Die Niederlage der CIA-Söldnertruppe in der Schweinebucht war eine Demütigung für die USA, die bis heute anhält. Für die Kennedy-Brüder kam es sogar einer persönlichen Ehrverletzung gleich, die sie nicht hinnehmen wollten. Heute kaum noch bekannt: John und Robert Kennedy setzten nach der Niederlage alles daran, dass unter direkter Leitung der CIA eine neue Invasionsarmee gegen Kuba aufgestellt wurde. Intern sprach man von der „Vendetta der Kennedys“. Doch dann kam der 14. Oktober 1962. Von Hernando Calvo Ospina.
Am 14. April 1961 nahmen fünf „Handelsschiffe” von Mittelamerika aus Kurs auf die Schweinebucht (Bahía de Cochinos) in Kuba. Drei von ihnen trugen zufällig die Namen Barbara, Houston und Zapata, wie der ehemalige US-Luftwaffenoffizier Fletcher Prouty dem Forscher Paul Kangas berichtete. Sie transportierten eine paramilitärische Truppe von etwa 1.500 Mann, die Brigade 2506 genannt wurde.
In den vorangehenden Tagen hatten B-26-Bomber Luftwaffenstützpunkte in drei kubanischen Städten angegriffen, um die wenigen alten Kampfflugzeuge, die sich im Besitz der revolutionären Regierung befanden, außer Gefecht zu setzen. Die Absicht bestand darin, zum Zeitpunkt der Invasion die Kontrolle über den Luftraum zu haben. Es war der 15. April 1961. Einer der Piloten flog den Flughafen von Miami an und konnte ohne die geringsten Unannehmlichkeiten seitens der Behörden landen. Gegenüber der Presse erklärte er, dass es sich bei der Aktion um einen internen Aufstand gehandelt habe. Zunächst war diese Version glaubwürdig, da das Flugzeug die Farben der Revolutionären Streitkräfte Kubas trug. Bald wurde jedoch bekannt, dass die Bomber vom US-Auslandsgeheimdienst CIA (Central Intelligence Agency) geliefert wurden und zunächst von Nicaragua aus gestartet waren.
Wenn man sich in die damalige Zeit zurückversetzt, könnte man sagen: Damit hatte die wichtigste verdeckte Operation in der Geschichte der USA begonnen. Am 17. April landeten die vom CIA ausgebildeten konterrevolutionären Kräfte. Doch in weniger als 70 Stunden waren die Invasoren besiegt.
Während Bomben auf Kuba niedergingen, rief Außenminister Raúl Roa die Vereinten Nationen erneut auf, ein Ende der militärischen Aggression zu fordern. Er erklärte, sein Land werde von „einer von der US-Regierung organisierten, finanzierten und bewaffneten, aus Guatemala und Florida kommenden Söldnertruppe” angegriffen. Der US-Botschafter Adlai Stevenson wies diese Anschuldigungen zurück und erklärte, sie seien „völlig falsch”. Sein britischer Kollege Patrick Dean unterstützte ihn mit den Worten:
„Die Regierung des Vereinigten Königreichs weiß aus Erfahrung, dass sie Vertrauen in das Wort der USA haben kann.”
Doch angesichts der Häufung der Beweise war Präsident Kennedy am 24. April gezwungen, die volle Verantwortung für die Aggression zu übernehmen – und für die Niederlage…
Gegenangriff der kubanischen revolutionären Streitkräfte mit Unterstützung von T-34-Panzern bei Playa Giron während der Invasion in der Schweinebucht, 19. April 1961.
By Rumlin, CC BY 3.0
„Demütigung für die USA“
Die Niederlage der Söldnertruppe in der Schweinebucht war „eine Demütigung für die USA”, wie William „Bill” Colby, Chef des CIA zwischen 1973 und 1976, in seinen Memoiren einräumte. Es war die erste militärische Niederlage in der Geschichte dieser Nation, die bereits zur führenden Militärmacht der Welt geworden war.
Wenige Tage später beschloss Präsident Kennedy, die Führung seiner Sicherheitsdienste zu entlassen. Er war sich sicher, von den Militär- und Geheimdienstberatern, insbesondere von der CIA, ungenaue Informationen und verhängnisvolle Ratschläge erhalten zu haben.
Colby versichert, dass das Fiasko in der Schweinebucht weitaus tiefgreifendere Konsequenzen hatte, als man sich vorstellen kann. Es war der Beginn einer Reihe von Kritiken und Anschuldigungen gegen die CIA, sowohl seitens der politischen Medien als auch der breiten Öffentlichkeit, die man so noch nie gekannt hatte.
„Die Agency hatte einen Ruf, der über jeden Zweifel erhaben war. Mut, Hingabe, Intelligenz, Heldentum, eine Folge von Abenteuern im Stil von James Bond.”
