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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Tarifstreit im öffentlichen Diskurs: Danke für den schönen Streik!
- Supermacht Indien: Warum eine „werteorientierte Außenpolitik“ hier an ihre Grenzen stößt
- Das Ende der US-Dominanz am Persischen Golf (III)
- Die Hungermacher (IV)
- Sprechen wir ausnahmsweise über den Angriffskrieg der USA gegen Syrien
- US-„Demokratiegipfel“ sucht Eigennutz
- Einmischung abgewehrt: Kubaner haben neue Nationalversammlung gewählt. Hohe Beteiligung trotz Störversuchen von Gegnern.
- Ein ganz großer Angriff
- Sinn und Unsinn der öffentlichen Auftragsvergabe
- Auch 2023 werden Banken mit Staatsgeldern gerettet
- „Dann bekommt die Theorie vom NSU-Trio Risse“
- Die Hälfte des importierten Honigs möglicherweise gefälscht
- Viel Aufmerksamkeit für fragwürdige Experten
- Buchtipp: Das Ende des Informationsjournalismus
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Tarifstreit im öffentlichen Diskurs: Danke für den schönen Streik!
Die Streiks dürfen uns freuen – weil Menschen sich gegen Unverschämtheiten von oben wehren. Das mediale Geklingel dazu ist plumpe Täter-Opfer-Umkehr.
Achtung, Achtung, Deutschland wird ab Montag „in Geiselhaft“ genommen! Die Bundesrepublik ist „zur Immobilität verdonnert“, denn die Gewerkschaften holen nichts Geringeres als „ihre Folterwerkzeuge aus der Schublade“, ja, sie wählen „die höchste Eskalationsstufe“.
Spüren Sie auch schon die kalte Waffe im Rücken und den Angstschweiß auf der Stirn, während ohrenbetäubend die Alarmsirenen heulen?
Nun kann es ja mal vorkommen, dass einem als Journalist oder Lobbyist die passenden Metaphern ausgehen. Aber vielleicht sollte man dann lieber ganz auf Äußerungen fürs Publikum verzichten. Was hier jedenfalls angesichts eines Tarifstreits im öffentlichen Diskurs betrieben wird, ist eine plumpe Täter-Opfer-Umkehr.
In der Verantwortung steht nämlich nur eine Seite: die Unternehmen. Unternehmen, die ihrer hart arbeitenden Belegschaft viel zu geringe Löhne auszahlen. Es herrschen Inflation und Energieknappheit. Menschen müssen beim Heizen und beim Einkauf im Supermarkt sparen, obwohl sie arbeiten. Unverschämt ist es, in dieser Situation weiter Niedriggehälter auszuzahlen. Unverschämt ist nicht, wer für seine Arbeit angemessene Bezahlung fordert, um in Würde leben zu können.
Quelle: tazdazu: Kräftig Dampf gemacht
Größter Ausstand seit Jahrzehnten: Warnstreik legt Verkehrsinfrastruktur lahm. Dritte Verhandlungsrunde für öffentlichen Dienst eröffnet.
Eine Ahnung vom Ausmaß der Streikwellen in Frankreich oder Großbritannien kam am Montag in der Bundesrepublik auf: Busse und Bahnen blieben 24 Stunden lang weitgehend in den Depots, Flugzeuge am Boden. Rund 335.000 Beschäftigte folgten dem gemeinsamen Aufruf der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zu einem bundesweiten Warnstreik. Der traf den kommunalen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in sieben Bundesländern, die Flughäfen, die Arbeitsbereiche der Autobahn GmbH, Teile der kommunalen Häfen, die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung sowie die Deutsche Bahn mit ihren Busgesellschaften und diverse weitere Bahnunternehmen. Der Fernverkehr der Bahn kam völlig zum Erliegen. Zu einem Chaos in Städten und auf Autobahnen führte der Ausstand indes nicht – viele hatten sich offenbar darauf eingestellt.
Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt - Supermacht Indien: Warum eine „werteorientierte Außenpolitik“ hier an ihre Grenzen stößt
Indien hat neuerdings mehr Einwohner als China. Was wir erleben, ist eine geopolitische Verschiebung, die den Globalen Süden stärkt. Hat Deutschland den Blick dafür? (…)
Die außenpolitischen Zielsetzungen, welche Indien in der globalen Politik durchsetzen will, sind jedoch nicht identisch mit den Strategien und Interessen des Westens. Daher wird Delhi kein natürlicher Partner für die USA und Europa sein.
Indien selbst lehnt die Einteilung in Autokratie versus Demokratie rigoros ab. Diese außenpolitische Denkschule wurde von dem amtierenden Außenminister Subrahmanyam Jaishankar im Januar dieses Jahres in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung wie folgt präsentiert. „Für mich besteht die Notwendigkeit einer sehr grundlegenden Debatte, was eigentlich die demokratische Welt ist. Wer richtet sich nach wem aus? Die scharfe Trennung zwischen Demokratie und Autokratie ist politisch praktisch. Man kann sie verwenden, je nachdem, wie man sie braucht. Indien hat zum Beispiel zeitweise eine Militärdiktatur im Westen in Pakistan und eine im Osten in Myanmar gehabt. Die in Myanmar wurde sanktioniert. Die in Pakistan wurde als wichtiger Verbündeter der Nato bezeichnet.“ Indiens Außenminister weiter: „Wir werden unsere Sicherheit nicht opfern.“
Ein Schwerpunkt bildet die Aufrechterhaltung außen- und sicherheitspolitischer Autonomie. Indien ist diesbezüglich darauf fokussiert, seine Entscheidungshoheit zu wahren und feste Allianzen zu vermeiden. Deshalb strebt Indien heute strategische Partnerschaften mit den wichtigen relevanten Akteuren in der internationalen Politik an. Gleichzeitig versucht Delhi, allzu enge oder einseitige Beziehungen etwa zu Washington zu vermeiden. (…)
Die außenpolitischen Denkschulen der Bundesrepublik hingegen, von der auch der Mitarbeiterstab des Auswärtigen Amtes geprägt wurde, haben in den vergangenen Jahren relevante Themengebiete wie Geostrategie und Demographie leichtsinnig vernachlässigt, zu Gunsten von Gender-Debatten und identitätspolitischen Diskursen, die außerhalb dieser Blasen keine Rolle spielen. Dadurch erklärt sich auch, weshalb Annalena Baerbock nicht in der Lage ist, die weltpolitischen Entwicklungen zu deuten oder gar einordnen zu können. Nicht nur im Bezug auf Indien.
Eine „werteorientierte“ Außenpolitik, wie sie Außenministerin Baerbock zu vertreten vorgibt, entpuppt sich in diesem Zusammenhang als ähnlich substanzlos wie der Wahlkampfslogan der Grünen vom Herbst 2021 „Keine Waffen in Krisen -und Kriegsgebiete“”.
Quelle: Ramon Schack in Berliner Zeitung - Das Ende der US-Dominanz am Persischen Golf (III)
Chinas Machtgewinn am Persischen Golf durch seinen Vermittlungserfolg im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran stellt neben der US-Dominanz in der Region auch die deutsche Position dort in Frage. Beijing ist es gelungen, Annäherungsversuche zwischen Riad und Teheran zu einem ersten Erfolg zu führen; beide wollen nun ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen und verhandeln über eine weiterreichende Kooperation. Gelingt dies, dann stehen Bemühungen der Vereinigten Staaten, eine Art arabischer NATO gegen Iran in Stellung zu bringen, vor dem Scheitern. Von der US-Dominanz im Mittleren Osten hat jahrzehntelang auch die Bundesrepublik profitiert, die bei Bedarf immer Erdöl und Erdgas aus der Region beziehen und dort profitable Geschäfte abwickeln konnte; zuletzt fungierte eine Zeitlang ein Ex-Siemens-Chef als Wirtschaftsberater des saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman, des eigentlichen Machthabers im Land. Ob die Offenheit für Berliner Interessen in Mittelost trotz des US-Einflussverlusts bestehen bleibt, ist ungewiss. Das enge Bündnis zwischen Saudi-Arabien und den USA steckt schon seit geraumer Zeit in der Krise.
