Hinweise des Tages II

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  1. Lebenslauf und Impfnebenwirkungen: Wie hält es Karl Lauterbach mit der Wahrheit?
  2. Augen zu und rein: Deutschland im Krieg
  3. «Der Konflikt in der Ukraine wurde vom Westen angezettelt»
  4. Die letzte Bastion im Kriegsgebiet (III)
  5. Sudan: Schauplatz eines weiteren Stellvertreterkriegs
  6. Rückschlag für NATO: Erdoğan und Putin weihen das erste Atomkraftwerk in der Türkei ein
  7. Melnykistin des Tages: Kateryna Rietz-Rakul
  8. Vorurteile führen nicht zum Frieden
  9. Deutsche Wirtschaft stagniert im ersten Quartal 2023
  10. Die direkten und tieferen Ursachen der Bahn-Misere
  11. Meloni hofft auf ein »ukrainisches Wirtschaftswunder«
  12. Gefühlskälte durch Schuldumkehr
  13. Menschenrechtsorganisationen gegen Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus
  14. »Der eigentliche Putsch wurde gegen Castillo geführt«
  15. Dominante Familiendynastie
  16. Aktie abgestürzt: Warum steckt ProSiebenSat.1 in der Krise?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Lebenslauf und Impfnebenwirkungen: Wie hält es Karl Lauterbach mit der Wahrheit?
    Zuletzt wurde berichtet, der Minister habe seinen Lebenslauf geschönt. Nun gibt es Hinweise, dass er schon früh von Impfschäden gewusst haben könnte. […]
    Alles eher lässliche Sünden, vielleicht die Hochstapelei eines ehrgeizigen Senkrechtstarters vor vielen Jahren? Eher nicht. Denn der rote Faden zieht sich bis heute durch. Auch beim Thema Corona, das den SPD-Gesundheitsexperten Ende 2021 ins Ministeramt beförderte, scheint es Karl Lauterbach mit der Wahrheit nicht immer so genau zu nehmen.
    Von einer „nebenwirkungsfreien Impfung“ hatte Lauterbach am 14. August 2021 auf Twitter geschrieben. Im „Heute Journal“ räumte er am 12. März 2023 ein, dies sei „eine Übertreibung in einem missglückten Tweet“ gewesen, er habe jedoch „sehr sehr häufig zu den Nebenwirkungen der Impfung Stellung genommen“. Das stimmt, doch wie sahen diese Stellungnahmen aus? Noch am 13. Februar 2022 sagte der Bundesgesundheitsminister bei „Anne Will“ (es ging darum, noch mehr Menschen von der Corona-Impfung zu überzeugen): „Die Impfungen sind halt mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das muss immer wieder gesagt werden.“
    Dabei hatte der am 8. Dezember 2021 als Minister vereidigte Lauterbach bereits zwei Tage nach seiner Berufung deutliche Warnungen zum Thema Impfnebenwirkungen aus Tübingen erhalten. Am 10. Dezember 2021 schrieben die Tübinger Pandemiebeauftragte Lisa Federle und Oberbürgermeister Boris Palmer gemeinsam einen Brandbrief an Lauterbach.
    Quelle: Berliner Zeitung
  2. Augen zu und rein: Deutschland im Krieg
    Der Ukraine-Krieg wird routinemäßig als Konfrontation zwischen Autoritarismus und Demokratie dargestellt. Wolfgang Streeck erklärt, worum es tatsächlich geht: die Neuordnung des globalen Staatensystems. […]
    Frankfurt, so Goethe einst über seine Heimatstadt, »stickt voller Merkwürdigkeiten«. Gleiches kann man heute über Berlin und Deutschland insgesamt sagen. Bizarre Dinge geschehen, unter strenger Kontrolle ihrer öffentlichen Wahrnehmung, ja Sichtbarkeit durch eine solide Koalition zwischen den Parteien der willigen Mitte und den Medien, erstaunlich wirksam unterstützt durch zivilgesellschaftliche Selbst- und Unter-uns-Zensur. Vor den Augen des Betrachters verwandelt sich eine auf den ersten Blick demokratisch regierte mittelgroße Regionalmacht in eine transatlantische Dependance der großen amerikanischen Kriegsmaschinerie, von der NATO bis zu den Joint Chiefs, vom Pentagon bis zur NSA und von der CIA bis zum Nationalen Sicherheitsrat. Als Ende September 2022 die beiden Nord-Stream-Pipelines bei einem massiven Unterwasserangriff in die Luft gesprengt wurden, versuchte die Koalition der regierenden Mächte einige Tage lang, die deutsche Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass der Täter nur »Putin« gewesen sein konnte, der den Deutschen demonstrieren wolle, dass es keine Rückkehr zur guten alten Gas-Zeit geben werde. Bald wurde jedoch klar, dass dies die Leichtgläubigkeit selbst vieler Deutscher überforderte. Warum sollte sich »Putin« freiwillig der Möglichkeit berauben, Deutschland wieder in die Energieabhängigkeit zu locken, sobald es nicht mehr in der Lage sein würde, den astronomischen Preis für amerikanisches Flüssiggas zu zahlen? Warum hätte »Putin« die Pipelines, die ihm gehören oder an denen er beteiligt ist, nicht in russischen statt in internationalen Gewässern in die Luft gesprengt, zumal Letztere stärker überwacht werden als jede andere Seeregion, außer vielleicht der Persische Golf? Und warum hätte er riskieren sollen, dass ein russisches Einsatzkommando in flagranti ertappt und eine direkte Konfrontation mit mehreren NATO-Staaten gemäß Artikel 5 auslösen würde?
