(KR/WL)
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- Hessischer Landesparteitag: SPD öffnet sich den Linken
Bei keiner Wahl seit 2001 habe die SPD so stark zulegen können wie in Hessen, doziert Ypsilanti. Mit ihrem klaren Profil für mehr soziale Gerechtigkeit habe die hessische SPD in der Mitte der Gesellschaft die Landtagswahl gewonnen: “Wir wissen, wo die Mitte ist.” Keine andere Partei ist unter Sozialdemokraten so unbeliebt wie die hessische CDU. Am Ende stimmt der Parteitag mit übergroßer Mehrheit einem Antrag des Landesvorstands zu, der die SPD-Landtagsfraktion auffordert, einen Politikwechsel zu organisieren und dazu auch das Gespräch mit den Linken zu suchen. Eine Große Koalition schließt der Parteitag aus.
Quelle: FR
- Für Wahrheit nicht zuständig
Erhard Eppler über Unterschiede beim Wortbruch von Angela Merkel, Hildegard Hamm-Brücher und Andrea Ypsilanti.
Quelle: SZ
- Frédéric Lordon: Die Zocker setzen auf den Staat
Letztlich sind es ja auch die Ersparnisse der Arbeitnehmer, die in der Finanzwelt verspielt werden. Die angloamerikanischen Ökonomien haben uns vorgeführt, wie man die Umverteilungssysteme für die Altersversicherung entsorgt, um damit Zugriff auf die enormen Ersparnisse der Arbeitnehmer zu bekommen und diese über die Pensionsfonds in die Finanzmärkte zu pumpen.
Der besondere Charme dieses neuartigen finanziellen “Universalismus”: Wenn die Märkte auf Tauchstation gehen, sind es nunmehr alle Arbeitnehmer, die den Schaden davontragen.
Der Irrsinn wäre auf diese Weise vollkommen: Auf der einen Seite fallen die Steinlawinen, die sich in der Finanzwelt lösen, den Arbeitnehmern auf die Füße, auf der anderen Seite können es die Betroffenen nicht mehr wagen, die Strukturen des Finanzsystems auch nur anzutasten, weil das unter den herrschenden Verhältnissen einem Attentat auf ihre eigene Altersversorgung gleichkäme.
Quelle: Le Monde diplomatique
Ungerecht verteilte Last
Reiche als melkende Kühe, oder die Mär vom gerechten deutschen Steuersystem. Ein Zwischenruf von Sven Giegold, ATTAC Deutschland.
Quelle: Junge Welt
Kommentar Orlando Pascheit: Leider verbreiten nicht nur einzelne Politiker, dass die reichen zehn Prozent der Bevölkerung den größten Teil des Steueraufkommensaufkommens aufbringen, sondern auch die „Forscher“ vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wirken mit an dieser Mär. So titelt der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) Nr. 46 vom 15. November 2007 mit „Besserverdienende zahlen die Zeche“. Natürlich mag es statistisch korrekt sein, wenn das IW dann schreibt: „Tatsächlich finanzieren in Deutschland die höheren Einkommen den Sozialstaat. So trägt das obere Drittel der Haushalte 62 Prozent der Finanzierungslast.“ Daraus wird dann aber schnell die Behauptung, dass die Reichen den Staat finanzierten.
Aber skandalös ist nicht nur die bewusste Verwechslung der Einkommenssteuer mit dem gesamten Steueraufkommen, sondern dass diese Art von Statistik die soziale Wirklichkeit total verzerrt. Und wenn das IW diese Zahlen dem „Gerede von einer Umverteilung von unten nach oben“ gegenüber stellen möchte, dann liegt es schlicht falsch. Unser Steuersystem ist keineswegs so solidarisch, wie uns von interessierter Seite weisgemacht werden soll.