Quelle: German Foreign Policydazu auch: In die neue Ordnung: China und der Nahe/Mittlere Osten
Chinas Bemühen um eine Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens beginnt sich zu konkretisieren. Am 10. März hatten sich Unterhändler Saudi-Arabiens und Irans in Beijing auf einen Neustart mit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen beider Staaten geeinigt. Am Montag wurde bekannt: Die Außenminister beider Länder haben jetzt ihr erstes persönliches Treffen vereinbart, das noch vor dem Ende des Fastenmonats Ramadan stattfinden wird, also vor dem 21. April. Die Einigung war ein gewaltiger Fortschritt. Nun aber stehen für Riad und Teheran – und im Hintergrund für Beijing – die berüchtigten Mühen der Ebene an. Der Wille zur Annäherung zwischen den beiden Erzfeinden ist da. Ob aber auch ein Weg vorhanden und ob er begehbar ist, das muss sich erst weisen. Klar ist nur: Gelingt ein Interessenabgleich zwischen Saudi-Arabien und Iran, dann sind die US-Versuche gescheitert, aus den arabischen Golfstaaten und Israel eine Art Mittelost-NATO gegen Teheran zu formen. Und: Die jahrzehntelange Ära der US-Dominanz in der Region wäre dann wohl vorbei.
Quelle: junge Welt - Die Hungermacher (IV)
Trotz einer persönlichen Intervention von UN-Generalsekretär António Guterres verhindert die EU weiterhin Düngemittelexporte aus Russland und Belarus und treibt damit zahlreiche Länder Afrikas in den Hunger. Konkret weigert sich Brüssel zur Zeit, Ausnahmen bei seinen Sanktionen gegen Belarus zu gewähren, die es ermöglichen würden, den sanktionsbedingt grassierenden Düngermangel vor allem auf dem afrikanischen Kontinent zu reduzieren. Experten zufolge ist der Düngemitteleinsatz in Afrika südlich der Sahara bereits um ein Viertel gesunken. Mit deutlich geringerer Ernte und empfindlich steigendem Hunger ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Guterres war zum EU-Gipfel nach Brüssel gereist, um für ein Ende der Düngemittelblockade zu plädieren, war jedoch von – so der EU-Jargon – „uns Europäern“ abgewiesen worden: Man sei nicht bereit, die Sanktionen einzuschränken, nur um „die UNO zu beschwichtigen“, hieß es. Besonders die Russland-Sanktionen tragen weiter zum Düngermangel bei, der sich in diesem und in den kommenden Jahren in einer zusätzlichen Knappheit an Nahrungsmitteln vor allem in den Ländern des Globalen Südens niederschlagen wird.
Quelle: German Foreign Policy - Sprechen wir ausnahmsweise über den Angriffskrieg der USA gegen Syrien
Zwei Großmächte führen derzeit völkerrechtswidrige Angriffskriege gegen ein anderes Land, besetzen Teile der angegriffenen Länder und bringen sehr viel Leid über deren Bevölkerungen. Sie tun das, weil sie die Regierung des jeweiligen Landes für den Ausbund des Bösen halten und sagen, dass sie sich oder ihre Verbündeten innerhalb und außerhalb des angegriffenen Landes von dieser Regierung bedroht fühlen. Sie stehlen die Ressourcen des angegriffenen Landes, heißt es. Beide Länder sollten verurteilt, mit Sanktionen belegt und ihre Führer wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden.
Vom völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der einen Großmacht, deren berechtigter Verurteilung, den Sanktionen und der Anklage gegen den Regierungschef hören wir viel und wissen Bescheid. […]
Über den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg des anderen Landes hört man sehr wenig.
