Schlagwort:
Reformpolitik

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Flexible Arbeitsmärkte senken die Produktivität und verhindern Arbeitsplätze

Angeführt von der deutschen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat die Eurogruppe auf ihrer Position beharrt, auch die neue griechische Regierung unter Alexis Tsipras (SYRIZA) müsse sich zu “Strukturreformen” bekennen und diese weiterführen. Zu solchen “Reformen” gehört regelmäßig auch die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Die dümmlich-neoliberale Halsstarrigkeit von Schäuble und Co. ist deshalb Anlass genug, auf einen wesentlichen Zusammenhang hinzuweisen: Die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts erhöht nicht die Produktivität (und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) von Unternehmen und Volkswirtschaften, sondern senkt sie sogar. Und sie verhindert die Schaffung von Arbeitsplätzen. Von Patrick Schreiner.

Syrizas Sieg bietet die Chance, endlich wieder offen über gesellschaftspolitische Alternativen nachzudenken und diese umzusetzen

Immer wieder taucht im Zusammenhang mit Griechenland und Staaten in ähnliche kritischer Lage die Vorstellung auf, sie müssten halt Reformen machen und „sparen“. So hieß es penetrant vor der griechischen Wahl und so wird es vermutlich weitergehen. Jene, die diesen Kurs vorgegeben haben, leben in der intellektuell dürftigen Vorstellung, Gesellschaft und Wirtschaft könnten nur nach einem Schema, dem neoliberalen, gestaltet werden, und Sparversuche seien ohne Rücksicht auf die ökonomische Ausgangslage angesagt. Diese Ideologie ist so dumpf und unreflektiert, dass ihre Vertreter sich nicht einmal von Erfolglosigkeit ihrer Empfehlungen in ihrem angelernten Glauben erschüttern lassen. TINA, There Is No Alternativ, haben sie irgendwann gelernt. Mehr nicht. Es gibt aber mehr. Albrecht Müller.

Wieder einer der notwendigen, aufklärenden Beiträge von Heiner Flassbeck.

Er beschäftigt sich mit der aktuellen Politik der EZB und mit der gegen sie in Position gebrachten Kritik. Er beschreibt, wie falsch gerade der deutsche Einfluss auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik ist und absehbar weiter sein wird. Wie so oft können wir an diesem Text mit vollziehen, dass die deutsche Bundeskanzlerin in der Sache weit daneben liegt und dennoch die begleitenden Medien bestimmt. Albrecht Müller

PEGIDA – Ohne Korrektur der Politik wird dieser oder ein ähnlicher Protest vermutlich zum Dauerproblem

Meines Erachtens macht es Sinn, einen großen Teil der 15.000 Demonstranten vom vergangenen Montag in Dresden zu verstehen, ohne die Stoßrichtung ihrer Kritik und Feindseligkeit gegenüber den Fremden zu entschuldigen. Ein solcher Protest gegen Fremde, gegen Asylbewerber und Flüchtlinge war zu erwarten; er war von etablierten Politikern und Medien seit Jahren im Hintergrund und offen angeheizt worden; er gründet auf Ängsten, deren Grundlage die Politik seit langem gelegt hat. Die Ängste zu verringern wäre möglich, aber dazu fehlt der politische Wille. Im Gegenteil, es wird – mit wenigen Ausnahmen – alles getan, um weitere Grundlagen dafür zu legen, dass Menschen, die von oben getreten werden, nach unten weitertreten. Albrecht Müller.

Bundesverfassungsgericht: Kippt das Unternehmerprivileg bei der Erbschaftssteuer?

