Für ein „herzliches Du“ macht der Kanzler alles: Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij war geprägt von der bereits bekannten Unterwürfigkeit von deutscher Seite – und von zähem Pathos, das der Ablenkung dient. Gegenüber dem Personal aus der Ukraine gelten bekanntlich besondere Regeln – da ist keine Forderung zu dreist, keine Waffenlieferung zu riskant und keine Beschimpfung zu unverschämt. Für die Bürger bleiben die negativen Folgen von Wirtschaftskrieg und Waffenlieferungen – zum „Ausgleich“ bekamen sie nun ein bisschen emotionales Theater. Von Tobias Riegel.
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Der ukrainische Präsident hat bei seiner aktuellen Welttournee auch in Deutschland Station gemacht. Nun ist der Zirkus weitergezogen. Dass Selenski ein sehr begabter Polit-Darsteller ist, wurde oft geschrieben, auf den NachDenkSeiten etwa im Artikel „Karlspreis für das Kriegs-Maskottchen“:
„Mit Selensky wurde das perfekte Maskottchen für die aktuellen geopolitischen Ablenkungen gefunden (man stelle sich vor, diese Rolle müsste nun Petro Poroschenko ausfüllen!). Selensky verbirgt hinter seiner kumpelhaften Präsenz und seinem unrasierten Charisma teilweise gekonnt die Zusammenhänge, die zum Krieg führten – eine wirkungsvolle Kombination für Emotionalisierung und Kitschpropaganda.“
(Hintergründe zum Karlspreis selbst finden sich hier). Viele Medien waren natürlich höchst angetan von Selenskis Deutschlandbesuch, vor allem, weil die zur Schau getragene „Herzlichkeit“ zwischen Wolodymyr und Olaf das „schwierige Verhältnis“ zwischen den Regierungen wegen des „deutschen Zögerns“ bei Waffenlieferungen heilen könne – ein „Zögern“, das sich, zulasten der Interessen der Bürger hierzulande, längst ins Gegenteil verkehrt hat.
Das ganz offensichtliche Polit-Theater wurde von vielen Journalisten und Politikern erwartungsgemäß als relevante politische Veranstaltung dargestellt. Diese verzerrende Praxis ist nichts Neues, aber sie ist immer steigerungsfähig. Einmal mehr wurde auch eindringlich demonstriert: Für ein „Lieber Olaf“ vonseiten Selenskis bei einer Pressekonferenz ist unser Kanzler bereit, handfeste ökonomische und sicherheitsrelevante Interessen der eigenen Bürger hintanzustellen, milliardenschwere und riskante Waffenpakete inklusive.
Der Besuch war mutmaßlich vor allem an das deutsche Publikum gerichtet, mehr als an die Politik: Das erlebte Feuerwerk an inszenierter Moral und all das in die Hauptstadt gebrachte Tamtam sind schließlich der „Lohn”, der die Bürger erwartet für die Einbußen, die aus dem Wirtschaftskrieg mit Russland entstehen – der einzige Lohn übrigens. Nach dem Motto: Die billige Energie und die Entspannung mit dem einstigen Gegner sind nun zwar weg – aber schaut, liebe Bürger: Dafür kommen wir ganz viel moralische Unterstützung aus Ukraine und USA und hollywoodreife Inszenierungen eines triefenden Kriegspathos. Sogar der Popstar der Kriegstreiber macht bei uns Station – einfach ein gutes Gefühl.
Brot und Spiele – wobei zur Ablenkung die Spiele nun mehr und mehr in den Vordergrund gerückt werden, während das Brot durch die Regierungspolitik verteuert wird.
Titelbild: Dmytro Larin / shutterstock.com