Quelle: Norbert Häring - US-„Demokratiegipfel“ sucht Eigennutz
Am Mittwoch wird der zweite von den Vereinigten Staaten veranstaltete „Demokratiegipfel“ stattfinden. Es handelt sich dabei um eine weitere Farce, in der die Vereinigten Staaten unter dem Banner der „Demokratie“ Eigennutz suchen: Erstens nutzen die USA den Gipfel, um sich als „demokratischer Anführer“ zu präsentieren und zu versuchen, ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten. Zweitens verstößt das Verhalten, Länder in „demokratisch“ und „undemokratisch“ zu unterteilen, bereits gegen die wahre Bedeutung von Demokratie, ist aber eine gängige Methode der Vereinigten Staaten, um Cliquen zu bilden. Drittens ist der Export der „Demokratie amerikanischen Stils“ durch die Vereinigten Staaten tatsächlich eine Einmischung in andere Länder, was eine typische Machtpolitik darstellt.
„Demokratie bedeutet Nichteinmischung… Demokratie kann nicht durch Sanktionen oder Gewalt aufgezwungen werden. Demokratie kann nicht exportiert werden. Demokratie basiert auf Dialog unter der Prämisse der Koexistenz…“ Dies sagte der argentinische Präsident Alberto Fernández beim ersten „Demokratiegipfel“. Wie das Ergebnis des letzten Gipfels zeigt, sind auch die Pläne der Vereinigten Staaten für diesen Gipfel zum Scheitern verurteilt.
Quelle: CRI online - Einmischung abgewehrt: Kubaner haben neue Nationalversammlung gewählt. Hohe Beteiligung trotz Störversuchen von Gegnern.
Die Gegner des kubanischen Gesellschaftsmodells dürften enttäuscht sein: Ihre Hoffnung, dass der Frust vieler Menschen über die Folgen der Blockade und andere Probleme zu einer niedrigen Wahlbeteiligung führen würde, ist nicht erfüllt worden. Knapp 6,2 der 8,1 Millionen Wahlberechtigten gaben am Wochenende ihre Stimme ab, um die 470 Abgeordneten der »Nationalversammlung der Volksmacht« (ANPP), des höchsten gesetzgebenden Organs des Karibikstaates, für die nächsten fünf Jahre zu wählen. Wie die Präsidentin des Nationalen Wahlrates (CNE), Alina Balseiro, am Montag mittag (Ortszeit) mitteilte, lag die Wahlbeteiligung nach dem vorläufigen Endergebnis mit 75,92 Prozent zwar etwas niedriger als bei der Parlamentswahl im Jahr 2018 (78,57 Prozent), aber höher als angesichts der wirtschaftlichen Probleme des Landes erwartet worden war. »Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen können wir feststellen, dass der Aufruf unserer Feinde zur Wahlenthaltung in den Netzwerken und digitalen Medien gescheitert ist«, hatte der Schriftsteller und Präsident des Kulturinstituts Casa de las Américas, Abel Prieto, schon am Sonntag abend erklärt. Balseiro unterstrich, dass die Wahlbeteiligung im Vergleich zu den letzten Abstimmungen wieder gestiegen ist und 1,8 Prozentpunkte über der beim Referendum zum neuen Familiengesetzbuch im September vergangenen Jahres sowie 7,36 Prozent über der Beteiligung bei den Kommunalwahlen im November 2022 lag. Die spanische Agentur Efe kommentierte, dass die diesjährige Teilnahme in Kuba auch »im Vergleich zu allen Ländern der westlichen Hemisphäre und zu vielen liberalen Demokratien« hoch gewesen sei. Die Wahlen könnten allerdings nicht mit denen in diesen Ländern verglichen werden, da »das politische System Kubas gewissermaßen plebiszitär ist«, so Efe. Die Agentur verwies darauf, dass die Bevölkerung der Karibikinsel – anders als in den repräsentativen Demokratien des Westens – in wichtigen politischen Fragen unmittelbar Entscheidungen treffe.
