Lang ist es her, da hatte Kanzlerin Merkel in ihrer Rede zum 60-jährigen Bestehen der sozialen Marktwirtschaft die „Bildungsrepublik Deutschland“ ausgerufen. Den Schlachtruf „Bildung für alle“ wollte sie zum neuen politischen Leitmotiv machen – eine moderne Version des von Ludwig Erhard seinerzeit ausgegebenen Mottos „Wohlstand für alle“. Abgesehen davon, dass der Betrug hiermit bereits beginnt – denn während „Wohlstand für alle“ als Forderung die Lebensbedingungen der Subalternen wirklich in Summe verbessern würde, maskiert jene nach „Bildung für alle“ nichts weiter als die Aufgabe konsequenter Armutsbekämpfung, die dank Bildung ja vermeintlich unnötig wird –, ist von dieser Bildungsrepublik auch nach Jahren noch nirgends etwas zu sehen. Ganz im Gegenteil ersticken die Schulen und Hochschulen in immer weiteren neoliberalen Reformen, die sie zu Humankapitalfabriken und die Schülerinnen und Schüler zu Objekten neoliberaler Indoktrinationen zu degradieren versuchen: Vor lauter Tests, die vorgeben, Qualität zu sichern, jedoch ganz anderen Zwecken dienlich sind, findet umfassendes, vertiefendes Lernen und Verstehen immer weniger statt. In Medien und Politik wird all das jedoch kaum – und wenn, dann lediglich anhand partieller Kritik – einmal thematisiert. Dort herrscht der Tenor „Deutschland geht es so gut wie nie zuvor“ vor und überbieten sich Politiker geradezu dabei, zu betonen, das Bildungssystem sei exzellent finanziert. Dass selbst dies nicht stimmt, weiß Ansgar Klinger, Mitglied im Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, im Gespräch mit Jens Wernicke zu berichten, in dem er einen milliardenschweren „Investitionsstau in Bildung“ konstatiert.
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