„Experte“ mausert sich zum Beruf des Jahres (der letzten Jahre). Der Beruf ist nicht geschützt, es bedarf keiner Ausbildung – und somit auch keiner Bildung. Also etwas für uns alle, ausnahmslos. Um als Experte überhaupt noch aus der Masse der Experten herauszuragen, scheint es, muss man sich nur immer skurrilere Ideen ausdenken, mit denen man seine berühmte Viertelstunde Ruhm erlangen kann. Neuester Trend: Mutter- und Vatertagsexperte! Von Susanne Bur.
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Was ich in diesem Jahr schmerzlich vermisst habe, das war der mediale Aufschrei derer, „die täglich tanzen gehen“, dass endlich das Tanzverbot am Karfreitag abgeschafft werden solle – ging wohl im Tagesgeschehen irgendwie unter. Aber dann: Der Mai ist gekommen und mit ihm endlich die Möglichkeit, sich in den Krieg gegen die Bezeichnungen Mutter und Vater zu begeben! Was wäre die Welt ohne Streit, nicht auszuhalten.
Als Begründerin des Muttertags wird Anna Marie Jarvis genannt, die ihn zu Ehren ihrer Mutter einführen wollte, ihn später aber als Tag der Geldmacherei der Blumenhändler wieder bekämpfte. Der Vatertag fällt bei uns mit dem Feiertag Christi Himmelfahrt zusammen, das ist nicht in allen Ländern so. Wobei in alten Kulturen die Mutter als die verehrt wurde, die das Leben weitergab, wir kennen dies u.a. aus Darstellungen der Fruchtbarkeitsgöttinnen. Ob der Muttertag wirklich so neu ist, wissen wir also nicht genau.
Doch für uns moderne Menschen der „Zeitenwende“ passt das selbstverständlich überhaupt nicht mehr. Wir setzen die göttliche Ansage „Macht euch die Welt untertan!“ um, auch wenn es gegen Natur und Biologie geht. Die Gleichstellung von Mann und Frau genügt uns nicht, nein, Männer und Frauen sind nichts mehr weiter als soziale Konstrukte, die fälschlicherweise bewusst in die eine oder andere Richtung erzogen werden.
Was für eine archaische Einstellung, dass es tatsächlich körperliche, hormonelle, optische, sprachliche und noch einige Unterschiede mehr gibt, das ist nicht mehr zeitgemäß, das muss in die Tonne getreten werden. Wer an diesen Unsinn immer noch glaubt, für den finden wir doch sicherlich irgendeine Wortkreation mit -leugner, um der Welt zu zeigen: Dort steht das Böse!
Wobei ich als Frau und Mutter behaupte: Wer mal ein Kind bekommen hat, der kennt den Unterschied mit Sicherheit – aber ich bin ja auch keine Expertin.
Dass wir Frauen bereits als „gebärende Personen“ benannt wurden, ging ja durch die Presse – der Tagesschau sei Dank. Wir sind ja schon viele Neusprech-Wortkreationen gewohnt, was mir allerdings noch nicht begegnet war, war der Ausdruck „Kinderkriegerinnen“ bei der FAZ (wobei ich den Artikel selbst jetzt nicht als negativ empfand).
Es mag sein, dass die Blumenhändlerindustrie vom Muttertag profitiert und profitierte, mir ist aber nicht bekannt, dass es eine Straftat ist, seiner Mutter Blumen zu schenken oder der unbedingte Zwang dazu besteht. Dass ich meinem Vater einen Hammer oder irgendwas an Werkzeug schenken musste, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.
Doch wir modernen Zeitenwendler haben die Aufgabe, hier noch viel mehr zu bekämpfen – wie mir manchmal scheint, die Familie selbst. Ja, es gibt sie, die vielen Familien, die nicht dem klassischen lebenslangen Bild Vater Mutter Kind entsprechen; es gibt sie, die Adoptiveltern, die Stiefeltern, die, ohne biologisch verwandt zu sein, wunderbare Eltern sind. Was spielt es für eine Rolle, ob es zwei Väter oder zwei Mütter sind? Aber es ist und bleibt so, jedes Kind hat nur einen biologischen Vater und eine biologische Mutter.
Was ist jetzt der Unterschied darin, dass es einen Elterntag geben soll statt Mutter- und Vatertag, und wer jetzt von den Eltern soll Elter1 oder Elter2 sein? Vielleicht werden sich ja zukünftig Gerichte damit beschäftigen müssen, wir arbeiten ja gerne an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.
Eine „Expertin“ für Familienrecht schiebt das Mutter bzw. Vater sein gar in eine absurd sexistische Ecke: „Man sollte den Muttertag nicht nutzen, um absurd sexistische Elternbilder zu verharmlosen und diese mit Basteleien, Blumen, Schokolade oder Alkohol zu feiern. Gerade pädagogische Institutionen wie Kitas oder Schulen müssen über ihre Elternbilder dringend kritisch nachdenken.“ (Familienforscherin Désirée Waterstradt).
Kurz gesagt: Lasst uns in den Keller gehen, um unserem ach so absurden altmodischen Dasein zu frönen.
Familien und ähnliche Bindungen stören bei den Zeitenwendlern eh nur, denn Familie als kleinste soziale Einheit ist in einer Welt des Einheitsmenschen nicht mehr zeitgemäß. Das schafft denen Probleme, die sich nichts mehr wünschen als den bindungslosen, leicht zu lenkenden Einzelmenschen – aber bitte auch ohne Individualität!
Liebe Frau Waterstradt, lassen Sie sich eines gesagt sein: Außer bei Menschen mit psychischen Defekten ist die Mutterliebe die einzige Liebe, die ein Leben lang andauert!
Und zum Schluss fällt mir noch ein wunderbares Pendant zum Ausdruck Mutter ein: „werfende Person“.