Schlagwort:
Menschenrechte

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Diktatorendämmerung

Als Franklin D. Roosevelt einmal auf den nicaraguanischen Diktator und US-Partner Somoza García angesprochen wurde, antwortete er gänzlich pragmatisch: “Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn”. So unprätentiös drücken sich heutige Politiker natürlich nicht mehr aus, wenn sie ihr ganz besonderes Verhältnis zu den Potentaten der arabischen Welt beschreiben. Als der ägyptische Diktator Husni Mubarak vor wenigen Monaten auf Staatsbesuch in Deutschland war, bezeichnete Außenminister Westerwelle “unseren Hurensohn” noch als “Mann großer Weisheit mit einem festen Blick für die Zukunft”. Selbstverständlich wusste Westerwelle damals schon, dass “der Mann großer Weisheit” in seinem Land die Menschenrechte mit Füßen tritt, zehntausende politische Häftlinge eingekerkert hat und jegliche oppositionelle Tätigkeit mit äußerster Brutalität unterdrückt. Die Begriffe “Demokratie” und “Menschenrechte” sind für unsere Politiker jedoch zum Inhalt von Wahlwerbespots und Sonntagsreden verkommen und werden nur dann ins Spiel gebracht, wenn dies “deutschen Interessen” dient – das Wohlergehen des ägyptischen Volkes gehört dabei nicht zwingend zu den “deutschen Interessen”. Jens Berger

EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

Die Europaabgeordnete Rebecca Harms von den Grünen hatte am 28.9.2010 eine Anfrage hinsichtlich der Evaluierung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zur schriftlichen Beantwortung  an die Kommission gestellt und dabei wichtige und richtige Fragen gestellt.
Wer auf eine ernsthafte und ergebnisoffene Überprüfung dieser Richtlinie durch die Kommission gehofft hat, muss sich enttäuscht sehen. Die Antwort von der seit Februar 2010 amtierenden EU-Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia Malmström, lässt ein erschreckendes Maß an Ignoranz hinsichtlich grundrechtlicher Positionen der EU-Bürger erkennen.

Honduras nach dem Putsch : zerissen und allein gelassen – in einer langsam eskalierenden Gewalt “von oben”

Eine deutsch-österreichische Menschenrechtsdelegation hatte sich auf den Weg gemacht, um vom 6. bis zum 20. Dezember 2010 einen Einblick zu gewinnen in die Menschenrechtslage in dem kleinen mittelamerikanischen Land Honduras nach dem Putsch gegen den damaligen Präsidenten Zelaya Ende Juni 2009. Inzwischen ist viel Zeit vergangen, aber die internationale Staatengemeinschaft – gerade auch USA und die EU – scheint den Putsch – wohl aus Eigeninteressen – einfach zu ignorieren. Den Blick der Öffentlichkeit auf Honduras zu lenken und das Schweigen der Politik zu durchbrechen war ein wichtiges Ziel dieser Reise. Von Volker Bahl

Merkel: Wer das christliche Menschenbild nicht akzeptiert, ist “fehl am Platze” in Deutschland.

Die CDU-Vorsitzende erklärte auf einer CDU-Regionalkonferenz in Berlin-Brandenburg: “Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht.” Wer das nicht akzeptiere, “der ist bei uns fehl am Platz“.
Nein, Frau Kanzlerin, ich fühle mich dem Menschenbild des Humanismus verbunden und als „Verfassungspatriot“ dem Menschenbild des Grundgesetzes und nicht dem christlichen Menschbild verpflichtet. Bin ich also „bei uns fehl am Platze“? Wolfgang Lieb

Die Arbeitslosigkeit und die Tafeln gleichzeitig abschaffen! – eine realistisch-unrealistische Utopie

Fast 900 Tafeln versorgen vor allem in den Städten die Armen Bürgerinnen und Bürger mit notwendigen Lebensmitteln. Die Tafelbewegung gehört zu den erstaunlichsten Sozialen Bewegungen der Republik. Das Lob für die Tafeln ist politikübergreifend überschwänglich, menschenwürdige Versorgung und bürgerschaftliches Engagement haben eine scheinbar gute Verbindung gefunden. Aber in Wahrheit ist der Erfolg ambivalent: Die Blüte der Tafeln ist gleichzeitig der Niedergang des bröckelnden Sozialstaats. Von Peter Grottian

Billig-Discounter und Freihandel

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass einige Billig-Discounter sich nicht an ihre Zusagen halten, faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte bei ihren Lieferanten sicherzustellen. Orlando Pascheit meint, dass an einer generellen Regelung des globalen Handels im Sinne des Arbeiter- und Umweltschutzes kein Weg vorbeiführt.

