Die Opfer und Folgen der Privatisierung
Uns erreichen täglich Berichte über die Folgen der Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen. Konsequenzen hat das für die herrschende Ideologie und Praxis bisher nicht. Es wird weiter privatisiert. Im (vielleicht naiven) Glauben an die Wirkung von Information und Aufklärung sind im Folgenden einige Berichte aus der letzten Zeit zusammengestellt. Wenn Sie diese Zusammenstellung überzeugt, dann sprechen Sie doch bitte in Ihrem Umfeld über diesen fortschreitenden Wahnsinn. Die Beispiele betreffen 1. die Privatisierung der Bahn, 2. die Privatisierung der Energiewirtschaft, 3. die Privatisierung von Wohnungen und 4. die Privatisierung von Kliniken. Albrecht Müller.
Damit ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem gesamten Spektrum von Privatisierungen erfasst. Die einzelnen Beispiele sind nur kurz kommentiert, weil sich das meiste aus den Berichten selbst ergibt. Vorweg noch einige Anmerkungen zu den Hintergründen:
Es wird privatisiert, weil einzelne Personen und mächtige Gruppen und Unternehmen daran verdienen wollen. Es wird sowohl bei der Transaktion, also beim Privatisierungsvorgang verdient (Provision, Beratung, Börsengänge usw.) als auch dann mit dem privatisierten Unternehmen bzw. der privatisierten Einrichtung. Da an der Transaktion verdient wird, verdienen oft die gleichen Personen und Gruppen auch dann wieder, wenn die Einrichtungen/Unternehmen wieder in öffentlicher Hand übernommen werden sollten.
Sachliche Gründe gibt es bei den meisten Privatisierungen nicht. Bei den Tätigkeiten der betroffenen Einrichtungen und Unternehmen handelt es sich meist um genuine öffentliche Tätigkeiten. Oder wie beim Schienenverkehr stehen „Unteilbarkeiten“ bei der Produktion gegen die Privatisierung. (Wer sich für eine einigermaßen systematische Darstellung der Abwägungen zwischen öffentlicher und privater Organisation der Produktion bzw. Dienstleistung interessiert, möge die Denkfehler Nummer 36 und 37 in „Die Reformlüge“ nachlesen.)
Den Privatisierungsprozess hat sowohl die Agitation für die herrschende Ideologie vorangetrieben als auch die immer dramatischer werdenden öffentlichen Finanzen. Die systematische Verarmung des Staates (vergleiche Kapitel 13 von „Meinungsmache“) war und ist der strategische Hebel zur Förderung der Privatisierung. So auch heute wieder, wenn jene Völker, die aus vielerlei Gründen in finanziell schwierige Situationen geraten sind, zum Verscherbeln ihres Tafelsilbers gezwungen werden.
1. Privatisierung der Bahn, speziell Lokführer
Vorbemerkung: die Privatisierung des Schienenverkehrs ist aus meiner Sicht ein völlig obskurer Vorgang. Der Schienenverkehr gehört wegen der Unteilbarkeit der Produktion in eine und in öffentliche Hand. Die Aufteilung bringt eine Fülle von Schwierigkeiten und, wie der folgende Bericht bei Welt online zeigt, hohe Risiken, einschließlich der Gefahr für das Leben von Menschen.
Die Folgen der Privatisierung haben die Beschäftigten und die Kunden zu tragen.
Dass im Springer-Medium Welt online ein solch aufklärender Bericht über die Folgen der Privatisierung steht, ist zum einen ein Beleg für die dort grassierende Dramatik als auch dafür, dass auch in einem Springer-Medium etwas Aufklärendes stehen kann. Solange das vorkommt, kann man sich nur freuen:
Sicherheitsrisiko
Autor: N. Doll und H. Evert| 18.06.2011
Viele Lokführer übermüdet und schlecht ausgebildet
Vor allem bei privaten Güterbahnen herrschen haarsträubende Zustände. Den Führerschein gibt es auf dem Schwarzmarkt.