Quelle: junge Welt - Ein ganz großer Angriff
Was bewirken Zuzahlungen?
Zur Zeit sind die Angriffe auf unser solidarisch finanziertes Gesundheitswesen mal wieder so scharf wie lange nicht mehr. Auch der Zeitung mit den vier großen Buchstaben ist das eine Schlagzeile wert: „Kassen-Patienten sollen 2000 Euro selbst bezahlen“. Ein Freiburger Ökonomieprofessor namens Bernd Raffelhüschen, bisher nur bekannt als Lobbyist der neoliberalen Arbeitgebertruppe „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM), warnt vor einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen und prophezeit einen Beitragssatz von 22 Prozent im Jahr 2035, wenn man dem keinen Einhalt gebietet. […]
So alt die Idee der Kostendämpfung durch Zuzahlungen auch ist und so oft sie auch aufgewärmt wird, so sehr verfehlt sie schon immer ihr gewünschtes Ziel. Die London School of Economics hat bereits vor vierzehn Jahren 173 Studien aus fünfzehn Nationen über Zuzahlungen im Gesundheitswesen ausgewertet und zweifelsfrei festgestellt, dass die Folgekosten durch weniger Arztbesuche, durch verzögerte Notfallbehandlungen und durch verschleppte Krankheiten höher sind als alle Einsparungen und Einnahmen durch Zuzahlungen zusammen. Ökonomisch sind Zuzahlungen also eine Milchmädchenrechnung. Sie sind kostentreibend, nicht kostensenkend.
Wenn Zuzahlungen den Krankenkassenetat mit nur zwei Milliarden Euro im Jahr so gut wie gar nicht entlasten, wenn Zuzahlungen gar nicht kostendämpfend wirken, was sollen sie dann? Wenn es ökonomisch gar nichts bringt, steckt vielleicht eine andere Idee dahinter? Die scheibchenweise Erweiterung der Zuzahlungen hat vor Jahrzehnten ganz klein und harmlos mit nur fünfzig Pfennig pro Rezept begonnen. Sie belastet chronisch Kranke inzwischen mit mehreren hundert Euro pro Jahr für Verbandsmittel, Medikamente, Hilfsmittel, Heilmittel, häusliche Krankenpflege, Krankenhausaufenthalt, Rehabilitation, Fahrtkosten und Haushaltshilfen. Das ist nichts anderes als eine scheibchenweise Demontage des Solidaritätsprinzips.
Quelle: Bernd Hontschik auf FR Online - Sinn und Unsinn der öffentlichen Auftragsvergabe
Jedes Jahr geben die Behörden in der EU rund 14 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für öffentliche Aufträge aus. Dies entspricht mehr als 1,9 Billionen Euro. In Österreich beläuft sich das durchschnittliche Volumen auf 67 Mrd. Euro pro Jahr und macht damit ca. 18 Prozent des österreichischen BIP aus. Die staatliche Beschaffung ist also eine wichtige Quelle der Nachfrage, insbesondere in Krisenzeiten. Da Steuergelder der Bürger:innen zum Einsatz kommen, muss die Mittelverwendung einerseits effizient und transparent erfolgen, andererseits hat der Staat eine Vorbildrolle. Dies ist nur möglich, wenn entsprechende Kontroll- und Haftungsmechanismen bestehen: Also fairer Wettbewerb bei den Bieter:innen statt Lohndumping und Subunternehmensketten. Eine kurze Bestandsaufnahme zeigt: Es gibt Handlungsbedarf.
Quelle: A&W blog - Auch 2023 werden Banken mit Staatsgeldern gerettet
Nach der Finanzkrise von 2008 wurde versprochen, die Finanzmärkte stabil aufzustellen. Doch die Credit Suisse und die Silicon Valley Bank zeigen, dass die entscheidenden Reformen ausgeblieben sind.
