als Massendienstleister (wie die Energiekonzerne) weiter einer nur wenig elastischen Nachfrage ihrer Kunden gegenüber. Allerdings kann sich nach diesem Privatisierungsschritt der Bahnvorstand endlich ganz ohne moralische Skrupel „sachlich-wirtschaftlich“ wie ein kalt rechnender Privat-Monopolist und Kapitalist verhalten.
Der SPD-Beschluss ermöglicht nach seiner Umsetzung in Regierungshandeln a) der internationalen Finanzwelt den Erwerb sicherer und lukrativer Wert-Papiere eines großen deutschen Quasi-Monopolisten und b) der mit der Privatisierungsdurchführung beauftragten Rechtsanwaltslobby die begehrten Provisions-Millionen. Nach den absehbaren, weiteren Schritten der Privatisierung werden dann die ausgeschütteten Bahn-Jahresgewinn-Milliarden nicht mehr an die Allgemeinheit bzw. den Finanzminister gehen (der mit diesen Mitteln seine eigenen und die unsozialen Maßnahmen der Schröder-Ära zurücknehmen oder abschwächen könnte, so er wollte), sondern in schon prall gefüllte Privat-Taschen fließen, und die Schere der Einkommens- und Vermögensverteilung hierzulande wird sich weiter zu Lasten der Arbeitnehmer und kleiner Transfereinkommensbezieher öffnen.
Siehe auch nochmals:
Bahnprivatisierung – Von Wortbruch redet niemand
Siehe auch:
Anmerkung Orlando Pascheit: Geradezu lächerlich ist die Vorstellung, ein Investivlohn könne etwas an grundlegenden aktuellen Verteilungsproblemen ändern, der Lücke zwischen sinkenden Reallöhnen und explodierenden Gewinnen. Das ist reine Augenwischerei. Abgesehen davon, dass die Steueranreize letztlich vom Steuerzahler finanziert werden, wie sollen die die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und der mittelständischen Wirtschaft von einer solchen Regelung profitieren?
Dazu auch:
Mitarbeiterbeteiligung à la carte
Ein halbes Jahr haben sie verhandelt, nun stellten Sozialminister Olaf Scholz und CSU-Chef Huber stolz ihr Modell zur Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen vor. Und siehe da, es ist ein kruder Kompromiss: Ein bisschen Deutschlandfonds, ein bisschen Sparerfreibetrag, ein bisschen direkte Beteiligung.
Im schlimmsten Fall treffen Politiker gut gemeinte Entscheidungen, die kein Mensch versteht.
Quelle: stern
Anmerkung WL: Ich gestehe, dass ich bisher auch nicht erkennen kann, was denn nun der Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD sein soll, außer dass man sich auf Subventionen für die Arbeitnehmer und Steuererleichterungen für die Unternehmen geeinigt hat.
Zu den beiden Modellen noch einmal:
Die Kapitalbeteiligungsmodelle von CDU/CSU und SPD ein teurer und wenig zielführender Umweg
Anmerkung AM: Am Spiegel-Artikel lässt sich die Beschränktheit unserer der Wirtschaft nahestehenden Wissenschaftler und der dazugehörenden Journalisten ablesen. Zum Beispiel: Ob 100.000 Ingenieure fehlen, ist doch nicht einfach so abzuzählen. Das ist doch z.B. auch eine Frage des Gehalts, das man ihnen zahlt. Warum kommen z.B. die Ingenieure nicht aus den EU-Staaten zu uns, sie könnten doch jederzeit hier arbeiten? Diese Vertreter der deutschen Wirtschaft und des deutschen Wirtschaftsjournalismus müssten erst mal ein bisschen Marktwirtschaft lernen, dann wüssten sie, dass man eine solche Feststellung überhaupt nicht treffen kann.