Morgen wird das Bundesverfassungsgericht ein wichtiges Urteil fällen: Die Karlsruher Richter werden darüber entscheiden, ob das von vorigen Großen Koalition und von der schwarz-gelben Bundesregierung „reformierte“ Erbschaftssteuergesetz mit den dabei dort zugestandenen Steuerprivilegien für Firmenerben Bestand haben wird. Im Gegensatz zu den Erben von Immobilien oder von Barvermögen, die darauf eine Erbschaftssteuer zu bezahlen haben, müssen die Erben von Firmen u.a. wenn sie diese Firma sieben Jahre weiterführen keine Erbschaftssteuer zahlen. Das Gericht hat zu entscheiden, ob in dieser Verschonung von Erben von Betriebsvermögen nicht eine ungerechte Bevorzugung zu sehen ist oder ob die Besteuerung der Erben anderer Vermögensarten eine Ungleichbehandlung darstellt. Wie auch immer das Gericht entscheiden wird, angesichts von 2.600 Milliarden Euro, die in diesem Jahrzehnt vererbt werden, dürfte dieses Urteil massive Auswirkungen auf Erben oder auf die Länderhaushalte haben, wo die Erbschaftssteuer ja hinfließt. Kein Wunder, dass die Wirtschaftslobby schon längst ihre Geschütze gegen eine Erbschaftssteuer für Unternehmenserben in Stellung gebracht hat und sogar für deren völlige Abschaffung kämpft. Das oberste Gericht könnte sich darüber hinaus mit der Frage beschäftigen, ob es zwischen den Ländern unterschiedliche Regelungen für die Besteuerung geben kann und damit ein Steuerwettlauf im Inland in Gang kommen könnte. Christoph Butterwegge wirft einen Blick auf die Hintergründe der jüngsten Erbschaftssteuerreformen.

Medien reagieren beleidigt, wenn man ihr Versagen beschreibt und ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel zieht.

Unmittelbarer Anstoß für diesen Text ist ein Gespräch mit einer Journalistin, die ich als kritische Begleiterin des Geschehens kenne. Jetzt beklagte sie, dass der in deutscher Sprache neu auftretende Sender Russlands, RT Deutsch, die Glaubwürdigkeit der deutschen Medien hinterfragen wolle. Dies sei unerhört. Ähnlich betroffen und aggressiv reagierten die deutschen Medien wohl mehrheitlich. Ein paar Beispiele siehe in der Anlage. Hier interessiert jetzt nicht zuvorderst das spezielle Problem des Auftretens Russlands im Konzert der Meinungsmacher in Deutschland, sondern das Verhaltensmuster deutscher Medien, das in der aggressiven Reaktion auf das russische Projekt sichtbar wird. Eine harte Kritik an Russlands Versuch, eine Informationslücke zu schließen, wäre ja erträglich, wenn die Mehrheit der Medien hierzulande nicht so hoffnungslos versagen würde. Albrecht Müller.

Minijobs: 30 Jahre falsche Beschäftigungspolitik und eine fatale Weichenstellung

„Zahl der Minijobber hat sich verdoppelt“, so titelte Der Tagesspiegel und mit ihm eine Reihe anderer Zeitungen am vergangenen Freitag. Gemeint war, das Ende 2013 rund 2,35 Millionen Menschen einem Minijob als zusätzlichem Nebenjob nachgegangen waren, doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Die Zahl der insgesamt geringfügig Beschäftigten habe im Dezember 2013 bei knapp 7,65 Millionen gelegen. Die vorab veröffentlichten Zahlen stammen aus einer noch nicht allgemein zugänglichen Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen zur Entwicklung der geringfügigen Beschäftigung.

Was für ein Aufreger. Als wären die Minijobs plötzlich wie Pilze aus dem Boden geschossen. Dabei ist die geringfügige Beschäftigung nicht erst seit heute die nach der Teilzeitbeschäftigung am weitesten verbreitete „atypische“ Beschäftigungsform in Deutschland. Von Markus Krüsemann.

Strukturreformen als Mittel zur Lösung der Eurokrise?