Das Existenz–Minimum der HabendHerrschenden – Hartz IV, das Bundesverfassungsgericht und die etablierte bundesdeutsche Politik

Der 1. Senat hat mit seinem Urteil vom 9.2.2010 nicht eine überfällige Debatte über gesellschaftliche Ungleichheit angestoßen und selbst eröffnet, allen Grund- und Menschenrechten und jeder Form der Demokratie abträglicher als alle anderen Gegebenheiten. Er hat die feinen und groben Unterschiede würdig abgesegnet. Nicht die Grund- und Menschenrechte als normae normantes, als täglich dirigierende politische Normen sind von ihm mit neuem Leben versehen worden. Nein: die normative Kraft des Faktischen. Das, wie es mit katastrophischen Unterschieden und schlimmen Effekten nach innen und außen ist, wie es ist, wird gelobt, dass es so ist. Von Wolf-Dieter Narr

Verbirgt sich hinter der Trinkwasserinitiative von Volvic mehr als positives Product-Placement und Effekthascherei?

Spendenaktionen für eine gute Sache, insbesondere in Kooperation mit der UNICEF, erfreuen sich bei Unternehmen zunehmender Beliebtheit. Auch werden gern bekannte Werbebotschafter in die Aktionen einbezogen. Im Rahmen einer deutschlandweiten Malaktion sollten Grundschüler Wassertropfen gestalten, um Volvic und UNICEF beim Brunnenbau in Äthiopien zu unterstützen. Volvic wirbt damit, für jeden eingesendeten Wassertropfen bis 100 Liter sauberes Trinkwasser in Äthiopien zu spenden. Außerdem werden pro gekauftem Liter “Volvic naturelle” 10 Liter sauberes Trinkwasser in Äthiopien sichergestellt. Lt. Pressemeldung hat die Volvic-Trinkwasserinitiative 122 Brunnen finanziert, wovon bislang 64 fertig gestellt seien, die mindestens 10 Jahre betrieben werden können (Quelle: volvic.de). Von Christine Wicht

Nachtrag zu den Gepeinigten einer menschenunwürdigen Erziehung

Den Hinweis Nr. 15 vom 15.6. über katholische Heimerziehung in IRLAND (“Wir waren Sklaven”) hatte ich mit der Bemerkung kommentiert, das wäre bei uns ein klarer Verstoß gegen Art. 1 des Grundgesetzes (Schutz der Würde des Menschen) und damit verfassungsfeindlich. Für diesen Kommentar wurde ich von einem unserer Leser kritisiert (siehe Anhang 1), von anderen wurde mein Kommentar mit interessanten Informationen ergänzt. Albrecht Müller

Das Weltwasserforum – Konferenz der Konzerne

Vom 16. bis 22. März fand in Istanbul das 5. Weltwasserforum statt (siehe auch “Das Weltwasserforum – keine Einigung auf ein Menschenrecht auf Wasser“). Die vom Weltwasserrat (Word Water Council, WWC) veranstalteten und seit 1997 alle drei Jahre, in wechselnden Ländern, stattfindenden Weltwasserforen sind die wichtigsten globalen Zusammenkünfte der weltweiten Wasserlobby. Auf früheren Foren wurde Wasser von den Teilnehmern zwar als „öffentliches Gut“, aber der Zugang zu Wasser nicht als grundlegendes und unantastbares Menschenrecht gesehen. In den letzten Jahren hat sich jedoch in der Wasserpolitik ein Paradigmenwechsel vollzogen. Durch die Lobbyarbeit der globalen Handelsinstitutionen wurde Wasser mehr und mehr zur Handelsware degradiert. Mit Unterstützung von Weltbank und Internationalem Währungsfond (IWF) versuchen eine Handvoll internationaler Konzerne die Kontrolle über die öffentliche Wasserversorgung an sich zur reißen und treiben die Wasserpreise drastisch in die Höhe. Die Politik der Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung zugunsten internationaler Wasserkonzerne wird auf verschiedenen politischen Ebenen vorangetrieben. Von Christine Wicht