Es ist davon auszugehen, dass sich die von Sven Giegold aufgeführte Ungleichheit der Einkommensverteilung inzwischen weiter verschärft hat. Das DIW (2007) hat in einer Studie erstmals auch die sehr hohen Einkommen vollständig erfasst. Basis ist das auf der Personenebene gemessene Markteinkommen (brutto, vor Steuern und Sozialbeiträgen) mit den drei Komponenten Lohneinkommen, Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit und Vermögenseinkommen. Die 10 % der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen konnten ihren Anteil am gesamten Markteinkommen von 1992 bis 2001 auf fast 42% erhöhen. Die oberen 0,001 % der Einkommensbezieher konnten einen realen Einkommensanstieg um 35% erzielen, die kleine Gruppe der 65 Superreichen sogar um über 50 %, während das durchschnittliche Markteinkommen im Beobachtungszeitraum stagnierte. Das DIW geht davon aus, dass sich aufgrund bisher vorliegender Informationen des Sozio-oekonomischem Panels (SOEP) die für den Zeitraum 1992 bis 2001 gezeigte zunehmende „Ungleichheit und Konzentration der Markteinkommen in den letzten Jahren verstärkt hat“.
Laut IW mag zwar das obere Drittel der Einkommenspyramide 62 Prozent der Finanzierungslast des Sozialstaats finanzieren, dieses Drittel vereinte aber bereits 2002 laut DIW 80% des gesamten Markteinkommens auf sich. Die reichste Schicht trägt keineswegs proportional zu ihren Einkünften zum Sozialstaat geschweige denn zum Staatsbudget bei. Mit dieser Art von Statistik soll nur die gesellschaftliche Tendenz zur Entsolidarisierung verschleiert werden. Der Normalverdiener wird ungleich stärker belastet, zudem wenden untere Einkommensbezieher einen relativ höheren Anteil ihrer Einkünfte für indirekte Steuern auf.
Es ist mehr als bedauerlich, dass die SPD diese Entwicklung ignoriert, vielmehr das paritätische Beitragssystem beschädigt hat, und die die Diskussion um Einbeziehung aller Einkommensarten bzw. um einen solidarisch finanzierten Steuerzuschuss zur Wahrung des Sozialstaats offensichtlich eingeschlafen ist. Mehr als merkwürdig ist in diesem Zusammenhang, dass selbst Gewerkschaftskreise eine Senkung der Lohnnebenkosten fordern. Denn nicht nur die Verlagerung der Beiträge zur Sozialversicherung vom Arbeitgeber auf die Arbeitnehmer beinhaltet eine Lohnsenkung, sondern ebenso die Senkung der Lohnnebenkosten. Lohnnebenkosten sind Bestandteil des Lohnes. – Es ist von einer gewissen Tragik, dass bezüglich der der Rettung des Sozialstaates sowohl auf der Kapitalseite als auch auf der Arbeitnehmerseite eine ideologische Verblendung im Sinne eines falschen Bewusstseins besteht.
- Schrauben-Milliardär Würth im Visier der Staatsanwaltschaft
Wieder ein prominenter Topmanager unter Verdacht – und diesmal könnte der Ansehensverlust sogar den von Klaus Zumwinkel in den Schatten stellen: Wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Unternehmer Reinhold Würth.
Quelle: Spiegel Online
- Bahnverkauf: Mehdorn drängelt weiter
Aufsichtsrat der Bahn fordert schnelle Entscheidung zur Privatisierung. Am Montag tagt erstmals die entscheidende SPD-Arbeitsgruppe zum umstrittenen Bahnverkauf. 70 Prozent der Deutschen wollen eine Bahn in komplett öffentlichem Besitz. Das Holdingmodell widerspreche dem Beschluss des Hamburger SPD-Parteitages, kritisierte Juso-Chefin Franziska Drohsel am Freitag. Die Bahn wäre kein integrierter Konzern mehr, zudem hätten private Investoren Einfluss auf das Unternehmen. Wenn das Versprechen des Parteitages gebrochen werde, “wird an der Basis der Teufel los sein”, warnte Drohsel. Notfalls könne es einen Sonderparteitag geben.
Um einen solchen Parteitag einzuberufen, müssten mindestens zwei Fünftel von insgesamt 26 SPD-Landes und -bezirksverbänden dafür votieren. Derzeit werde von der Parteispitze bereits Druck auf die Landesverbände ausgeübt, auf so einen Schritt zu verzichten, heißt es in der SPD.
Quelle: TAZ
- Ein bisschen Lidl ist überall
Der Konzern Lidl gilt als exemplarisch für einen schlechten Umgang mit Beschäftigten. Doch es gibt viele Möglichkeiten, die Würde von Mitarbeitern zu verletzen – Beispiel Nokia, Allianz oder Daimler.