Angesichts des Desasters, so Colby weiter, habe der Präsident selbst wütend erklärt, er wolle „die Asche der CIA in alle Himmelsrichtungen verstreuen”. Die James Bonds der Kühnheit blieben zurück als „eine Bande unfähiger Abenteurer, die ihre Männer in einen sinnlosen Tod geführt hatten”, so erinnert sich Colby.
Im November 1961 trat Allen Dulles zurück, drei Monate später folgte ihm Richard Bissell. Man kann sagen, dass der Präsident die Rücktritte gefordert hatte. Diejenigen, die die Agency 14 Jahre lang geprägt hatten, waren raus. Während ihre Köpfe rollten, stärkte der Präsident die Macht der CIA. „Die Wahrheit ist, dass kein anderer Präsident der CIA so viel Bedeutung beigemessen hat wie J.F.K.”, würde Bill Colby später in seinen Memoiren feststellen.
„Die Kennedy-Brüder werden die CIA mit einem intensiven Programm gegen das Castro-Regime beauftragen, das für die Demütigung der USA verantwortlich ist.”
Bei der gescheiterten Invasion wurde die beachtliche Zahl von 1.189 CIA-Söldnern gefangen genommen. Im Austausch gegen eine Entschädigung von 54 Millionen US-Dollar in Form von Medikamenten und Nahrungsmitteln für Kinder wurden sie am 24. Dezember 1962 nach Miami zurück überstellt. Unter ihnen befand sich der US-Amerikaner Rip Robertson, der das Kommando über das Versorgungsschiff „Barbara” innegehabt hatte. Vier Tage später wurden sie im Football-Stadion der Stadt von Kennedy und seiner Frau Jacqueline willkommen geheißen. Um zu zeigen, wer ihr Oberbefehlshaber war, zogen die ehemaligen Gefangenen und weitere Personen, die kubanischer Herkunft waren und für die Invasion angeworben worden waren, insgesamt etwa 5.000, vor dem Präsidenten auf. In einer emotionsgeladenen Rede schlug Kennedy ihnen vor, sich in die Streitkräfte seines Landes einzureihen. Er versicherte ihnen, dass sie als eine einzige Armee für die „Freiheit” Kubas kämpfen würden.
Präsident John F. Kennedy und First Lady Jacqueline Kennedy begrüßen die Mitglieder der kubanischen Invasionsbrigade in Miami, Florida – Quelle: Cecil Stoughton, White House Photographs, Public Domain
Von den zwei Dritteln, die dem Aufruf Kennedys folgten, wurden etwa 300 Männer ausgewählt. Diese wurden zur militärischen Ausbildung als Offiziere an die Akademien für spezielle Kriegsführung geschickt: Fort Benning, Georgia, Fort Bragg, North Carolina und Fort Gulick in Panama. Diese Kubaner konnten unter die Leitung der CIA gestellt werden, wann immer die Agency es für notwendig erachtete, genau wie dies bei den „Green Berets” der Fall war.
Und die Agentur begann, Gründe für ihre Mobilisierung zu entwickeln…
Um die neue Aggression gegen Kuba vorzubereiten, richtete die CIA in Miami ihre größte und wichtigste Niederlassung der Welt ein. Ihr Codename war JM/WAVE. Die Einsatzzentrale befand sich in einem Gebäude der Universität von Miami. Es war die einzige Niederlassung, die im Land selbst operierte, mit 600 US-Beamten und etwa 3.000 Agenten kubanischer Herkunft. Die Mehrheit der Bewohner Floridas „ahnte nie, dass die größte paramilitärische Operation, die jemals auf nordamerikanischem Boden durchgeführt wurde, in ihrer Stadt stattfand”.
Als CIA-Chef wurde Allen Dulles durch den Geschäftsmann und Politiker John McCone ersetzt, der zuvor Vorsitzender der US-Atomenergiekommission gewesen war. Richard Bissell wurde durch Richard Helms ersetzt. Er war Mitglied der Marine und wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs dem Office of Strategic Services zugeteilt. Er war 33 Jahre alt. Aufgrund seiner Kenntnisse der deutschen Sprache wurde er als Verantwortlicher für die Spionage in Österreich, der Schweiz und Deutschland eingesetzt.
Doch nun sollte die gesamte Strategie der Aggression gegen Kuba von Robert Kennedy selbst überwacht werden. Die Brüder beabsichtigten, die Ehre nach der Niederlage in der Schweinebucht wiederherzustellen. Laut Colby war von der „Vendetta der Kennedys” die Rede.