Wann immer hierzulande in Politik, Medien und Wissenschaft über die Eurokrise diskutiert wird, darf ein Begriff nicht fehlen, nämlich derjenige der „Strukturreformen“.[1] Das Wort „Strukturreform“ ist für den Mainstream so etwas wie das Zauberwort der Krisenlösung, klingt es doch so schön nach grundlegenden, ja radikalen Maßnahmen und damit nach dem Gegenteil von nur oberflächlichen, kosmetischen Korrekturen. Und wer wollte schon bestreiten, dass die Überwindung der tiefen Eurokrise fundamentale Veränderungen erfordert? Von Günther Grunert[*].

Bye, bye SPIEGEL!

Bleibt er oder geht er – der “Spiegel”-Chefredakteur? Landauf, landab berichten deutsche Medien darüber. Vergessen wird, was aus dem Nachrichtenmagazin inhaltlich geworden ist. In seinen besten Jahren war der “Spiegel” laut Eigenwerbung ein Sturmgeschütz der Demokratie. Man kann vortrefflich darüber streiten, ob das Magazin je diesem Mythos entsprach, den er seitdem wie eine Monstranz vor sich herträgt. Der heutige “Spiegel” ist – so viel steht fest – von diesem Ideal Lichtjahre entfernt. Mit einer Melange aus zackiger Deutschtümelei, denkfaulem Papageienjournalismus, eitler Geckenhaftigkeit und gnadenlosen Opportunismus hechelt das Blatt einem Zeitgeist hinterher, der stilgebend für die Merkel-Ära ist. Aus dem Sturmgeschütz der Demokratie wurde ein Steigbügelhalter der Marktkonformität. Von Jens Berger

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Verkehrung der Welt in mehreren Akten (3/3)

Karl-Heinz Klär am 12. April 2014 im Gespräch mit Kuno Rinke über den Finanzkapitalismus, die Krise der Europäischen Union und die Übertölpelung der jungen Generation. Grundlage des Gesprächs ist der Artikel „Die GroßeMittelKlasse“, den Karl-Heinz Klär am 7. Februar auf den NachDenkSeiten veröffentlicht hat. Aufgrund der Länge haben wir das Gespräch, das auch in der Zeitschrift Politisches Lernen erschienen ist, in drei Folgen unterteilt. Der erste Teil erschien vorgestern, der zweite Teil gestern.

Der SPIEGEL des „fröhlichen Biedermeiers“

Die SPIEGEL-Titelgeschichte von dieser Woche „Wir sind wieder…wer?“ ist gleichsam ein Spiegelbild der Befindlichkeit der Spiegel-Redaktionslinie: Man nutzt die schwarz-rot-gold unterlegte nationale Fußballeuphorie, um das eigene Bild einer „entkrampften Nation“ zu malen, in der „fröhliches Biedermeier, kühler Nationalismus, egoistische Schonhaltung“ herrsche.
„Egoistisch“ sei die „Schonhaltung“, die eigenen Soldaten zu schonen. So wird die mangelnde Unterstützung für Gaucks (Steinmeiers und von der Leyens) Forderung nach einem stärkeren (militärischen) Engagement in der Welt durch die Deutschen kritisiert. Innenpolitisch seien die Deutschen „weitgehend saturiert“, sie würden von der Großen Koalition „gepampert“. Nur Außenpolitisch fehle ihnen die Orientierung, hier fehle ein Bundestrainer der eine klare Linie findet.
Der „szenische Essay über Deutschland“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich der SPIEGEL selbst zum „fröhlichen Biedermeier“ degradiert hat. „Wir“ als Fußball-Weltmeister müssten nur noch in der Außenpolitik unsere eigenen Soldaten nicht mehr schonen. Von Wolfgang Lieb.