Quelle: SZ
- “Aufgezwungen und unnötig”
Die elektronische Gesundheitskarte kommt. Ärzte und Datenschützer bezweifeln ihren Nutzen und warnen vor totaler Transparenz
Im April 2008 erfolgen konkrete Schritte zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für alle versicherten Patienten in der Bundesrepublik. Dafür werden Kartenlesegeräte in Arztpraxen bereitgestellt, mit denen die neue Karte ebenso wie die alte Versichertenkarte gelesen werden kann. “Fast unbemerkt”, so kritisieren die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges e. V. (IPPNW), werde “Europas ehrgeizigstes Großprojekt verwirklicht: Die elektronische Totalvernetzung des deutschen Gesundheitswesens.” Beschlossen wurde das Projekt vom Bundestag bereits 2004. Mit der Gesundheitskarte kommt ein umfassendes System zur zentralen Speicherung von Gesundheitsdaten.
Quelle: Telepolis
- SPD-Wirtschaftsflügel kritisiert Rentenerhöhung
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag: „Das geht auf Kosten der Jüngeren, die wegen der demographischen Entwicklung überhaupt keine Chance haben, ein dem heutigen Rentenniveau vergleichbares Altersgeld zu erreichen“. Zudem verzögere die Rentenerhöhung die geplante Senkung der Rentenbeiträge von derzeit 19,9 auf 19,3 Prozent.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger
Anmerkung: Wend sollte sich nicht wirtschaftspolitischer „Sprecher“ der SPD-Bundestagsfraktion nennen, sondern wirtschaftspolitisches „Sprachrohr“. Seine politische Kompetenz besteht seit Jahren darin, von anderen gelieferte Schlagworte weiterzuverbreiten, siehe z.B. “BILD macht Stimmung gegen die Rentenerhöhung”.
- Hungerlöhne bleiben legal
Millionen Menschen in schlecht bezahlten Jobs müssen sich auch künftig mit Stundenlöhnen von 4,50 oder 5,30 Euro abfinden. Der von der großen Koalition gewählte Weg, Mindestlöhne über das Entsendegesetz im Tarifgefüge zu verankern, wird nur wenigen Geringverdienern helfen. Vor Ablauf der Frist am heutigen Montag haben sich nur fünf, überwiegend kleine Branchen bereit erklärt, der schwarz-roten Idee zu folgen.
Quelle: FR
- Lohndumping und Morddrohungen
Türkische Bauarbeiter in München wehren sich gegen Hungerlöhne: Lohndumping bei ausländischen Wanderarbeitern ist kein Einzelfall. Das Schema ist immer gleich: Die von Subunternehmern engagierten Beschäftigten arbeiten nicht nur weit unter den Tarif- zund Mindestlöhnen, sondern werden oft auch noch um das letzte bißchen Geld betrogen, das ihnen zusteht. Für die von größeren Firmen beauftragten Sub- und Sub-sub-Unternehmen ist dies ein lukratives Geschäft. Sie kassieren nicht nur die Differenz zwischen offiziellem und tatsächlich ausgehandeltem Lohn, sondern behalten zusätzlich oft einen Teil des letzteren ein. Widerstand der Betroffenen ist selten, denn in vielen Fällen sind sie erpreßbar, da die Aufenthaltsgenehmigung an einen Arbeitsvertrag geknüpft ist und sie bei Jobverlust mit Ausweisung aus Deutschland bedroht sind. Die Bezahlung erfolgt bar – ohne Beleg. Die Arbeiter dürfen keine Stundenzettel führen.
Quelle: Junge Welt
- Deutschland hat das rückständigste Streikrecht
Ein sozialdemokratischer Gewerkschafter hat ein Buch über den politischen Streik zusammengestellt: „Während in fast allen europäischen Ländern der politische Streik erlaubt ist und auch praktiziert wird, ist er in der Bundesrepublik tabuisiert. Warum?