Nach Robert war es General Edward „Ed” Lansdale, der die Vorbereitungen für die Invasion auf Kuba leitete: „Ein alter Spezialist für geheime Aktionen, immer einfallsreich und phantasievoll”, erinnert sich Colby. Als er in die Armee eintrat, ließ er den Beruf des Publizisten hinter sich, um zum Experten für psychologische Kriegsführung zu werden. Im Rahmen dieser „Spezialität” war er einer der Ersten, der den populären Glauben, insbesondere den religiösen, zur Beeinflussung der Bevölkerung durch Einschüchterung nutzte. Diese Kriegswaffe praktizierte und entwickelte er in Indochina.
Im Juni 1954 war er mit der ersten Gruppe von CIA-Agenten, die mit den Spezialeinheiten der französischen Kolonialtruppen zusammenarbeiten sollten, in dieser Weltgegend eingetroffen. Kennedy setzt ihn in der Karibik ein, obwohl er der große Spezialist für die Konflikte in Südostasien war, da er auch Berater des Generalstabs der chinesischen Separatisten war, die sich schließlich Taiwans bemächtigten.
Ted Shackley wurde mit der Leitung von JM/WAVE beauftragt. Sein wichtigster Assistent war Tom Clines. Stellvertretender Leiter war David Sánchez Morales. Zur Gruppe der Auserwählten gehörten außerdem Phillips, Bender, Hunt, Robertson, Bush und Goss. Ein Luftwaffenoffizier, Richard Secord, stieß noch später hinzu.
Die „Kuba-Krise“
Unerwarteterweise brachte eine dramatische Situation das Ziel von JM/WAVE zum Stillstand: die sogenannte „Raketenkrise”. Am 14. Oktober 1962 bestätigte ein amerikanisches U-2-Spionageflugzeug, was die CIA Präsident Kennedy mitgeteilt hatte: In der kubanischen Provinz Pinar del Río installierten die Sowjets Rampen, die für den Start von Raketen genutzt werden konnten.
Die Führer der kubanischen Revolution wussten, dass die Präsenz dieser Waffen Kennedys Absichten würde aufhalten können, die darin bestanden, Kuba erneut anzugreifen, nun aber unter voller Beteiligung seiner Streitkräfte.
Zehn Tage später ordnete der US-Präsident eine vollständige Seeblockade der Insel an und forderte von Moskau den Abzug dieser Waffen. Dies war eine der gefährlichsten Episoden in jener Zeit, die als „Kalter Krieg” bekannt ist. Die Welt hielt angesichts der Möglichkeit einer nuklearen Konfrontation den Atem an, während sich in Kuba 400.000 Freiwillige, Frauen und Männer, mobilisierten, um die Verteidigung vorzubereiten.
Ende Oktober erklärte sich der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow einseitig und ohne Rücksprache mit der Regierung in Havanna bereit, die Raketen unter der Bedingung abzuziehen, dass keine weitere Invasion Kubas versucht wird und dass Washington seine in der Türkei installierten Raketen entfernt, da sie auf sein Territorium gerichtet waren.
Kennedy war einverstanden. Er ordnete die Auflösung des JM/WAVE-Projekts an, beginnend mit der Auflösung einiger Ausbildungslager in Florida, obwohl viele davon weiterhin aktiv blieben.
Dieses Abkommen löste in Havanna großen Zorn und Enttäuschung aus. Tatsächlich hätten von den USA in direkten Verhandlungen mit der kubanischen Führung mehr Zusagen erreicht werden können. Zum Beispiel die Aufhebung der kürzlich verhängten Wirtschaftsblockade, die Garantie, dass alle militärischen und terroristischen Aggressionen eingestellt würden sowie die Schließung des Marinestützpunkts in Guantánamo und die Rückgabe dieses Gebietes, das seit Februar 1903 von den USA besetzt ist, an Kuba.
Für Bill Colby bestand die wichtigste Folge der Raketenkrise darin, „die Wut der Kennedys auf Castro zu steigern und ihre Entschlossenheit zu verstärken, die CIA und ihre Möglichkeiten für geheime Aktionen zu nutzen, um ihn zu beseitigen, mit all der Zweideutigkeit, die dieser Ausdruck beinhaltet.”
Von da an befand sich Fidel Castro während seiner ganzen Zeit als Anführer seines Landes stets im Visier der Agency und ihrer Söldner. Die kubanischen Sicherheitsdienste sagen, sie hätten mehr als sechshundert Projekte für ein Attentat auf sein Leben dokumentiert: eine kriminelle Obsession. Gut möglich, dass es in der Geschichte der Menschheit keinen vergleichbaren Fall gibt.
Übersetzung: Klaus E. Lehmann, Amerika21
Titelbild: US-Präsident John F. Kennedy erhält die Flagge der 2506. kubanischen Invasionsbrigade in Miami, Florida – Quelle: Cecil Stoughton, White House Photographs, Public Domain