Fast fünfzehn Jahre ist die Pleite der Lehman Brothers Bank her. Sie hatte die letzte globale Finanzkrise so richtig losgetreten. Danach hatten Politikerinnen und Politiker versprochen, den Finanzsektor strenger zu regulieren. Nie wieder sollte die Politik von einem kriselnden Finanzsystem erpresst werden können. Regeln sollten her, um Banken kleiner und stabiler zu machen. Doch am 19. März 2023 war es wieder soweit: Eine Bank war zu groß, um sie pleitegehen zu lassen – too big to fail.
Nachdem die Credit Suisse öffentlich um Hilfe bat, vermittelten die Schweizer Regierung und Zentralbank im Eiltempo eine Fusion mit der größten Schweizer Bank UBS. Die Behörden betonen, dies sei eine »kommerzielle Transaktion« und keine staatliche Rettung. Doch 9 Milliarden Franken an Garantien durch den Schweizer Steuerzahler und 200 Milliarden Franken Liquiditätsspritze durch die Zentralbank sprechen eine andere Sprache: Das war eine staatliche Rettungsmaßnahme.
Die Credit Suisse war seit Jahren eine Skandalbank. Bei jedem neuen Finanzskandal konnte man sich fast sicher sein, dass die Credit Suisse involviert war. Und während die Credit Suisse zwischen 2013 und 2022 insgesamt 3,2 Milliarden Franken Verlust machte, schüttete sie im gleichen Zeitraum 32 Milliarden Franken an Bonuszahlungen aus. Schon zwischen Oktober und Dezember 2022 begannen Kundinnen und Kunden, Vermögen in Höhe von 111 Milliarden Franken von der Bank abzuziehen. Man musste also kein Hellseher sein, um zu wissen, dass die Bank schon länger ernsthafte Probleme hatte.
Quelle: Jacobin - „Dann bekommt die Theorie vom NSU-Trio Risse“
Der NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags wirbelt bei den Ermittlungsbehörden offensichtlich Staub auf. Ein Zeuge, der jetzt von dem Gremium befragt wurde, war zuvor vom Bundeskriminalamt aufgesucht und vernommen worden. Die Frage ist, woher das BKA so frühzeitig wusste, dass und wann der Mann als Zeuge gehört werden sollte.
Es geht dabei um die Versendung jener DVD-Scheibe mit dem Propaganda-Video der NSU-Morde nach dem Auffliegen des NSU-Trios im November 2011. Als Urheber des Videos sehen die Ermittler allein das Trio Böhnhardt-Mundlos-Zschäpe. Alleinige Verbreiterin soll Zschäpe gewesen sein. Dieser Darstellung widerspricht, dass eine der Scheiben bei den Nürnberger Nachrichten in Nürnberg in den Hausbriefkasten geworfen worden ist. Da das nach der Inhaftierung von Zschäpe gewesen ist, muss es jemand anderes getan haben. Ein Mitwisser, Helfer oder gar Mittäter aus Nürnberg?
Die Frage hat eine große Relevanz, um nicht zu sagen: Brisanz. Denn wenn die DVD mit dem fraglichen Video bei der Zeitung eingeworfen wurde, „bekomme die Theorie vom Trio Risse“, so der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (Grüne). Man kann davon ausgehen, dass das auch dem BKA bewusst ist.
Dass die oberste Polizeibehörde ihre Ermittlungserkenntnisse bisher aber anders darstellt und bezweifelt, dass die DVD an die Nürnberger Nachrichten durch eine Person überbracht wurde, muss Fragen nach ihrem Wissen und ihrer Intention aufwerfen: Soll nicht sein, was nicht sein darf? Dass der NSU-Täterkreis nämlich aus mehr Personen bestand, oder aus anderen, als nur aus den drei Genannten.