(…)
Quelle: Welt Online
2. Privatisierung der Energiewirtschaft
Vorbemerkung: Wie viele Privatisierungen wurde auch die Privatisierung der Energiewirtschaft unter der Flagge „Mehr Wettbewerb“ vorangetrieben. Im Ergebnis hat man aus öffentlichen Oligopolen private Oligopole gemacht – mit allen Folgen für die Ausbeutung des Konsumenten und der grassierenden Macht über die politischen Entscheider.
Wenn die Energieunternehmen noch in öffentlichen Händen wären, dann bräuchte das dortige Management keine Rücksicht auf die privaten Investoren nehmen, worauf sie sich heute bei ihren Schadensersatzforderungen gegenüber der Politik berufen.
19. Juni 2011, 11:25 Uhr
AKW-Betreiber
Mit Top-Anwälten gegen Merkels Atomkurs
Die Stromkonzerne bereiten Verfassungsklagen gegen die Bundesregierung vor, um das Atomgesetz zu kippen und anschließend milliardenschwere Schadensersatzforderungen stellen zu können. Nach SPIEGEL-Informationen haben die Unternehmen namhafte Anwaltskanzleien und Top-Gutachter engagiert.
Hamburg – Beauftragt wurden Kanzleien wie Linklaters, Freshfields Bruckhaus Deringer, Clifford Chance und Gleiss Lutz. Die Konzerne wappnen sich zudem mit entsprechenden Gutachten. So gehen der Verwaltungsrechtler Christoph Moench und der ehemalige Verteidigungsminister und Staatsrechtler Rupert Scholz in einem für den Düsseldorfer E.on-Konzern verfassten Gutachten davon aus, dass der von der Bundesregierung geplante Ausstieg klar gegen die Verfassung verstoße.
(…)
Quelle: SPIEGEL Online
3. Die Privatisierung öffentlichen Wohnungseigentums
Vorbemerkung: Hier sind einige ältere Beiträge über Privatisierungsvorgänge kombiniert mit neueren, die zeigen, dass man inzwischen, mit großen Opfern verbunden, schlauer geworden ist.
Die Folgen der Privatisierung haben die Mieter wie auch die früheren Eigentümer zu tragen. Vornehmlich die Kommunen. Aber sie haben sich den Zauber auch einreden lassen.
Hier wie an vielen anderen Stellen bedürfte es dringend einer Haftung, auch einer vermögensrechtlichen Haftung, der entscheidenden Personen. Das wäre einer der gravierenden Warnzeichen gegen die politische Korruption, die bei vielen Privatisierungsfällen eine Rolle spielt.
- Städtische Wohnungen
Ausverkauf an Großinvestoren
Freitag, 20.10.2006, 10:10
Immer mehr Stadtwohnungen sind im Besitz von Großinvestoren
Immer mehr deutsche Städte verkaufen ihre kommunalen Wohnungsbestände an Privatinvestoren. Stadtforscher warnen vor Ghetto-Bildung.
(…)
Quelle: FOCUS - Privatisierung kommunaler Wohnungen – Weg aus der Schuldenfalle oder unsozial?
„Flaggenwechsel in Dresden“
Mit dem 100 %igen Verkauf der WOBA Dresden hat ein Flaggenwechsel stattgefunden.
Statt kommunaler, sozialpolitisch orientierter Wohnungspolitik wird künftig die private Renditesteigerung durch Fortress im Vordergrund der WOBA stehen.
Kein kommunales Wohnungsunternehmen mehr in Dresden bedeutet Ausverkauf der kommunalen Daseinsvorsorge auf dem Wohnungssektor in Dresden.
D. h. Verabschiedung vom Sozialgut: Wohnung!
Bei der wachsenden Zahl von Langzeitarbeitslosen/Bedarfsgemeinschaften/sozial Schwachen – nimmt die Verarmung auch in Dresden rasant zu und der Druck auf viele noch nicht betroffenen Dresdner/innen bezüglich bezahlbaren Wohnraum wächst.
