Schlagwort:
Bürgerproteste

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„Raus aus dem Gen-Mais“ – „Rein in die Gen-Kartoffeln“

Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) hat zunächst den Anbau der Genmaissorte MON 810 (siehe auch: “Die Abstimmung über die Aufhebung des Genmais-Importverbots Österreichs zeigt die undemokratischen Strukturen der Europäischen Union und der WTO”) untersagt. Horst Seehofer (CSU) hatte in seiner Eigenschaft als Landwirtschaftsminister den Anbau von Genmais MON 810 zugelassen. Der plötzliche Gesinnungswandel der CSU steht wohl in engem Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen für das Europaparlament und für den Bundestag. Nachdem die Christ-sozialen bei der Bayerischen Landtagswahl eine herbe Niederlage einstecken musste, versucht sich die CSU – zumindest bis über die Wahlen hinweg – bürgernah zu geben. Die bayerischen Wähler haben der CSU gezeigt, dass sie genug haben von einer Politik nach dem Motto „Wir-wissen-schon-was-für-euch-gut-ist“. Das Thema „Grüne Gentechnik“ bewegt die Volksseele weit mehr als den Regierungen lieb ist. Nun gab die Landwirtschaftsministerin allerdings grünes Licht für den Anbau der Gen-Kartoffel Amflora. Die Kartoffel darf in Mecklenburg-Vorpommern angebaut werden. Das Land an der Ostsee ist ja weit weg von Bayern und den Wählerinnen und Wähler der CSU. Von Christine Wicht

NATO-Gipfel

Am 3. und 4. April fand der NATO-Gipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden statt. Die Veranstaltung wurde begleitet von Demonstrationen, zu denen rund 600 Organisationen darunter Globalisierungskritiker, Friedens- und Menschenrechtsbewegungen aus insgesamt 33 Ländern aufgerufen hatten. In einer Zeit, in der offenkundig wird, dass die neoliberale Wirtschaftsordnung selbstzerstörerisch ist und schon gar nicht ein Angebot für Frieden, Wohlstand und Sicherheit in der Welt ist, setzten sich die Demonstranten für eine gerechtere Weltwirtschaft, konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz und gegen Militäreinsätze im Kampf um einen privilegierten Zugriff auf die Rohstoffe in aller Welt ein. Christine Wicht

Engagierte Literatur – Zum Erscheinen des vierten Bandes der Roman-Tetralogie „Die Kinder des Sisyfos“ von Erasmus Schöfer

Mit der Veröffentlichung des vierten Bandes seines Roman-Zyklus hat der Kölner Schriftsteller Erasmus Schöfer sein Prosawerk über die jüngere deutsche und europäische Geschichte der linken Arbeiter- und Bürgerrechtsbewegungen zwischen 1968 und 1990 abgeschlossen. Wie in den drei Romanen zuvor werden aus der Perspektive von Beteiligten die politischen und gesellschaftlichen Konflikte dieser Jahre literarisch rekonstruiert. Dabei nimmt Schöfer nicht die Position des distanzierten Betrachters ein, der aus heutiger Sicht auf die Ereignisse von damals zurückblickt. Vielmehr zeigt er, wie sich die Hauptfiguren seiner Romane durch ihre aktive Teilnahme an den zentralen Auseinandersetzungen selbst entwickeln. Wie sie in den jeweiligen Situationen gedacht, gefühlt und gehandelt haben. Welche Hoffnungen, Enttäuschungen und Niederlagen sie geteilt haben. So kann nur einer schreiben, der selbst in diese Auseinandersetzungen involviert war, der sie als aktiv Beteiligter aus der Binnenperspektive kennt. Von Joke Frerichs

ver.di: Den Neoliberalismus überwinden – “Aktiv werden für eine soziale Antikrisenpolitik” – Demos in Hamburg und Berlin

Der Gewerkschaftsrat der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat bereits am 5. Dezember 2008 einen beachtenswerten Beschluss gefasst. Er analysiert aus gewerkschaftlicher Sicht die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise und zieht den Schluss:  “ver.di tritt gemeinsam mit anderen Gewerkschaften, sozialen Kräften und Bewegungen für einen grundlegenden Politikwechsel ein – in Deutschland und im Weltmaßstab. Der Neoliberalismus muss auch in der politischen Praxis und den Strukturen der Staaten, der EU und der internationalen Institutionen überwunden werden.” Damit nimmt sich ver.di viel vor. Die Probleme, um die es geht, und die Veränderungen, die dringend notwendig sind, verlangen in der Tat nach einer breit aufgestellten Aktion. Hermann Zoller

Neues Versammlungsgesetz der Bayerischen Staatsregierung – Abbau der Versammlungsfreiheit und Ausdruck obrigkeitsstaatlichen Denkens

Bislang gab es ein einheitliches bundesdeutsches Versammlungsgesetz. Mit der Föderalismusreform im Jahr 2006 wurde die gesetzliche Ausgestaltung des Versammlungsrechts auf die Länder übertragen. Die Bayerische Staatsregierung hat im März einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der noch vor der Sommerpause vom Landtag verabschiedet werden soll. Mit der Begründung, „den Schutz gegen rechtsextremistische Versammlungen zu verstärken“, will die Bayerische Staatsregierung die derzeit gültige bundesgesetzliche Regelung in verfassungsrechtlich höchst problematischer Weise einschränken. Von Christine Wicht

Gesundheitspolitik: Was derzeit wirklich passiert

Ich bin 38 Jahre alt und Allgemeinarzt mit einer gut gehenden Hausarztpraxis in Neuötting, Oberbayern, geistig gesund und ein völlig normaler Bürger mit einer Lebensgefährtin und einem 15 Monate altem Sohn, bin seit 12 Jahren Gemeinderat und seit sechs Jahren Kreisrat der CSU, einer Partei, die sicherlich weit entfernt ist vom Ruf, linkspolitische und revolutionäre Gedanken zu pflegen. Es ist nicht meine Aufgabe, solche Texte zu schreiben und es gibt in Deutschland Tausende, die dies besser, packender und erheblich vollständiger schaffen und wenigstens einer von denen sollte das auch tun.
Ich bin von tiefstem Herzen Demokrat und, wie mir in den letzten Tagen bewusst geworden ist, ein hoffnungsloser Idealist. Ich habe nicht mehr gemacht, als mir selbst die Frage zu beantworten, warum wir niedergelassenen Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben sollen, obwohl sich an der Charakteristik unseres Berufes und der Faszination für die nachfolgende Generation nichts geändert hat; der Wunsch dazu kam mit Sicherheit nicht aus der Bevölkerung, nicht von unseren Patienten. Von Jan Erik Döllein.

Historiker melden sich in der aktuellen Debatte auch deshalb zu Wort, weil sie heute schon Linien der Geschichtsschreibung festzurren wollen

Der am 30.1. in der Frankfurter Rundschau abgedruckte Essay des Historikers Götz Aly „Die Väter der 68er“ hat in den Hinweisen vom 31.1. (Nr. 14) schon den passenden Kommentar von Wolfgang Lieb ausgelöst. Ich komme darauf zurück, weil dieser Vorgang wieder ein schönes Beispiel für den Versuch mancher Historiker ist, durch vehemente Prägung der aktuell herrschenden Meinung auch die Geschichtsschreibung zu prägen. Das ist dann sozusagen die Fortsetzung der Manipulation in alle Ewigkeit. Dazu ein paar Fälle aus der Vergangenheit und aus der Zukunft. Albrecht Müller.

„Konjunktur macht wenige reich und viele wütend“

Das war kürzlich ein Thema des ARD-Presseclubs.
A. Buntenbach vom DGB-Bundesvorstand sieht eine tiefe Spaltung der Gesellschaft. Ein spezielles Übel ist, so sagt sie, „dass mit dem derzeitigen Aufschwung vor allem die prekäre Beschäftigung boomt“. Ein Beitrag von Kurt Pittelkau vom Arbeitskreis Alterssicherung ver.di-Berlin.

Über Risken und Nebenwirkungen parlamentarischen Erfolgs

Ein Beitrag des ehemaligen NRW-Landtagsabgeordneten Daniel Kreutz, der aus seiner Sicht als damaliger Angehöriger der sog. „Fundi-Fraktion“ die Entwicklung der NRW-Grünen nach der Regierungsbeteiligung in einer rot-grünen Koalition von 1995 bis 2000 beschreibt. Damals war ich auf der „anderen Seite“ Regierungssprecher. Seine Beschreibung reizte mich zu einer Darstellung aus meiner Sicht. Das kann ich in der Kürze der Zeit nicht leisten. Hier nur so viel: Die Skeptiker einer Regierungsbeteiligung unter den Grünen und diejenigen, die in der SPD eine Große Koalition anstrebten, ließen nicht den kleinsten Dissens aus, um die rot-grüne Regierung unter Johannes Rau auseinanderzutreiben. Obwohl der Beitrag dieses Verhältnis ausspart, halte ich diesen Beitrag nicht nur der Diskussion unter den Grünen Wert, sondern er problematisiert viele Aspekte des Verhältnisses zwischen Parteien und Fraktionen, die an der Regierung beteiligt sind. Wolfgang

Die Einigung auf den Reformvertrag wird in Lissabon von massiven Protesten der Bevölkerung gegen das Konzept einer “Flexicurity” begleitet

In Lissabon verständigten sich am 19. Oktober die anwesenden Staats- und Regierungschefs auf einen neuen Reformvertrag. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Einigung auf den neuen Reformvertrag als „großen Erfolg“, des Weiteren sei die sechsjährige Vertragsdebatte zu einem guten Abschluss gebracht worden. Der Grundlagenvertrag soll am 13. Dezember in Lissabon unterzeichnet werden. Nach der Ratifizierung wird der Vertrag voraussichtlich am 1. Januar 2009 in Kraft treten. De facto ist jedoch dieser Reformvertrag fast der gleiche wie der abgelehnte EU-Verfassungsvertrag, da die inhaltliche Substanz größtenteils erhalten bleibt und in die bestehenden Verträge einfließt. Von den Medien weitgehend totgeschwiegen wurde, dass die Verhandlungen von massiven Protesten in Lissabon begleitet wurden. Die Gewerkschaftsführung von CGTP-Intersindical spricht von der größten Demonstration in Lissabon seit Jahrzehnten. Ein Beitrag von Christine Wicht.

„Agents Provocateurs“ im „Schwarzen Block“?

Die Meldungen verdichten sich, dass sich in die Gruppe der Demonstranten, die zum Osttor des Sicherheitszauns vorgedrungen waren, fünf mit schwarzen Kapuzen getarnte Lockspitzel eingereiht hatten, die Umstehende zu Straftaten anstacheln wollten. Henning Obens vom Block G8-Bündnis erklärte, man habe Fotos von den Betroffenen gemacht und die Polizei aufgefordert, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Sollte die Polizei darauf nicht reagieren, werde man die Fotos veröffentlichen.
Soll etwa durch Lockspitzel der Sicherheitsaufwand legitimiert werden?

Audiatur et altera pars! Oder: Wer nur noch Gewalt sieht, gibt die Demonstrationsfreiheit auf

„Die G 8-Schlacht“ titelt BILD und bietet wie auch Spiegel Online oder Focus Online Frontberichterstattung per Newsticker. Bei der „jungen Welt“ kommt in einer Chronologie die andere Seite zu Wort.
Gewaltfetischisten und Gewalt polizeilicher Repression und die „Kriegsberichterstattung“ darüber sollen uns mit aller Brutalität beweisen: Nur diese Welt ist möglich!
Die Zehntausende, die friedlich dafür demonstriert haben, dass auch eine andere Welt möglich sein soll, werden in die Rolle von naiven Biedermännern abgedrängt, die den Brandstiftern die Bühne zimmern. Die Demonstrationsfreiheit und der friedliche Protest gegen eine falsche Globalisierung werden zwischen Gewalt und Gegengewalt zerrieben. Wolfgang Lieb.

Bürgerkrieg oder Krieg gegen die Bürger?

„Steine, Rauchbomben und Randale bei Hamburger Demo!“ titelte BILD den Bericht über Demonstration anlässlich des Treffens europäischer und asiatischer Außenminister im Hamburger Rathaus. Die Bilder mit Rauchbomben, vermummten Steinewerfern, ein Polizisten, der „in höchster Bedrängnis“ seine Pistole zieht, vermitteln den Eindruck von Chaos und Bürgerkrieg. Blickt man in die Presseschauen und auf die spektakulär gewählten Fernsehbilder, so bekommt man aus der Ferne den Eindruck, als hätte es in Hamburg vor allem gewalttätige Krawalle gegeben. Aus der Sicht von Demonstranten und zivilen Demonstrationsbeobachtern, die im „Wanderkessel“ eingekesselt waren, ergibt sich ein anderes Bild von Gewaltausübung. Damit Sie das martialische Bild über diese Demonstration auch vom Blickwinkel aus dem Inneren des „Kessels“ beurteilen können, wollen wir Ihnen die Demonstrationsbeobachtung des Komitees für Grundrechte und Demokratie nicht vorenthalten. Wolfgang Lieb.