Der frühere NDR-Journalist Patrik Baab war schwer diffamiert worden, weil er bei Referenden in den sogenannten „Volksrepubliken“ in der Ostukraine vor Ort eigene Eindrücke hatte sammeln wollen. Vor Gericht hat sich Baab nun im Streit mit der Kieler Universität durchgesetzt, die ihm als Reaktion auf seine Reise einen Lehrauftrag entziehen wollte. Diese Entscheidung, die über den Uni-Streit hinaus wichtige Fragen der Meinungsfreiheit berührt, war überfällig. Aber im aktuellen Zeitgeist der Zensur war sie alles andere als selbstverständlich. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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Die Klage des Journalisten Patrik Baab gegen den Widerruf seines Lehrauftrags durch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hatte Erfolg, wie das Medium „Hintergrund“ berichtet. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht in Schleswig hat demnach am Dienstag entschieden, dass die Voraussetzungen für den Widerruf eines Lehrauftrags aus einem wichtigen Grund nicht vorgelegen hätten. Dies schreibe das Gericht in einer Mitteilung, die „Kieler Nachrichten“ hatten in diesem Artikel darüber berichtet.
Diese Entscheidung ist sehr zu begrüßen.
Laut „Hintergrund“ hat sich Baab auch in einem zweiten Verfahren gegen die CAU durchgesetzt. Die Hochschule habe die Verbreitung einer Stellungnahme künftig zu unterlassen, in der sie sich von Baab und seiner Reise in die Ostukraine im September vergangenen Jahres distanziert, so das Gericht. Weitere Infos zum Fall finden sich im Bericht von „Hintergrund“. Beide Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes sind noch nicht rechtskräftig, die CAU als Beklagte kann die Zulassung der Berufung beantragen. Der Anwalt der Universität habe diese Absicht bereits im Gerichtssaal angedeutet.
Etappensieg für die Meinungsfreiheit
Es ist also nur ein Etappensieg. Aber in Zeiten, in denen die Meinungsfreiheit von zahlreichen Seiten massiv eingeschränkt werden soll, ist es erfreulich, dass sich Richter finden, die diese Meinungsfreiheit gegen einen Zeitgeist der Zensur verteidigen. Denn zahlreiche große Medien hatten auf angemessene Solidarität mit Baab und auf eine Verteidigung der in dem Fall angegriffenen Meinungsfreiheit verzichtet, viele haben etwa den laut Baab falschen Begriff des „Wahlbeobachters“ genutzt – falls ich eine solche Verteidigung in großen Medien übersehen habe, wäre ich für einen Hinweis dankbar.
Beispielhaft sei hier ein Artikel des „Spiegel“ erwähnt, in dem so beiläufig über den Fall berichtet wird, als sei das heute eben so, dass man entsprechende Konsequenzen zu tragen hat, wenn man die „falsche“ Meinung äußert. Indirekt wird Baab dort gar als nützlicher Idiot für russische Propaganda eingeordnet. Außerdem wird einmal mehr der Nutzen, den eine Information für russische Propaganda haben könnte, als Kriterium für die Bewertung der Seriosität dieser Information angedeutet: „Baabs Positionen passen gut in die russische Propaganda, die im Kampf um die Deutungshoheit auch auf die Glaubwürdigkeit westlicher Journalisten setzt.“ Einige Leser-Kommentare im „Spiegel“-Forum stellen Fragen zur Meinungsfreiheit, andere fordern in befremdlicher Weise berufliche Konsequenzen gegen Baab. Die Möglichkeit zur Gegenrede hatte die „Welt“ Baab nach der Reise in diesem Artikel gegeben:
„Das herrschende Meinungsbild blendet konsequent die Realitäten in der Ostukraine aus. Damit funktioniert auch Propaganda besser, weil eine Realitätsprobe nicht mehr möglich ist. Das erleben Sie gerade an der Berichterstattung über mich.“
Wir freuen uns für Patrik Baab, den die Leser der NachDenkSeiten bereits von interessanten Interviews und Artikeln kennen – eine Auswahl dieser Beiträge finden Sie unter dem Artikel.
Titelbild: wellphoto/shutterstock und Westend Verlag