    In Ermangelung eines auch nur annähernd glaubwürdigen »Narrativs« – im gehobenen Jargon des Vulgärkonstruktivismus die Bezeichnung für eine zweckgerecht fabrizierte Geschichte – wurde die Angelegenheit nach nicht mehr als einer Woche fallen gelassen.
    Quelle: Wolfgang Streeck auf Jacobin

    dazu auch: »Radio Rheinmetall« auf Dauersendung?
    »Wegen« seiner langen Grenze mit Russland habe Finnland über 50.000 Bunker, und fast ganz Helsinki gebe es praktisch noch einmal unter der Erde. Faszinierend und vorbildlich findet das die deutsche Außenministerin. Nach ein bisschen Herumgehüpfe für die BILD-Zeitung (…), blödelt Baerbock im Bunker und stimmt über ihre medialen Verstärker (namens: »Journalist(inn)en«) das deutsche Publikum auf herrliche Zeiten unter der Erde ein. Denn, überlegen Sie mal: Warum soll denn die Bundesregierung ihr Versprechen von jährlich 400.000 gebauten überirdischen Sozialwohnungen einhalten, wenn man das Ganze auch unterirdisch machen kann? Das sind doch endlich mal Perspektiven! Ein Leben im Atombunker, wie schön! Ist das nicht toll? Eine olivgrüne Utopie deutet sich an – und die braven Redaktionen stehen bestimmt schon Gewehr bei Fuß. Jeder Weltuntergang ist ihnen lieber als ein Verhandlungsfrieden mit Russland.
    Quelle: Ossietzky

  3. «Der Konflikt in der Ukraine wurde vom Westen angezettelt»
    Der tschechische General im Ruhestand Petr Pelz, ehemaliger Direktor des tschechischen Militär-Geheimdienstes, wurde auf dem privaten Radio «Radio Universum» von der bekannten tschechischen Moderatorin Martina Kociánová interviewt. Etliche seiner Aussagen in diesem Interview unterscheiden sich total vom „offiziellen“ Narrativ der NATO-freundlichen Mainstream-Medien, wie der Krieg in der Ukraine entstanden ist. – Achtung: Da das Interview im Radio mündlich gemacht wurde, ist auch das Skript davon gelegentlich etwas gar umgangssprachlich. Aber des Generals brisanteste Aussagen sind trotz allem unmissverständlich. […]
    Martina Kociánová: General Peter Pelz, wenn ich Ihre Aussagen, Ihre Interviews oder Ihre Artikel lese, komme ich zu dem Schluss, dass Sie persönlich ein Problem mit diesem Krieg haben, dass Sie nicht damit einverstanden sind. Glauben Sie, dass es auch anders hätte laufen können?
    Petr Pelz: Natürlich hätte alles anders laufen können. Sehen wir mal, das erste und das zweite Minsker Abkommen wurden angenommen. Das zweite Minsker Abkommen wurde irgendwann im Februar 2015 angenommen, und dann wurde sogar am 17. Februar 2015 vom UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, in der die Parteien aufgefordert wurden, unverzüglich einen Waffenstillstand zu schließen. Sie legte sogar für jede Waffe fest, welche Reichweite sie hat, und so sollte eine Pufferzone geschaffen werden, von Steinschleudern, etwa 20 Meter, bis hin zu solchen mit einer Reichweite von mehreren hundert Kilometern, die ausgeräumt werden sollten. Das ukrainische Parlament sollte auf der Grundlage dieser Resolution des Sicherheitsrates – ich wiederhole noch einmal, so eine Resolution ist wahrscheinlich das höchste, was es im internationalen Recht geben kann – innerhalb von 30 Tagen nach dem 17. Februar 2015 ein Gesetz verabschieden, das eine Situation im Donbass in den Republiken oder Gebieten, ich weiß nicht, wie sie es damals rechtlich nannten, geschaffen hätte, so dass dort eine provisorische Regierung gebildet werden konnte, die diese Staaten repräsentiert. Und diese Staaten sollten sprachliche und andere Minderheitenrechte haben, und sie sollten eine gewisse Autonomie haben. Ich wiederhole für die Zuhörer: 30 Tage ab dem 17. Februar 2015. Was wäre passiert, wenn das respektiert worden wäre?
    Heute oder vor ein paar Monaten sagten Angela Merkel und Francçois Hollande, der französische Präsident, und Petro Poroschenko, dass dies eigentlich nur eine Art Falle für Putin war, damit die Ukraine sich gut bewaffnen konnte. Ich frage Sie: Warum sollte sich die Ukraine so schrecklich bewaffnen, wenn alles in Ordnung wäre, wenn die östlichen Regionen der Ukraine einfach ihre eigene Verwaltung und Autonomie hätten?
