Immer wieder neue Belege für das Ende einer demokratischen Meinungsbildung: die totale Manipulation ist möglich
In diesem Beitrag von gestern war jenseits des Hauptthemas Spiegel-Titel sichtbar geworden, mit welcher Penetranz gestreut wird, wir hätten einen Boom. Dass wir diesen vielleicht bei den Exporten aber jedenfalls nicht in der Binnenkonjunktur haben, zeigen die neuesten Statistiken zu den Einzelhandelsumsätzen. Diese sagen einiges aus über die wirtschaftliche Entwicklung im innern und die wirtschaftliche Lage der Menschen, die einkaufen. Albrecht Müller.
Die wirkliche Lage im Einzelhandel
Die folgende Grafik und die in Anhang 1 aufgenommene dazu gehörige Tabelle der Umsatzentwicklung zeigen:
- Der Einzelhandelsumsatz zu konstanten Preisen ist von April auf Mai deutlich eingebrochen.
- Er liegt heute erkennbar unter dem Niveau von 2005 (= 100) (5/2011= 93,9) und sogar unter dem Niveau von 1998.
Wie manipuliert wird
Zunächst einmal wird dadurch manipuliert, dass über die kritische Lage bei den Einzelhandelsumsätzen in vielen Medien nicht berichtet wird.
Ansonsten geschieht die Irreführung schon im Kleinen – zum Beispiel dadurch, dass eine dem Gesamteindruck widersprechende Teilmeldung in die Überschrift gepackt wird und damit die Meinungsbildung der Schnellleser bestimmt. So zum Beispiel hier: In der Pressemitteilung Nr.245 des Statistischen Bundesamtes vom 30.06.2011 heißt es in der Überschrift:
„Einzelhandelsumsatz im Mai 2011 real um 2,2% höher als im Mai 2010“
Das ist die Botschaft, die das Statistische Bundesamt im Interesse der Regierenden vermitteln will – übrigens nicht nur hier, sondern immer wieder, worauf für meist Anfang des Jahres schon des Öfteren hingewiesen haben. Wenn man dann im Kleingedruckten weiter liest, dann findet man im zweiten Satz beginnend mit einem „Allerdings“ Folgendes:
WIESBADEN – Die deutschen Einzelhandelsunternehmen setzten im Mai 2011 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) nominal 4,0% und real 2,2% mehr um als im Mai 2010. Allerdings hatte der Mai 2011 mit 26 Verkaufstagen auch drei Verkaufstage mehr als der Mai 2010. Im Vergleich zum April 2011 ist der Umsatz im Mai 2011 unter Berücksichtigung von Saison- und Kalendereffekten (Verfahren Census X-12-ARIMA) nominal um 3,0% und real um 2,8% gesunken.
Wenn man sich dann noch die Tabellen des Statistischen Bundesamtes anschaut,die dieser Pressemitteilung angehängt sind B(siehe den oben genannter Link), dann trifft man auf den oben skizzierten Befund eines deutlichen Einbruchs bei den Einzelhandelsumsätzen.
Zu den schon bekannten Irreführern gehört die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK ). Unter der Überschrift „Konsumklima wieder leicht verbessert“ steht in einer DTS-Meldung vom 28.6.2011, die deutsche Verbraucherstimmung habe sich nach einer leichten Schwächephase in den letzten Monaten wieder gebessert. DTS steht für Deutsche Text Service Nachrichtenagentur GmbH. Diese Tochter von dpa gibt Meldungen aus der Wirtschaft und anderen Einrichtungen, im konkreten Fall der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), weiter. Schauen Sie sich den Text der Meldung an und Sie werden erkennen, wie Sie wie üblich von der GfK in die Irre geführt werden.
Auch die Meldungen zur Arbeitslosigkeit sind in der Regel beschönigend. Heute erschien eine Meldung bei Spiegel online, mit der nach dem gleichen Muster wie vom Statistischen Bundesamt manipuliert wird. Im Aufmacher und am Anfang ist vom Job-Boom und vom kleinen Arbeitsmarktwunder die Rede. Siehe hier:
Job-Boom
Zahl der Arbeitslosen sinkt um 67.000Euro-Krise, hoher Ölpreis, schwächelnde Weltkonjunktur – der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich von solchen Problemen ungerührt. Die Zahl der Erwerbslosen ist im Juni erneut gesunken, auf 2,89 Millionen. Allerdings verlangsamt sich das Tempo des Rückgangs.
Nürnberg – Mag die wirtschaftliche Lage im Rest der Welt sich auch verdüstern – in Deutschland setzt sich das kleine Arbeitsmarktwunder fort. Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen erneut gesunken. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilte, waren 2,89 Millionen Menschen ohne Job. Das sind 67.000 weniger als im Mai und 255.000 weniger als vor einem Jahr. “Die gute Entwicklung hat sich fortgesetzt”, sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise.
Dann wird das Ganze relativiert:
Allerdings ist das Tempo des Rückgangs zuletzt gesunken. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Schwankungen nahm die Arbeitslosenzahl im Vergleich zum Mai nur noch um 8000 ab. Volkswirte hatten einen saisonbereinigten Rückgang um 17.000 erwartet.
Manipuliert wird überall und konsequent und wirksam. So wirksam, dass von demokratischer Willensbildung nicht die Rede sein kann.
Die Manipulationen zu Boom, Wirtschaftsentwicklung und Arbeitslosenentwicklung kennzeichnen ein Feld, in dem mit Begriffen wie Aufschwung XXL und Boom konsequent die Unwahrheit verbreitet wird. Die im gestrigen Artikel über den Spiegel Titel skizzierte Kombination aus Kritik an der schwachen Leistung der Bundesregierung mit der beiläufigen Indoktrination, wir hätten einen Boom, ist typisch und ist zugleich Teil einer langfristig angelegten Strategie der Wählerbeeinflussung.
Ein anderes markantes Thema ist die Dauerwerbung für Peer Steinbrück als SPD-Kanzlerkandidat. Darauf wird in einem nächsten Beitrag einzugehen sein. Hier nur soviel: Hier geht es um das Recht und die Pflicht einer Partei und ihrer Mitglieder, einen Bewerber für das Kanzleramt zu nominieren. Mit einer totalen Manipulation der Sonderklasse haben die Medien und ihre Hinterleute dieses Recht den Sozialdemokraten schon gestohlen.
Anlage 1
Bundesbank Zeitreihe BBDE1.M.DE.W.GUA1.N2G470000.A.C.I05.A:
Umsatz Insgesamt / in konstanten Preisen / Deutschland / 47 Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) / nur kalenderbereinigt