Schlagwort:
Lohnentwicklung

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„Wir sind die Lohndeppen Europas!“ – Die Bild-Zeitung als Türöffner des Rechtspopulismus

Mit den Schlagzeilen „Wir sind die Lohndeppen Europas!“ und „Die bittere Lohnabrechnung“ machte die Printausgabe der Bild-Zeitung auf der Seite 1 und 2 ihre gestrige Ausgabe auf. Unter Verweis auf Daten der EU-Kommission wird berichtet, dass die Reallöhne in Deutschland seit 1995 „nur um gerade mal 2 Prozent gestiegen“ sind und das sei der niedrigste Wert in der EU. Die anderen Länder lebten auf „unsere“ Kosten und eine Staatsbürokratie, die das Volk schröpft, das seien die Ursachen für die „mickrigen“ Reallohnsteigerungen. Diese Schuldverlagerungen sind zwei der Angelpunkte rechtspopulistischer Agitation. In der Pose des Verteidigers der Interessen der deutschen Arbeitnehmer wird hier der braune Boden für rechtsradikale Propaganda bereitet. Von Wolfgang Lieb

Frühjahrsprognose der Konjunkturforschungsinstitute: Eine tibetanische Gebetsmühle für gutes Karma und zur Verteidigung der herrschenden Lehre

„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Dieser Satz wird dem Physiker Niels Bohr zugeschrieben und er trifft besonders auf die Konjunkturprognosen der Wirtschaftswissenschaftler zu. 1,9 % Wachstum des BIP für dieses und zwischen 1,2 bis 2,6 % für das nächste Jahr, sagt die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnosen unter Federführung von DIW, ifo-Institut, RWI und IWH voraus. 1,6% für 2014 und 2,5% für 2015 hingegen das IMK [PDF].
Die Gemeinschaftsprognose liefert seit Jahren nichts mehr als „teuer bezahlte Falschmeldungen“ und diese Falschmeldungen sind jetzt sogar noch bezahlt von einem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister. Von Wolfgang Lieb

Sind die Löhne in Griechenland immer noch zu hoch? Zur Diagnose von Hans-Werner Sinn

„Die Welt“ berichtete kürzlich von den Ergebnissen einer neuen Studie des europäischen Sachverständigenrats EEAG (European Economic Advisory Group), einer Gruppe von sechs Volkswirten aus fünf Ländern, darunter Hans-Werner Sinn vom Münchener Ifo-Institut. Die Untersuchung zur europäischen Wirtschaft bietet die üblichen Diagnosen und Vorschläge: In den Euro-Krisenländern sei ein „gewisser Grad an fiskalischer Austerität“ ebenso erforderlich wie eine Lohnflexibilität nach unten, Arbeitsmarktreformen könnten die Rezession verkürzen etc. (EEAG 2014, S. 7). Ein Gastartikel von Günther Grunert [*]

Die Debatte um die Exportüberschüsse ist ein einziger Beleg für den Niedergang der ökonomischen Wissenschaft und der Qualität politischer Entscheidungen

Die deutsche Politik, genauer müsste man sagen: Teile der deutschen Politik in Person des Bundeswirtschaftsministers, haben zehn Jahre gebraucht, um wenigstens ein bisschen einzusehen – siehe z.B. hier -, dass fortdauernde Exportüberschüsse eines Landes bei fortdauernden Defiziten anderer Länder im gleichen Wirtschafts- und Währungsverbund Verwerfungen und Probleme mit sich bringen. In der Folge ihrer mangelnden Einsicht wurden andere Volkswirtschaften zu deflationärer Politik gezwungen – mit den bekannten hohen Folgen mit Arbeitslosigkeit und dem wirtschaftlichen Elend sehr vieler Menschen. Jetzt, nach dem die riesigen Opfer falschen ökonomischen Denkens sichtbar werden, kehrt ein bisschen Einsicht ein. Makroökonomische Einsicht sozusagen. Aber nirgendwo in dieser Debatte wird überhaupt nur erwähnt, welch ein Wahnsinn andauernde Exportüberschüsse für den Wohlstand eines Volkes darstellen. Ressourcen werden nämlich nicht genutzt und genossen, sondern nach draußen verscherbelt. Auf den Trichter, dies einzusehen, kommt man nur, wenn man mehr gelernt hat als Makroökonomie. Albrecht Müller.