    Quelle: Globalbridge
  4. Die letzte Bastion im Kriegsgebiet (III)
    Nach dem Scheitern mehrerer europäischer Militäreinsätze in Mali und in Burkina Faso wird die Bundeswehr nun in einen dritten Staat der Sahelzone entsandt – nach Niger. Ein Beschluss des Deutschen Bundestags darüber ist für heute angekündigt worden. Demnach sollen sich bis zu 60 deutsche Soldaten an der EU Military Partnership Mission Niger (EUMPM Niger) beteiligen, die die nigrischen Streitkräfte ausbilden und sie beim Ausbau ihrer Strukturen unterstützen wird. Niger, dessen Präsident Mohamed Bazoum klar prowestlich orientiert ist, soll sich als Anker für den Westen in der Sahelzone erweisen, nachdem Mali eine enge Kooperation mit Russland eingegangen ist und sich auch Burkina Faso von den Mächten Europas ab- und Moskau zuzuwenden beginnt. Niger erhält – im Gegenzug gegen seinen aktiven Beitrag zur EU-Flüchtlingsabwehr – schon seit Jahren Militärhilfe aus Deutschland, deren Wert mittlerweile auf 100 Millionen Euro gestiegen ist. Das Land ist der bedeutendste Uranlieferant der EU und beherbergt mehrere westliche Militärstützpunkte. Die USA nutzen eine Basis in Niger für den Drohnenkrieg; die Bundeswehr unterhält dort ein Lufttransportdrehkreuz.
    Quelle: German Foreign Policy
  5. Sudan: Schauplatz eines weiteren Stellvertreterkriegs
    Im Februar allerdings gab es einen Bericht von ABC News mit dem Titel „Sudan military finishes review of Russian Red Sea base deal“. Dem Bericht zufolge hatte das sudanesische Militär die Überprüfung des Abkommens mit Russland über den Bau eines Marinestützpunkts abgeschlossen und es gebilligt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wird mit den Worten zitiert, das Abkommen müsse noch von der noch zu bildenden sudanesischen Legislative ratifiziert werden, bevor es in Kraft treten könne.
    Der Sudan hatte das Abkommen, das Moskau den Bau des Stützpunktes erlaubt, ursprünglich während der Regierung des ehemaligen Diktators Omar Hassan al-Bashir geschlossen, der 2019 von der Macht verdrängt wurde. Dem Bericht zufolge würde Russland dem Sudan im Gegenzug für das Recht, den Marinestützpunkt zu errichten, Waffen und Militärausrüstung zur Verfügung stellen. Die Vereinbarung sollte 25 Jahre lang gelten und automatisch um jeweils 10 Jahre verlängert werden, wenn keine der beiden Seiten Einwände erhebt.
    Dies lässt den Eindruck entstehen, dass die russische Regierung den Übergang von der Militär- zu einer Zivilregierung, wie er in einer von den Vereinten Nationen und verschiedenen Ländern im Dezember 2022 ausgehandelten Vereinbarung vorgesehen war, gerne vollzogen gesehen hätte.
    Die US-Regierung dagegen hat unmissverständlich klargestellt, dass ihr die Idee eines russischen Marinestützpunkts am Roten Meer nicht gefällt. Anfang September 2022 entsandte sie den ersten vollwertigen Botschafter seit 25 Jahren in den Sudan. Bereits Ende desselben Monats warnte dieser die im Sudan regierenden Generäle öffentlich und unverblümt davor, Russland die Errichtung eines Marinestützpunktes an seiner Küste des Roten Meeres zu gestatten. Er sagte:
    „Wenn die sudanesische Regierung beschließt, mit der Einrichtung dieser Fazilität fortzufahren oder sie neu zu verhandeln, wird dies den Interessen des Sudan schaden. (…)
    Alle Länder haben das souveräne Recht zu entscheiden, mit welchen anderen Ländern sie eine Partnerschaft eingehen wollen, aber diese Entscheidungen haben natürlich Konsequenzen.“
    Quelle: Norbert Häring
  6. Rückschlag für NATO: Erdoğan und Putin weihen das erste Atomkraftwerk in der Türkei ein
    Während die westlichen Meinungsmacher in einer großen Medienkampagne über den Gesundheitszustand des türkischen Präsidenten spekulieren, eröffnet die Türkei mit russischer Hilfe ihr erstes Atomkraftwerk.
    Ankara und Moskau feierten am Donnerstag die Anlieferung von Brennstäben am Atomkraftwerk Akkuyu in der Südtürkei. Gebaut wurde das AKW von dem russischen Staatskonzern Rosatom.
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verkündete dabei über Video, dass die Türkei mit 60-jähriger Verspätung in den Kreis der Länder mit Atomkraft vorstoße. Sein russischer Amtskollege Wladimir Putin, der aus Moskau zugeschaltet war, sprach vom größten Investitionsprojekt der beiden Staaten. An der Veranstaltung im Küstenort Mersin nahmen auch der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Rafael Grossi, und der Chef des russischen Staatskonzerns Rosatom, Alexej Lichatschow, teil. (…)
    Das Kraftwerk in Akkuyu ist von großer Bedeutung für die türkische Energiepolitik. Ankara ist stark auf den Import fossiler Energieträger angewiesen, auch für die Stromproduktion, die etwa zu einem Drittel über Gaskraftwerke erfolgt. Die energiepolitische Verwundbarkeit der Türkei zeigte sich bereits im Zuge des Ukraine-Krieges. Zu­gleich ist Akkuyu ein weiteres Symbol für Erdoğans Spagat zwischen NATO-Mitgliedschaft und vertiefter Zusammenarbeit mit Russland im Energiesektor.
    Erdoğan teilte am Donnerstag mit, dass sein Land möglichst bald weitere Kernkraftwerke bauen werde. Nachdem die Türkei anfänglich auch mit westlichen Unternehmen Nuklearprojekte verfolgt hat, ist Moskau derzeit der einzige Partner der Türkei bei der Kernkraft.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Während die deutsche Bundesregierung erst kürzlich die letzten Atomkraftwerke hierzulande hat abschalten lassen, werden in anderen Staaten wie der Türkei neue gebaut. Auch scheint die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu funktionieren, während Deutschland – zusammen mit der EU und anderen westlichen Staaten – Russland mit immer weiteren Sanktionen belegt.

  7. Melnykistin des Tages: Kateryna Rietz-Rakul
    Vor nationalen Stereotypen soll man sich bekanntlich hüten. Auch wenn man manchmal den Eindruck bekommen kann, sie besäßen einen wahren Kern. Etwa die Aussage »unverschämt wie ein Ukrainer«. Jedenfalls ein solcher in offizieller Mission. Wie jetzt Kateryna Rietz-Rakul, Chefin des Anfang April in Berlin eröffneten ukrainischen Kulturinstituts.
    Das Institut untersteht dem ukrainischen Außenministerium, das seinerzeit Andrij Melnyk als Botschafter nach Berlin schickte. Der kann das Herumholzen auch jetzt nicht lassen; zuletzt kündigte er Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht auf Twitter an, sie würden für ihre »Komplizenschaft mit dem Kriegsverbrecher Putin« demnächst »zur Rechenschaft gezogen«.
    Rietz-Rakul macht es eine Nummer kleiner. Sie soll an der kulturellen Front für deutsche Waffenlieferungen kämpfen, wie sie der Berliner Zeitung vom Dienstag verriet: »Für mich ist es das Wichtigste, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt – und ich sehe es auch so, dass der Krieg mit Waffen und nicht mit Kultur gewonnen wird. (…) Wenn wir also wollen, dass Deutschland der Ukraine Waffen liefert (…), liegt es in unserem Interesse, dass Deutschland unsere Kultur kennenlernt – und dadurch uns kennenlernt.«
    Und den Gegner nicht mehr. Den will sie aus Berlin wegbeißen. Es sei ihr unverständlich, sagte sie der Berliner Zeitung, warum das »Russische Haus« in der Friedrichstraße immer noch offen sei. Denn es biete »nichts als Propaganda«.
    Das nennt man Chuzpe. Was hatte nämlich dieselbe Autorin, die jetzt Rietz-Rakul interviewte, in derselben Zeitung von der Eröffnungsshow des ukrainischen Kulturinstituts berichtet: »eine Ausstellung von Kriegsplakaten, die von jungen ukrainischen Künstlern entworfen wurden«, die »VR-Dokumentation ›You destroy. We create.‹«, »Werke junger ukrainischer Autoren, die nach der russischen Großoffensive verfasst wurden«. Aber nachgefragt hat sie nicht.
    Quelle: junge Welt

    dazu auch: Geil auf den Krieg
    Ex-Bundeswehr-Soldat kämpfte als Söldner gegen Russland und plaudert über Kriegsverbrechen.
    Deutsche Landser verspüren wieder den »Drang nach Osten«. Jonas Kratzenberg war »angewidert von der Inaktivität der Bundesregierung« und wollte »Europa vor russischer Aggression« schützen. Und so schloss sich der Panzergrenadier im März 2022 der Internationalen Legion der Ukraine an. (…) Er sei fünf Jahre für den »großvaterländischen Krieg, wie man beim Bund sagt« ausgebildet worden, machte Kratzenberg keinen Hehl daraus, dass in den deutschen Streitkräften ein ausgeprägtes Bedürfnis besteht, dort weiterzumachen, wo der Naziopa 1945 aufhören musste. (…) »Mit ’nem Humvee unter Artilleriefeuer in die gegnerischen Stellungen reinzufahren – das war unglaublich geil.« Über die Erfahrung des Russentötens will Kratzenberg sich allerdings nur mit seinen Kameraden austauschen: »Wir haben es irgendwo auch gefeiert, aber das ist für uns.« Um so zwangloser spricht er aber übers Russenmorden: Zwei, drei seiner ukrainischen »Jungs« hätten Kriegsgefangene in ein Waldstück abgeführt, und danach sei nur noch »peng, peng, peng!« zu hören gewesen, so Kratzenberg. »Natürlich wurden russische Kriegsgefangene auch geschlagen oder getreten«, Erniedrigungen seien an der Tagesordnung, räumt er ein und schilderte eine Drangsalierung mit einem Messer. Alles »ganz klar Kriegsverbrechen«, stellte Interviewer Heinrich fest, und Kratzenberg versicherte ihm, dass diese immer folgenlos blieben. (…) Und er berichtete von »absolut krassem Antisemitismus« sowie ukrainischen und anderen osteuropäischen Kameraden, darunter auch Juden, die ein Hakenkreuz trugen. Dieses habe aber eine »ganz andere Bedeutung« als in Deutschland: Es sei lediglich ein antikommunistisches und antisowjetisches Symbol, beschwichtigte Kratzenberg und demonstrierte damit seine tragische Ahnungslosigkeit davon, dass Antikommunismus ein zentraler Wesenszug des Nazismus wie jedes anderen Faschismus ist. Entsprechend unbedarft ließ er auch seinem Hass auf »Watniks« (Schimpfwort für Angehörige der russischen und prorussischen Arbeiterklasse) und »Friedenstauben« freien Lauf.
    Quelle: Susann Witt-Stahl in junge Welt

  8. Vorurteile führen nicht zum Frieden
    Eigentlich war das am Mittwoch die Meldung des Tages: Es gab ein Telefongespräch zwischen Chinas Präsidenten Xi Jinping und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Die Medien brauchten, wie in solchen Fällen üblich, eine Weile, um daraus Nachrichten zu basteln, die sich in die bisherigen westlichen Narrative und Vorurteile einfügen. So wurde dann auch vermerkt, daß Xi weiterhin den »russischen Angriffskrieg nicht verurteilt«, oder daß die zwölf Punkte der chinesischen Friedensinitiative »nicht die Forderung nach einem Rückzug der russischen Truppen enthalten«. Wer über Frieden verhandeln will, darüber reden will, wie der in einen sinnlosen Krieg ausgeartete Konflikt in der und um die Ukraine beendet werden kann, muß auch anfangen, in größeren Dimensionen zu denken. (…) Das größte Problem ist allerdings die von langer Hand geplante Ausdehnung des Territoriums, auf dem die NATO und vor allem die USA ungehindert ihre Stützpunkte errichten können, und dieses Gebiet reicht geografisch im Süden Rußlands bis weit östlich von Moskau. Kein russischer Präsident kann damit einverstanden sein – es sei denn, es handelte sich um eine Marionette der USA. Diese Gemengelage mit einer großen Zahl von Details – einschließlich des künftigen Status der selbsternannten Republiken der Ostukraine sowie der Krim – gilt es zu besprechen, wenn es denn endlich zu Friedensverhandlungen kommen sollte. Im Gegensatz zum Globalen Westen hat die Regierung Chinas das erkannt, und Xi hat das in seinem einstündigen Telefonat mit Selenski offenbar erläutert. Der wiederum schrieb – auf Englisch – in sein Twitter-Account: »Ich hatte ein langes und bedeutungsvolles Gespräch mit Präsident Xi Jinping. Ich glaube, daß dieses Telefonat sowie die Ernennung des ukrainischen Botschafters für China der Entwicklung unserer bilateralen Beziehungen einen kraftvollen Schub geben wird.« Eine solche Äußerung Selenskis gibt zumindest ein wenig Hoffnung.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  9. Deutsche Wirtschaft stagniert im ersten Quartal 2023
    Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal haarscharf an der lange befürchteten Winterrezession vorbeigeschrammt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte von Januar bis März zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Befragte Ökonomen hatten ein Plus von 0,2 Prozent erwartet, nachdem es im vierten Quartal noch ein Minus von revidiert 0,5 (bisher: -0,4) Prozent gegeben hatte. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer Rezession gesprochen, die mit dem positiven Jahresauftakt nun verhindert wurde.
    Ein besseres Abschneiden verhinderten die sinkenden Konsumausgaben der Verbraucher, die infolge der Kaufkraftverluste durch die hohe Inflation nicht in Shoppinglaune sind. Auch die staatlichen Konsumausgaben nahmen ab. „Positive Impulse kamen dagegen von den Investitionen und den Exporten“, hieß es. Details wollen die Statistiker im Mai bekanntgeben. […]
    Die schwächelnde Konjunktur hat auch die übliche Frühjahrsbelebung auf dem deutschen Arbeitsmarkt im April gebremst. Die Zahl der Arbeitslosen sank zwar um 8000 im Vergleich zum Vormonat auf 2,586 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Freitag mitteilte. In den beiden Vorjahren hatte es im April aber noch jeweils einen Rückgang von mehr als 50.000 gegeben. Gemessen am Vorjahresmonat stieg die Erwerbslosenzahl diesmal um 276.000. Die Arbeitslosenquote verharrte unverändert bei 5,7 Prozent.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FAZ ist ja auch eine Meisterin darin, schlechten Nachrichten den richtigen “Spin” zu geben, damit sie sich irgendwie doch gut anhören. Laut der immerhin wahrheitsgemäß gezeigten Grafik ist die Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich um 276.000 Menschen bzw. 0,7 Prozentpunkte gestiegen (!), während die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen um 9,2% abgenommen (!) hat; daraus macht die FAZ “Arbeitsmarkt […] in stabiler Verfassung”. Bei 0% Wirtschaftswachstum kamen die “Impulse […] von den Investitionen und den Exporten”, während “Kaufkraftverluste [die] Shoppinglaune” nicht gestärkt haben; mit anderen Worten alles weiter wie gehabt mit radikalem Lohndumping und einseitiger Ausrichtung auf den Export. Ja, Lohnerhöhungen oder wenigstens die Milderung der Reallohnverluste wären angesichts der Rekordgewinne der Konzerne leicht möglich gewesen und hätten, das sieht sogar die FAZ ein, die Binnenkonjunktur und damit das Wirtschaftswachstum belebt; aber das ist ja von keiner Seite gewünscht, weder von den Arbeitgebern noch insbesondere von der Bundesregierung, die lieber steuerfreie Einmalzahlungen als Pseudo-Inflationsausgleich verteilt.

  10. Die direkten und tieferen Ursachen der Bahn-Misere
    Unzuverlässigkeit, Infrastruktur auf Verschleiß, sinkende Fahrgastzahlen, hohe Schulden – die Deutsche Bahn ist ein Sanierungsfall. Da passt es, dass die Bundesregierung die Klimaziele im Bereich Schiene aufgegeben hat. Wie konnte es so weit kommen?
    Am 14. März 2023 veröffentlichte der Bundesrechnungshof (BRH) einen Bericht zum Zustand der Deutschen Bahn. In diesem heißt es: „Seit Jahren verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der DB AG und sinkt die Zuverlässigkeit im gesamten System Schiene. Die DB ist ein Sanierungsfall.“ Eine Aussage, die auf 33 Seiten mit zahlreichen Fakten belegt wird.
    Dieses Urteil, ausgesprochen von einer kompetenten Institution, die im Grundgesetz mit besonderem Rang und – anders als das Eisenbahn-Bundesamt – mit Unabhängigkeit ausgestattet ist, ging in der Öffentlichkeit weitgehend unter. Wie kann das sein?
    Quelle: Makroskop
  11. Meloni hofft auf ein »ukrainisches Wirtschaftswunder«
    Italiens Regierung will führende Rolle beim Wiederaufbau der Ukraine.
    Als Gastgeberin einer Geberkonferenz für den Wiederaufbau der Ukraine am Mittwoch in Rom versuchte die faschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni für sich und Italien zu punkten. Die Ukraine sei »ein Außenposten der europäischen Sicherheit«, und Italien werde »alles Notwendige tun«, um die EU-Mitgliedschaft der Ukraine »zu beschleunigen«. Der erste Schritt in diese Richtung werde darin bestehen, ein »von der russischen Invasion verwüstetes Land« wieder auf die Beine zu stellen, ohne das Ende der Feindseligkeiten abzuwarten. (…) Für den Wiederaufbau der Ukraine werden 411 Milliarden Euro veranschlagt. Medien erwähnen, daß es nicht die erste Veranstaltung zur Ukraine ist, und daß Deutschland und Frankreich bereits ähnliche Konferenzen organisiert haben, um den Wiederaufbau der Ukraine zu diskutieren. An der Konferenz im Palazzo dei Congressi in Rom, die »der erste Baustein« sei, nahmen über tausend Unternehmen aus beiden Ländern, Handelsverbände wie Confindustria und Vertreter internationaler Finanzinstitute teil. Rund 600 italienische Unternehmen haben laut ANSA Ideen für »Projekte in Schlüsselsektoren« wie Infrastruktur, Energie, Agrobusiness, Gesundheit, IT, Raumfahrt und Stahl vorgelegt. Die ansonsten zum Thema Ukraine zerstrittene faschistische Regierungskoalition steht, wenn es um Profite in Milliardenhöhe geht, in seltener Einigkeit hinter ihrer Chefin Meloni. »Das Beste des italienischen Systems steht mit seinen exzellenten Lieferketten unseren ukrainischen Freunden zur Verfügung«, erklärte Außenminister Antonio Tajani von der Forza Italia Berlusconis, und versicherte, daß Italien »in der ersten Reihe« bei der »Modernisierung« der Ukraine stehen werde. Transport- und Infrastruktur-Minister Matteo Salvini von der faschistischen Lega stimmte Giorgia Meloni zu, und Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti von Melonis Partei Brüder Italiens (FdI) erklärte: »Wir sind vereint bei der Verteidigung und wir sind vereint beim Wiederaufbau«.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  12. Gefühlskälte durch Schuldumkehr
    Es ist für mich, der ich in eine überlebende jüdische Familie hinein geboren wurde, unfassbar, mit welcher Gefühlskälte angeblich christliche Politiker, Kirchenleute und vermeintlich gebildete Redakteure der Leitmedien, ja, selbst einst mehr oder weniger, linke Friedensbewegte, sich heute die Waffenlogik des Krieges zu eigen machen und nur noch die Sprache des militärischen Sieges und der Milliarden verschlingenden Aufrüstung kennen! Ein demokratischer Dialog, auf Augenhöhe, über die tieferen historischen Hintergründe des Ukraine-Krieges ist derzeit vollständig blockiert. Diese Haltungen der Nato-Politiker gleichen der Vergötterung des Krieges und des Tötens, nicht aber der durch Vernunft und religiöse Gebote geforderten Gottesliebe, Nächstenliebe, die es bekanntlich ohne Selbstliebe nicht gibt. Solche animalischen Zustände: »Auge um Auge, Zahn um Zahn«, ohne die geringste Empathie für die Kriegstoten und Kriegsflüchtlinge, existieren schon seit Menschengedenken. Sie offenbarten sich, mit Blick auf Deutschland, bekanntlich besonders im 20. Jahrhundert mit Millionen Toten und unsagbaren Zerstörungen. Hier scheint sich an Gefühlskälte und historischen Fehleinschätzungen bei den politisch Verantwortlichen sowie in der Mitte der Gesellschaft nach 1945 kaum etwas geändert zu haben, wenn wir die öffentlich dominanten Reaktionen zum Ukraine-Krieg und den unreflektierten Russen-Hass bedenken, die alle Sorgen und Bedenken, alle nach Frieden suchenden Gegendarstellungen nur verächtlich machen, marginalisieren und ins Leere laufen lassen wollen. Ohne die unerbittliche Kriegsstrategie aller Seiten zu rechtfertigen, die bisher nicht eine Verhandlungslösung priorisieren können, liegt das tiefere Geheimnis der ideologischen Apologetik dieses Krieges m. E. in der ukrainisch-westlichen »Täter-Opfer-Umkehr«, der Schuldumkehr (…).
    Die Hauptschuld des Krieges wird den ursprünglich, russischen Opfern zugeschrieben, die eine radikale Abspaltung der Ukraine von Russland nicht akzeptieren wollten und dafür Jahre lang beschossen wurden. Anstatt ernsthaften Beistand und Hilfe für eine friedliche Koexistenz von Russen und Ukrainern zu leisten, erfahren nur die Russen Anklage und Beschuldigung.
    Quelle: Wolfgang Herzberg in Ossietzky
  13. Menschenrechtsorganisationen gegen Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus
    Mehr als 100 internationale und israelische Menschenrechtsorganisationen, darunter B’Tselem, die größte israelische Menschenrechtsgruppe, und Amnesty International, haben gemeinsam an UN-Generalsekretär António Guterres geschrieben und ihn aufgefordert, die umstrittene Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) nicht zu akzeptieren. Die Gruppen weisen darauf hin, dass diese Definition verwendet wird, um Israel vor legitimer Kritik zu schützen, einschließlich der Beschreibung als rassistischer oder Apartheidstaat – eine Einschätzung, die vor kurzem unter anderem von Amnesty International vorgenommen wurde. Die IHRA-Definition wurde von den Regierungen der USA, Großbritanniens, Deutschlands und Österreichs akzeptiert und wird weithin verwendet, um jegliche Kritik an Israel zu unterbinden. Die Unterzeichner weisen darauf hin, dass die IHRA-Definition im Falle ihrer Annahme die Möglichkeiten der UN-Beamten, die Aktivitäten Israels in den besetzten Gebieten zu kritisieren, stark einschränken würde. Die Definition wurde sogar von einem ihrer ursprünglichen Verfasser, Ken Stern, kritisiert, der sie als ein „stumpfes Instrument, um jeden als Antisemiten abzustempeln“ bezeichnete. Als Reaktion auf die IHRA-Definition gab eine Gruppe von Wissenschaftlern aus den Bereichen Antisemitismus, Holocaust und jüdische Geschichtsforschung die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus heraus. Darin erklärten sie Folgendes: „Es ist nicht antisemitisch, Lösungen zu unterstützen, die allen Bewohnern ‚zwischen dem Fluss und dem Meer‘ volle Gleichheit gewähren, sei es in zwei Staaten, einem binationalen Staat, einem einheitlichen demokratischen Staat, einem Föderalstaat oder in welcher Form auch immer.“ Weiter heißt es in der Erklärung: „Boykott, Desinvestition und Sanktionen sind alltägliche, gewaltfreie Formen des politischen Protests gegen Staaten. Im Falle Israels sind sie nicht an und für sich antisemitisch.“
    Quelle: Zeitung der Arbeit
  14. »Der eigentliche Putsch wurde gegen Castillo geführt«
    Über die illegale Absetzung des Präsidenten Perus, fehlende Rechtsstaatlichkeit und die Macht der Eliten. Ein Gespräch mit Guido Leonardo Croxatto (…)
    Was ist am 7. Dezember 2022 passiert? In den Medien wird von einem Selbstputsch Castillos gesprochen. Kann sein Versuch, den Kongress aufzulösen, als ein solcher bezeichnet werden?
    In Peru werden Indigene, Bauern und die ärmsten Bevölkerungsschichten systematisch von ihren Rechten ausgeschlossen. Das zeigt sich auch am Beispiel Castillo. Zunächst wurde alles versucht, seinen Wahlsieg nicht anzuerkennen. Die Stimmen der indigenen Bevölkerung wurden angefochten – mit dem Argument, sie wüssten nicht, wie man wählt. Bauern aus verschiedenen Städten zogen 45 Tage lang nach Lima, um dafür zu demonstrieren, dass ihre Stimmen nicht für ungültig erklärt wurden. Es gibt einen Richter namens Arenas, der sich nicht korrumpieren ließ. Dank ihm wurde Castillo schließlich zum Präsidenten ernannt. Sobald er Präsident war, machten sie ihm das Leben und das Regieren unmöglich. Von ihm vorgeschlagene Minister wurden nicht akzeptiert. 140 Gesetzesvorlagen, die er ins Parlament einbrachte, wurden abgelehnt. Sie erfanden Vorwürfe gegen ihn, sie ließen ihn nicht ausreisen. Stellen Sie sich einen Präsidenten vor, der das Land nicht verlassen darf, weil er dafür eine Genehmigung vom Kongress braucht.
    Das Parlament, das in der Bevölkerung über fünf Prozent Unterstützung verfügt, hat es dem demokratisch gewählten Präsidenten unmöglich gemacht zu regieren. Castillo – es leid, nicht regieren zu können, und davon überzeugt, dass sie früher oder später einen Staatsstreich gegen ihn anzetteln würden –, hält also am 7. Dezember eine Rede. In dieser ruft er die Peruanerinnen und Peruaner zu einem Wandel auf. Er fordert eine verfassunggebende Versammlung, mit deren Hilfe das peruanische Modell grundsätzlich geändert werden soll – ein korruptes, ungerechtes und rassistisches Modell.
    Quelle: junge Welt
  15. Dominante Familiendynastie
    Bei den bevorstehenden Wahlen in Griechenland liegt die aktuelle Regierungspartei in Prognosen vorn.
    Der Premier hat den Sprung gewagt: Kyriakos Mitsotakis beschied seinen 10,3 Millionen Griechen, daß am 21. Mai das neue Parlament gewählt werde. Vorausgegangen war ein heftiges, bisweilen lautstarkes Debattieren über den richtigen Zeitpunkt. Den ursprünglichen Termin, den 9. April, hatte die Regierung gestrichen, nachdem am 28. Februar bei einem Zugunglück auf der Strecke Athen–Thessaloniki 57 Menschen gestorben waren und die Griechen Konsequenzen für die politisch Verantwortlichen forderten. Obwohl die bis heute nicht gezogen wurden, bleibt allen Meinungsumfragen zufolge Mitsotakis klarer Favorit. Mit deutlich geringerem Abstand allerdings zu Konkurrent und Vorgänger Alexis Tsipras. Die früher bürgerlich-rechte Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) deckt mittlerweile auch den rechten Rand des politischen Spektrums ab. Was am Zulauf von Faschisten liegt, die nach dem Verbot der Bewegung Chrysi Avgi (Goldene Morgendämmerung) vor einigen Jahren zerstreut wurden. Zwei Minister in Mitsotakis’ Kabinett sind ehemalige Anführer der faschistischen Szene Griechenlands. Mit derzeit geschätzten rund 34 Prozent der Wählerstimmen hätte die ND Ende Mai die Nase vorn – Tsipras und seine Syriza (Koalition der radikalen Linken) kämen nach Rechnung der Demoskopen auf rund 29 Prozent. In dem 300 Sitze großen Parlament hätten weder Mitsotakis noch Tsipras die Mehrheit – die erreicht eine einzelne Partei erst ab etwa 48 Prozent. Beide Parteien müßten sich nach aktuellem Stand für die Regierungsbildung Partner suchen. Der Bonus, der früher dem Sieger zusätzlich zu seinem Wahlergebnis 50 Sitze verschaffte, wurde 2016 unter Tsipras abgeschafft. Und von seinem Nachfolger Mitsotakis, quasi durch die Hintertür, wieder eingeführt.
    Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
  16. Aktie abgestürzt: Warum steckt ProSiebenSat.1 in der Krise?
    ProSiebenSat.1 hat überraschend seine Dividende nahezu komplett gestrichen. Das löst an der Börse einen heftigen Kurssturz aus. Was ist los beim Medienkonzern?
    Für ProSiebenSat.1-Aktionäre ist es ein rabenschwarzer Tag: Papiere des Medienkonzerns brechen im frühen Handel bis zu 18,9 Prozent auf 7,92 Euro ein. Die Aktie löscht damit auf einen Schlag ihren gesamten Jahresgewinn aus. Eine Unternehmensmeldung vom Vorabend erwischt die Anleger auf dem völlig falschen Fuß. […]
    Schwerer als die heftige Dividendenkürzung wirkt aber der Vertrauensverlust. Der Ruf des Medienkonzerns als Dividendenbringer ist erst einmal zerstört; es dürfte Jahre dauern, das Vertrauen der Anleger wieder aufzubauen.
    Dessen dürfte sich auch der ProSiebenSat.1-Vorstand bewusst sein. Warum also wagt er diesen krassen Schritt? Das Unternehmen selbst verweist auf eine veränderte Dividendenpolitik, die nun auch “mit besonderem Fokus ein angemessenes Niveau des Verschuldungsgrads” berücksichtige.
    Tatsächlich dürften es aber in erster Linie rechtliche Probleme mit seiner Tochter Jochen Schweizer mydays sein, die das Unternehmen dazu nötigen, weniger Geld an die Aktionäre auszuschütten und dafür mehr auf die hohe Kante zu legen. “Die möglichen finanziellen Belastungen für den Konzern im Zusammenhang mit den behördlichen Untersuchungen sind derzeit noch nicht abschätzbar, könnten aber erheblich sein”, teilte ProSiebenSat.1 mit.
    Quelle: tagesschau

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