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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 14. März 2008 um 9:34 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Wolfgang Lieb
(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
Anmerkung: „Die Privatisierung des sozialen Schutzes ist falsch“ sagt Frau Buntenbach richtigerweise. Allein, der DGB beteiligt sich daran:
Das RentenPlus des DGB ist eine Riester-Rente zum günstigen Sondertarif exklusiv für Gewerkschaftsmitglieder und deren Angehörige ohne betriebliche Altersvorsorge. Hierfür haben wir namhafte Unternehmen gewinnen können. Die Vorteile von Das RentenPlus sind
- eine hohe garantierte Rente,
- eine hohe staatliche Förderung,
- günstige Sondertarife,
- und eine gute Beratung.
Überzeugen Sie sich selbst!
Anmerkung Martin Betzwieser: Selbst wer die Unterrichtskonzepte für Lehrer/innen und Schülerinnen aus Zeitgründen nur oberflächlich durchschaut, bekommt den Eindruck, es mit einer Auftragsarbeit der Finanz- und Versicherungsbranche zu tun zu haben. Aber der „Rentenklicker“ ist ein Internetportal der Deutschen Rentenversicherung Bund. Einige der Themenbereiche in den Unterrichtsprospekten sind:
Und es kommt noch toller: In der Rubrik „Tipps und Tricks für Schülerzeitungsmacher“ ist u.a. ein Link für die Seite „Zukunft klipp und klar“ aufgeführt, welche vom Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV e.V. betrieben wird. Auch dort gibt es Unterrichtsmaterial, welches mit der Qualitätsmarke von der Gesellschaft für Pädagogik und Information e. V. (GPI) ausgezeichnet ist. „Das Medienpaket zum Thema soziale Sicherung und private Vorsorge besteht aus Lehrer- und Schülermagazinen …“
Quelle 2: Rentenblicker
Quelle 3: Zukunft Klipp und klar
Schulunterricht wird für subversive Werbeaktionen missbraucht. Das letzte bisschen Stabilität der gesetzlichen Rente wird mittel- bis langfristig ruiniert. Und das wird mit Steuern und (zweckentfremdeten !!!) Rentenversicherungsbeiträgen subventioniert.
Als würde das Schlachtvieh Werbung für den Schlachthof machen.
Und zwar durch einen völlig überflüssigen Richtungsstreit in den eigenen Reihen: Ausgelöst durch die Erfolge der Linkspartei warnen die starken Reste der Schröder-SPD um Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück – eifrig unterstützt von Ex-Wirtschaftsminister und Noch-SPD-Mitglied Wolfgang Clement – vor einem „Linksruck“ im ganzen Land und speziell in der eigenen Partei. Damit verfällt die Sozialdemokratie erneut in ihren alten Fehler: die Diskurshoheit in nacheilendem Gehorsam allein den vermeintlich „Bürgerlichen“ und ihren Medien zu überlassen, die nach wie vor zu einer schwarz-gelben oder schwarz-grünen Koalition tendieren. So warnte „Die Zeit“, kaum war die Hessen-Wahl geschlagen, mit Vehemenz vor den vermeintlichen Rattenfängern Lafontaine und Gysi. „Immer linker“ hieß der alarmistische Aufmacher, „Ist dieser Linksruck wirklich gefährlich?“ die dazu passende, suggestiv- rhetorische Frage.
Tatsächlich stellt der Erfolg der Linkspartei jedoch noch längst keinen Linksruck dar, von der beschworenen „roten Gefahr“ ganz zu schweigen. Er ist vielmehr Ausdruck der Tatsache, dass sich die Bundesrepublik seit 1989 dramatisch von ihrer einstigen sozialökonomischen Verfasstheit entfernt hat. Die soziale Spaltung des Landes greift immer tiefer; bis weit in die Mittelschichten hinein herrschen heute Perspektivlosigkeit und schiere Angst. „Altersarmut, das ist absehbar, wird zu einem Massenphänomen, sie verändert grundlegend das Gesicht des Landes und den Alltag seiner Bürger. […] Mancher, der in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts im schicken Neubaugebiet aufgewachsen ist, wird froh sein, wenn er in den 30er Jahren des 21. Jahrhunderts nicht im Armenasyl endet.“ Diese alarmierende Prognose steht heute nicht etwa im Manuskript von Oskar Lafontaine, sondern im „Spiegel“ – in den vergangenen Jahren alles andere als bekannt für sozial sensible Berichterstattung.
Quelle: Linksnet
Manche empirische Studien zeigen sogar, dass ein maßvoller Mindestlohn auch positive Beschäftigungseffekte haben kann. Beispielsweise können Unternehmen Stellen schneller besetzen, wenn sie einen Mindestlohn zahlen. In der internationalen Literatur wird dieser Effekt stark diskutiert. Nur in Deutschland ignoriert man ihn.“
Quelle: ZEIT
Anmerkung Volker Bahl: Beck verteidigt Schröders Agenda. So titelt heute ( 13.3.08 ) die SZ zum fünfjährigen Jahrestag der Agenda 2010 – und lässt Beck im Untertitel fortfahren : “Reform brachte eine Million neue Arbeitsplätze” und – DGB : Hartz IV stürzt Hunderttausende in Armut Was ich daran “begrüße” ist , dass nun über die Tatsachen und Fakten der Agendapolitik gestritten wird – und die Million Arbeitsplätze sind ja laut IMK und Bofinger ( in seinem Minderheitsvotum zum “Arbeitsmarkt” im SVR-Gutachten 2007/2008 ) kaum nachweisbar, sondern auf andere Einflüsse – nämlich den Konjunkturaufschwung , der einem boomenden Weltmarkt vor allem zu verdanken war – zurückzuführen.