Sven Giegold und die grüne Verdrängungsmaschine

Sven Giegold, Europaparlamentarier der Grünen und für viele im linken Spektrum der Grünen immer noch ein Hoffnungsträger, hat in der ZEIT vergangene Woche ein schlimmes Stück geschrieben, in dem er Sahra Wagenknecht angreift, weil sie einer Spaltung Europas das Wort rede und dem Euro Schuld für Vorgänge gebe, die von der Wirtschaftspolitik zu verantworten seien. Was der Beitrag vor allem wieder einmal zeigt, ist die Tatsache, dass die Grünen kein wirtschaftspolitisches Konzept haben und sich davor drücken, eines zu entwickeln. Und er zeigt zudem, dass die Grünen nicht wahr haben wollen, erhebliche Mitschuld an der Eurokrise zu haben, weil Deutschlands Lohndumping mit ihrer Zustimmung geschehen ist. Von Heiner Flassbeck[*] und Friederike Spiecker

Blue-Card-Desaster – warum meiden Fachkräfte Deutschland?

Frank-Jürgen Weise, seines Zeichens Chef der Bundesagentur für Arbeit, zeigte sich zu Beginn des neuen Jahres zerknirscht. Die Blue Card, mit der Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland gelockt werden sollen, hat sich als grandioser Flop erwiesen. Nur rund 3.000 Menschen kamen in den letzten anderthalb Jahren mit der Blue Card ins Land. Um aus der Blue Card doch noch ein Erfolgsmodell zu machen, hat sich BA-Chef Weise nun jedoch einen „phantastischen“ Plan ausgedacht. Bislang darf die Blue Card nur dann erteilt werden, wenn Bewerber in sogenannten „Mangelberufen“ nachweisen können, dass sie hierzulande mindestens 37.128 Euro verdienen. Dieser Mindestsatz soll nun nach dem Wunsch von Weise gesenkt werden. Die „Logik“ dahinter: Wenn wir für 37.128 Euro keine Fachkräfte anwerben können, dann sollte es mit viel weniger Geld doch ganz sicher klappen. Dies ist freilich Unsinn – wie viele andere Argumente in der Debatte um den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte auch. Von Jens Berger

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Wie DIW-Präsident Fratzscher den deutschen Exportüberschuss liquidieren will

Jetzt hat Marcel Fratzscher – nach längerer Abwartezeit – seine persönliche Meinung zum Problem der deutschen Exportüberschüsse publiziert. Diese seien ein Problem für Deutschland aber nicht für die Welt [PDF – 88.9 KB]. Es ist höchst aufschlussreich, diese Variante der Problembehandlung des neuen DIW-Präsidenten kurz näher zu zeigen.
Zunächst verwahrt sich Fratzscher gegen den Vorwurf, dass die deutschen Exportüberschüsse „eine Mitschuld“ an der europäischen Krise haben. „Dieser Vorwurf ist falsch.” “Die hohe Sparquote und die Exportüberschüsse haben Deutschlands Wohlstand verschlechtert, nicht verbessert.” Wodurch ist dann die europäische Finanzkrise eskaliert? Hier gelangt Fratzscher bereits “auf dünnes Eis”, denn er ignoriert die Meinung vieler anderer Makroökonomen, um die deutsche Interessenlage im Export “aus der Schusslinie” zu nehmen. Von Karl Mai.

Wie die Europäische Kommission die Verfahren zur Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte umsetzen wird – Gefahr ist im Verzug

Heiner Flassbeck weist auf flassbeck-economics.de darauf hin, dass die Kommission bei der Überprüfung der einzelnen Länder im Rahmen des Verfahrens zur Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte schwerwiegende Fehler macht und sich die Welt zurechtbiegt, wie es ihr passt. Das ist in der Öffentlichkeit bisher weitgehend unentdeckt geblieben. Wir bringen hier den vollständigen Text, der auf flassbeck-economics im Abonnement erschienen ist. Albrecht Müller.

Koalitionsverhandlungen für die Wirtschaft oder für eine wirtschaftliche Wende?

