Denkfehler 18: »Inflation ist unsozial.«
Albrecht Müller. Auszug aus „Die Reformlüge. 40 Denkfehler, Mythen und Legenden, mit denen Politik und Wirtschaft Deutschland ruinieren“ Seiten 216ff.
Albrecht Müller. Auszug aus „Die Reformlüge. 40 Denkfehler, Mythen und Legenden, mit denen Politik und Wirtschaft Deutschland ruinieren“ Seiten 216ff.
Ein aufmerksamer Nutzer der NachDenkSeiten macht mich auf den jüngsten Monatsbericht aufmerksam. Siehe unten Anhang. Dort werden die im April kräftig gestiegenen Verbraucherpreise notiert und daraufhingewiesen, dass dafür höhere Kraftstoff- und Heizölpreise und die durch den langen Winter verteuerten Nahrungsmittel mitverantwortlich sind, und dass die geplante Mehrwertsteuererhöhung Anlass für Verteuerungen sein wird. Dies – zusammen mit der angeblich fortschreitenden Belebung der Inlandsnachfrage – spreche „für ein hohes Maß an stabilitätspolitischer Wachsamkeit“. Hier werden geldpolitische Gegenmaßnahmen vorbereitet. Das ist der helle Wahnsinn.
Unter der Überschrift „Preistreiber Staat: Zur Inflationspersistenz im Euroraum“ stellt der IMK Report Nr. 6 [PDF – 184 KB] vom Januar 2006 eine Studie von Jörg Bibows vor.
Die Studie stellt die verbreitete These in Abrede, die seit 2001 anhaltend hohe Inflationsrate im Euroraum sei die Folge struktureller Rigiditäten (gemeint sind dabei meist Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt).
Die Befunde widersprechen auch den Forderungen des Bundesbankpräsidenten, Axel Weber, dass der Staat noch mehr sparen müsse um die Inflation zu bekämpfen.
SPIEGEL-Online berichtet, dass nach einer dem Bundeskabinett vorgelegten Prognose des Bundessozialministeriums das Durchschnittsentgelt aller Beschäftigten sich 2006 auf 29.304 Euro belaufen wird. Das wären 265 Euro oder knapp 1% weniger als 2005. Das wäre der erste Rückgang der statistischen, nominalen Durchschnittseinkommen seit 1949. Der reale Lohnverlust fällt wegen der Inflation sogar noch größer aus. Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Verbraucherpreise im September 2005 im Vergleich zu 2004 um 2,5% angestiegen. Bliebe es bei dieser Inflationsrate hätten die Arbeitnehmer im kommenden Jahr durchschnittlich also knapp 3,5% weniger in der Tasche.
Quelle 1: SPIEGEL ONLINE
Quelle 2: Statistisches Bundesamt
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung plädiert in seinem Report Nr. 3 für eine wirtschaftspolitische Wende. Alles deute auf das Gegenteil einer von Angebotsproblemen geplagten Wirtschaft hin: Die mangelnde Nachfrage sei das Problem. Preiserhöhungen bei sinkenden Reallöhnen und eine dadurch bedingte schwache Binnennachfrage seien der Hemmschuh der Konjunktur.
Von Heiner Flassbeck, FTD, 7. 7. 2005
Joseph E. Stiglitz, zusammenfassender Bericht eines am 27.2.2004 in Le Monde erschienen Artikels
Unter der Überschrift „Deutschland zehrt von seiner Substanz“ dokumentiert die Frankfurter Rundschau eine Abrechnung des international renommierten Professors für Wirtschaftspolitik mit dem eindimensionalen Preisstabilitätsdenken von Bundesbank und Europäischer Zentralbank. Schettkat kritisiert weiter, dass sowohl der Sachverständigenrat, als auch die EZB, die OECD oder der IMF als „einzige Lösung“ für das Beschäftigungsproblem ausschließlich „Strukturreformen des Arbeitsmarktes“ anböten. Unter amerikanischen Ökonomen fänden die bei uns als alternativlos dargestellten „theoretischen Positionen der neuklassischen Makroökonomie…nur noch wenige Anhänger“; durch praktische Erfahrungen seien deren „extreme Annahmen“ über die Funktionsfähigkeit von Märkten ohnehin kaum gestützt. Nichts spreche gegen einen binnenwirtschaftlich initiierten Impuls. Durch Sparen und eine Reduktion der öffentlichen Leistungen ließe sich jedenfalls das öffentliche Defizit in einer Stagnation nicht vermindern, sondern werde nur festgeschrieben, zu Lasten von Einkommen und Jobs, resümiert Schettkat.
Quelle: FR »