Das Weltwasserforum – keine Einigung auf ein Menschenrecht auf Wasser

Nur etwa drei Prozent der globalen Wassermenge bestehen aus Süßwasser. Drei Viertel davon sind in Gletschern und im Polareis gespeichert. Obwohl zwei Drittel der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind, ist es ein knappes Gut und der Zugang zur knappen Ressource ist begrenzt. Etwa 800 Millionen Menschen haben keinen Zugang zur Trinkwasserversorgung und 2,5 Milliarden Menschen haben lt. aktueller Pressemeldung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung keine angemessene Sanitärversorgung.
Das ist katastrophal, denn fehlender Zugang zu sauberem Wasser und mangelnde Sanitärversorgung sind die häufigsten Ursachen für Krankheiten.
Gerade weil die Versorgung mit Wasser ein Grundbedürfnis aller Menschen und eine treibende Kraft der modernen wirtschaftlichen Entwicklung ist, lockt das Geschäft mit dem Wasser. Je knapper die wichtigste Ressource der Menschheit durch zunehmende Verschmutzung und Verschwendung wird, umso größer versprechen die Gewinne derjenigen zu werden, die in Zukunft über das „blaue Gold“ verfügen.
Das fünfte Weltwasserforum in Istanbul, das am 16. begonnen hat und am 22. März, dem internationalen Weltwassertag, endete, war das bislang größte weltweite Treffen für Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Gruppen. Am Ende des Forums verfassten die Ministerinnen und Minister eine Abschlusserklärung, die den hochgesteckten Erwartungen nicht gerecht wird. Von Christine Wicht

Rezension: Weltdemokratie als aktuelle Gestaltungsaufgabe

Von Globalisierung ist die Rede, wenn es um die weltweiten selbstzerstörerischen Entwicklungen geht, wenn die großen Zukunftsaufgaben – die Bändigung des Finanzmarktkapitalismus, die Überwindung von Massenarmut in den Entwicklungsländern und von sozialen Spaltungen in der Wohlstandszone, die Ersetzung fossiler und nuklearer Ressourcen durch erneuerbare Energiequellen – angemahnt werden. Politisch-institutionelle Antworten (polity) auf die Weltprobleme bleiben in der Regel jedoch unscharf. Eine Rezension des Buches von Christoph Zöpel „Politik mit 9 Milliarden Menschen in einer Weltgesellschaft“ von Klaus-Jürgen Scherer

Wieder einmal werden Leben und Gesundheit tausender Menschen Wahlkampfinteressen geopfert.

Den Wahnsinn des derzeitigen Krieges im Gaza-Streifen, dem viele Palästinenser wie auch Israelis zum Opfer fallen, kann man vermutlich nur richtig erklären, wenn man auch in Rechnung stellt, dass die israelische Regierung und Parteien für den kommenden Wahlkampf an Boden gewinnen wollen. Die jetzige Außenministerin, Vorsitzende und Spitzenkandidaten der Kadima-Partei, Livni, steht dabei in Konkurrenz zu dem Spitzenkandidaten des Likud und vormaligen Ministerpräsidenten, dem als „Falken“ bekannten Benjamin Netanyahu. Albrecht Müller und Wolfgang Lieb

Das Fundament des elitären Klassenbewusstseins

Ist eine Gesellschaft, die offen von “sozial Schwachen” und “bildungsfernen Schichten” spricht, eingebettet in ein sozialdarwinistisches Fundament? Meint eine solche Gesellschaft etwa damit, dass Armut und mangelnde Bildung vererbte Mängel sind? Oder handelt es sich bei solchen und ähnlichen Begrifflichkeiten nur um unglücklich gewählte Wortkonstrukte?
Von Roberto De Lapuente

ILO verschärft Sanktionen gegen Burma

Der aus 52 Vertretern von Regierungen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammengesetzte Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation hat eine weitere Verschärfung seines Vorgehens gegen die Militärjunta in Burma beschlossen. Seit Jahrzehnten steht das Regime in Burma in der weltweiten Kritik wegen schwerster Verletzungen des Verbots der Zwangsarbeit. Männer, Frauen und Kinder werden zu schweren öffentlichen Bau – und Straßenarbeiten gezwungen oder vom Militär zwangsrekrutiert für militärische Operationen, aber auch die schlimmsten Formen von Sklavendiensten. Viele Menschen haben dafür nicht nur ihre Freiheit verloren, sondern jede Menschenwürde und oft auch ihre Gesundheit oder mussten mit ihrem Leben bezahlen. Von Ursula Engelen-Kefer (Mitglied im Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation)