Schlagwort:
prekäre Beschäftigung

Schlagwort:
prekäre Beschäftigung

Betrifft Rente: Der SPD Vorstand bewegte sich in die richtige Richtung. Aber immer noch kein Bekenntnis zur Konzentration auf die gesetzliche Rente und zum Ausstieg aus der staatlichen Förderung von Privatvorsorge.

Die SPD berät am 24. November 2012 auf einem Parteikonvent über die beabsichtigte Politik zur Rente und zur Altersarmut. Dazu gab es am 24. September einen Antrag des SPD-Parteivorstandes. Dieser geriet unter Beschuss der Linken in der SPD, der Frauen (ASF) und einiger Landesverbände (NRW, Berlin). Am 12. November hat der SPD-Vorstand einen korrigierten Beschluss vorgelegt. Die Linke in der SPD betrachtet das als Fortschritt. Die Vorstellung, dass Rentenniveau zum Ende des Jahrzehnts aufrecht zu erhalten und nicht auf 43 % abzusenken, spricht für Fortschritt. Aber im Beschluss fehlt die notwendige Klarheit und er ist in seiner Präambel so verlogen, dass man nur staunen kann. Wir dokumentieren den neuen Beschluss (Anlage 1a), den Vorläuferbeschluss (Anlage 1b), den Beschluss des Landesverbands NRW (1 c) und zum Vergleich ein Positionspapier der Linkspartei vom 19.9.2012. Albrecht Müller.

30 Jahre Lambsdorff-Papier

Am 9. September 1982 – also gestern vor 30 Jahren – hat der damalige Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff sein „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ – den „Scheidebrief“ für die damalige sozialliberale Koalition – veröffentlicht. Seit dieser Zeit wird Politik – manchmal mehr, manchmal weniger – nach dieser Rezeptur gemacht. Und dennoch hat sich die Staatsschuld vervielfacht, im Vergleich zu anderen EU-Staaten hatte Deutschland im letzten Jahrzehnt vor der Finanzkrise ein sehr niedriges Wachstum, stellte der Sachverständigenrat fest [PDF – 3.9 MB], und die Arbeitslosigkeit liegt erheblich höher als damals – die Löhne stagnierten und der Niedriglohnsektor breitet sich aus.
Das Handelsblatt bejubelt heute das Lambsdorff-Papier. Wir verweisen auf unsere Beiträge auf den NachDenkSeiten aus Anlass zurückliegender Jahrestage. Neues ist ohnehin nicht hinzuzufügen. Von Wolfgang Lieb.

Stolz auf Hartz IV-Reformen? Stolz auf die Zerstörung eines wichtigen Teils der sozialen Sicherung: Die Arbeitslosenversicherung?

Zehn Jahre nach Präsentation der Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarktes durch den damaligen VW-Manager Peter Hartz wird in den Medien und von den einschlägigen Verbänden Position bezogen. Wir erleben jetzt zum Jubiläum der Hartz-Vorschläge wie immer wieder in den letzten Monaten ein wahres Trommelfeuer von Meldungen und Kommentaren zur Verankerung der Botschaft, die so genannten Reformen seien ein großer Erfolg. Um diese Botschaft unter die Leute zu bringen werden verschiedene Methoden der Meinungsmache benutzt: es wird übertrieben, es wird verschwiegen, es wird geschönt, unsere europäischen Freunde werden bedauert, weil sie dieses Wunderwerk an Reformen noch nicht hinter sich hätten, und es sei höchste Zeit. Die wichtigste Wirkung, die gezielte Schwächung der Position der abhängig Arbeitenden durch die Drohung, im Falle ihrer Arbeitslosigkeit nach einem Jahr auf Hartz IV-Niveau abzustürzen, wird in der Regel in den Bilanzen verschwiegen. Ein kleiner Einordnungsversuch: Albrecht Müller.

Auch gravierende Fehler und Fehleinschätzungen werden hierzulande nicht bestraft. Beispielhaft: Steinmeier, Steingart und Sinn.

Heute sind die Medien voll von Meldungen (S.a. hier) über einen wahrscheinlichen Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands von rund 163 Milliarden €. Damit hat sich seit dem Jahr 2000 ein Leistungsbilanzüberschuss von weit über 1 Billion angesammelt. Das erinnert an Einschätzungen und politische Forderungen zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft, die ca. zehn Jahre zurückliegen. Es sind gravierende Fehleinschätzungen, die mitverantwortlich sind für die Ungleichgewichte in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere für die Krise im Euroraum. Den falschen Propheten und Falschberatern hat dies nicht geschadet. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Medien eng mit der Fehleinschätzung verflochten sind und die Wissenschaft von der Ökonomie unter einem schon des Öfteren beschriebenen Mangel an welfareökonomischer Bildung leidet. Albrecht Müller.

Hurra, wir sind Weltmeister!

Deutschland ist wieder „Exportweltmeister“ und führte zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert sogar mehr Güter nach China aus als es von dort einführte. Wenn man diese Entwicklung als Sieg sehen will, so handelt es sich hierbei um einen Pyrrhussieg. Dies wird deutlich, wenn man sich auch die Kehrseite der Medaille anschaut. Deutschland ist nicht nur Weltmeister bei den Exportüberschüssen, sondern spiegelbildlich auch bei den Importdefiziten. Erkauft wurde dieser Sieg vor allem durch die viel zu niedrigen Löhne in Deutschland. Die Lektionen, die China gelernt hat, scheinen in Deutschland zu verpuffen. Von Jens Berger.

Der asoziale Zynismus der Sozialministerin von der Leyen

„Nehmen Sie eine Floristin, die heute Tariflohn verdient. Die wird nach 35 Jahren Vollzeitarbeit keine Rente erreichen, von der sie leben kann und muss am Ende zum Amt wie jemand, der in der Zeit auf der faulen Haut gelegen hat. Das ist ungerecht“, sagte von der Leyen der Bild-Zeitung zur Begründung der von ihr geplanten „Zuschussrente“. Den Zuschuss bis zu einer Obergrenze von 850 Euro bekomme nur „wer im Leben ordentlich was geleistet hat“.
Im Umkehrschluss heißt das, dass diejenigen, die Lücken in ihren Versicherungsbiografien haben, weil sie länger arbeitslos gewesen sind oder zwischendurch in eine prekäre (Schein-) Selbständigkeit abgedrängt worden sind oder Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht auf 35 Jahre Vollzeitarbeit kommen und vor allem die große Masse, die sich aufgrund ihrer niedrigen Einkommen eine zusätzliche private Riester-Rente gar nicht leisten konnten, in den Augen der „Arbeits- und Sozialministerin“ „auf der faulen Haut gelegen haben“ bzw. in ihrem Leben nicht „ordentlich was geleistet“ haben.
Hinter dem ständigen eiskalten Lächeln der Sozialministerin verbirgt sich diskriminierendes und asoziales Denken. Von Wolfgang Lieb.

Statistisches Bundesamt als Bundesbeschönigungsamt

„Zahl der unbefristet in Vollzeit Beschäftigten steigt deutlich“, „Tarifverdienste von April 2011 bis April 2012 um 2,2 % gestiegen“, so lauteten die Überschriften von zwei Meldungen des Statistischen Bundesamtes. Besonders die Erhöhung der Zahl der Erwerbstätigen ging heute durch alle Nachrichtensendungen. Man kann sicher sein, dass die Bundesregierung diese Zahlen einmal mehr als Erfolg für ihre Wirtschaftspolitik buchen wird. Betrachtet man die Statistiken etwas genauer, so sind die Schlagzeilen – zurückhaltend ausgedrückt – Beispiele für die Beschönigung durch Statistik. Von Wolfgang Lieb

Der deutsche „Marshall-Plan“ besteht hauptsächlich aus Kontrolle, Verzicht, Strafe und schmerzhaften Opfern: ein Marshall-Plan der demütigt und Schmerzen zufügt.

Als ich damit angefangen habe, mich bei den NachDenkSeiten – zunächst als Leser – zu engagieren, ging es mir um die immer penetranter werdenden Forderungen von Wirtschaft, Medien, Ökonomen und Politik, das Volk möge seinen Gürtel gefälligst enger schnallen, damit es der Wirtschaft gut geht. Das wurde mir angesichts der zunehmenden Spaltung in arm und reich immer befremdlicher. Roger Strassburg*.

Selbstmord als die dauerhafte Lösung hausgemachter Probleme

Wenn man Politik in ein Bild fassen will, wird die Wirklichkeit immer überzeichnet, doch wenn ich diesen Versuch machen müsste, so fiele mir für den politischen Kurs von Angela Merkel und der Bundesregierung gegenüber den europäischen Nachbarländern folgendes Bild ein:
Angela Merkel ist aus der Beletage im obersten Stockwerk eines lichterloh brennenden europäischen Hauses gesprungen und ruft im freien Fall allen Bewohnern der unteren Stockwerke zu: Springt mir nach, sonst verbrennt ihr elendlich, wie ihr seht geht es mir bis jetzt im Vergleich zu euch gut. Statt den Brand zu bekämpfen und die Brandstifter in Haftung zu nehmen, wählt unsere Kanzlerin den Sprung in den Abgrund, gerade so, als ob ein Selbstmord eine dauerhafte Lösung der hausgemachten Probleme wäre. Von Wolfgang Lieb.

Interview mit James K. Galbraith 2/3

Die NachDenkSeiten hatten am Rande der INET-Konferenz in Berlin die Chance, mit dem amerikanischen Ökonomen James K. Galbraith zu sprechen. Im zweiten Teil des Gesprächs geht es um die Eurokrise und die Austeritätspolitik der EU. Das Gespräch führten Roger Strassburg (RS) und Jens Berger (JB).

Häufig gestellte Fragen: Was ist an Merkels Politik zur Bewältigung der Euro-Krise so falsch?

Täglich stellen uns Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten Fragen zur aktuellen Politik. Viele berichten uns, dass sie angesichts der komplexen Probleme der Finanzkrise und den nicht mehr durchschaubaren politischen Lösungsangeboten, den Überblick oder die Orientierung verloren hätten und sich deshalb mit unserer Kritik im Einzelnen überfordert fühlten. Häufig werden wir deshalb um kurze, zusammenfassende Begründungen gebeten, warum wir den vorherrschenden politischen Kurs für falsch halten. Wir wollen künftig regelmäßiger versuchen, knappe Antworten auf häufig gestellte Fragen zu geben. Oft werden wir z.B. gefragt: Was ist an der deutschen Politik zur Lösung der Euro-Krise so falsch? Von Wolfgang Lieb

Der Placeboeffekt des Relativismus als politisches Erfolgsmodell

Die deutsche Politik hat ein bedrohliches Erfolgsrezept. Der Bundesregierung ist es gelungen, von der eigenen bedrohlichen Lage abzulenken, indem man sich mit anderen Ländern vergleicht, denen es noch schlechter geht. Merkel, die SPD, die Grünen und nahezu die gesamte veröffentlichte Meinung fahren wie in einem Paternoster nach unten und sie feiern sich, dass sie sich noch auf einer der oberen Kabinen befinden. Keiner aus den herrschenden Eliten will die Fahrt nach unten wahrnehmen und es ist niemand erkennbar, der aus dem Paternoster springt und auf den Notalarmknopf drücken könnte, um die Talfahrt zu stoppen. Von Wolfgang Lieb.

Revison der Riesterrente – Die klare Lösung wird immer noch verdrängt

Der Film “Das Riester-Dilemma – Porträt einer Jahrhundertreform“ von Ingo Blank und Dietrich Krauß, auf den wir hier schon hingewiesen haben, ist eine sehr verdienstvolle Arbeit. Wir kommen darauf aus verschiedenen Gründen zurück. Der wichtigste: Es wird von den politisch handelnden und die Riester-Rente bisher propagierenden Personen und Parteien immer noch die klare Konsequenz verdrängt: damit Schluss zu machen. Ich beginne deshalb mit der Antwort auf die Frage, wie nach der Re-Vision, der sachlich, kritischen Betrachtung der Riester-Rente und der sich verbreitenden Erkenntnis, dass wir mit dieser Reform auf einen falschen Weg geschickt worden sind, die Lösung aussehen muss. Was ist zu tun? Albrecht Müller.

Wie erwartet: Die perfekte Gleichschaltung funktioniert – aktuell zu Beschäftigung und Konsum

Am 29.12. haben wir auf die „Perfekte Meinungsmache-Strategie zur Vorbereitung der Stimmung im neuen Jahr“ hingewiesen. In den Hinweisen vom 4.1. finden Sie Fakten zur wirklichen wirtschaftlichen Lage. Davon unabhängig wird die Stimmung in nahezu allen Medien und unter Beteiligung der Wirtschaftsverbände perfekt gemacht. Ein Freund der NachDenkSeiten und Einzelhändler berichtete z.B. in den letzten Tagen von der Stimmungsmache im Saarland. In anderen Regionen wird es ähnlich sein. Am 4. Januar schlage ich meine Regionalzeitung, „Die Rheinpfalz“, auf. Wie ein roter Faden von der ersten Seite bis in den Lokalteil: Erfolgsmeldungen zu Beschäftigung und Konsum. Albrecht Müller.

Die doppelte Spaltung der Gesellschaft

Wirft man einen oberflächlichen Blick auf die Entwicklung in Deutschland, so fällt eines sofort ins Auge. Die Gesellschaft ist seit der Jahrtausendwende erheblich ungleicher geworden. Wies Deutschland im internationalen Vergleich lange Jahrzehnte eine relativ ausgeglichene Einkommensstruktur auf, lag international im unteren Mittelfeld, nahe bei den für ihre geringen Einkommensunterschiede bekannten skandinavischen Ländern, so hat sich das binnen eines Jahrzehnts dramatisch verändert. Heute liegt Deutschland zwar immer noch im Mittelfeld, jetzt aber am oberen Rand, weit weg von den skandinavischen und relativ nahe an den angelsächsischen Staaten wie Großbritannien, Irland oder den USA. Nach OECD-Angaben hat sich im letzten Jahrzehnt nur in zwei europäischen Ländern die Einkommenskluft zwischen dem oberen und dem unteren Fünftel noch stärker geöffnet, in Bulgarien und Rumänien. Von Michael Hartmann