Quelle: Thomas Moser in Overton Magazin - Die Hälfte des importierten Honigs möglicherweise gefälscht
Ein großert Teil des nach Europa eingeführten Honigs steht im Verdacht, gefälscht zu sein. Für einen Bericht der Europäischen Kommission hat das Labor der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) 320 Proben von Honig genommen. 46 Prozent davon waren nicht echt, sondern vor allem mit Zuckersirupen aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben verdünnt. Dies ist nach EU-Recht verboten. Auch von den 32 in Deutschland entnommenen Proben steht die Hälfte im Verdacht, gefälscht zu sein. (…)
Die Quote der Fälschungen ist mit 46 Prozent etwa drei Mal so hoch wie während des letzten EU-Kontrollberichts 2017. Damals lag der Anteil der beanstandeten Proben bei lediglich 14 Prozent. Ein möglicher Grund: In der Vergangenheit verdünnten die Betrüger den Honig mit Zuckersirupen aus Maisstärke oder Zuckerrohr. Mittlerweile verwenden sie jedoch Sirupe, die hauptsächlich aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben hergestellt werden – ein Betrug, der derzeit von den meisten Laboren aus technischen Gründen nicht entdeckt werden kann.
Denn die staatlichen Labore verwenden veraltete Analysemethoden. foodwatch fordert deshalb: Die Behörden müssen die Kontrollen gegen Lebensmittelbetrug verbessern, um die Fälschungen erkennen zu können (…)
Der Honig-Betrug ist lukrativ: Im Durchschnitt kostet nach Europa eingeführter Honig 2,17 Euro pro Kilo, während Zuckersirupe aus Reis zwischen 0,40 und 0,60 Euro pro Kilo kosten. Die EU importiert jährlich 175.000 Tonnen Honig aus Drittländern. Damit ist die EU nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Honigimporteur der Welt – und deckt damit 40 Prozent des Verbrauchs. foodwatch schätzt, dass in der EU jedes Jahr 80.000 Tonnen gefälschter Import-Honig verkauft wird. Da Betrug jedoch auch innerhalb der EU stattfindet, ist die Gesamtzahl des verbotenen Honigs im europäischen Handel deutlich höher.
Quelle: foodwatch - Viel Aufmerksamkeit für fragwürdige Experten
Sie füllen Hallen, schreiben Bücher oder sitzen in Talkshows: vermeintliche Experten zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei gelten viele ihrer Ansichten in der Wissenschaft als abwegig – oder ganz falsch.
Westfalenhalle in Dortmund: ausverkauft; Eurogress in Aachen: ausverkauft; Stadtcasino in Basel: ausverkauft. Mit seiner Vortragsreihe “Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?” füllt der Schweizer Daniele Ganser derzeit die Hallen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und das trotz Ticketpreisen von 27 Euro aufwärts. Und vor allem: trotz fehlender Expertise im Bereich osteuropäischer Geschichte, wie Experten bemängeln.
“Ganser hat sich nie intensiver mit der Ukraine oder mit Russland beschäftigt und er verfügt nicht über entsprechende Landes- oder Sprachkenntnisse”, sagt Frithjof Benjamin Schenk, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel. “Dennoch wird er oft als Osteuropaexperte wahrgenommen.” Eigene Forschung oder wissenschaftliche Publikationen speziell über die Ukraine oder zu Russland könne Ganser nicht nachweisen, so Schenk. (…)
Akteuren wie Ganser, Guérot oder Krone-Schmalz werde angesichts ihrer aktuellen oder früheren Tätigkeit von der Öffentlichkeit ein Expertenstatus und daher Glaubwürdigkeit zugeschrieben. “Und wenn nun Vorträge und Bücher von ‘Experten’ mit einem wissenschaftlichen Anspruch daherkommen, ohne sich mit Russland, mit Putin oder mit der ukrainischen Gesellschaft beschäftigt zu haben, dann schränkt uns das ganz erheblich bei anderen Aufgaben ein”, sagt Aust. “Wir sind permanent beschäftigt, immer wieder die gleichen Falschaussagen und Verzerrungen zu korrigieren. Das zieht Zeit von konstruktiven Beiträgen zur Gestaltung der Zukunft, etwa der Beziehungen zur Ukraine und ihrer Wissenschaft ab.”
