Schlagwort:
Kalter Krieg

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Der Jazz trieb uns den Marschtritt aus dem Leib – Krieg und Nachkrieg im Werk von Dieter Wellershoff

Anlässlich des 70. Jahrestages des Zweiten Weltkriegsendes, der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht und der Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft am 8. Mai 2015 werden wir wieder viele Beispiele einer salbungsvollen, abgehobenen Erinnerungsrhetorik erleben, wie sie bereits anlässlich des Gedenkens an das Entfachen des Ersten Weltkrieges und des Kriegsbeginns am 1. September 1939 zu vernehmen waren; gerade von denen, die heute geschichtsvergessen von einer neuen Verantwortung Deutschlands in der Welt fabulieren und dabei auch militärische Optionen nicht ausschließen. Es mutet seltsam an, mit welcher Selbstverständlichkeit in der Öffentlichkeit schon wieder Kriegsszenarien durchgespielt und damit die Errungenschaften der Entspannungspolitik mit dem Osten desavouiert werden.
In dieser Situation kann es hilfreich sein, die deutsche Nachkriegsliteratur noch einmal in Erinnerung zu rufen, spiegelt sie doch wie kein anderes Medium das nationale Debakel und die desaströse geistig-moralische Befindlichkeit der Bevölkerung in der „Stunde Null“ wider. Trümmer- und Kahlschlagsliteratur hat sie sich selbst genannt, womit sie zugleich auf die zerstörten deutschen Städte reflektierte wie auf das Erfordernis, mit literarischen Traditionen zu brechen und aus dem Nichts etwas Neues zu schaffen. Der Schriftsteller Dieter Wellershoff (Jahrgang 1925) hat als junger Mann diesen Krieg erlebt und überlebt, und es brauchte eine längere Zeit, bis er seine Erlebnisse verarbeiten konnte. Er war nicht einer der ersten, der darüber schrieb – dafür war er 1945 auch zu jung; aber kaum ein anderer unter den deutschen Literaten hat dann so viel für die Aufarbeitung dieser Erfahrungen und für die Aufklärung über das nationalsozialistische Regime geleistet wie er. Von Petra Frerichs

Norman Birnbaum über „Deutschland und die USA: Der Nutzen der Geschichte“

Unser Kolumnist aus Washington, Prof. Norman Birnbaum, ist ein großer Kenner der jüngeren deutschen Geschichte und der Beziehungen und Querverbindungen zu den USA. In seiner neuen Kolumne geht er im Einzelnen auf relevante Querverbindungen ein und fragt nach den Konsequenzen für heute. Manches wirft ein besonderes Licht auf den auf den den NachDenkSeiten immer wieder skizzierten – und beklagten -Einfluss auf deutsche Meinungsführer. – Wie immer herzlichen Dank an Carsten Weikamp für die schnelle und hervorragende Übersetzung. Albrecht Müller.

Wiederkehr des Kalten Krieges? Über einige vergessene Einsichten von Noam Chomsky über die amerikanische Außenpolitik anlässlich des „Ukraine-Konfliktes“

Liegt Sahra Wagenknecht richtig, wenn sie im Bundestag von einer „Neuauflage des Kalten Krieges mit Russland“ spricht? Wenn man in die Zeitungen schaut, muss man ihr zustimmen. So durften z.B. die Leser des Weser Kuriers die folgende Schlagzeile lesen: „Beifall für deutliche Worte der Kanzlerin. Nach Merkel-Rede: Russland-Experten und Opposition loben Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten“ (18.11.14). Die Regionalzeitung aus Bremen bewies mit dem Artikel eindrucksvoll, wie man die regierungsamtliche und von den Leitmedien durchgesetzte Deutungshoheit des „Ukraine-Konfliktes“ durch Aussagen von Osteuropa-Experten unterstützt. Von Christian Girschner.

Aufbau einer neuen Konfrontation zwischen West und Ost. Oder: Der Rückfall in die Vierziger und Fünfzigerjahre.

Zur Zeit sind wir Zeuge eines zugleich spannenden und bedrückenden Vorgangs: Wenn in den Zeitungen, im Hörfunk und im Fernsehen über die Ukraine, über die europäische Union und die Russen gesprochen wird, erinnert das an die Zeit des Kalten Krieges von vor 50 Jahren. Wir im Westen sind die Guten, die Russen sind die Bösen. Der Spiegeltitel dieser Woche zeigt beispielsweise einen Putin mit unsympathischen Zügen.

Putin mag ja unsympathisch sein. Aber diese Darstellung wie die meisten anderen Medienprodukte und wichtige Äußerungen von Politikern zielen auf den Aufbau einer neuen Konfrontation zwischen dem „guten“ Westen und den „bösen Russen“. Das ist im Widerspruch zu dem erfolgreichen Versuch Willy Brandts, Helmut Schmidts und der sozialliberalen Koalition bis hin zu Helmut Kohl, die Konfrontation zwischen Ost und West zu beenden. Wir sind zurück im kalten Krieg. Siehe dazu auch diesen Beitrag von Jens Berger und die Äußerungen von Steinmeier, Özdemir u.a. in Anlage 2. Albrecht Müller.

Ein Wiedersehen mit den Fünfzigern

Mich erinnern in diesen Tagen die brennenden Botschaften in arabischen Ländern, die Drohungen aus dem Iran und Reden wie in München, die ganz selbstverständlich die kriegerische Auseinandersetzung als Fortsetzung der Politik miteinbeziehen, an die Eskalation zwischen Ost und West, die wir in Deutschland in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts erlebt haben: Eskalation und Applaus für die Eskalation.