Zum Beispiel wird behauptet, der demographische Wandel werde das Problem verschärfen. Die Demographie darf natürlich nicht fehlen. Was haben diese Menschen für Vorstellungen davon, welches Tempo der demographische Wandel hat und welches Tempo im Vergleich dazu eine verstärkte Ausbildung von Ingenieuren und technisch gut ausgebildeten Arbeitskräften haben könnte? Letzteres ist selbstverständlich um vieles flexibler und schneller als der demographische Wandel. Diesen mit einer solchen Frage wie der hier erörterten zu verbinden, ist zwar in diesen Zeiten der Nachplapperei üblich. Es wird damit aber nicht richtiger und treffender.
Anmerkung KR: Engpässe gibt es sicher, aber daran ist die Industrie doch selbst schuld. Anfang der Neunziger etwa waren massiv Stellen gestrichen worden, Mitte der Neunziger war es nahezu aussichtslos, als Ingenieur eine technische Tätigkeit zu suchen. Wer wollte da noch Ingenieur werden? In Baden-Württemberg hatte damals eine Regierungskommission empfohlen, die Studienkapazitäten für Ingenieurwissenschaften zu verkürzen. Inzwischen hat die Anzahl der Studienanfänger wieder deutlich zugenommen, mit dem Ergebnis, dass z.B. in Aachen 2007 ein lokaler numerus clausus eingeführt wurde. Es ist ja ganz schön, dass jetzt wieder Werbung für das Ingenieurstudium betrieben wird, aber haben nicht auch die Hochschulen unter der Überschrift „Qualitätssicherung“ die Studierenden durch „Herausprüfen“ geradezu systematisch vergrault, anstatt sie beim Studium angemessen (d.h. wie in anderen Ländern üblich) zu unterstützen?
Zur Erinnerung:
Was für den – wohlgemerkt: christdemokratischen – Niederländischen Minister für Soziales und Arbeit, Piet Hein Donner, eine Selbstverständlichkeit ist, dass nämlich Zeitarbeiter und fest Angestellte in einem Betrieb vom ersten Tag an gleiche Rechte genießen sollten, ist für den – wohlgemerkt: sozialdemokratischen – deutschen Minister für Arbeit und Soziales, Olaf Scholz (der, nebenbei bemerkt, von Hause aus Arbeitsrechtler ist), keinerwegs eine Selbstverständlichkeit, sondern etwas, das er politisch bekämpft. Gemeinsam mit seinem britischen Kollegen kämpft Scholz übrigens auch dafür, dass die EU Wochenarbeitszeiten von mehr als 60 Stunden zulässt.
Quelle: Redaktion forced labour
Siehe dazu:
Leiharbeit: In jedem vierten Entleihbetrieb werden Stammbeschäftigte ersetzt
Gut ein Drittel der mittleren und größeren Betriebe in Deutschland hat in den vergangenen beiden Jahren Leiharbeiter beschäftigt. Zahl und durchschnittliche Einsatzdauer der Zeitarbeiter sind in vielen dieser Entleihbetriebe gestiegen. In jedem vierten Entleihbetrieb haben Leiharbeiter regulär Beschäftigte ersetzt. Das ergibt sich aus der neuen Betriebsrätebefragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung. Die Untersuchung ist repräsentativ für alle Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern und Betriebsrat. Rund 12 Millionen Menschen sind in Deutschland in solchen Betrieben beschäftigt.
Quelle: WSI
Anmerkung Orlando Pascheit: „Die Renditen im Umlageverfahren werden sinken und insofern jüngere Generationen belastet. Insgesamt wird die private Vorsorge im Rahmen der Alterssicherung absehbar an Gewicht gewinnen …. Bei einer zu erwartenden weiter steigenden Lebenserwartung erscheint perspektivisch nicht zuletzt das Rentenalter als wichtiger Anpassungsparameter.“ Was hat die Herren Einfallslos aus Frankfurt nur getrieben, das Mantra der Versicherungswirtschaft und ihrer gelehrten Lobby von Sinn über Miegel bis Raffelhüschen herunterzuleiern. Wir wären ja so dankbar, wenn doch wenigstens einmal eine originelle Idee aus der neoliberalen Rechenkiste springen würde. Nun ja, es ist die Bundesbank, zweifellos eine Autorität im Lande, nur dass sie in ihrem Hauptgeschäft, mit Aktionen und Vorschlägen zur aktuellen Finanzkrise auch nicht gerade durch eine sonderliche Originalität aufgefallen ist.