Quelle: tagesschauAnmerkung unseres Lesers A.H.: Unglaublich wie durch „unsere“ Natomedien Kriegsgegner verunglimpft werden. Hier soll wohl so etwas wie ein “Igitt”-Gefühl in die Köpfe der Bürger gepflanzt werden. Die ausverkauften Säle bei den Vorträgen von Daniele Ganser sind wohl nicht mehr wegzudiskutieren. So wird mit Framing wie
- vermeintliche Experten,
- in der Wissenschaft als abwegig,
- fehlender Expertise im Bereich osteuropäischer Geschichte,
- wie Experten bemängeln,
- unterscheiden sich sehr stark von dem, was aus Sicht vieler Osteuropahistoriker Konsens ist,
Daniele Ganser, Ulrike Guérot und Gabriele Krone-Schmalz diskreditiert. Dabei kommt es zu aussagen wie: „In Gansers Augen sind die USA für den russischen Angriffskrieg verantwortlich, da die US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama im Zuge des Euromaidans 2014 angeblich einen Putsch gegen den früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch angezettelt habe.“
- Buchtipp: Das Ende des Informationsjournalismus
Die Ständige Publikumskonferenz, ein Verein, der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf die Sendemasten schaut, hat eine sehr lesenswerte Aufarbeitung der Berichterstattung über die Griechenlandkrise veröffentlicht. Sie zeigt sehr deutlich die Techniken und Muster, die angewendet wurden, damit das Publikum Sicht und Interessen der Bundesregierung verinnerlicht. Das ist ungemein hilfreich im Umgang mit der laufenden Berichterstattung zum Corona- und Impfskandal und zum Russland-Ukraine-Krieg.
Der Name des Autors, Otto Stern, ist ein Pseudonym.
Der Untertitel des Buches heißt „Storytelling in der ARD-Griechenlandberichterstattung 2015“. Storytelling, zu Deutsch: Geschichtenerzählen, ist das Verpacken von Information in eine Geschichte, die Gefühle aktiviert, um wirkungsvolle Botschaften direkt ans Unterbewusste des Publikums zu senden. Es ist ein Gegenkonzept zum klassischen Informationsjournalismus.
Die Methode ist nicht nur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk inzwischen die Norm, sondern auch für Nachrichtenformate. Das Besondere am ö.-r. Rundfunk ist allerdings, dass im Rundfunkstaatsvertrag eine Trennung von Information und Meinung gefordert wird, die durch das Storytelling aufgehoben wird.
Beim Storytelling gibt es implizit einen Erzähler mit einer Erzählperspektive, die positiv, neutral oder negativ dem Handelnden gegenüber ist. Es gibt eine Dramaturgie. Unbewusst heraufbeschworen werden Metaphern aus der Mythologie oder solche aus dem (kindlichen) Familienleben, wie der gestrenge Vater (Schäuble), die gute Mutter (Merkel) oder der aufsässige, unzuverlässige Teenager (Varoufakis), den Vater und Mutter mit sanftem (notfalls auch nicht so sanftem) Zwang zu seinem eigenen Wohl anleiten müssen.
Ich hatte seinerzeit selbst ziemlich viel über die manipulative Berichterstattung über die Bankenrettung alias Griechenlandrettung berichtet und auch Programmbeschwerden gegen die Tagesschau und den Bericht aus Berlin eingereicht. Beschwerdegrund war jeweils, dass sie es entgegen den Vorgaben von §10 des Rundfunkstaatsvertrags in einer Reihe von Aussagen an Faktentreue und Neutralität, sowie an der Trennung von Nachricht und (abwertendem) Kommentar hatten fehlen lassen.
Quelle: Norbert Häring