Aber jenseits diesen Streites , der wohl kaum zugunsten von Beck`s Behauptung empirisch und ökonomisch ausgehen kann, sehe ich die Dramatik der Hartz-Reformen noch viel stärker in ihrer Wirkung auf die Löhne. Was Gewerkschafter die “politische Organisierung des freien Falles der Löhne” nennen, hat seine Auswirkungen auf das ganze Sozialsystem, das an den Löhnen anknüpft. Deutlich hat diesen Skandal noch einmal zuletzt das IMK in seinem Report Nr. 27 (vom März 08 – S. 7)gemacht : “Die entscheidende Rolle beim Aufbau des Lohndruckes spielten die Arbeitsmarktreformen, die teilweise schon in den 90-er Jahren implementiert worden waren. Ein Höhepunkt wurde jedoch unter der rot-grünen Regierung mit der Agenda 2010 und den sie begleitenden Hartz-Reformen erreicht.”
Und weiter zur Beschäftigungswirkung – dieser angeblichen 1 Mio. – wird festgestellt: Auch die Beschäftigung entwickelte sich im jüngsten Aufschwung mit einer Zunahme von 2 Prozent nicht übermäßig stark. Die Zahl der Arbeitslosen ging zwar um gut 700 000 Personen zurück. Dies liegt jedoch auch daran, dass geburtenstarke Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden. – Und noch einmal klar und deutlich: “Die versprochene Beschäftigungsdividende – Ergebnis der Hartz-Reformen – für Lohnmoderation und Arbeitsmarktflexibilisierung fiel damit aus”. Ausgebreitet haben sich jedoch vor allem atypische Beschäftigungsverhältnisse. Und diese Entwicklungen setzten die Löhne für reguläre Beschäftigung auch weiter unter Druck. ( vgl auch Böckler-Impuls 4/2008 – S.3)
Dieser Lohndruck beim “Exportweltmeister” Deutschland – mit all seinen unsozialen Folgen schon hierzulande – entwickelt aber nicht nur eine europäische Dimension, sondern direkt auch seine Sprengkraft für das so vielgepriesene “europäische Sozialmodell”, denn andere Länder – nicht zuletzt Frankreich “müssen” in diesem Wechselkreis der Lohndrückerei nach unten mit einsteigen, wollen sie nicht ökonomisch in diesem Wettrennen in Europa auf der Strecke bleiben.- In diesen Zusammenhang muss man auch den Streit um den deutschen Mindestlohn zwischen Union und SPD sehen.
Die Folgen sind dann nicht nur bei der wachsenden Armut zu besichtigen , sondern auch bei der Mittelschicht – für die Schröder einmal mit dem Slogan die “Neue Mitte” angetreten war – die nachdem sie über lange Zeit in ihrer Größenordnung stabil war, inzwischen einer rapiden Erosion ausgesetzt ist ( Siehe DIW-Wochenbericht Nr. 10 / 2008 “Schrumpfende Mittelschicht – Anzeichen einer dauerhaften Polarisierung der verfügbaren Einkommen” ) Derartige Entwicklungen gefährden unsere Gesellschaft und die Demokratie insgesamt auf Dauer. Angesichts dieser Fakten und den zuletzt für diesen Konjunkturaufschwung (!) gar weiter gefallen Löhnen, hat man enorme Schwierigkeiten Beck`s Verteidigung der Agenda zu verstehen: “Deflationiert sanken die realen Nettolöhne je Arbeitnehmer in diesem Konjunkturaufschwung um 3,5 %” (IMK-Report Nr. 27 “Wer profitierte vom Aufschwung?”, S. 7 )
Anmerkung WL: Lesen Sie diesen Artikel einmal in Ruhe durch und fragen Sie sich danach, ob Sie außer der seit fünf Jahren üblichen Rhetorik der „veränderten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen“ irgend ein Argument finden, wodurch welche „Reformen“ was bewirkt haben. Es ist ein Glasperlenspiel mit Floskeln, wie etwa „das klassische Rechts-Links-Schema hat seine ordnende Kraft verloren“. Es fehlt jeder wirtschaftspolitische Bezugsrahmen und jeder Ursache-Wirkungszusammenhang. Und vor allem es wird kein Wort darüber verloren, wem es nach den fünf Jahren besser und wem es in dieser Gesellschaft schlechter geht. Lesen Sie z.B. dazu einfach noch einmal „Die Reformen greifen, aber wo greifen sie hin?“ Was die Bevölkerung von der Agenda hält, kann man daran lesen, wie die SPD bei Wahlen abgeschnitten hat.
Karikatur: Klaus Stuttmann
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
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