Die Unverblümtheit, mit der westliche Medien und Politiker versuchen, ukrainische Radikale als „Partner“ und „Demokraten“ darzustellen, nimmt nochmals zu. Teils wird nicht mal mehr versucht, eine Distanz zu ukrainischen Rechtsradikalen wenigstens vorzutäuschen. Unterdessen bezeichnet Russland Deutschland als „unfreundlichen Staat“: Die grüne Politik der Spaltung verbucht damit einen weiteren giftigen „Erfolg“. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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Als aktuelles Beispiel für eine skandalöse Distanzlosigkeit gegenüber ukrainischen Rechtsradikalen wird weiter unten im Text ein aktueller Tweet von Marieluise Beck thematisiert, in dem sie Personal des Asow-Regiments bewirbt.
Zunächst soll es hier aber um einen ukrainischen Plan bezüglich einer „zurückeroberten“ Krim gehen. Wie unkritisch dieser radikale Plan von deutschen Medien wiedergegeben wird, der von „Entgiftung“ spricht und Russen als „Müll“ bezeichnet, ist einmal mehr sehr fragwürdig. Auch, dass aus der dort genutzten extremen Sprache und den teils (rechts-)extremen Inhalten nicht der Impuls der Distanzierung auf westlicher Seite erwächst. Das diese Distanzierung ausbleibt, belegt einmal mehr die ideologische Motivation, dass Rechtsextreme nur so genannt werden, wenn es ins eigene Konzept passt.
Wer ankündigt, die „besetzte“ Krim „zurückerobern“ zu wollen, der nutzt nicht nur unscharfe Begriffe zur Beschreibung des Status der Krim. Zusätzlich machen diese Kräfte Werbung für einen dann durchaus möglichen Atomkrieg in Europa. Es ist im Ergebnis übrigens gleichgültig, ob dieser Atomkrieg dann aus „edlen“ Motiven provoziert wurde, was aber ohnehin nicht der Fall wäre. Dass der völkerrechtliche Status der Krim keineswegs so eindeutig ist, wie er von der ukrainischen Regierung dargestellt wird, das wurde auf den NachDenkSeiten etwa in diesem Artikel beschrieben.
Krim: „Umfassendes Programm der ‚Entgiftung‘“
Dass die Regierung in Kiew trotz des nicht eindeutigen rechtlichen Status und der riesigen Eskalationsgefahr darauf pocht, die Krim zur erobern, ist nicht neu. Medien berichten nun aber darüber, „was die ukrainische Regierung danach mit der Halbinsel vorhat“. Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexij Danilow, beschreibt demnach einen „12-Punkte-Plan“: So solle als Teil der „De-Okkupation“ etwa die Krim-Brücke mit der Auto- und Eisenbahnverbindung zum russischen Kernland abgerissen werden, wie Danilow am Sonntag mitgeteilt habe. Die Vertreter der russischen Regierung bezeichnete er als „Müll“.