Natürlich ist das mit den 68,5 Jahren Gewäsch, das wissen die Herren auch. Immer noch fallen Regelaltersgrenze von 65 Jahren und reales Berufsaustrittsalter weit auseinander, tatsächlich ist die Altersarbeitslosigkeit immer noch sehr hoch, auch Arbeitsunfähigkeit spielt eine Rolle. Die Zahl der Beschäftigten mit vorzeitigem gesundheitlichen Verschleiß mag sich in Zukunft verkleinern, dass aber selbst bei fortschreitenden medizinischen Kenntnissen alle älteren Arbeitnehmer in ihrer körperlichen und psychischen Konstitution bis zum 65. oder gar 68. Lebensjahr arbeiten könnten, ist mehr als unwahrscheinlich. Für viele Berufe, wie z.B. in der Alten- und Krankenpflege, in Montagebereichen der Automobilindustrie, im Transport- und Verkehrswesen oder im Baugewerbe gelten faktische Höchstaltersgrenzen, die eine Weiterarbeit schon bis zum 65. Lebensjahr praktisch unmöglich machen.
Muss man dies und mehr wirklich immer wieder aufzählen? So bleibt denn das Megageschäft der Finanzwirtschaft, die Forderung nach einer Ausweitung der kapitalgedeckten Rente übrig. Angesichts des nur durch den Staat aufgehaltenen Zusammenbruchs der Finanzwirtschaft ist die Aufforderung, das mühsam Ersparte unbelehrbaren Zockern zu überlassen, besonders dreist. Es mag ja auch nicht gerade neu sein, aber wie wäre es mit der Heranziehung alle Einkommen zur Finanzierung des Rentensystems, mit einer stärkeren Einbeziehung der Bestverdienenden?
Das hatte Steinbrück schon am 4.4. im Deutschlandradio angedeutet:
“Steinbrück: Ja, ich weiß. Das ist das Thema, dass sie falsche Anreize setzen für diejenigen, die sich verzockt haben und die eigentlich vom Markt bestraft werden müssen. Aber so leichtfertig geht man zum Beispiel in dem von mir zitierten Fall über 24 Milliarden Euro Einlagen, die dann einem Insolvenzverfahren unterliegen, auch nicht hinweg. Das sind ja andere Banken. Das kann eine Raiffeisenbank sein, das kann eine kleine Sparkasse sein, das kann eine Krankenversicherung sein, die dort ihre Einlagen hat – in diesem Fall bei der IKB -, und der sagen Sie dann, die vergessen sie mal. Was glauben Sie, was das für Folgen haben kann. Das müssen sie politisch abwägen in einer Verantwortung, die wahrzunehmen ist.”
Anmerkung AM: Weil man die Krankenkasse retten will, werden auch die anderen Zocker gerettet. Das ist ein Vorwand.
Anmerkung Orlando Pascheit: Einmal mehr gilt es zu betrauern, dass die USA nicht begriffen haben, dass auch die in der arabischen Welt einzigartige Teilhabe der Frauen am Erwerbsleben und in den staatlichen Institutionen während des Baath-Regimes ein Ausgangspunkt und ein echtes Kriterium für die Demokratisierung des Iraks gewesen wäre.
Anmerkung Orlando Pascheit: Wie war das noch mit Menschenrechten in China: “Wir stehen zu europäischen Freiheits-Werten und kommunizieren das auch in unserem täglichen Umgang mit unseren chinesischen Geschäftspartnern.” betonte der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels, Anton Börner.
Siehe auch:
Behind TV Analysts, Pentagon’s Hidden Hand
Quelle: NYT
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Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3170