Gen-der-die-das für Fortgeschrittene – oder die Gebärmütterin

Gen-der-die-das für Fortgeschrittene – oder die Gebärmütterin

Gen-der-die-das für Fortgeschrittene – oder die Gebärmütterin

Susanne Bur
Ein Artikel von Susanne Bur

Deutsch ist eine schwere Sprache, aber auch wunderschön. Wie kaum ein anderes Land können wir mit unseren Hauptwörtern zusammengelegt interessante neue Worte erfinden, wo andere Sprachen oft nur ein Eigenwort haben oder eine Umschreibung benötigen. Denken wir an z. B. „Feuerversicherung“ oder den berühmten „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän“. Unsere Sprache ist auch präzise, doch von dieser Präzision schweifen wir mit dem teils lachhaften Gen-der-die-das-Gedöns oft ab. In Deutschland sind etwa zwei Drittel der Gesellschaft gegen das Gen-der-die-das. Doch das interessiert die ideologischen Sprachumerziehungsfanatiker überhaupt nicht. Als die Tagesschau am 1. und 2. April in drei ihrer Texte das Wort „Mutter“ durch „entbindende Person“ ersetzte, kam es zu einem solchen Shitstorm, dass das umgehend wieder berichtigt wurde. Von Susanne Bur.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Als ehemalige Feministin war ich in den 70ern bei Demos mit Alice Schwarzer und anderen auf der Straße, es ging ja um die Gleichstellung, die endlich mit der Reform der Familiengesetze 1976 umgesetzt wurde. Aber was da heute zum Teil getrieben wird, hat mich zur Antifeministin werden lassen.

Endlich traten wir aus dem Schatten der Männer hervor und wurden separat angesprochen: Liebe Bürgerinnen und Bürger… Jetzt wurde dies abgewandelt in: Liebe Bürger*_/:innen (je nach Bevorzugung halt mit dem entsprechenden Zeichen). Wobei sich eine Gruppe von nicht binären Personen bereits über die Nutzung des Doppelpunkts beschwert hat, da dieses Zeichen binär sei.

Und was wurde aus uns Frauen? Geblieben ist das verstümmelte Anhängsel „innen“ hinter einem Satzzeichen bzw. einem mathematischen Zeichen, dies dann auch noch oft hinter einer Verstümmelung der maskulinen Form. Beamt*in – was ist ein Beamt?

Als das Unglück im Ahrtal stattfand, kam es leider auch zu Plünderungen. Ich las damals folgende Anzeige der Polizei: „Es kam zu Plünderungen, die Polizei sucht Zeug:innen.“ Nach einem Doppelpunkt kommt nach althergebrachter deutscher Sprache eine Aussage – also stand die Frage im Raum (wörtlich genommen): Sucht die Polizei irgendwo innen nach Zeug? Gut, mit etwas Phantasie war klar, was es bedeutet, aber stellen wir uns doch jetzt einen Ausländer vor (ich gendere nicht!), der mit viel Mühe versucht, unsere Sprache zu lernen.

Doch zurück zur entbindenden Person. Die „Bild“-Zeitung berichtete zuerst über die Gender-Sprache im „Tagesschau“-Artikel. Auf Anfrage des Blattes sagte eine Sendersprecherin, der Begriff „entbindende Person“ sei gewählt worden, um „niemanden zu diskriminieren“. Da liegt die Tagesschau aber sehr daneben, denn ich als Mutter fühle mich hier diskriminiert. Man möge mir noch den ersten Vater zeigen, der sein Kind selbst entbunden hat. Außerdem ist „Mutter“ eine Bezeichnung, die lebenslang gilt, nicht nur während einer Entbindung. Ich bin eben eine „Gebärmütterin“, um auch mal etwas zum Gendern beizutragen.

Um das generische Maskulinum zu überwinden, treiben die Vorschläge oft seltsame Blüten. Wie die feministische Journalistin und Politikwissenschaftlerin Antje Schrupp in einem Beitrag schreibt, sollen folgende Ideen auf die Linguistin Luise F. Pusch zurückgehen: Die weibliche Form Singular behält weiterhin den Anhang -in (Bürgerin), die männliche Form Singular erhält den Anhang -ich (Bürgerich), sind beide Geschlechter gemeint, so wird das Neutrum verwendet, „das“ Bürger – ja mit dem Artikel! Für die Pluralbildung ergibt sich dann daraus: feminin „Bürgerinnen“, neutrum (also beide) „Bürger“, und bei rein maskulinen Veranstaltungen „Bürgeriche“.

Bei der nächsten Tour de France werden wir dann endlich „Radfahreriche“ sehen. Beim Männerfußball dann eben „Fußballeriche“. Eurer Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, liebe Leser!

Die im Text von Frau Schrupp benannte Frau Marlies Krämer durfte ich als Mitglied meiner ehemaligen Literaturgruppe persönlich kennenlernen. Es war anstrengend, denn für sie gab es eine Mondin, eine Planetin, Gott war selbstverständlich Göttin u.v.m. Benannte sich eine Frau versehentlich als Autor, wurde sie zusammengestaucht. Es gab keine Gnade!

Zur Belustigung trug vor ein paar Jahren eine mir auch persönlich bekannte Frau bei, die sich in 34 saarländischen Gemeinden (einschl. Saarbrücken als OB) gleichzeitig als „Bürger*innenmeister*innenkandidat*in“ bewarb. Sie veröffentlichte das so täglich bei Facebook und anderen Plattformen. Ich versuchte ihr beizubiegen, dass sehr viel über sie gelacht wurde – ich kam nicht zu ihr durch.

Olaf Scholz, bekennender Feminist, muss es wissen: „Die Kinderkrankenschwesterin […] ist ein ganz, ganz wichtiger Beruf“ und wahrscheinlich die noch weiblichere Form der Kinderkrankenschwester.

Die Gendersprache weicht auch gerne von der Natur ab, unter der Überschrift „Information/Vereinbarung zur Vergütung – MRT der Prostata“ werden Patienten wie folgt informiert: „Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, vielen Dank, dass Sie sich für eine MRT-Diagnostik der Prostata in unserer Praxis entschieden haben.“ Bin mal gespannt, wann die erste Samenspenderin gesucht wird.

Es tut mir auch weh, wenn zur Umgehung von Diskriminierungen das Partizip Präsens benutzt wird, wie z. B. „Studierende“. Mit dem Wort „Studenten“ waren immer diejenigen gemeint, die bei einer Hochschule/Fachhochschule eingeschrieben waren und dort studierten. „Studierende“ ist eine Tätigkeit, die gerade jetzt stattfindet, wer einen Fahrplan studiert, ist auch ein „Studierender“.

Schon alleine die Diskussionen um das Wort „Mitglied“ sind nicht zu ertragen, nicht selten lese ich bereits in hyperfeministischen Artikeln „Mitglieder*in“. Es heißt „das“ Mitglied, Neutrum, sollen jetzt auch die neutralen Bezeichnungen noch gegendert werden? Vor Jahren bereits wurde vorgeschlagen, dies in „Mitklit“ zu ändern (muss ich jetzt nicht genauer erklären, oder?).

Gendern wir halt um jeden Preis, so lange bis das Arzt, die Ärztin oder der Arztich kommt.

Titelbild: Roman Samborskyi/shutterstock.com

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