Die Staatsdiener auf der Krim, die sich 2014 bei der Annexion mit den russischen Besatzern eingelassen hätten, „würden einer Säuberung unterzogen nach dem Vorbild der Entnazifizierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg“, so Danilow laut Medien. Die „Kollaborateure und Verräter des ukrainischen Staates sollen in Strafverfahren zur Rechenschaft gezogen werden“, heißt es demnach in Schritt zwei des Plans. Russen, die sich nach Februar 2014 auf der Krim niedergelassen haben, sollen vertrieben werden. Grundstückskäufe und andere Verträge würden annulliert. Außerdem beschreibe Danilow ein „umfassendes Programm der ‚Entgiftung‘“:
„Es wird ein umfassendes Programm der ‘Entgiftung’ umgesetzt, das die Folgen des langjährigen Einflusses der russischen Propaganda auf das öffentliche Bewusstsein eines Teils der Bevölkerung der Halbinsel neutralisiert.“
Dass auch die russische Seite teils eine unmögliche Sprache nutzt, zeigt dieses Zitat: Der Gouverneur der Krim-Metropole Sewastopol, Michail Raswoschajew, rief laut Medien die Menschen auf, sich von den Äußerungen der „kranken Leute“ in Kiew nicht beeindrucken zu lassen. „Man muss sie heilen, und darum kümmert sich gerade auch unser Militär.“
Marieluise Beck und das Asow-Regiment
Marieluise Beck (Grüne und Chefin der neokonservativen Denkfabrik Zentrum Liberale Moderne) macht derweil Werbung für die rechtsradikale Asow-Einheit in der Ukraine. Auf Twitter setzte sie kürzlich folgende Nachricht ab:
#Ukraine: Kateryna P., eine entzückende, hoch kreativen junge Frau. Ihr Mann – Lehrer – kämpfte mit Asov für ein Leben in Freiheit statt unter dumpfem russischen Terror. Es sind oft die besten, die bereit sind ihr Leben für Würde und Freiheit zu geben. Sie kämpfen auch für uns. pic.twitter.com/bw4zwWwpLO
— Marieluise Beck (@MarieluiseBeck) March 30, 2023
Die „Junge Welt“ nennt Beck aus diesem Anlass aktuell die „Nazihätschlerin des Tages“ und schreibt:
„Katerina ist die Frau vom Chef der Nazieinheit, Denis Prokopenko – dem von Präsident Selenskij mit der höchsten Auszeichnung dekorierten mythischen Helden von ‚Asowstal‘. (…) Dank des vom Westen angezettelten Maidan-Putsches und der von Becks Lib Mod und anderen transatlantischen Drückerkolonnen fabrizierten Kriegspropaganda hatten sich für den Fußballhooligan 2014 ungeahnte Möglichkeiten eröffnet: Früher habe er noch mit ‚abgesägten Schrotflinten‘ arbeiten müssen, nun könne er ‘mit taktischen Panzergruppen, gepanzerten Fahrzeugen und Artillerieunterstützung’ zu Werke gehen, verkündete er stolz.“
Russland: Deutschland ist „unfreundlicher Staat“
Es gibt für Deutschland und EU-Europa keine Alternative zu einem Auskommen und zu einer fruchtbaren Handelsbeziehung mit Russland – unter anderem das unterscheidet die EU-Interessen von den US-Interessen. Dass eine Verständigung mit Russland keine Unterwerfung unter ein „russisches System“ bedeutet, ist selbstverständlich. Eine Beendigung der propagandistischen Feindseligkeiten, der Waffenlieferungen und des Wirtschaftskriegs sowie die Respektierung begründeter russischer Sicherheitsinteressen bedeutet kein naives Duckmäusertum von EU-Seite. Es wäre stattdessen ein Handeln im Interesse der Bürger Europas.
Angesichts der Handlungen vieler deutscher Politiker und Journalisten (aktuell, aber auch bereits seit Jahren) gegenüber Russland kann die folgende Nachricht nicht wirklich überraschen: Russland hat eine neue außenpolitische Strategie verabschiedet, in der der Westen zur „existenziellen“ Bedrohung erklärt wird, wie Medien aktuell berichten. In diesem Zusammenhang wurde auch Deutschland von Russland als „unfreundlicher“ Staat eingestuft (der Begriff machte aber schon länger die Runde).
Wenn auch erwartungsgemäß, so ist dieser Schritt doch schockierend: In Rekordzeit haben deutsche Politiker und Journalisten das Wunder der russischen Vergebung und Verständigung nach dem Zweiten Weltkrieg und bezüglich der Wiedervereinigung zerstört. Dieses Handeln ist so verantwortungslos und es ist so gefährlich für die Zukunft Europas und seiner Kinder, dass man gar keine Worte mehr dafür findet.
Titelbild: Oleksandr Polonskyi / Shutterstock