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Gabriels Energiewende: Nach Lohndumping Stromdumping

“Aber was vor einigen Jahren zu hohe Lohn- und Sozialkosten waren, sind heute die wachsenden Energie- und Rohstoffkosten”, so der Bundesminister für Wirtschaft und Energie und SPD-Vorsitzende, Sigmar Gabriel, am 13. März 2014. Und, so Gabriel weiter: “Die Strompreise in Deutschland sind doppelt so hoch wie in den USA. Wenn wir nicht mindestens unsere Industrie entlasten, droht uns eine Deindustrialisierung.” Das, so Gabriel, sei keine “plumpe Propaganda der Wirtschaft, sondern bittere Realität”. Es ist Gabriels “Realität”. Und es ist die “Realität” der „Energieintensiven Industrien“ [PDF – 65 KB], zu deren Büttel sich Gabriel gemacht hat. Er schadet damit nicht nur der Energiewende und dem sozialen Zusammenhalt in Deutschland und Europa. Er führt damit aller Voraussicht nach die SPD mit wehenden Fahnen in die nächste Etappe ihres Untergangs. Von Thorsten Hild

Disput zwischen Rudolf Hickel und Albrecht Müller über die politische Einschätzung des Mindestlohns

Am 31. März erschien auf den NachDenkSeiten ein Beitrag von Rudolf Hickel unter der Überschrift „Flächendeckende Mindestlöhne: Epochenwandel auf den Arbeitsmärkten – Sieg der Vernunft über neoklassisches Marktversagen“ mit einer kritischen Anmerkung von Wolfgang Lieb. Zu Hickels Artikel schrieb Albrecht Müller einen weiteren kritischen Kommentar mit dem Titel „Das ist ein Gefälligkeitsartikel für SPD und Gewerkschaften“. Diese Kritik erwidert nun Rudolf Hickel. Wir wollen unseren Leserinnen und Lesern diesen Disput nicht vorenthalten und stellen Rudolf Hickels Antwort mit einer Replik von Albrecht Müller ein.

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Flächendeckende Mindestlöhne: Epochenwandel auf den Arbeitsmärkten – Sieg der Vernunft über neoklassisches Marktversagen

Das gesellschaftliche Megaprojekt eines flächendeckend gesetzlich regulierten Mindestlohns ist nicht mehr aufzuhalten. Sicherlich sind gegenüber dem lupenreinen, in sich konsistenten Konzept einer gesetzlich fixierten Lohnuntergrenze unter dem Druck massiver Kritik von Wirtschaftsverbänden und neoklassischen Ökonomieberatern auch problematische Kompromisse durchgesetzt worden. Dazu zählt die Vorgabe, Jugendliche unter achtzehn Jahren müssten vor der Wahl eines kurzfristig günstigen Mindestlohnjobs gegenüber einem Ausbildungsplatz „selbst geschützt“ werden. Auch die geplante Sonderregelung für Langzeitarbeitslose ist problematisch. Allerdings sind im bisherigen Entscheidungsprozess über das Mindestlohngesetz die vielen Versuche, ganze Branchen zur Ausnahmezone zu erklären, verhindert worden. Von Rudolf Hickel.

100 Tage Große Koalition – gestörte Beziehung

Rundum zufrieden zeigt sich auch die Große Koalition. Die Bundesregierung hat anlässlich ihres hunderttägigen Bestehens eigens ein Papier herausgegeben: “Deutschlands Zukunft gestalten – 100 Tage Große Koalition“. Das Koalitionspapier enthält nun einen ganzen Strauß an Themen, mit denen die Bundesregierung versucht, sich und die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit ins rechte Licht zu setzen. Alle genannten Themen haben dabei ihre Berechtigung. Weil aber einige, noch dazu zentrale Themen, wie die Rente und der Mindestlohn, bereits in aller Breite rauf und runter diskutiert worden sind und weil mir drei Themen – Arbeitslosigkeit, Energiewende und Außenpolitik – besonders akut erscheinen, soll das Koalitionspapier im Folgenden auf diese drei Themen geprüft und diskutiert werden. Von Thorsten Hild[*].