Schlagwort:
ESM/EFSF

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Fiskalpakt – der klammheimliche Systemwechsel

Gestern gab es den Auftakt der Beratungen über den Fiskalpakt und den dauerhaften europäischen Rettungsschirm ESM. Mit der Verabschiedung des Fiskalpakts wird nicht nur für Deutschland sondern für nahezu das gesamte Europa ein „Systemwechsel“ vollzogen: Nämlich mit einer möglichst in allen Verfassungen zu verankernden „Schuldenbremse“, deren Überwachung durch die Behörde der Europäischen Kommission und – bei einem Verstoß gegen die Verschuldungskriterien – der Klagemöglichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof.
Weil man nicht den Mut hat die Europäischen Verträge zu verändern, was ja in verschiedenen Ländern einer Volksabstimmung bedürfte, soll der Fiskalpakt – sozusagen auf einem Schleichweg – separat in einem zwischenstaatlichen Vertrag festgeschrieben werden. Dieser Vertrag ist praktisch nicht revidierbar, er wird also künftig die Politik nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa – so lange es noch als politische Institution existiert – bestimmen. Die schwarz-gelbe Koalition würde die Gesetzentwürfe im Schnellverfahren am liebsten noch vor der Sommerpause verabschieden. Es ist also höchste Zeit, dass wir uns alle intensiv damit auseinandersetzen. Deswegen ein paar wichtige Informationen. Von Wolfgang Lieb.

Vorschläge zur Beendigung der Eurokrise

Die EFSF ist zu klein bemessen, um auch Italien zu schützen, gleiches gilt für den ESM, der erst 2013 in Kraft treten soll. Solange es keinen „Kreditgeber der letzten Zuflucht“ (Lender of Last Resort) gibt, der über ausreichende Munition verfügt, droht der Eurozone ein ruinöser Kampf um die Gunst der Finanzmärkte. Um was geht es? Will die Eurozone vermeiden, dass die Akteure an den Finanzmärkten für Staatsanleihen bestimmter Eurostaaten Zinsaufschläge verlangen, die diese Staaten erst recht in eine fiskalische Notlage bringen, muss sie das Ausfallrisiko dieser Anleihen minimieren. Rendite (Zins) und Risiko gehören zusammen, nur eine glaubwürdige Senkung des Risikos kann die Zinsen wieder in normale Dimensionen bringen.

Ergänzungen und Erklärungen zum Artikel »Der „Schuldenschnitt“ und das Kleingedruckte«

Zum Artikel »Der „Schuldenschnitt“ und das Kleingedruckte« haben uns viele Zuschriften erreicht, in denen wir gebeten wurden, die Fachbegriffe und Mechanismen einmal näher zu erklären. Dem kommen wir gerne nach, da wir es sehr wichtig finden, dass unsere Leser nicht nur unsere Texte verstehen, sondern auch allgemeinverständliche Argumente in der Hand haben, die Propaganda und Meinungsmache der Politik als solche zu durchschauen. Von Jens Berger

Referendum in Griechenland: Die Politik muss endlich begreifen, es geht um das Vertrauen der Menschen und nicht um das Vertrauen der „Märkte“

Warum lässt die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, die Griechen über das neue EU-Hilfspaket abstimmen zu lassen, die Börsenkurse um 5 Prozent absacken, die Politik in Panik geraten oder die gerade gefassten Brüsseler Beschlüsse zur Makulatur werden? Die Antwort ist einfach: die Börsianer, die Politiker, die Brüsseler Bürokratie, sie alle haben kein Vertrauen mehr zum Volk. Sonst könnten sie ja einem Referendum gelassen entgegen sehen. Alle, die sich nun bei uns über die Ankündigung Papandreous und über die Griechen die Mäuler zerreißen, sollten eigentlich wissen, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen: Kaum eine europäische Regierung dürfte eine Abstimmung über die Europapolitik seit Ausbruch der Finanzkrise heil überstehen. Das ist die Folge davon, wenn die Politik nur noch um das Vertrauen der „Märkte“ buhlt, sich aber nicht mehr um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger kümmert. Von Wolfgang Lieb.

Der „Schuldenschnitt“ und das Kleingedruckte

Während die Banker Krokodilstränen wegen der beim Eurogipfel beschlossenen „substantiellen Beteiligung“ des Privatsektors vergießen, steigen die Börsenkurse der Institute im zweistelligen Prozentbereich. Offenbar bewerten die Akteure an den Finanzmärkten die Ergebnisse des Gipfels diametral anders als die leider wieder einmal vollkommen unkritischen Medien. Man sollte sich nicht von der PR der Bankenlobby ins Bockshorn jagen lassen. Der Finanzsektor zählt ganz klar zu den Gewinnern des Gipfels. Griechenland und vor allem die anderen angeschlagenen Euroländer zählen hingegen zu den Verlierern. Von Jens Berger

EFSF-Hebelung – Einladung an Spekulanten mit eingebauter Sollbruchstelle

Anstatt der Spekulation beherzt einen Riegel vorzuschieben, wird die EU mit ihrer Hebelung der EFSF die Spekulation erst richtig anheizen. Vor allem die deutsche Regierung erweist sich einmal mehr als komplett lernresistent und ideologisch verbohrt. Dies ist gleich doppelt tragisch, da durch weitere Fehlentscheidungen noch mehr Volkswirtschaften in die Rezession getrieben werden und die Eurokrise sich abermals verschärfen wird. Von Jens Berger

Schuldenerlass für Griechenland – und was dann?

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass morgen in Brüssel ein Schuldenschnitt für Griechenland beschlossen wird. Was ein über 50-prozentiger Schuldenerlass gegenüber einem Euro-Mitgliedsstaat für die anderen Krisenländer, für die Stabilität des Euro und für die Zukunft der Eurozone insgesamt bedeutet, darüber werden Politiker, Banker und Ökonomen aller Couleur weiter diskutieren und spekulieren. An dieser Stelle versuche ich nur, die Auswirkungen auf Griechenland darzustellen. Von Niels Kadritzke

Bundesverfassungsgericht hilft Bundesregierung bei der Griechenlandhilfe aus der Patsche und erhebt die Maastricht-Regeln auf Verfassungsrang

Durch eine eigenmächtige Umdeutung des Wortlauts des Euro-Stabilitätsgesetzes retten die Karlsruher Richter die Bundesregierung vor dem politischen Desaster, bei der Griechenlandhilfe gegenüber den europäischen Partnern einen Rückzieher machen zu müssen. Andererseits erhebt das höchste Gericht die dem Maastricht-Vertrag zugrundeliegende ökonomische Lehre des Monetarismus geradezu auf Verfassungsrang und verbaut damit einer makroökonomischen Zusammenarbeit auf dem Feld der Finanz- oder Wirtschaftspolitik in einer Währungsunion unter Berufung auf das Grundgesetz den Weg. Von Wolfgang Lieb

Ackermanns großer Bluff

„Wir können mit der Lösung nicht unzufrieden sein, schließlich sitzt Josef Ackermann am Tisch“ – mit diesem Satz zitiert die FAZ „Reaktionen aus Bankerkreisen“ zu den ersten Ergebnissen des Euro-Gipfels. Ackermann selbst stapelt jedoch lieber tief und beklagt im ZDF die angeblichen 21 Prozent Abschreibungen, die die Banken „hart treffen“ würden. Doch die Krokodilstränen des Deutschbankers sind unangebracht und zynisch. Wenn man sich das „freiwillige Angebot“ des Bankenverbandes IIF [PDF – 37.4 KB], dem Ackermann vorsteht, näher anschaut, stellt man schnell fest, dass die Banken nahezu ungeschoren bleiben. Von einer Beteiligung des privaten Sektors kann überhaupt keine Rede sein. Von Jens Berger

Staatsfinanzierung als Subvention des Finanzsektors

Ein Leser stellte uns neulich die Frage, warum Staaten sich eigentlich über die Märkte finanzieren? Diese Frage ist mehr als berechtigt und es gibt keine zufriedenstellende Antwort, die diese Praxis rechtfertigen würde. Wenn sich die Euroländer mit den selben Konditionen wie die Banken direkt über die EZB finanzieren würden, könnte der deutsche Bundeshaushalt jedes Jahr 25 Mrd. Euro einsparen. Auch Griechenland hätte, statt mit immer neuen Krediten seine Kreditzinsen zu finanzieren, realistische Chancen, seine Schuldenproblematik wieder in den Griff zu bekommen. Die Macht der Ratingagenturen würde mit einem Federstrich marginalisiert werden. Warum stellt sich die Politik eigentlich nicht so kluge Fragen wie unsere Leser? Von Jens Berger

Griechenland: Alternative zum Totsparen: Die Reichen müssen bluten. (IV)

Ehe das grundlegende Dilemma der griechischen Staatseinnahmen beschrieben wird, soll hier die neueste Etappe in der Diskussion um die „Streckung“ der Tilgungsfristen für die von Athen beanspruchten Kredite aus dem Stützungsprogramm von IWF und EFSF (dem Hilfsfonds der Euro-Partner) nachgezeichnet werden. Das ist schon deshalb geboten, weil alle denkbaren Strategien für eine mittelfristige Sanierung der öffentlichen Finanzen zum Scheitern verurteilt sind, wenn Griechenland seine Schulden ab Anfang 2013 zu den Bedingungen abzahlen muss, die im „Memorandum“ vom Mai 2010 von der Troika festgelegt wurden. Von Niels Kadritzke

Griechenland: Schock-Therapie oder Schock ohne Therapie? (III)

Die neuen Berechnungen über das griechische Haushaltsdefizit für das Jahr 2009 waren in Brüssel schon seit Monaten bekannt und wurden in der griechischen Presse seit September erörtert. Dass die offizielle Zahl – 15,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – erst am 15. November veröffentlich wurde, war kein Zufall: Die EU-Kommission wollte wohl der Regierung Papandreou die düstere Botschaft erst nach den Kommunalwahlen zumuten.
Wie erklärt sich die um 1,8 Prozent (des BIP) erhöhte Defizitzahl und was bedeutet sie für die künftigen griechischen Staatsaushalte und das Sparprogramm, zu dem sich die Athener Regierung gegenüber der Troika (EU-Kommission, EZB und IWF) verpflichtet hat, als sie im Mai 2005 gezwungen war, den „Rettungsschirm“ eines Kreditpools von 110 Milliarden aus dem EFSF (European Financial Stability Facility) in Anspruch zu nehmen. Von Niels Kadritzke