Ein Grund ist die vordemokratische Rechtsprechung aus den 50er Jahren, die den politischen Streik faktisch illegalisiert hat. Ein weiterer ist die Zurückhaltung der Gewerkschaften, die sich immer noch an die nicht mehr funktionierende »Sozialpartnerschaft« klammern. Die Medien, die immer tendenziöser werden, und die neoliberale Politik von CDU, FDP und Teilen der SPD und Grünen tun ein Übriges dazu.“
Quelle: Junge Welt
- Zu guter letzt:
Anmerkung zu unserem Beitrag „Private Rente im Schulalltag“ v. 28.3.08
Aufgrund des Beitrages “Private Rente im Schulalltag” möchte ich etwas aus eigener Erfahrung zum Thema Riester-Rente beitragen. Vorweg: Ich finde es erschreckend wie weit die Lüge schon zur Wahrheit mutiert zu sein scheint, wenn selbst Lehrkörper diese im Unterricht verkünden.
Wie schlimm die Lüge über die angeblich kaputte gesetzliche Rente schon fortgeschritten ist, konnte ich bei einem Besuch bei meiner Sparkasse erleben. Grund meines Besuches bei dem Kundenberater meines “Vertrauens” war eigentlich die Absicht etwas zu sparen. Dafür hatte ich mir ein so genanntes Tagesgeldkonto ausersehen, welches einen höheren Zinssatz als ein einfaches Sparbuch verspricht. Der Kundenberater meiner Sparkasse nutzte die Gelegenheit meines seltenen Besuches zur kompletten Analyse, was sich in der Frage widerspiegelte, welche Versicherungen ich denn so hätte.
Natürlich kam dann das Thema auch schnell auf die Altersvorsorge.
Auf die Frage, ob ich schon „privat vorsorgen“ würde (Riester-Rente), antwortete ich ihm, an einer Riester-Rente hätte ich keinerlei Interesse und eine so genannte Brutto-Entgeltumwandlung hätte ich schon wieder eingestellt.
Entsetzter Blick seinerseits und die Frage nach dem Warum folgte. Ich erklärte ihm, dass man bei einer Brutto-Entgeltumwandlung seinen Anspruch auf die gesetzliche Rente schmälern würde, was er kopfschüttelnd verneinte.
Dann musste ich dem jungen Berater vor Augen halten, dass ein geringeres Einkommen logischerweise auch zu geringeren Sozialabgaben führt, und somit auch zu einem geringeren Rentenanspruch. Ob sich dann die Entgeltumwandlung im Jahre X (mit Besteuerung, Krankenkassen- und Pflegeversicherungsabzügen) gegenüber dem jahrelangen Verzicht auf Summe Y, und der einhergehenden Minderung Z der gesetzlichen Rente einen greifbaren Ausgleich liefern kann, stellte ich ihm zur Frage.
Schwammige Antworten, und schon ein fast dogmatisches Wiederholen von auswendig gelernten Phrasen echoten mir entgegen.
Und die unglaubliche Aussage meines Beraters: “Die gesetzliche Rente ist tot!”
Dann aber der Höhepunkt unseres Kundenberatungsgespräches.
Es fällt ein Name, welcher schon so oft in den Medien als so genannter Rentenexperte genannt wurde: Bernd Raffelhüschen.
Und die Aussage, dass mein Berater bei diesem Herrn (welcher, nach Aussage meines Beraters, für irgendein Wirtschaftsinstitut tätig ist) ein Seminar absolviert hat. Lobend und überzeugt von Herrn Raffelhüschen und seinen Aussagen erzählt mir der Berater von diesem Seminar.
Dass ich ihm darauf sage, dass Herr Raffelhüschen Berater der INSM ist und Lobbbyist der privaten Versicherungswirtschaft, lässt meinen Berater schweigen. Scheinbar weiß er nichts von diesen Interessenskonflikten, glaubt aber trotzdem, dass die gesetzliche Rente am Ende sei und private Vorsorge das Allheilmittel.
Herr Raffelhüschen und Co. haben an ihm ganze Arbeit geleistet. Genauso wie an dem Lehrer in dem o.g. Beitrag.
Wenn nicht endlich eine kritische Berichterstattung in den Medien erfolgt, so ist zu befürchten, dass die Lüge wohl doch zur Wahrheit wird, und dies still und heimlich.
Sebastian Lühr