Quelle: ver.di - Privatisierung Dresden verklagt Immobilienkonzern Gagfah
Im Zusammenhang mit dem Verkauf von städtischen Wohnungen will Dresden gerichtlich gegen die Gagfah vorgehen. Der Immobilienkonzern soll Mieterrechte missachtet haben.
25.3.2011
Der Immobilienkonzern Gagfah in Dresden-Südwest
Dem Immobilienkonzern Gagfah und der Stadt Dresden steht eine langwierige juristische Auseinandersetzung um den Schutz von Mieterrechten bevor. Schon in der kommenden Woche will die Verwaltung Klage über maximal 1,06 Milliarden Euro gegen das Unternehmen einreichen, weil sie Verträge zu Wohnungsverkäufen aus dem Jahr 2006 verletzt sieht. So hat es der Stadtrat beschlossen.
Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, Reuters, dpa - Privatisierung auf dem Wohnungsmarkt hat fatale Folgen
Quelle: www.volksbegehren-hamburg.de
4. Privatisierung von Kliniken
Vorbemerkung: An der Krankheit von Menschen wird nach der Privatisierung von Kliniken irrsinnig verdient. 15 % Rendite wie im konkreten Fall von Helios sind die Richtmarke.
Wie der Beitrag B zeigt, sind unfeine Methoden zur Steigerung der Rendite offenbar üblich.
Die Opfer der Privatisierung sind die in den Kliniken arbeitenden Menschen, die Zulieferer und ihre Beschäftigten und leider auch die Kranken. Davon könnte ich auch persönlich berichten.
- Rabiate Therapie
Vor zehn Jahren kaufte der Helios-Konzern das Klinikum Buch. Über 1000 Mitarbeiter verloren seither ihren Job (…)
In keinem anderen europäischen Land ist der Anteil von Kliniken in privater Trägerschaft größer als in Deutschland. Etwa 30 Prozent der Häuser und 16 Prozent der Betten befinden sich in privater Trägerschaft – Tendenz steigend. Die privaten Träger erzielen mit den ehemals defizitären Häusern Gewinne. Laut Bundesverband Deutscher Privatkliniken zeichnen sich Kliniken in privater Trägerschaft durch effizientere Organisations- und Managementstrukturen aus – ohne dass dieses zu negativen Konsequenzen für die Mitarbeiter und Patienten führe.
(…) Denn für die im Kaufvertrag festgeschriebene „Beschäftigungssicherung“ und den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2005, der nach dem Verkauf der Kliniken als Verhandlungserfolg gefeiert worden war, muss das Land Berlin teuer bezahlen: Mehr als 18 Millionen Euro stehen dem Klinikkonzern laut Kaufvertrag für die „Beschäftigungssicherung“ zu – trotzdem wird massiv Personal abgebaut. Möglich macht das ein schlecht formuliertes Vertragswerk, dem das Land zugestimmt hat. Im Kaufvertrag sei „Stillschweigen“ vereinbart worden, so eine Helios-Sprecherin. (…)
Parallel werden Betriebsteile in Tochterunternehmen ausgegliedert. Zuerst EDV, Logistik, Technik, später Küche, Catering, Service, Stationshilfen, Patientenaufnahme, interner Patiententransport, 2009 der medizinische Schreibdienst und die Zentralsterilisation. Für Stein ein „Dilemma“, meist schließen die Töchter keine Tarifverträge mit Verdi, sondern mit der IG Bau oder NGG. Mitarbeiter müssten „deutliche Absenkungen“ der Einkommen hinnehmen.
Quelle: Tagesspiegel - Monitor Nr. 621 vom 16.06.2011
Auf Kosten der Versicherten:
Krasse Falschabrechnungen im Krankenhaus
Quelle: WDR, Monitor