Liebe Koalitionäre oder solche, die es noch werden wollen: Haltet ein! Fangt nicht sofort an zu verhandeln, sondern denkt erst einmal nach. Zieht euch für eine Woche in ein schönes Hotel zurück und tut nichts anderes als die Frage zu diskutieren, wie Deutschland wieder ein normaler Handelspartner in dieser Welt werden kann, ohne Überschüsse in der Leistungsbilanz, ja sogar mit Defiziten, weil die Schuldner ja ihre Schulden zurückzahlen sollen und wollen. Dann kommt die Frage, wie die deutschen Unternehmen wieder zu Schuldnern und Investoren gemacht werden können, und schließlich, welche Rolle der Staat bei der notwendigen Verschuldung spielen soll … Von Heiner Flassbeck.

Wo bleibt die Lokomotive für die Weltwirtschaft?

Dennis Snower gehört laut FAZ zu den einflussreichsten Ökonomen Deutschlands. In einem aktuellen Kommentar in der FAZ macht sich der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft seine Gedanken über die anstehenden „Hausaufgaben für Deutschland“. Snowers Aufsatz belegt dabei eindrucksvoll die Denkfehler vieler deutscher Ökonomen und Politiker. Von Jens Berger.

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Uns könnte es besser gehen

Der Wahlkampf hat die Frage hochgespült, ob es „uns“ denn wirklich gut geht. Angela Merkel und ihre Spießgesellen sind davon überzeugt, während die Opposition zu Recht darauf hinweist, dass es Millionen Deutschen, die erwerbslos sind, im Niedriglohnsektor arbeiten oder Minirenten beziehen, sicher nicht gut geht. Doch diese Diskussion lässt einen wichtigen Punkt außen vor. Auch wenn es der Mehrheit der Deutschen wirtschaftlich sicher nicht schlecht geht, sind auch sie Opfer der Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte. Man sollte sich daher auch nicht fragen, ob es „uns“ gut geht, sondern ob es „uns“ mit einer anderen Politik nicht viel besser gehen könnte. Es ist erstaunlich, warum Oppositionspolitiker diese Frage nicht stellen, geht es hierbei doch um die vielzitierte Mitte der Gesellschaft, die angeblich Wahlen entscheidet. Von Jens Berger.

Low wages in Germany and the European imbalance problem

Germany has been achieving export surpluses year by year, with few exceptions, since the 1950s. Prior to the introduction of the euro there was a regularly recurring need for imbalances in foreign trade to be corrected through upward revaluation of the deutschmark. The introduction of the euro meant exchange-rate adjustments within the eurozone were no longer available as a corrective measure. Also, the German export industry is benefiting in trade outside the eurozone from the lack of serious pressure to revalue the euro upwards, a consequence of the substantial number of eurozone nations recording import surpluses.
Protected thus inside the eurozone from revaluation, Germany’s competitive position has been further enhanced since the late 1990s as a result of below-average wage increases relative to other eurozone countries, which in effect amounts to an internal devaluation. This in turn led to a rise in German export surpluses, which by 2012 were equivalent to about 6.5% of the German gross national product: in other words, over a mere three-year period Germany is forced to invest about 20% of its GNP overseas. German surpluses are matched by corresponding deficits in other eurozone countries. Currently, the German economy finds itself in an exceptional situation in Europe as a result of its highly developed international trade links. The openness of the economy (total of exports and imports as a proportion of GNP) in Germany, France, Spain and Italy was rated in 1995 at about 50%. But in 2008 the figure for Germany reached approx. 90%, against a rise to only 60% in the other countries…

Ein Beitrag von Gerhard Bosch, Geschäftsführender Direktor Institut Arbeit und Qualifikation Universität Duisburg-Essen

Wahlkampf: Faule Zahlenspiele mit atypischen Jobs

Lauter gute Nachrichten gehen derzeit durch die Mainstream-Medien. Zuletzt jubelte SPIEGEL Online darüber, dass die Zahl der atypischen Beschäftigungsverhältnisse seit Jahren erstmals zurückgehe. Sind wir also endlich am Ende der Krise angekommen? Hat die Bundesregierung womöglich doch einen guten Job gemacht? Wohl kaum, auch wenn es sich so anhört. Von Jörg Wellbrock.